Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. Oktober 2009
Aktenzeichen: 25 W (pat) 51/09

(BPatG: Beschluss v. 25.10.2009, Az.: 25 W (pat) 51/09)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patentund Markenamts vom 16. Mai 2008 aufgehoben.

Gründe

I.

Die am 8. Februar 2008 eingereichte Markenanmeldung 30 2008 007 791.3 Mango de Kiwibeansprucht Schutz für folgende Waren der Klassen 5, 30 und 32:

"Tee und teeähnliche Erzeugnisse (Kräutertees und Früchtetees) für medizinische Zwecke, auch vitaminisiert und/oder aromatisiert und/oder instantisiert und/oder mineralisiert;

Tee und teeähnliche Erzeugnisse (Kräutertees und Früchtetees) für Genusszwecke, auch vitaminisiert und/oder aromatisiert und/oder instantisiert und/oder mineralisiert; Tee-Extrakte; Eistee; Getränke mit oder auf der Basis von Tee/Kräutertee/Früchtetee (auch in trinkfertiger Form und/oder Beimischung von Fruchtgetränken und/oder Fruchtsäften); Zubereitungen überwiegend bestehend aus Tee-Extrakten und/oder Extrakten aus teeähnlichen Erzeugnissen in pulverisierter und/oder granulierter und/oder instantisierter Form, auch aromatisiert und/oder vitaminisiert und/oder mineralisiert und/oder mit Gewürzen und/oder Milchbestandteilen und/oder weiteren Zutaten; Getränkepulver und Fertiggetränke (soweit in Klasse 30 enthalten), insbesondere auf der Basis von Tee, Tee-Extrakten, Kaffee, Kaffee-Extrakten, Kaffee-Ersatzmitteln, Kaffee-Ersatzmittelextrakten, Kakao, Malz, Zucker, Zuckerersatzmitteln, Zichorie und/oder anderen Geschmackgebenden Zutaten (jeweils einzeln und/oder in Kombination miteinander); Kakao; Kaffee; Kaffee-Ersatzmittel; Zuckerwaren; Schokoladenwaren;

alkoholfreie Getränke, insbesondere Getränke unter Beimischung von Tee/Kräutertee/Früchtetee; Energie-Getränke (Energy-Drinks); Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Mineralwässer und andere Kohlensäurehaltige Wässer; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; Instantgetränkepulver zur Herstellung alkoholfreier Getränke; Extrakte und Essenzen zur Herstellung alkoholfreier Getränke."

Die Markenanmeldung 30 2008 007 791.3 ist nach entsprechender Beanstandung durch Beschluss der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patentund Markenamts vom 16. Mai 2008 von einer Beamtin des höheren Dienstes zurückgewiesen worden.

Die Markenstelle ist der Auffassung, dass der angemeldeten Marke jegliche Unterscheidungskraft fehle (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Die Präposition "de" bedeute im Spanischen unter anderem "an", so dass in seiner Gesamtheit das Zeichen die Bedeutung "Mango an Kiwi" habe. Hiermit handele es sich um eine beschreibende Angabe in Bezug auf die Geschmacksrichtung der beanspruchten Waren. Die Präposition "de" werde auch nicht im Sinne einer geographischen Herkunftsangabe verstanden. Der Verkehr sei an den beschreibenden Charakter derartig bezeichneter Produkte mit Blick auf die vielfältigen Speisen und Getränke, die in der französischen, italienischen und spanischen Küche das Wort "de" enthielten, gewöhnt, so dass sich für ihn der Inhalt des angemeldeten Zeichens ausschließlich in der Kombination dieser beiden Geschmacksrichtungen erschöpfe. Soweit die Anmelderin auf Voreintragungen ähnlicher Marken verweise, könnten diese keine Bindungswirkung entfalten.

Mit ihrer am 10. Juni 2008 erhobenen Beschwerde beantragt die Anmelderin, den Beschluss der Markenstelle vom 16. Mai 2009 aufzuheben und die Markenanmeldung 30 2008 007 791.3 "Mango de Kiwi" zur Eintragung zuzulassen.

Aus ihrer Sicht habe die angemeldete Marke Unterscheidungskraft, da die konkrete Wortkombination in ihrer Gesamtheit bezüglich der beanspruchten Waren ungeachtet beschreibender Elemente keinen beschreibenden Inhalt habe. Durch die Verknüpfung zweier Bezeichnungen für Früchte mit der Präposition "de" sei eine grammatikalisch falsche Begriffs-Neuschöpfung und mithin originelle Wortfolge gegeben, die aufgrund ihrer Ungewöhnlichkeit nicht geeignet sei, die beanspruchten Waren zu beschreiben. "De" sei in der französischen Sprache entweder ein geographischer Hinweis oder ein Adelstitel, habe in der spanischen Sprache die Bedeutung "aus, bei, über, von" und werde in der italienischen Sprache nicht verwendet; die Übersetzung "Mango an Kiwi" sei mithin falsch. Vielmehr ergebe die Kombination keinen Sinn, sondern sei ein originelles Wortspiel und enthalte allenfalls eine suggestive, humorvolle Anspielung auf die Geschmacksrichtung. Der Durchschnittsverbraucher werde aufgrund der Originalität der Gesamtmarke in ihr einen betrieblichen Herkunftshinweis erkennen, zumal nicht ohne gedankliche Zwischenschritte auf die beanspruchten Waren geschlossen werden könne. Somit sei weder das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, noch dasjenige des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG erfüllt.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und begründet.

1. Der angemeldeten Marke fehlt nicht jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist nach ständiger Rechtsprechung im Hinblick auf die Hauptfunktion der Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten, die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. zur ständigen Rechtsprechung BGH GRUR 2003, 1050 - "Cityservice"; GRUR 2004, 683, 684 - "Farbige Arzneimittelkapsel"; GRUR 2006, 850, 854 -Tz. 18 -"FUSSBALL WM 2006"; EuGH GRUR 2004, 674 - "Postkantoor"). Es muss also eine Kennzeichnungskraft mit der Eignung zur Ausübung der Herkunftsfunktion verbunden sein, auch wenn eine Marke zusätzlich noch weitere Funktionen haben kann (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 8 Rdnr. 42). Nur soweit ein Zeichen zur Erfüllung der Herkunftsfunktion geeignet ist, besteht eine Rechtfertigung dafür, die allgemeine Wettbewerbsfreiheit dadurch einzuschränken, dass die betreffende Angabe der ungehinderten Verwendung vorenthalten und zugunsten eines einzelnen monopolisiert wird (vgl. EuGH, GRUR 2003, 604, 607 Tz. 51 -"Libertel"; GRUR 2004, 674, 677 Tz. 68 "Postkantoor"). Ausgehend davon ist nach der aktuellen Rechtsprechung des EuGH wie auch des BGH Unterscheidungskraft nicht nur solchen Angaben abzusprechen, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren und Dienstleistungen einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen; vielmehr kann diese auch aus anderen Gründen fehlen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674 - "Postkantoor"; GRUR 2004, 680 - "Biomild").

"Mango" und "Kiwi" sind bekannte und geläufige Bezeichnungen für Obstbzw. Fruchtsorten. Sie können, für sich betrachtet, Zutaten und/oder Geschmacksrichtungen und mithin wesentliche Eigenschaften und Merkmale, die die beanspruchten Waren aufweisen, bezeichnen und mithin auch einen engen beschreibenden Bezug zu diesen Waren aufweisen.

Zu betrachten ist allerdings die angemeldete Marke als Ganzes. Entgegen der Auffassung der Markenstelle kann der Bezeichung "Mango de Kiwi" nicht die Bedeutung "Mango an Kiwi" zugeordnet werden. "De" hat in der spanischen Sprache eine Reihe von Bedeutungen, und zwar zur Herkunftsbezeichnung, zum Ausdruck einer Ursache oder näheren Bestimmung, bei Besitzangaben, bei Angaben nach Menge, Maß oder Anzahl, zur Bezeichnung von Stoffen und Materialien, bei Tageszeiten mit Uhrzeit, beim Datum, bei Zeitangaben und bei Wortkombinationen, die in der deutschen Sprache zu einem Wort zusammengefasst werden (vgl. z. B. Pons, Großwörterbuch Spanisch - Deutsch, 2001, S. 237; Slaby/Grossmann/Illig, Wörterbuch der spanischen und deutschen Sprache, 5. Auflage 2001, S. 430, 431). Im jeweils konkreten Zusammenhang kann "de" aus dem Spanischen zwar mit "an" in die deutsche Sprache übersetzt werden, aber nicht im Sinne von "neben" oder etwa "mehrere Komponenten miteinander verbindend", wie dies bei der Angabe von Kombinationen von Zutaten bei Speisen oder Getränken insbesondere auf Speisekarten etc. in Deutschland vielfach benutzt wird. Vielmehr geht es um eine Präposition für veranlassende Ursachen (z. B. "an einer Krankheit"). Auch ist die Übersetzung aus dem Spanischen mit "bei" möglich, aber nicht im Sinne von "neben", sondern zeitlich wie z. B. "bei Nacht". Soweit eine Übersetzung mit dem Wort "mit" möglich ist, geht es ebenfalls nicht um den Ausdruck "zusammen", sondern wiederum um die Angabe von Ursachen wie z. B. "mit Absicht".

Der von der Markenstelle zu Grunde gelegte Sinngehalt der angemeldeten Marke in ihrer Gesamtheit kann damit nicht lexikalisch belegt oder aus Lexika abgeleitet werden. Auch eine Ableitung aus der französischen Sprache oder aus der italienischen Sprache führt nicht zu der Bedeutung, von der die Markenstelle ausgeht. Vielmehr ergeben sich als mögliche Übersetzungen "Mango aus Kiwi", "Mango von Kiwi", "Mango über Kiwi", "Mango wegen Kiwi", wie dies auch von der Beschwerdeführerin geltend gemacht wird. Diesen Übersetzungen fehlt aber in Bezug auf die Waren, für die die vorliegende Markenanmeldung Schutz beansprucht, ein nachvollziehbarer Sinngehalt. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass beachtliche Verkehrskreise die angemeldete Marke (fälschlich) mit "Mango an Kiwi" übersetzen werden. Auch diejenigen, die keine näheren Kenntnisse der spanischen oder französichen Sprache kennen, werden "de" allenfalls im Sinne von "von" übersetzen und die angemeldete Marke eher als Phantasiebegriff auffassen. Vor diesem Hintergrund kann bei der angemeldeten Marke in ihrer Gesamtheit, und nur auf diese kommt es an, nicht von einer die beanspruchten Waren oder deren wesentliche Merkmale und Eigenschaften beschreibenden Angabe ausgegangen werden.

Innerhalb der Marke tritt der Bestandteil "de" auch nicht derart zurück, dass die Marke in ihrer Gesamtheit auf eine bloße Aneinanderreihung von beschreibenden Angaben, die die Bestandteile "Mango" und "Kiwi" aus den oben genannten Gründen jeweils für sich betrachtet darstellen würden, reduziert werden könnte. Insgesamt weist die angemeldete Marke eine sprachlich ungewöhnliche Ausgestaltung auf und ist als betriebliche Herkunftsangabe nicht ungeeignet. Somit kann auch von einem Mindestmaß an Unterscheidungskraft ausgegangen werden, so dass § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG der Eintragung der angemeldeten Marke nicht entgegensteht.

2.

Auch das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist nicht erfüllt. Wie dargelegt, weist die Marke in ihrer Gesamtheit keinen die Art, die Menge, die Bestimmung, den Wert der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der beanspruchten Waren oder sonstige Merkmale dieser Warenbezeichnenden Sinngehalt auf, so dass insoweit auch kein Freihaltungsbedürfnis gegeben ist.

3.

Weitere Eintragungshindernisse liegen ebenfalls nicht vor. Der Beschwerde war nach alledem stattzugeben, ohne dass es einer mündlichen Verhandlung bedurfte (§ 69 MarkenG).

Bayer Merzbach Metternich Hu






BPatG:
Beschluss v. 25.10.2009
Az: 25 W (pat) 51/09


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