Kammergericht:
Beschluss vom 19. Mai 2003
Aktenzeichen: 1 W 136/03

(KG: Beschluss v. 19.05.2003, Az.: 1 W 136/03)

Tenor

In Änderung des angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschlusses werden die vom Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten auf nur 611,32 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuches seit dem 6. Februar 2003 festgesetzt.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger 70 %, der Beklagte 30 % nach einem Wert von 280,36 Euro zu tragen.

Gründe

Die gemäß §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 2 Satz 2, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat zum größeren Teil Erfolg. Die vom Landgericht festgesetzte Erörterungsgebühr ist nicht entstanden (1.). Hingegen ist die Festsetzung der Mehrwertsteuer nicht zu beanstanden (2.).

1.Dem Beklagten ist darin zu folgen, dass für den Klägervertreter lediglich die 5/10-Gebühr für eine nicht streitige Verhandlung nach § 33 Abs. 1 Satz 1 BRAGO entstanden ist.Eine streitige Verhandlung hat nicht stattgefunden. Im Termin vom 30. Januar 2003 hat der Beklagtenvertreter nach für gescheitert erklärter Güteverhandlung keinen Antrag gestellt, der Klägervertreter hat den Erlass eines Versäumnisurteils beantragt. Somit ist die 5/10-Gebühr für eine nichtstreitige Verhandlung gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 BRAGO entstanden.

Im Grundsatz zu Recht hat das Landgericht sich nicht gehindert gesehen, statt der im Kostenantrag angesetzten 10/10-Verhandlungsgebühr eine 10/10-Erörterungsgebühr gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO festzusetzen. Eine solche Gebühr kann auch entstehen, wenn der nichtstreitigen Verhandlung eine Güteverhandlung gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 ZPO vorangegangen ist, in der der Sach- und Streitstand gemäß § 278 Abs. 2 ZPO erörtert wurde. Denn die Gebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO entsteht auch, wenn die Erörterung der Sache "im Rahmen eines Versuchs zur gütlichen Beilegung" stattfindet. Die Gebühr für die anschließende nichtstreitige Verhandlung ist dann auf die Erörterungsgebühr anzurechnen, § 31 Abs. 2 BRAGO.

Voraussetzung ist aber, dass eine Erörterung gemäß § 278 Abs. 2 ZPO stattgefunden hat. Das hat der Kläger nicht glaubhaft gemacht, § 104 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Er verweist auf das Terminsprotokoll vom 30. Januar 2003, in dem es lediglich heißt:

"Die Parteivertreter erklären die Güteverhandlung übereinstimmend für gescheitert."

Hieraus will der Klägervertreter herleiten, es müsse dann "wohl eine vorherige Erörterung" vorangegangen sein. Das ist jedoch keineswegs zwingend und € da der Beklagtenvertreter eine solche Erörterung in Abrede stellt € auch nicht ohne weiteres anzunehmen. Wird nämlich im Gütetermin die Frage des Gerichts, ob eine gütliche Einigung möglich sei, übereinstimmend verneint, stellt dies keine Erörterung dar (vgl. Gerold/Schmidt/von Eicken, BRAGO, 15. Auflage, § 31 Rdnr. 152). Regelmäßig wird allerdings die Güteverhandlung vom Gericht durch die Darlegung des Sach- und Streitstandes gemäß § 278 Abs. 2 Satz 2 ZPO eingeleitet werden. Für die Entstehung der Erörterungsgebühr genügt es dann, dass die Partei die Rechtsauffassung des Gerichts zur Kenntnis nimmt und daraufhin erklärt, keinen Antrag stellen zu wollen (von Eicken a. a. O., Rdnr. 156). Eine Erörterung in dieser Form wird vom Klägervertreter aber nicht behauptet, so dass es auch nicht der Einholung einer dienstlichen Äußerung der amtierenden Einzelrichterin der 13. Zivilkammer des Landgerichts bedarf. Denn das Prozessgericht hatte hier bereits in dem eingehend begründeten Beschluss vom 22. August 2002, mit dem der Antrag des Beklagten auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen wurde, zu den Einwendungen des Beklagten Stellung genommen und die Erfolgsaussichten der Klage € bis auf den 4 % übersteigenden Zinsantrag € vollumfänglich bejaht. Dementsprechend bedurfte es im Termin am 30. Januar 2003 nicht einmal der Erörterung des Zinsantrages, den der Klägervertreter teilweise zurücknahm. Dass die im Beschluss abgehandelten Fragen in der Güteverhandlung nochmals erörtert wurden, geht aus dem Terminsprotokoll nicht hervor und wird auch nicht behauptet, ebensowenig dass über sonstige Fragen, die Gegenstand einer gütlichen Beilegung des Rechtsstreits und damit der Erörterung der Sache sein konnten, noch gesprochen wurde.

2.Im Kostenfestsetzungsantrag hat der Klägervertreter gemäß § 104 Abs. 2 Satz 3 ZPO erklärt, dass sein Auftraggeber die Umsatzsteuerbeträge nicht als Vorsteuer absetzen könne. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats, an der festgehalten wird (siehe JurBüro 95, 206), ist diese Erklärung ausreichende Grundlage für die Festsetzung der Umsatzsteuerbeträge; im Festsetzungsverfahren ist die Erklärung nicht nachzuprüfen. Das gilt auch, soweit € wie hier € das Land Berlin als erstattungsberechtigte Partei die Festsetzung der dem eigenen Rechtsanwalt gezahlten Umsatzsteuer begehrt (vgl. von Eicken a. a. O., § 25 Rdnr. 7 d).3.Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO.






KG:
Beschluss v. 19.05.2003
Az: 1 W 136/03


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