Landgericht Köln:
Beschluss vom 28. Juni 2004
Aktenzeichen: 82 O 90/03

(LG Köln: Beschluss v. 28.06.2004, Az.: 82 O 90/03)

Tenor

Die Anträge auf gerichtliche Bestimmung einer angemessenen Abfindung und einer angemessenen Ausgleichszahlung gemäß §§ 304, 305 AktG werden zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerinnen tragen die Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller. Die Antragsgegnerin zu 1) trägt die Kosten der Vertreter der außenstehenden Aktionäre. Im übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

Gründe

I.

Die Antragsgegnerinnen schlossen am 04.05.2001 einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag. Die danach herrschende Antragsgegnerin zu 2) hielt seinerzeit 91,1 % der 14.400 umlaufenden Aktien der Antragsgegnerin zu 1). Die restlichen Aktien der Antragsgegnerin zu 1) waren in Streubesitz.

Der Vorstand der Antragsgegnerin zu 1) ermittelte in dem gemäß § 293 a AktG am 04.05.2001 erstellten Bericht zum 19.6.2001 einen Unternehmungswert 96.007.000, DM. Auf dieser Basis setzte die Antragsgegnerin zu 1) eine Abfindung von 3.408,87 € pro Aktie und einen Ausgleich von 167,76 € pro Aktie fest. Insoweit wird auf die Anlage AG 3 (Bl. 35 ff. AH) Bezug genommen.

Die ermittelten Ausgleichs- und Abfindungsbeträge wurden durch das von der Antragsgegnerin zu 1) gem. § 293 b AktG beauftragte Prüfgutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Treuhand Union vom 11.05.2001 bestätigt. Insofern wird auf das Gutachten gemäß Anlage AG 2 (Bl. 7 ff. AH) Bezug genommen.

Die Hauptversammlung der Antragsgegnerin zu 1) stimmte dem Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag am 19.06.2001 zu. Die Bekanntmachung im Handelsregister erfolgte am 23.11.2001, die Veröffentlichung im Bundesanzeiger am 24.01.2002.

Die Antragsgegnerin zu 1) war und ist nicht börsennotiert.

Die Antragsteller behaupten, im Jahre 2001 Aktionäre der Antragsgegnerin zu 1) gewesen zu sein.

Die Antragsteller halten die gewährte Abfindung und den Ausgleich für unangemessen niedrig. Sie behaupten dazu, der Basiszinssatz sei nicht ausreichend und plausibel begründet worden. Ferner sei der Kapitalisierungszinssatz falsch ermittelt worden, da der in Abzug gebrachte typisierte persönliche Einkommensteuersatz von 35 % völlig ungerechtfertigt sei. Das operative Ergebnis der Antragsgegnerin zu 1) sei "heruntergeknüppelt" worden. Es falle auf, dass das Ergebnis von ca. 15 Mio. DM in den Jahren 1998 bis 2000 auf ca. 9,3 Mio. € ab dem Jahre 2001 abgefallen sei.

Hinsichtlich des Ausgleichs sei zu bemängeln, dass der angewandte Zinssatz niedriger sei als der Zinssatz, der der Berechnung der Abfindung zugrunde liege. Darüber hinaus sei auch für die Ausgleichszahlung das ab dem 01.01.2002 geltende Halbeinkünfteverfahren zu berücksichtigen.

Die Antragsteller beantragen,

einen angemessenen Ausgleich und eine angemessene Abfindung gemäß §§ 304, 305 AktG zu bestimmen.

Die Antragsgegnerinnen beantragen,

die Anträge zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerinnen halten die Anträge für rechtsmißbräuchlich. Im übrigen erläutern die Antragsgegnerinnen anhand des Prüfberichts die Angemessenheit des Ausgleichs und der Abfindung.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Insoweit wird auf das schriftliche Gutachten der DHPG Dr. I & Partner KG vom 04.03.2004 Bezug genommen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Verfahrensbeteiligten sowie auf die dazu eingereichten Anlagen Bezug genommen.

II.

A.

Die Anträge sind zulässig.

1.

Die Anträge sind rechtzeitig erhoben worden. Auf das Verfahren finden die §§ 304 - 306 AktG a. F. Anwendung. Das am 01.09.2003 in Kraft getretene Spruchgesetz findet auf Spruchverfahren 1. Instanz, die vor dem 01.09.2003 anhängig geworden sind, keine Anwendung. Dieses Verfahren ist im September 2001 eingeleitet worden. Die zweimonatige Antragsfrist gemäß §§ 304 Abs. 4, 305 Abs. 5 AktG ist eingehalten worden. Die Antragsfrist beginnt zu dem Zeitpunkt, zu dem die Eintragung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages im Handelsregister nach § 10 HGB als bekanntgemacht gilt. Gemäß § 10 HGB sind Eintragungen in das Handelsregister durch den Bundesanzeiger und durch mindestens ein anderes Blatt bekanntzumachen. Mit dem Ablauf des Tages, an welchem das letzte der die Bekanntmachung enthaltenen Blätter erschienen ist, gilt die Bekanntmachung als erfolgt. Die Bekanntmachung im Bundesanzeiger erfolgte am 24.01.2002. Unabhängig davon, ob die Bekanntmachung in einem weiteren Blatt davor oder danach erfolgte, lief die Frist frühestens ab dem 24.01.2002. Die Anträge der Antragsteller gingen am 25.09.2001 bzw. am 25.01.2002 bei Gericht ein. Maßgebend für die Fristberechnung ist der Eingang bei Gericht und nicht die Zustellung an die Antragsgegnerinnen. Folglich sind die Anträge fristgerecht gestellt worden.

2.

Die Antragsteller sind antragsberechtigt. Der Antragsteller zu 1) hat durch Vorlage einer Bankbescheinigung nachgewiesen, dass er ab dem 3.4.1998 ununterbrochen Aktionär der Antragsgegnerin zu 1) war. Der Antragsteller zu 2) hat durch Vorlage einer Bankbescheinigung und einer schriftlichen Aussage von Rechtsanwalt M nachgewiesen, dass er ab dem 22.5.2001 2 Aktien der Antragsgegnerin zu 1) hielt.

3.

Die Anträge sind nicht rechtsmißbräuchlich. Die Antragsgegnerinnen haben dies nur pauschal damit begründet, dass die Antragsteller in zahlreichen Spruchverfahren beteiligt seien. Dieser Umstand reicht aber für sich gesehen nicht aus, um von einer Rechtsmißbräuchlichkeit der Anträge auszugehen, etwa um sich den Lästigkeitswert solcher Anträge abkaufen zu lassen. Die nach der Rechtsprechung erforderlichen Indizien (vgl. OLG Köln, BB 2003, 2307, 2308) liegen hier nicht vor.

B.

Die zulässigen Anträge sind aber unbegründet.

Sowohl der Ausgleich gemäß § 304 AktG als auch die Abfindung gemäß § 305 AktG sind in dem Unternehmensvertrag vom 04.05.2001 angemessen festgesetzt worden.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist ein über den Betrag von 167,76 € je Aktie hinausgehender Ausgleichsbetrag bzw. ein über 3.408,87 € pro Aktie hinausgehender Abfindungsbetrag nicht gerechtfertigt. Die gerichtliche bestellte Sachverständige DHPG Dr. I & Partner KG (nachfolgend: I) hat die von den Antragsgegnerinnen gewährte Ausgleichs- und Abfindungszahlung in ihrem Gutachten vom 04.03.2004 (irrtümlich 04.03.2003) bestätigt. Das Gutachten basiert auf zutreffenden Methoden, zutreffenden Ausgangsvoraussetzungen und plausiblen Schlußfolgerungen. Das Gutachten ist widerspruchsfrei und trotz seines überschaubaren Umfangs letztlich überzeugend. Die Verfahrensbeteiligten haben gegen dieses Gutachten keine Einwände erhoben. Im einzelnen:

1.

Das Gutachten ist unter Beachtung des Standards des Instituts der Wirtschaftsprüfer, Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen (IDW S 1), Stand 28.06.2000, erstellt worden. Darüber hinaus sind die von der Rechtsprechung niedergelegten Grundsätze zur Unternehmungsbewertung berücksichtigt worden. Dementsprechend ist das in der Rechtsprechung für die Unternehmensbewertung anerkannte Ertragswertverfahren zugrunde gelegt worden, und zwar unter Berücksichtigung einer 2-Phasen-Planungsrechnung. Diese Methode hat sich sowohl in der rechtlichen als auch in der betriebswirtschaftlichen Praxis durchgesetzt (vgl. Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 3. Aufl. 2003, § 305 Rn. 53 ff.). Die Wertermittlung erfolgte auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung der Hauptversammlung der Antragsgegnerin zu 1).

Vor diesem Hintergrund ist die Sachverständige zutreffend wie folgt vorgegangen:

Ermittlung der Nettoüberschüsse nach Steuern des Unternehmens und nach Steuern der Anteilseigner für den Zeitraum 2001 bis 2005.

Bemessung des Nettoüberschusses für die ewige Rente.

Abdiskontierung aller Überschüsse mit dem Kapitalisierungszinssatz auf den Zeitpunkt 19. Juni 2001, ergibt einen Unternehmenswert in Höhe von TDM 96.007.

Berechnung der Barabfindung je Aktie nach § 305 AktG aus dem Unternehmenswert TDM 96.007, ergibt € 3.408,87 (DM 6.667,17).

Berechnung des Ausgleichs nach § 304 AktG durch Verzinsung des Unternehmenswertes von TDM 96.007 mit einem Durchschnittszinssatz von 4,93 % als Nettodividende, ergibt € 167,76 (DM 328,11), dies entspricht einer Bruttodividende von € 203,35 (DM 397,71).

Die Sachverständige hat zunächst aufgrund der geprüften Jahresabschlüsse der Jahre 1998 bis 2000 die Planung der Antragsgegnerin zu 1) für die Jahre 2001 bis 2005 überprüft. Der Abgleich der Vergangenheitsanalyse mit der Ausgangsplanung ist nach Aussage der Sachverständigen plausibel und nachvollziehbar.

Vor diesem Hintergrund bestand auch keine Veranlassung für die Sachverständige, eine neue Planung der Überschüsse für die Jahre ab 2001 vorzunehmen, zumal nach ihrer Auffassung die Planungsrechnung der Antragsgegnerin zu 1) tendenziell sogar zu positiv ausgefallen sei, was letztlich den Antragstellern zu Gute kommen würde. Von einem "Herunterknüppeln" der Ertragsplanung kann daher keine Rede sein.

Die Abzinsung der zukünftigen Erträge ist laut Gutachten I, dem sich die Kammer auch insoweit anschließt, ebenfalls nicht zu beanstanden.

Bei der Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes zwecks Diskontierung ist ein vertretbarer Basiszinssatz von 6,7 % berücksichtigt worden. In dem Gutachten I wird die Ermittlung des Basiszinssatzes plausibel hergeleitet. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung ist die Sachverständige davon ausgegangen, dass sich der Basiszinssatz auf die auf die Dauer erzielbare durchschnittliche Rendite öffentlicher Anleihen bezieht. Abzustellen ist auf den Bewertungsstichtag und die darauf bezogene Ertragserwartung, nicht auf die Renditen zukünftiger Perioden. Die Berücksichtigung von Anleihen der öffentlichen Hand mit einer Restlaufzeit von 9 - 10 Jahren ist nicht zu beanstanden (vgl. OLG Düsseldorf, NZG 2003, 588, 594 m. w. N.). Auf dieser Grundlage hat die Sachverständige einen durchschnittlichen Zinssatz von 6,5 % ermittelt. Unter Berücksichtigung der derzeitigen Niedrigzinsphase und einer langfristigen Betrachtung ist der von den Antragsgegnerinnen angewendete Basiszinssatz von 6,7 % vertretbar. Dieses sachverständigenseits ermittelte Ergebnis wird gestützt durch die jüngere Rechtsprechung, wonach ein Wert zwischen 7 % und 8 % angenommen worden ist (vgl. OLG Düsseldorf, NZG 2003, Seite 588, 594; Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 3. Aufl.2003, § 305 Rz. 67 m. w. N. zur Rechtsprechung).

Der von der Antragsgegnerin zu 1) zur Anwendung gebrachte Risikozuschlag von 2,21 % ist nach Darlegung der Sachverständigen ebenfalls berechtigt. Dieser Wert ergibt sich aus der geschätzten Marktrisikoprämie von 4,4 % und einem sogenannten Beta-Faktor von 0,51 %.

Die Sachverständige hat eine Marktrisikoprämie zwischen 5,4 % und 6,4 % ermittelt. Sie hat dabei auf empirische Daten zur Marktrisikoprämie am deutschen Kapitalmarkt für den Zeitraum nach 1948 zurückgegriffen. Danach ergab sich im Mittel eine Marktrisikoprämie zwischen 5,4 % und 6,4 %. Die von der Antragsgegnerinnen zugrunde gelegte Marktrisikoprämie von 4,4 % ist daher nach Ansicht der Sachverständigen nicht zu beanstanden, zumal auch in der Rechtsprechung Marktrisikoprämien zwischen 4 und 6 % als Renditedifferenz zwischen Bundesanleihen und Aktien für vertretbar gehalten wurden (vgl. OLG Düsseldorf, NZG 2003, 588, 595).

Laut Gutachten der Sachverständigen I ist auch der sogenannte Beta-Faktor von 0,51 % zutreffend von der Antragsgegnerin zu 1) ermittelt worden. Der Beta-Faktor bildet das spezielle Unternehmensrisiko der abhängigen Gesellschaft ab, soweit dies nicht bereits bei der Prognose der zukünftigen Erträge berücksichtigt worden ist. Üblicherweise wird der Beta-Faktor anhand der Börsenkurse von Unternehmen ermittelt, die hinsichtlich Branche und operativem Risiko dem zu bewertenden Unternehmen ähnlich sind. Die Antragsgegnerin zu 1) hat für vier börsennotierte Gesellschaften die 2-Jahres-Beta-Faktoren herangezogen (Seite 20 des Vorstandsberichts), woraus sich ein Durchschnitts-Beta-Faktor von 0,51 % ergab. Dieser ist nach Ansicht der Sachverständigen vertretbar. Unter Berücksichtigung des Capital Asset Pricing-Modells (CAPM) ließe sich eine Risikoprämie zwischen 2,7 % und 3,3 % herleiten. Der von der Antragsgegnerin zu 1) zur Anwendung gebrachte Risikozuschlag von lediglich 2,2 % führe folglich zu einem für die Aktionäre günstigen Ergebnis. Diesen Feststellungen der Sachverständigen ist beizutreten.

Ebenso beizutreten ist ihren Feststellungen zum sogenannten Inflationsabschlag. Dieser soll der Tatsache Rechnung tragen, dass Unternehmenserträge dem Inflationsrisiko in geringerem Maße als bloße Geldrenten ausgesetzt sind. Zutreffend wurde der Geldentwertungszuschlag für die Planungsphase von 2001 bis 2005 nicht berücksichtigt, da Preissteigerungen für diesen Zeitraum konkret berücksichtigt wurden. Für die zweite Phase (ewige Rente ab 2006) ist von der Sachverständigen ein Inflationsabschlag von 1 % für vertretbar gehalten worden, d.h. es wird damit unterstellt, dass die finanziellen Überschüsse des Unternehmens ab 2006 kontinuierlich in Höhe dieser Rate steigen. Die Sachverständige ist auf der Grundlage des Vorstandsberichts bzw. des Prüfgutachtens der Treuhand Union davon ausgegangen, dass die Antragsgegnerin zu 1) aufgrund der Verschärfung der Absatzsituation durch die stärker werdende Konkurrenz nur begrenzt Kostenerhöhungen über die Preise auf der Absatzseite weitergeben kann. Die Veränderung der Preise für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland für die letzten vier Jahre lag zwischen 0,6 % in 1999 und 1,9 % in 2000 (Quelle: Deutsche Bundesbank, Monatsbericht April 2001). Der so ermittelte Geldentwertungsabschlag von 1 % ist in Übereinstimmung mit dem Sachverständigengutachten vertretbar.

Schließlich ist auch der von der Sachverständigen angenommene Steuersatz von 35 % vertretbar ermittelt worden. Die Kürzung des Kapitalisierungszinssatzes um die Steuerbelastung des Anteilseigners ist notwendig, um einerseits die finanziellen Überschüsse aus dem Unternehmen mit den aus einer Alternativinvestition zu erzielenden finanziellen Überschüssen vergleichen zu können (vgl. IDW S 1, 2000, Rz. 99), und um andererseits die erfolgte Besteuerung der Jahresüberschüse auszugleichen. Die Alternativinvestition unterliegt der vollen Besteuerung, demgemäß ist beim Kapitalisierungszinssatz auch der volle Steuersatz anzuwenden.

Dieser Abzug in Höhe von 35 % vom Kapitalisierungszinssatz ist jedenfalls dann vorzunehmen, wenn, wie vorliegend, eine sogenannte Nachsteuerbewertung vorgenommen wurde, d.h. die Jahresüberschüsse um die persönlichen Ertragssteuern des Unternehmenseigners korrigiert wurden (vgl. Emmerich, a.a.O., Rn. 68 b). Es ist dabei nicht zu beanstanden, dass bei der Nachsteuerbewertung das Halbeinkünfteverfahren berücksichtigt wurde, hingegen beim Kapitalisierungszinssatz ein Abzug auf der Grundlage eines Steuerabzuges von 35 % erfolgte.

Die von der Antragsgegnerin zu 1) zugrunde gelegten Kapitalisierungszinssätze von 5,79 % für die Jahres 2001 bis 2005 und von 4,79 % für die ewige Rente ab 2006 sind daher nicht beanstanden. Sie liegen im unteren Bereich der derzeit von den Gerichten ermittelten Kapitalisierungszinssätze zwischen 5,7 und 9 % (vgl. Emmerich/Habersack, a.a.O., Rn. 68 b m.w.N. zur Rechtsprechung).

2.

Der Ausgleich gemäß § 304, 305AktG ist ebenfalls nachvollziehbar von der Sachverständigen hergeleitet worden.

Die von den Antragstellern beanstandete Differenzierung der Kapitalisierungszinssätze bei Abfindung und Ausgleich ist nach Auffassung der Kammer vertretbar. Im Grundsatz ist zwar davon auszugehen, dass sowohl für die Berechnung des Ausgleichs gemäß § 304 AktG als auch für die Berechnung der Abfindung gemäß § 305 AktG die gleichen Prämissen gelten müssen, d.h. Basis ist der zukünftige Ertragswert. Hintergrund ist dabei, dass nach der gesetzlichen Konzeption Ausgleich und Abfindung sinnvolle Alternativen für die außenstehenden Aktionäre sein sollen. Dennoch bestehen unübersehbare Unterschiede zwischen dem Ausgleich und der Abfindung. Allerdings sind allenfalls kleinere Differenzierungen zwischen Ausgleich und Abfindung zulässig, damit für den Aktionär prinzipiell gleichwertige Alternativen zur Entschädigung bestehen bleiben (vgl. Emmerich/Habersack, a.a.O., Rn. 37 ff. m.w.N.). Im Ergebnis hält es die Kammer für vertretbar, dass der für den Ausgleich zugrunde gelegte Zinssatz auf 4,93 % festgesetzt worden ist. Er liegt damit nur geringfügig über dem Zinssatz von 4,79 %, der als Kapitalisierungszinssatz für die Berechnung der Abfindung (ewige Rente) maßgebend ist. In Übereinstimmung mit den Ausführungen der Antragsgegnerinnen erscheint es angemessen, den Zinssatz für den Ausgleich im Sinne einer gleichbleibenden risikolosen Dividende an den Kapitalisierungszinssatz, der bei der Berechnung des langfristigen Ertrages im Rahmen der Ermittlung der Abfindung Berücksichtigung gefunden hat, anzulehnen bzw. leicht zu erhöhen.

C.

Die Gerichtskosten sind den Antragsgegnerinnen gemäß § 306 Abs. 7 S. 7 AktG aufzuerlegen. Die Kostenentscheidung zu den außergerichtlichen Kosten der Antragsteller beruht auf § 13a FGG. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerinnen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Anträge offensichtlich unbegründet sind. Das schließt sich schon deshalb aus, weil die Kammer die Einholung eines Sachverständigengutachtens für erforderlich gehalten hat. Die Antragsgegnerin zu 1) hat gemäß § 306 Abs. 4 S. 6 AktG auch die Kosten der Vertreter der außenstehenden Aktionäre zu tragen.

Der gerichtliche Geschäftswert wird auf 50.000,- € festgesetzt, § 30 KO. Im Rahmen des Ermessens (vgl. OLG Düsseldorf, AG 2004, 212, 215) hat sich die Kammer an ca. 142 außenstehenden Aktien orientiert. Dieser Wert ist auch für die Vertreter der außenstehenden Aktionäre maßgebend.

Der Geschäftswert für die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller wird jeweils auf 800,- € festgesetzt. Die Kammer schließt sich insoweit der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Düsseldorf an, wonach für die außergerichtlichen Kosten gemäß § 30 KO, § 8 BRAGO der sogenannte Beziehungswert festzusetzen ist (zuletzt: OLG Düsseldorf, AG 2003, 640, 641; ebenso BayOLG, AG 2003, 633). Dabei konnte aufgrund der Angaben der Antragsteller davon ausgegangen werden, dass sie mindestens jeweils 2 Aktien der Antragsgegnerin zu 1) besaßen. Bei ca. 142 außenstehenden Aktien beträgt der Beziehungswert daher nicht mehr als jeweils 800,- €.






LG Köln:
Beschluss v. 28.06.2004
Az: 82 O 90/03


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