Oberlandesgericht Celle:
Beschluss vom 24. August 2010
Aktenzeichen: Not 9/10

(OLG Celle: Beschluss v. 24.08.2010, Az.: Not 9/10)

Zu der Frage, ob ein Anwaltsnotar, dem durch Vertrag die Teilnahme am uneingeschränkten automatisierten Abrufverfahren zur Grundbucheinsicht als Notar gestattet ist, sich vor Einholung des Grundbuchauszugs davon vergewissern muss, ob der Grundbuchauszug für eine notarielle Tätigkeit erforderlich ist oder eine solche Tätigkeit zumindest beabsichtigt ist, was auch der Fall ist, wenn die Einholung des Grundbuchaus-zuges einer notariellen Handlung dienen kann. Der Senat lässt offen, ob eine notarielle Tätigkeit bereits dann vorliegt, wenn der Anwaltsnotar aufgrund des Auftrags eines Grundstückseigentümers einen Grundbuchauszug mittels des uneingeschränkten automatisierten Abrufverfahrens einholt, ohne dass die vorgenannten Voraussetzungen vorliegen.

Tenor

Die Disziplinarverfügung des Präsidenten des Landgerichts Stade vom 12. November 2009 und die Beschwerdeentscheidung des Antragsgegners vom 25. Februar 2010 werden aufgehoben.

Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens und die dem Antragsteller erwachsenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

I.

Der Notar begehrt mit seinem Antrag die Aufhebung einer Disziplinarverfügung und der sie bestätigenden Beschwerdeentscheidung wegen eines ihm vorgeworfenen Verstoßes gegen § 14 Abs. 1 BNotO durch den Fehlgebrauch des automatisierten Grundbuchabrufverfahrens.

Durch Vereinbarung vom 21. bzw. 23. Juni 2005 hat der Antragsteller mit dem Antragsgegner vereinbart, dass sich der mit dem Mitsozius, Notar A. B., geschlossene Vertrag über die Einrichtung eines uneingeschränkten automatisierten Abrufverfahrens auch auf ihn erstreckt. Als Vertragspartner ist der Antragsteller in seiner Eigenschaft als Notar bezeichnet; die Tätigkeit als Rechtsanwalt ist in dem Vertrag nicht enthalten. Gemäß Ziff. 1 des Vertrages wird gemäß § 133 Abs. 2 S. 1 GBO festgestellt, dass der Teilnehmer zu den nach § 133 Abs. 2 S. 2 GBO zur Teilnahme am automatisierten Abrufverfahren berechtigten Stellen gehört.

Am 13. Mai 2009 rief der dem Notar bekannte Steuerberater S. den Antragsteller an und bat für seine Klientin, Frau A. M., um Übersendung eines Grundbuchauszuges für ein Grundstück in A.; Frau M. benötige den Grundbuchauszug für ein Finanzierungsgespräch mit der X.-Bank wegen der Verlängerung eines Darlehens; die Angelegenheit sei eilbedürftig. Frau M. ist zu 3/4 Miteigentümerin dieses Grundstückes. Der Notar kannte die näheren Verhältnisse sowie die Steuerberatertätigkeit des Herrn S. für Frau M. aufgrund einer Vorbefassung im Zusammenhang mit einer notariellen Urkunde vom 28. Dezember 2005. Frau M. ist dem Notar nach dessen Bekunden persönlich bekannt. Der Notar hat für Frau M. sodann einen Grundbuchauszug mit Hilfe des uneingeschränkten automatisierten Abrufverfahrens eingeholt bzw. einholen lassen. Eine grundbuchliche Absicherung der (Verlängerung der) Darlehensgewährung war indes nicht notwendig. Es gab bzw. gibt bislang keinen notariellen Beurkundungs- oder Beglaubigungsauftrag. Der Notar hat für die Grundbucheinsicht mit Schreiben vom 2. September 2009 eine Kostennote gem. § 147 Abs. 1 KostO erstellt.

Mit der Disziplinarverfügung vom 12. November 2009 hat der Präsident des Landgerichts Stade gegen den Antragsteller einen Verweis wegen eines Verstoßes gegen § 14 Abs. 1 und Abs. 3 BNotO verhängt. Dem Notar wurde vorgeworfen, für andere als die in § 43 Abs. 2 GBV geregelten Zwecke Einsicht in das automatisierte Grundbuch genommen zu haben. Bei der Anforderung des Grundbuchauszuges für Frau M. habe es sich nicht um eine Tätigkeit in einer notariellen Angelegenheit gehandelt. Es sei auch nicht nachträglich zu einem notariellen Amtsgeschäft gekommen. Vielmehr habe es sich um eine rein private Angelegenheit von Frau M. gehandelt, mit der der Antragsteller als Notar erkennbar nicht befasst werden sollte. Es komme nicht darauf an, dass Frau M. als Eigentümerin Einsicht in das Grundbuch nehmen könne, ohne ein berechtigtes Interesse darlegen zu müssen. Für die Entscheidung hierüber sei der Notar nicht zuständig; vielmehr obliege dies dem Grundbuchrechtspfleger bzw. gem. § 12 c Abs. 1 Nr. 1 GBO dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle. Der Notar sei nicht befugt, über normale Einsichtsersuchen zu befinden.

Die hiergegen eingelegte Beschwerde vom 26. November 2009 hat der Antragsgegner mit der Entscheidung vom 25. Februar 2010 zurückgewiesen. Bei dem Vorgehen des Notars handele es sich nicht um eine bloße Verletzung des Vertrags vom 21./23. Juni 2005, sondern um eine Verletzung der notariellen Amtspflichten. Es habe weder ein berechtigtes Interesse des Notars vorgelegen noch könne dieses dadurch ersetzt werden, dass Frau M. als Eigentümerin einen Grundbuchauszug begehrt habe. Ein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG liege mangels Eingriff in den Schutzbereich der Berufsausübungsfreiheit nicht vor. Jedenfalls wäre ein solcher Eingriff durch Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt und verhältnismäßig. Hiergegen hat der Notar mit dem Schriftsatz vom 24. März 2010 den Antrag auf Entscheidung des Senats für Notarsachen gestellt.

Der Notar vertritt die Auffassung, er habe schon deswegen der Eigentümerin M. einen Grundbuchauszug beschaffen können, weil der Eigentümer immer ein berechtigtes Interesse an der Grundbucheinsicht habe. Die Darlegung eines berechtigten Interesses sei nicht erforderlich. Im Übrigen sei eine konkrete notarielle Tätigkeit nicht Voraussetzung für die Benutzung des automatisierten Abrufverfahrens; es sei zudem nicht immer erkennbar, ob sich im Anschluss an den Einsichtsauftrag ein notarielles Amtsgeschäft ergebe. Das Ersuchen eines Eigentümers um Grundbucheinsicht sei ausreichender Auftrag und Legitimation für den Notar. Darüber hinaus verkenne die Auffassung des Antragsgegners, dass es sich um eine Tätigkeit in dem dem Notar zugewiesenen Bereich der vorsorgenden Rechtspflege gem. den §§ 1, 24 BNotO handele. Der Notar ist ferner der Ansicht, die Verhängung eines Verweises sei unverhältnismäßig.

Der Notar beantragt,

die Disziplinarverfügung des Präsidenten des Landgerichts Stade vom 12. November 2009 und die Beschwerdeentscheidung vom 25. Februar 2010 aufzuheben.

Der Antragsgegner stellt den Antrag,

den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückzuweisen.

Er nimmt Bezug auf die Ausführungen in der Disziplinarverfügung und der Beschwerdeentscheidung und weist ergänzend darauf hin, dass nach einer vom Antragsteller vorgelegten Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft Anwaltsnotariat im Deutschen Anwaltsverein vom 13. April 2010 auch dort die Auffassung vertreten werde, den Anwaltsnotaren sei die Nutzung des uneingeschränkten automatisierten Abrufverfahrens lediglich in Ausübung ihrer Funktion als Notar gestattet, also nur, wenn der Abruf im Zusammenhang mit einem notariellen Geschäft erfolge, nicht aber für sonstige berufliche oder private Zwecke. Sofern der Eigentümer Grundbucheinsicht begehre, müsse er hierfür einen anderen Weg als den über das uneingeschränkte automatisierte Abrufverfahren wählen.

II.

1. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist gemäß § 96 BNotO a. F. i. V. m. § 32 Abs. 3 NDO zulässig. Der Senat entscheidet gemäß § 32 Abs. 5 NDO ohne mündliche Verhandlung, weil der Sachverhalt hinreichend geklärt ist und von einer mündlichen Verhandlung keine zusätzlichen Erkenntnisse in tatsächlicher Hinsicht zu erwarten sind.

132. Der Antrag ist begründet und führt zur Aufhebung der Disziplinarverfügung sowie der Beschwerdeentscheidung. Dem Notar ist nach dem vorliegenden Sachverhalt keine Dienstpflichtverletzung vorzuwerfen. Er hat nicht amtspflichtwidrig das uneingeschränkte automatisierte Abrufverfahren für die Grundbucheinsicht genutzt.

a) Grundsätzlich ist gemäß § 133 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 GBO die Einrichtung eines automatisierten Verfahrens zulässig, sofern sichergestellt ist, dass der Abruf von Daten die nach den oder aufgrund der §§ 12 und 12a GBO zulässige Einsicht nicht überschreitet. Gem. § 133 Abs. 2 S. 2 BNotO darf die Genehmigung u. a. nur an Notare erteilt werden. Unter diesen Voraussetzungen ist das uneingeschränkte automatisierte Abrufverfahren nur geeignet, wenn ein berechtigtes Interesse für die Einsichtnahme in das Grundbuch nicht dargelegt zu werden braucht (Demharter, GBO, 27. Auflage, § 133 Rdnr. 4).

Gemäß § 12 Abs. 1 S. 1 GBO ist die Einsicht des Grundbuchs jedem gestattet, der ein berechtigtes Interesse darlegt. Ein berechtigtes Interesse wird jedem zugeschrieben, dem ein Recht am Grundstück oder an einem Grundstücksrecht zusteht (Demharter, a. a. O., § 12 Rdnr. 8). Dem Eigentümer ist grundsätzlich die Einsicht gestattet (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Auflage, Rdnr. 524). § 43 Abs. 2 S. 1 i. V. m. Abs. 1 GBV gestattet u. a. Notaren die Grundbucheinsicht, ohne dass es der Darlegung eines berechtigten Interesses bedarf. Dies wird damit begründet, dass bei Notaren das berechtigte Interesse aus deren Tätigkeit in Ausübung der Amtspflicht folgt (Schöner/Stöber, a. a. O., Rdnr. 527). Dies hat zur Folge, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 43 GBV eine Prüfung der berechtigten Interessen entfällt; ein berechtigtes Interesse muss aber vorhanden sein (Schöner/Stöber, a. a. O., Rdnr. 528; Demharter, a. a. O., § 12 Rdnr. 15).

16b) Der Antragsteller ist als Notar und nicht als Rechtsanwalt tätig geworden. Der Senat lässt ausdrücklich offen, ob die Befugnis des Notars zur Grundbucheinsicht im uneingeschränkten automatisierten Abrufverfahren sich daraus ergibt, dass der Eigentümer des Grundstücks ihn entsprechend beauftragt oder für den Notar erkennbar weitere Umstände vorliegen müssen, aus denen sich ein Amtsgeschäft ergibt.

17aa) Der Antragsteller hat eine notarielle Amtshandlung vorgenommen, wenn er auf dem Gebiet der vorsorgenden Rechtspflege, und zwar im Registerwesen, tätig geworden ist. Dies könnte der Fall sein, wenn die im Auftrag eines Eigentümers vorgenommene Grundbucheinsicht per se, also ohne weitere Voraussetzungen, eine notarielle Amtshandlung darstellt. Dann wäre das berechtigte Interesse des Notars gegeben, das Voraussetzung für eine Grundbucheinsicht ist.

Eine Definition des Begriffes der vorsorgenden Rechtspflege findet sich in der Bundesnotarordnung nicht. Umfasst wird von diesem Begriff wohl diejenige, dem Notar obliegende Rechtsbetreuung, die durch rechtskundige Mitwirkung bei der Gestaltung privater Rechtsbeziehungen der Rechtssicherheit und Streitverhütung dient. Im Wesentlichen geht es um die Sicherung und Erleichterung des Rechtsverkehrs, insbesondere durch das Register- und Urkundenwesen. Der Begriff ist aber unter der zuvor genannten Zielvorgabe gegenstandsoffen (Eylmann/Vaasen-Frenz, a. a. O., § 1 Rn 11 m. w. N.; Schippel/Bracker-Reithmann, BNotO, 8. Aufl., § 24 Rn 9). Dabei ist allerdings zu bedenken, dass auch dem Rechtsanwalt gemäß § 3 BRAO die Tätigkeit in der vorsorgenden Rechtspflege zufällt (vgl. Feuerich/Weyland, BRAO, 7. Auflage, § 3 Rdnr. 1). Die Tätigkeit des Notars in der vorsorgenden Rechtspflege wird auch dahin beschrieben, dass es sich um eine Rechtsbetreuung handelt, die durch die Mitwirkung des Notars bei der Gestaltung privatrechtlicher Beziehungen der Rechtssicherung und der Streitverhütung dient, im Gegensatz zu der Vertretung und Wahrnehmung zweifelhafter und umstrittener Interessen einzelner Beteiligter gegenüber anderen Beteiligten. Es muss durch die Handlung eine Aufgabe zu erfüllen sein, die in den Bereich der notariellen Amtstätigkeit hineinpasst (Assenmacher/Mathias, a. a. O., Anm. 1.2.1; Rohs/Wedewer, KostO, Loseblattsammlung, 92. Aktualisierung zur 2. Auflage, § 140 Rdnr. 7 Fußnote 7).

Unter diesen Umständen ließe sich die Auffassung vertreten, dass sich das berechtigte Interesse des Notars für die Einsicht in das Grundbuch im automatisierten Abrufverfahren bereits aus dem grundsätzlich - eine Ausnahme dürfte nur bei einer Schikanehandlung vorliegen - bestehenden berechtigten Interesse des Eigentümers an der Grundbucheinsicht ergibt, so dass es weiterer Voraussetzungen nicht bedarf. Dafür könnte ferner streiten, dass es einem Eigentümer in den Fällen, in denen sowohl ein Anwalt als auch ein Notar die begehrte Grundbucheinsicht vornehmen kann, unbenommen bleiben müsste, die Entscheidung zu treffen, ob er sich des Notars oder des Anwalts bedienen möchte (wobei die Inanspruchnahme des Notars die kostengünstigere Variante ist). Demnach hätte der Antragsteller vorliegend in Ausübung einer Amtspflicht gehandelt, als er auf das Ersuchen des Steuerberaters der Eigentümerin gehandelt hat.

20bb) Der Antragsteller hat allerdings auch dann als Notar gehandelt, wenn man voraussetzt, dass der Anwaltsnotar sich vor Einholung des Grundbuchauszuges im uneingeschränkten automatisierten Abrufverfahren davon zu vergewissern hat, ob er i.S.v. § 24 Abs. 2 S. 1 BNotO als Notar oder als Rechtsanwalt tätig wird und dies von weiteren Voraussetzungen abhängig ist.

(1) Dabei spricht für die Notwendigkeit des Vorliegens weiterer Voraussetzungen und die Überlegung, dass ein Anwaltsnotar die o.a. Differenzierung vor der Grundbucheinsicht vorzunehmen hat, Folgendes:

Die Vermutung einer notariellen Tätigkeit gemäß § 24 Abs. 1 S. 1 BNotO setzt voraus, dass ein Anwaltsnotar Betreuungshandlungen i. S. des Absatzes 1 vornimmt, die dazu bestimmt sind, Urkundsgeschäfte oder notarielle Verwahrungsgeschäfte vorzubereiten. Eine Vorbereitungshandlung im Sinne von § 24 Abs. 2 S. 1 BNotO ist gegeben, wenn der Anwaltsnotar Handlungen der in Absatz 1 bezeichneten Art vornimmt, sofern eine spätere Beurkundung oder Unterschriftsbeglaubigung in Aussicht genommen bzw. beabsichtigt ist (Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 6. Aufl., § 24 Rn 60, 63 m. w. N.; Eylmann/Vaasen-Hertel, BNotO, 2. Aufl., § 24 Rn. 61). Hieraus lässt sich der Schluss ziehen, dass der Notar vor Aufnahme seiner Tätigkeit sicherstellen muss, ob - jedenfalls wenn eine notarielle Tätigkeit nicht von vornherein deutlich erkennbar ist - diese der Vorbereitung einer späteren notariellen Amtshandlung dienen soll. Ansonsten gilt die Zweifelsregel des § 24 Abs. 2 S. 2 BNotO, dass er als Rechtsanwalt tätig geworden ist. Die Relevanz dieser Differenzierung wird z.B. deutlich bei der Frage, ob dem Handelnden eine Verletzung anwaltlicher oder notarieller Pflichten vorzuwerfen ist. Denn die aus einer Beauftragung als Rechtsanwalt entstandenen Pflichten werden selbst dann nicht nachträglich zu Amtspflichten eines Notars, wenn dieser einen von ihm als Anwalt eines Beteiligten ausgehandelten Vertrag beurkundet (BGH DNotZ 1992, 813, 818). Deswegen muss von vorneherein feststehen, ob ein Anwaltsnotar als Rechtsanwalt oder als Notar tätig wird. Eine zeitlich später liegende "Genehmigung" der Tätigkeit als notarielle gibt es nicht. Selbst wenn es sich um eine Betreuung der Beteiligten auf dem Gebiet der vorsorgenden Rechtspflege handelt, soll anzunehmen sein, dass der Notar als Notar tätig geworden ist, wenn die Handlung bestimmt war, Amtsgeschäfte nach den §§ 20 bis 23 BNotO vorzubereiten oder auszuführen (OLG Hamm JurBüro 1962, 631, 632).

Des weiteren ergibt sich die Pflicht des Anwaltsnotars zur Kontrolle, ob er als Anwalt oder Notar tätig wird, aus der Verpflichtung des Notars zu prüfen, ob er seine Tätigkeit aufgrund gesetzlicher Vorschriften (§§ 14 BNotO, 4 BeurkG) versagen muss.

Auch die Erstellung einer Kostennote nach § 147 Abs. 1 KostO setzt voraus, dass der Rechnungsaussteller als Notar und nicht als Anwalt tätig geworden ist. Grundsätzlich besteht zwar gemäß § 24 Abs. 1 S. 1 BNotO die Vermutung, das ein Anwaltsnotar als Notar tätig wird, sofern er Handlungen der in § 24 Abs. 1 BNotO bezeichneten Art vorliegen, wenn die Handlung dazu bestimmt ist, Amtsgeschäfte der in den §§ 20 - 23 BNotO bezeichneten Art vorzubereiten oder auszuführen. Dies lässt sich jedoch bei Vornahme der Handlung nicht immer ohne weiteres erkennen. Gemäß § 24 Abs. 2 S. 2 BNotO ist dann im Zweifel anzunehmen, dass der Anwaltsnotar als Rechtsanwalt tätig geworden ist. Als Kriterium für die Abgrenzung wird darum zugrunde gelegt, dass der Notar als ein unparteiischer Vermittler, der Anwalt aber als ein bloßer Vertreter einseitiger Interessen tätig wird (BGH DNotZ 1992, 813, 818; Korinthenberg/Lappe/Bengel/Reimann, KostO, 18. Auflage, § 147 Rdnr. 25; Hartmann, Kostengesetze, 39. Auflage, § 147 KostO Rdnr. 15). Wenn die Art der Tätigkeit klar ersichtlich über die Betreuung auf dem Gebiet vorsorgender Rechtspflege hinausgeht, es sich nicht mehr um die Interpretierung des Vertrages in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht im Interesse aller Vertragsparteien, sondern um eine intensive, einseitige Interessenvertretung oder die Abwehr von Ansprüchen Dritter handelt, sodass die Tätigkeit objektiv nicht mehr in den Bereich notarieller Amtstätigkeit hineinpasst, greift die Vermutung des § 24 Abs. 2 S. 1 BNotO objektiv überhaupt nicht ein (Korinthenberg/Lappe/Bengel/Reimann, a.a.O., § 147 Rdnr. 24). Der Anwaltsnotar darf sich also, wenn er als Notar auftreten will, niemals, auch wenn er den Auftrag von einem der mehreren Beteiligten erhalten hat, als Sachwalter nur dieses Beteiligten fühlen, er muss vielmehr stets die Interessen aller Beteiligten vertreten (BGH MDR 1992, 415; Assenmacher/Mathias, KostO, 15. Auflage, Stichwort Anwaltsnotar Anm. 1.2.1).

25(2) Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe ist dem Antragsteller eine Amtspflichtverletzung ebenfalls nicht vorzuwerfen. Der Antragsteller hat nicht nur einseitig die Interessen eines einzelnen Beteiligten wahrgenommen sondern sich zur Wahrung der Interessen sämtlicher Beteiligten verhalten und den Grundbuchauszug eingeholt. Denn nach dem unstreitigen Sachverhalt hat der Antragsteller für die Eigentümerin des betroffenen Grundstücks einen Grundbuchauszug eingeholt, weil sich diese in Finanzierungsgesprächen mit einer Bank befand. Es lag somit auf der Hand, dass der Grundbuchauszug sowohl der Eigentümerin dienen sollte, um die Finanzierung eines Darlehens oder eine etwaige Umschuldung zu ermöglichen als auch den Interessen der finanzierenden Bank, die zur Verfügung zu stellenden Mittel dinglich absichern zu können. Dagegen kommt der Grundsatz, dass ein Anwaltsnotar, der bei der steuerlichen Beratung eines Mandanten tätig wird, in der Regel in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt handelt (BGH Urteil vom 22. Oktober 1987 - IX ZR 175/86 - veröffentlicht in NJW 1988, 563 ff. = MDR 1988, 313 f. = DNotZ 1988, 379 ff.), im vorliegenden Fall nicht zum Tragen. Denn die steuerliche und wirtschaftliche Beratung der Mandantin wurde hier bereits durch den Steuerberater vorgenommen, so dass die ergänzende Klärung des Grundbuchinhalts durch den Antragsteller von vornherein nur im Hinblick auf eine möglicherweise in Betracht kommende Bestellung eines Grundpfandrechts im Zuge einer erwogenen Umschuldung vorgenommen werden sollte.

Einer grundsätzlichen und allgemeinen Klärung der Frage, ob auch die gänzlich isolierte Grundbucheinsicht durch einen Notar - der Inhaber eines Rechts will lediglich den Inhalt des Grundbuchs erforschen, ohne damit weiter gehende Überlegungen zu verbinden - im Sinne eines vom Antragsgegner für unzulässig gehaltenen "Grundbuchservices" gestattet ist, bedarf es zur Entscheidung nicht und der Senat hätte, wenn eine solche umfassende Klärung erforderlich wäre, für sinnvoll gehalten, auch die Notarkammer zu beteiligen.

c) Entgegen der Auffassung des Antragsgegners hat sich der Antragsteller keine nur gem. § 12 c Abs. 1 GBO dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zustehende Entscheidungsbefugnis über die Einsicht in das Grundbuch angemaßt. Der Antragsteller hat sich nicht anders verhalten als in den Fällen, in denen er in seiner Eigenschaft als Notar zum Grundbuchamt geht und dort Einsicht nimmt. Denn auch in diesen Fällen wird eine Prüfung des berechtigten Interesses grundsätzlich nicht vorgenommen (s.o.), da sie angesichts der vom Notar ausgeübten Amtspflichten vermutet wird. Die Möglichkeit der Einsichtnahme über das uneingeschränkte automatisierte Abrufverfahren setzt aber gerade voraus, dass das berechtigte Interesse nicht dargelegt zu werden braucht. Dieses berechtigte Interesse muss der Anwaltsnotar aber sowohl für sich prüfen und bejahen, bevor er das uneingeschränkte automatisierte Abrufverfahren in Anspruch nimmt, als auch in den Fällen, in denen er zum Grundbuchamt geht.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 96 BNotO a. F., 114, 115 NDO. Gegen die Entscheidung des Senats ist ein Rechtsmittel nicht gegeben, §§ 105 BNotO a. F., 31 Abs. 4 S. 2 NDO.






OLG Celle:
Beschluss v. 24.08.2010
Az: Not 9/10


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