Landgericht Münster:
Urteil vom 14. September 2011
Aktenzeichen: 016 O 150/10

(LG Münster: Urteil v. 14.09.2011, Az.: 016 O 150/10)

Tenor

Der Beklagte zu 1) wird verurteilt,

Es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängen-den Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungs-haft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu insgesamt 2 Jahren, zu unterlassen, unter Vorspiegelung einer falschen Identität Provisionsdaten der Klägerin zu erschleichen, so wie mit Telefo-nat vom 12. Februar 2010 geschehen;

Der Klägerin Auskunft über Art, Umfang, Inhalt sowie Verwertung und verbleibt der Provisionsdaten zu erteilen;

sämtliche körperliche und/oder unkörperliche Vervielfältigungen der Provisionsdaten zu vernichten und der Klägerin Gelegenheit zu geben, die Vernichtung zu überwachen,

an die Klägerin die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.6.41,96 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. März 2010 zu erstatten.

Der Beklagte zu 2) wird verurteilt,

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängen-den Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungs-haft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu insgesamt 2 Jahren, zu unterlassen, unter Vorspiegelung einer falschen Identität Provisionsdaten der Klägerin zu erschleichen und/oder erschleichen zu lassen und/oder erschlichene Provisionsdaten in Besitz zu nehmen, zu nutzen, zu vervielfältigen und /oder weiterzugeben und/oder in Besitz nehmen, nutzen, vervielfältigen und /oder weitergeben zu lassen;

der Klägerin Auskunft über Art, Umfang, Inhalt sowie Verwertung und verbleibt der Provisionsdaten zu erteilen;

sämtliche körperliche und/oder unkörperliche Vervielfältigungen der Provisionsdaten zu vernichten und der Klägerin Gelegenheit zu geben, die Vernichtung zu überwachen,

Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die dieser durch das Erschleichen der Provisionsleistungen entstanden sind oder noch entstehen werden.

Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000,00 €.

Tatbestand

Die Klägerin ist ein Finanz- und Versicherungsdienstleistungsunternehmen. Der Beklagte zu 1) ist Handelsvertreter der N-AG, einer Wettbewerberin der Klägerin. Der Beklagte zu 2) ist Geschäftsstellenleiter der N Niederlassung G II und damit Vorgesetzter des Beklagten zu 1). Der Zeuge E war ebenfalls als Handelsvertreter für die N-AG tätig, allerdings in einer anderen Geschäftsstelle in G als die Beklagten. Der Zeuge E war weiter Mitarbeiter der D GmbH & Co. KG, die wiederum Kooperationspartnerin der Klägerin ist. Insoweit war dem Zeugen E eine sogenannte Vermittlernummer, nämlich ...# seitens der Klägerin zugeteilt, die auch zu Identifikationszwecken bei der Klägerin diente. Am 12. Februar 2010 gingen auf dem Faxgerät des Beklagten zu 1) bei der Geschäftsstelle der N AG in G unter dessen persönlicher Computer-Faxnummer Dokumente mit Provisionsdaten aus den Jahren 2004 bis 2009 des damaligen N-Mitarbeiters E ein. Der Beklagte zu 1) reichte diese Provisionsdaten an den Beklagten zu 2) weiter, der diese wiederum an seinen Vorstand, den Zeugen L2 weiterreichte. Mit Schreiben vom 16. März 2010, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Blatt 6 bis 7 der Akte) ließ die Klägerin den Beklagten zu 1) zur Abgabe einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung auffordern. Mit Schreiben vom 29. März 2010 ließ der Prozessbevollmächtigte des Beklagten zu 1) diesen Anspruch zurückweisen. Mit Strafanzeige und Strafantrag vom 22. März 2010, gerichtet an die Staatsanwaltschaft beim Landgericht G, erstattete der Zeuge E gegen beide Beklagten Strafanzeige und stellte Strafantrag. Die entsprechende Strafakte ist beigezogen worden. Im Laufe des Jahres 2010 kam es zu einer Aufhebungsvereinbarung im Hinblick auf den Mitarbeitervertrag des Zeugen E mit der N AG.

Die Klägerin behauptet, der Beklagte zu 1) habe in Absprache mit dem Beklagten zu 2) bzw. auf dessen Anstiftung hin bei der Klägerin angerufen und unter Angabe der Mitarbeiternummer des Zeugen E unter Täuschung über die wahre Identität des Anrufers die Herausgabe von Provisionsdaten der Jahre 2004 bis 2009 des Zeugen E gebeten. Diese seien daraufhin übersandt worden. Der Beklagte zu 1) habe dabei angegeben, er - der Zeuge E - säße beim Steuerberater und benötige seine Provisionsabrechnungen der Jahre 2004 bis 2009 wegen einer anstehenden Betriebsprüfung. Hintergrund sei gewesen, dass die Beklagten mit dem Zeugen E hinsichtlich eines lukrativen Auftrages in einer Konkurrenzsituation gewesen seien und sich auf diese Art und Weise des Zeugen E entledigen wollten, da es nach den Vereinbarungen der Mitarbeiter mit der N AG untersagt sei, über andere "Plattformen" als der der N AG provisionsberechtigende Verträge abzuschließen und zu vermitteln.

Nachdem die Klägerin zunächst nur den Beklagten zu 1) in Anspruch genommen hatte, hat sie Klage sodann auf den Beklagten zu 2) erweitert.

Die Klägerin beantragt,

der Beklagte zu 1) zu verurteilen,

Es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu insgesamt 2 Jahren, zu unterlassen, unter Vorspiegelung einer falschen Identität Provisionsdaten der Klägerin zu erschleichen, so wie mit Telefonat vom 12. Februar 2010 geschehen;

Der Klägerin Auskunft über Art, Umfang, Inhalt sowie Verwertung und verbleibt der Provisionsdaten zu erteilen;

sämtliche körperliche und/oder unkörperliche Vervielfältigungen der Provisionsdaten zu vernichten und der Klägerin Gelegenheit zu geben, die Vernichtung zu überwachen,

an die Klägerin die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.6.41,96 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. März 2010 zu erstatten.

sowie

den Beklagten zu 2) zu verurteilen,

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu insgesamt 2 Jahren, zu unterlassen, unter Vorspiegelung einer falschen Identität Provisionsdaten der Klägerin zu erschleichen und/oder erschleichen zu lassen und/oder erschlichene Provisionsdaten in Besitz zu nehmen, zu nutzen, zu vervielfältigen und /oder weiterzugeben und/oder in Besitz nehmen, nutzen, vervielfältigen und /oder weitergeben zu lassen;

der Klägerin Auskunft über Art, Umfang, Inhalt sowie Verwertung und verbleibt der Provisionsdaten zu erteilen;

sämtliche körperliche und/oder unkörperliche Vervielfältigungen der Provisionsdaten zu vernichten und der Klägerin Gelegenheit zu geben, die Vernichtung zu überwachen,

Ferner beantragt die Klägerin, festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die dieser durch das Erschleichen der Provisionsleistungen entstanden sind oder noch entstehen werden.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten bestreiten, unter Angabe der Vermittlernummer des Zeugen E und Angabe dessen Namen bei der Klägerin angerufen zu haben. Insoweit halten sie es für möglich, dass es sich bei den Vorwürfen um eine Intrige des Zeugen E handele, der damit den Beklagten lediglich schaden wolle. Wer bei der Klägerin angerufen habe, sei ihnen nicht bekannt, jedenfalls könne der Beklagte zu 1) nicht der Anrufer gewesen sein, da er zudem vom Zeugen C angegebenen Zeitpunkt in einem Beratungsgespräch gewesen sei und nicht angerufen habe.

Das Gericht hat die Beklagten angehört sowie Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen E, C, B, M, R, L2, G2, L sowie T. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 4. Mai 2011 (Blatt 110 bis 116 der Akte) vom 15. Juni 2011 (Blatt 142 bis 147 der Akte) sowie vom 10. August 2011 (Blatt 176 bis 179 der Akte) Bezug genommen.

Gründe

Die insgesamt - auch im Hinblick auf das z.T. erforderliche Feststellungsinteresse - zulässige Klage hat in vollem Umfang Erfolg. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Unterlassungs-, Auskunfts- sowie Vernichtungsansprüche nach den §§ 1004, 823 Abs. 1, Abs. 2, 826 BGB, 202 Abs. 1 StGB, 44 Abs. 1, 43 Abs. 2 Nr. 4 BDSG sowie § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG zu. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist das Gericht davon überzeugt, dass einer der Beklagten in Absprache mit dem anderen Beklagten unter Vorspiegelung der Identität des Zeugen E bei der Klägerin, dort dem Zeuge C, angerufen hat, um die Vorlage entsprechender Provisionsabrechnungen des Zeugen E zu erhalten.

Zunächst ist insoweit festzustellen, dass beide Beklagten ein Motiv für einen entsprechenden Anruf hatten. Nach ihrer eigenen Einlassung, die durch die Angaben der weiteren Zeugen, die Mitarbeiter der N AG waren, bestand nämlich durchaus eine Konkurrenzsituation zwischen den Beklagten und dem Zeugen E, die beide Interesse an der Akquirierung eines lukrativen Mandanten hatten. Da den Beklagten darüber hinaus bekannt war, dass es bereits in früheren Jahren Probleme des Zeugen E mit der Abrechnung von Provisionen außerhalb der sogenannten Plattform der N AG gegeben hatte, ist durchaus nachvollziehbar, dass den Beklagten, denen die Tätigkeit des Zeugen E für die Klägerin bekannt war, die Anforderung von Provisionsdaten des Zeugen E und deren Vorlage gegenüber dem Vorstand dazu nutzen wollten, dem Zeugen E insoweit zu schaden und dadurch zu erreichen, dass diesem bzw. dessen Geschäftsstelle der lukrative Mandant nicht zugewiesen werden sollte. Insoweit ist es auch durchaus möglich, dass den Beklagten die Vermittlernummer des Zeugen E bei der Klägerin bekanntgeworden sein kann.

Soweit die Beklagten demgegenüber die Möglichkeit aufzeigen, dass es sich bei dem Anruf unter Angabe des Computerfaxes des Beklagten zu 1) um eine Intrige des Zeugen E handeln könne, um den Beklagten zu schaden, scheint dies äußerst unwahrscheinlich zu sein. Da dem Zeugen E bekannt sein musste und auch bekannt war, dass die Beklagten im Fall des Erhalts der streitgegenständlichen Provisionsdaten diese an den Vorstand weitergeben würden, hätte sich der Zeuge E durch die von den Beklagten angenommene Handlungsmöglichkeit nämlich selbst geschadet. Selbst wenn der Zeuge E ohnehin beabsichtigt hätte, seine Mitarbeit bei der Firma N AG zu beenden und sodann gegebenenfalls über eine andere Firma den lukrativen Mandanten zu akquirieren, hätte der Zeuge E dieses auch ohne die von den Beklagten angenommene Vorgehensweise erreichen können, nämlich indem er einfach seinen Vertrag gekündigt hätte. Wenn er stattdessen so - wie die Beklagten es annehmen - vorgegangen wäre, hätte er seine Verhandlungsposition auf Grund eines möglichen vertragswidrigen Verhaltens durch die Abrechnung von Verträgen außerhalb der Plattform N AG gegenüber der Firma N AG deutlich geschwächt, so dass mögliche weitere Provisionsansprüche, die ihm weiterhin zugestanden hätten bzw. der Abschluss eines Aufhebungsvertrages mit guten Konditionen für ihn erschwert worden wäre. Schon aus diesem Grunde hält das Gericht es für nahezu ausgeschlossen, dass der Zeuge E selbst bei der Klägerin angerufen hat, um seine Provisionsdaten an die Beklagten übersenden zu lassen. Dass der Zeuge E möglicherweise versehentlich eine falsche Computerfaxnummer, nämlich die des Beklagten zu 1), angegeben haben könnte, hält das Gericht ebenfalls für unwahrscheinlich, zumal für eine solche Verwechselung keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich sind.

Neben dem zuvor dargestellten Motiv der Beklagten für den behaupteten Anruf bei der Klägerin spricht im Übrigen das Ergebnis der Beweisaufnahme durch die Vernehmung der Zeugen ebenfalls dafür, dass der Anruf Seitens eines der Beklagten erfolgt ist. Dass der bzw. die zwei behaupteten Anrufe bei der Klägerin überhaupt stattgefunden haben, hat zum einen der Zeuge C bestätigt. Gründe, an der Richtigkeit der Aussage des Zeugen C zu zweifeln, sind nicht ersichtlich geworden. Der Zeuge C konnte unter Bezugnahme auf die von ihm durchgeführte Prüfung der Faxversendeunterlagen auch den ungefähren Zeitraum der Anrufe eingrenzen. Insoweit hat der Zeuge E erklärt, dass er jedenfalls nicht derjenige gewesen sei, der diese Anrufe getätigt habe. Zwar ist dieser Aussage des Zeugen E ein relativ geringer Beweiswert beizumessen, da er schon ein Eigeninteresse am Ausgang des hier vorliegenden Rechtsstreits hat und er nach eigenen Angaben Schwierigkeiten mit beiden Beklagten hatte, gleichwohl ist die Kammer aus den oben genannten Gründen davon überzeugt, dass die Aussage des Zeugen E im Hinblick auf die nicht erfolgte eigene Anforderung der Provisionsdaten zutreffend ist. Ferner sprechen die Angaben der Zeugen B und R dafür, dass nicht der Zeuge E, sondern einer der Beklagten in Absprache mit dem anderen die streitgegenständlichen Telefonate getätigt hat. Beide Zeugen haben angegeben, dass ihnen gegenüber die Beklagten, nämlich in einem Fall der Beklagte L3, in dem anderen Fall der Beklagte K zumindest sinngemäß zugegeben hätten, die Unterlagen besorgt zu haben. So hat der Zeuge B erklärt, in einem Gespräch mit dem Beklagten L3 habe dieser angegeben, er, der Zeuge B, wolle nicht wissen, woher er, der Beklagte L3, die Unterlagen habe. Ferner habe der Beklagte L3 insoweit erklärt, er hätte auch für die Unterlagen Geld bezahlt, wenn dies erforderlich gewesen wäre. Insoweit hat der Zeuge B deutlich gemacht, dass dem Beklagten L3 bewusst gewesen ist, dass die Erlangung der Provisionsunterlagen in rechtswidriger Art und Weise erfolgt sei.

Der Zeuge R hat insoweit angegeben, anlässlich einer Tagung am 5. März 2010 habe ihm gegenüber der Beklagte K angegeben, die Unterlagen besorgt zu haben. Insoweit hat der Zeuge R angegeben, ihm habe der Beklagte K gesagt, dass er - der Beklagte K - gewollt habe, dass der Vorstand der N AG das vertragswidrige Verhalten des Zeugen E erkenne. Die Kammer ist unter Berücksichtigung der weiteren Zeugenaussagen der Überzeugung, dass die Angaben der Zeugen B und R im Kern zutreffend sind. Zwar ist nicht zu verkennen, dass der Zeuge B "im Lager" des Zeugen E steht. Auf der anderen Seite hat der Zeuge B sehr differenzierte Angaben auch zur Entstehung und dem Ablauf der Konkurrenzsituation gemacht. Eine besondere Belastungstendenz zu Lasten der Beklagten ist dabei nicht deutlich geworden. Ein Eigeninteresse am Ausgang des Rechtsstreits hat der Zeuge B ebenfalls nicht. Gleiches gilt für den Zeugen R. Auch bei diesem ist nicht ersichtlich, warum er trotz Belehrung falsche Angaben machen sollte. Die weiter vernommenen Zeugen stehen diesem Beweisergebnis letztlich nicht entgegen. Soweit der Zeuge M, an dessen Aussage im Hinblick darauf, dass er am Rechtsstreit und auch an der Konkurrenzsituation der Beteiligten unbeteiligt ist, keine Bedenken bestehen, erklärt hat, dass er zum Zeitpunkt des Anrufs in einem Beratungsgespräch mit dem Beklagten zu 1) gewesen ist, in dessen Verlauf dieser keinen Telefonanruf getätigt habe, ist zu berücksichtigen, dass zum einen an dem genauen Zeitpunkt des Anrufes am Morgen zumindest einige Unsicherheiten bestehen. Zwar hat der Zeuge C angegeben, wenige Minuten danach das Fax mit den Provisionsdaten versendet zu haben und anhand der Faxausgangsunterlagen den ungefähren Zeitpunkt des Telefonates festmachen zu können. Allerdings können insoweit im Hinblick auf den Zeitpunkt des Anrufes sowie auch die Frage, ob das Beratungsgespräch des Zeugen M mit dem Beklagten zu 1) so, wie im Kalender eingetragen gewesen ist, pünktlich begonnen und beendet worden ist, zumindest Unsicherheiten bestehen, so dass die Angaben des Zeugen M nicht zwingend dagegen sprechen, dass der Beklagte zu 1) bei der Klägerin angerufen hat. Möglich erscheint allerdings auch, dass in Absprache mit dem Beklagten zu 1) der Beklagte zu 2) bei der Klägerin angerufen haben könnte. Soweit der Zeuge G2 in seiner Aussage angegeben hat, den Beklagten zu 1) direkt auf die Unterlagen angesprochen zu haben und dieser bestritten habe, die Unterlagen besorgt zu haben, ergibt sich daraus nicht, dass diese Angabe des Beklagten K gegenüber dem Zeugen G2 richtig gewesen ist. Letztlich ist die Aussage des Zeugen G2 insoweit unergiebig. Auch die Angaben der Zeugen L und T sprechen nicht zwingend dagegen, dass die Angaben des Zeugen R zu dem Gespräch mit dem Beklagten zu 1) am 5. März 2010 unrichtig sind. Zum einen widersprechen sich die Angaben der Zeugen T und L schon insoweit als es darum geht, ob der Zeuge L überhaupt an dem Gespräch teilgenommen hat. Sowohl nach den Angaben des Zeugen T als auch nach den Angaben des Zeugen R hat der Zeuge L an dem hier streitgegenständlichen Gespräch nicht teilgenommen. Es ist deshalb auch nicht auszuschließen, dass der Zeuge L möglicherweise an einem weiteren Gespräch, von dem allerdings die Beteiligten nichts berichtet haben, teilgenommen haben könnte. Soweit der Zeuge T entgegen der Angaben des Zeugen R angegeben hat, der Beklagte K habe in dem Gespräch nicht eingeräumt, die Unterlagen besorgt zu haben, ist zu berücksichtigen, dass unstreitig der Zeuge T nicht bis zum Ende des Gespräches dabei gewesen ist. Dies haben sämtliche Beteiligten insoweit angegeben. Ferner hat der Zeuge T eine Reaktion des Beklagten zu 1) auf die Vorwürfe durch den Zeugen R überhaupt nicht geschildert. Nach Auffassung des Gerichts wäre allerdings zu erwarten gewesen, wenn auf die doch nicht unerheblichen Vorwürfe des Zeugen R, die auch nach den Angaben des Zeugen T in diesem Gespräch erhoben worden sein sollen, irgendeine Reaktion des Beklagten zu 1) zu erwarten gewesen ist. So hätte nahegelegen, dass der Beklagte zu 1) die Vorwürfe abstreitet. Dass keinerlei Reaktion, bejahend oder verneinend erfolgt, ist wenig nachvollziehbar, so dass das Gericht auch aus diesem Grunde den Angaben des Zeugen R den Vorzug gibt. Auch die Angaben des Zeugen L2 sprechen eher dafür, dass die Unterlagen durch die Beklagten "besorgt" worden sind. Zwar hat der Zeuge L2 erklärt, beim Beklagten zu 2), als dieser die Unterlagen an ihn weitergereicht habe, nicht nachgefragt zu haben, woher diese denn stammen. Er hat insoweit lediglich angegeben, der Beklagte zu 2) habe ihm gegenüber gesagt, "dass ihm die Unterlagen irgendwie zugekommen seien". Auch diese Angabe spricht nach Auffassung der Kammer aber eher dafür, dass die Unterlagen durch die Beklagten besorgt worden sind, da es ansonsten nahegelegen hätte, dass der Beklagte L3 seinem Vorstand zumindest irgendeine nachvollziehbare Erklärung über die Herkunft der Unterlagen geliefert hätte. Unter Berücksichtigung der vorgenannten Gesichtspunkte ist das Gericht mithin der Auffassung, dass die Beklagten im gemeinsamen Zusammenwirken durch einen Anruf bei der Klägerin die hier streitgegenständlichen Provisionsunterlagen in rechtswidriger Art und Weise sich verschafft und sodann bei der Firma N AG weitergeleitet haben. Sie sind deshalb - wie Seitens der Klägerin beantragt - zur Unterlassung, ferner Auskunft über Art, Umfang, Inhalt sowie Verwertung und Verbleib der streitgegenständlichen Provisionsdaten und deren Vernichtung verpflichtet. Ferner ist nicht auszuschließen, dass die Klägerin durch die mögliche anderweitige Verwertung der Provisionsdaten einen Schaden erleiden könnte, so dass ebenfalls festzustellen ist, dass die Beklagten verpflichtet sind, einen entsprechenden Schadenersatz zu leisten.

Darüber hinaus ist der Beklagte zu 1) verpflichtet, der Klägerin die dieser entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten für das Abmahnschreiben vom 16. März 2010 aus den Gesichtspunkten des Schadenersatzes zu leisten. Diese vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten berechnen sich nach einem Streitwert von 50.000,00 € unter Zugrundelegung einer 1,3fachen Gebühr mit 1.641,96 €.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 1 ZPO.






LG Münster:
Urteil v. 14.09.2011
Az: 016 O 150/10


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/db7b3a7ca745/LG-Muenster_Urteil_vom_14-September-2011_Az_016-O-150-10




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share