Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. Dezember 2010
Aktenzeichen: 20 W (pat) 49/06

(BPatG: Beschluss v. 13.12.2010, Az.: 20 W (pat) 49/06)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in der Entscheidung vom 13. Dezember 2010 (Aktenzeichen 20 W (pat) 49/06) die Beschwerde der Patentinhaberin gegen den Beschluss der Patentabteilung 55 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. Juni 2006 zurückgewiesen. Die Einsprechende trägt die außergerichtlichen Kosten, die der Patentinhaberin durch die mündliche Verhandlung am 11. Oktober 2010 entstanden sind. Von den weiteren Kosten des Verfahrens tragen jede Beteiligte ihre Kosten selbst.

Das Patent mit der Bezeichnung "Verfahren zur Echtzeitvergebühung von Telekommunikationsverbindungen bei Aufenthalt eines Teilnehmers außerhalb seines Heimatnetzes" wurde am 29. November 2001 erteilt. Gegen das Patent wurde ein Einspruch erhoben, mit dem der vollständige Widerruf des Patents begehrt wurde. Die Einsprechende begründet den Einspruch mit der fehlenden Patentfähigkeit und nennt verschiedene Druckschriften, die im Prüfungsverfahren in Betracht gezogen wurden.

Die Patentabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts widerruft das Patent und hält den Einspruch für zulässig und begründet. Dagegen wendet sich die Patentinhaberin mit ihrer Beschwerde. Sie beantragt die Aufhebung des Beschlusses der Patentabteilung und die Aufrechterhaltung des Patents.

Das Bundespatentgericht kommt zu dem Schluss, dass der Gegenstand des Patentanspruchs weder im Hauptantrag noch in den Hilfsanträgen auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Es werden verschiedene Druckschriften genannt, die die Lehre der Patentschrift bereits vorwegnehmen oder nahelegen. Die angeführten Merkmale im Hilfsantrag 1, 2 und 3 können keine erfinderische Tätigkeit im vorliegenden Zusammenhang stützen.

Die Kosten der mündlichen Verhandlung vom 11. Oktober 2010 werden der Einsprechenden auferlegt, da ihre Existenz und Identität in dieser Verhandlung nicht geklärt werden konnten, was eine weitere Verhandlung notwendig gemacht hat. Da dies zum Obliegenheiten der Einsprechenden gehört, werden ihr die Kosten der ersten Verhandlung auferlegt.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 13.12.2010, Az: 20 W (pat) 49/06


Tenor

Die Beschwerde der Patentinhaberin gegen den Beschluss der Patentabteilung 55 des Deutschen Patentund Markenamts vom 27. Juni 2006 wird zurückgewiesen.

Die Einsprechende trägt die außergerichtlichen Kosten, die der Patentinhaberin durch die mündliche Verhandlung vom 11. Oktober 2010 entstanden sind. Von den weitergehenden Koten des Verfahrens trägt jede Beteiligte ihre Kosten selbst.

Gründe

I.

Auf die am 19. August 1998 eingereichte Patentanmeldung wurde das Patent 198 37 460 mit der Bezeichnung "Verfahren zur Echtzeitvergebührung von Telekommunikationsverbindungen bei Aufenthalt eines Teilnehmers außerhalb seines Heimatnetzes" erteilt. Die Patenterteilung wurde am 29. November 2001 im Patentblatt veröffentlicht. Das Patent umfasst insgesamt 8 Patentansprüche.

Der erteilte unabhängige Patentanspruch 1 lautet: "Verfahren zur Echtzeitvergebührung von Telekommunikationsverbindungen bei Aufenthalt eines Teilnehmers außerhalb seines Heimatnetzes, dadurch gekennzeichnet, dass der Aufbau der Telekommunikationsverbindung und die Echtzeitgebührenerfassung durch das Heimatnetz (3) erfolgen."

Bezüglich des Wortlauts der Unteransprüche 2 bis 8 wird auf die Patentschrift verwiesen.

Gegen das Patent wurde am 26. Februar 2002 Einspruch erhoben, mit dem der vollständige Widerruf des Patents begehrt wurde. Der Einspruch stützt sich auf den Widerrufsgrund der fehlenden Patentfähigkeit (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG) und nennt zur Begründung die Druckschriften:

D1 WO94/28689A1, D2 WO93/01677A1, D3 WO97/50237A1, D4 WO98/34425A2, D5 WO97/19548A1, D6 WO97/29609A2, D7 DE4412727A1, D8 WO96/36192A1.

Davon waren im Prüfungsverfahren die Druckschriften D1 und D2 in Betracht gezogen worden.

Im Ergebnis des Einspruchsverfahrens hat die Patentabteilung 55 des Deutschen Patentund Markenamts das Patent widerrufen. Sie hielt den Einspruch für zulässig und begründet.

Hiergegen wendet sich die Patentinhaberin mit ihrer Beschwerde.

Die Patentinhaberin und Beschwerdeführerin beantragte wie folgt: Hauptantrag: den Beschluss der Patentabteilung 55 des Deutschen Patentund Markenamts vom 27. Juni 2006 aufzuheben und das Patent 198 37 460 in der Fassung des Hauptantrages aus dem Schriftsatz der Patentinhaberin vom 6. Dezember 2010 aufrechtzuerhalten;

hilfsweise (Hilfsanträge 1 bis 3): das Patent 198 37 460 in den Fassungen der Hilfsanträge 1 bis 3 (in dieser Reihenfolge) aus dem Schriftsatz der Patentinhaberin vom 6. Dezember 2010 aufrechtzuerhalten; für alle vorstehenden Anträge Beschreibung und Zeichnungengemäß Patentschrift. Kostenantrag: der Einsprechenden gemäß § 80 Abs. 1 PatG die Kosten des Termins vom 11. Oktober 2010 aufzuerlegen. Die Einsprechende und Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde und den Kostenantrag der Patentinhaberin zurückzuweisen.

Der geltende Patentanspruch 1 nach Hauptantrag lautet (Aufzählungszeichen hinzugefügt) Umstellungen bei den Merkmalen M5 bis M7:

M1 "Verfahren zur Echtzeitvergebührung von Telekommunikationsverbindungen M2 zwischen einem sich außerhalb seines Heimatmobilfunknetzes (3) im Bereich eines fremden Mobilfunknetzes (2) aufhaltenden Mobilfunkteilnehmer (1)

und einem Teilnehmer (4), wobei zwischen den Betreibernder Mobilfunknetze (2; 3) ein Roaming-Abkommen besteht, dadurch gekennzeichnet, dass M3 bei einem eintretenden Verbindungswunsch des Mobilfunkteilnehmers (1)

M4 dieser zunächst ein Nachrichtentelegramm (6) über die Mobilfunknetze (2; 3) an ein spezielles Netzelement (7) im Heimatmobilfunknetz (3) sendet, M5 das Nachrichtentelegramm (6) zumindest die gewünschte Zielrufnummer des Teilnehmers (4) und die Identität des Mobilfunkteilnehmers (1) enthält, M6 das spezielle Netzelement (7) Telekommunikationsverbindungen (8, 9) zum Teilnehmer (4) und zum Mobilfunkteilnehmer (1) aufbaut, M7 letzteres nach Prüfung der im empfangenen Nachrichtentelegramm (6) enthaltenen Daten und einesvorausbezahlten Guthabens des Mobilfunkteilnehmers (1)

geschieht, M8 der Aufbau der Telekommunikationsverbindung zwischendem Mobilfunkteilnehmer (1) und dem Teilnehmer (4) unddie Echtzeitvergebührung der Telekommunikationsverbindung (8; 9) vom Heimatmobilfunknetz (3) durchgeführt werden, wobei M9 die Verbindungsentgelte direkt vom Heimatmobilfunknetz (3) abgerechnet und von dem vorausbezahlten Guthaben des Mobilfunkteilnehmers (1) abgebucht werden."

An den geltenden Patentanspruch 1 nach Hauptantrag schließen sich abhängige Patentansprüche 2 bis 5 an, bezüglich derer auf den Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom 6. Dezember 2010 verwiesen wird.

Der geltende Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 entspricht dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag und ist um folgendes Merkmal M10 (anschließend an Merkmal M9) ergänzt (Aufzählungszeichen hinzugefügt):

M10 "wobei die Übertragung von gebührenrelevanten Informationen durch eine Endezu-Ende verschlüsselte Nachrichtenübertragung erfolgt, unter Verwendung von kryptographischen Schlüsseln, deren Vergabe in der Kontrolle des Heimatnetzbetreibers liegt."

An den geltenden Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 schließen sich abhängige Patentansprüche 2 bis 5 an, bezüglich derer auf den Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom 6. Dezember 2010 verwiesen wird.

Der geltende Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 entspricht im Oberbegriff (Merkmale M1 und M2) dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag. Das Kennzeichen lautet (Aufzählungszeichen hinzugefügt; vom Hauptantrag abweichende Merkmale tragen die Nummerierung 2.x):

M3 "bei einem eintretenden Verbindungswunsch des Mobilfunkteilnehmers (1)

M2.4 dieser ein spezielles Netzelement (7), dem eine bestimmte Rufnummer zugeordnet ist, im Heimatmobilfunknetz (3)

anwählt, M2.5 wobei in einem Dialogverfahren die Rufnummer des gewünschten Gesprächsteilnehmers (4) vom Netzelement (7) abgefragt und über die Tastatur des Endgerätseinzugeben ist, M6 das spezielle Netzelement (7) Telekommunikationsverbindungen (8, 9) zum Teilnehmer (4) und zum Mobilfunkteilnehmer (1) aufbaut, M2.7 letzteres nach Prüfung der eingegebenen Daten und einesvorausbezahlten Guthabens des Mobilfunkteilnehmers (1)

geschieht, M8 der Aufbau der Telekommunikationsverbindung zwischendem Mobilfunkteilnehmer (1) und dem Teilnehmer (4) unddie Echtzeitvergebührung der Telekommunikationsverbindung (8; 9) vom Heimatmobilfunknetz (3) durchgeführtwerden, wobei M9 die Verbindungsentgelte direkt vom Heimatmobilfunknetz (3) abgerechnet und von dem vorausbezahlten Guthaben des Mobilfunkteilnehmers (1) abgebucht werden."

An den geltenden Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 schließen sich abhängige Patentansprüche 2 bis 4 an, bezüglich derer auf den Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom 6. Dezember 2010 verwiesen wird.

Der geltende Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 entspricht dem Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 und ist um das Merkmal M10 (anschließend an Merkmal M9) ergänzt (Aufzählungszeichen hinzugefügt):

M10 "wobei die Übertragung von gebührenrelevanten Informationen durch eine Endezu-Ende verschlüsselte Nachrichtenübertragung erfolgt, unter Verwendung von kryptographischen Schlüsseln, deren Vergabe in der Kontrolle des Heimatnetzbetreibers liegt".

An den geltenden Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 schließen sich abhängige Patentansprüche 2 bis 4 an, bezüglich derer auf den Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom 6. Dezember 2010 verwiesen wird.

Aufgabe des Streitpatents ist es, ein Verfahren zur Echtzeitvergebührung von Telekommunikationsverbindungen bei Aufenthalt eines Teilnehmers außerhalb seines Heimatnetzes vorzuschlagen, welches einfach und kostengünstig zu realisieren ist und ohne oder mit nur geringfügigen Änderungen an bestehenden Netzwerkeinrichtungen auskommt (vgl. Streitpatent [0006]).

Die Patentinhaberin und Beschwerdeführerin ist der Auffassung, der Gegenstand des Patentanspruches 1 nach Hauptantrag sei gegenüber dem entgegengehaltenen Stand der Technik neu und beruhe auch auf einer erfinderischen Tätigkeit, jedenfalls gelte dies für die jeweiligen Patentansprüche 1 nach den Hilfsanträgen 1 bis 3.

Die Einsprechende und Beschwerdegegnerin ist der Ansicht, dass die Gegenstände der Patentansprüche 1 gemäß Hauptantrag und gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 3 jeweils gegenüber dem angegebenen Stand der Technik nicht erfinderisch seien.

Der Senat hat im Beschwerdeverfahren mit Schriftsatz vom 13. August 2010 zusätzlich die Druckschrift D9 DE19619521A1 eingeführt.

In der ersten mündlichen Verhandlung vom 11. Oktober 2010 stellte sich auf Anfrage des Verfahrensbevollmächtigten der Patentinhaberin heraus, dass sich die Existenz der Einsprechenden, deren gesellschaftliche Verfasstheit und deren Firma nicht sicher feststellen ließen. Aus diesem Grund hat der Vorsitzende des Senats Termin zur Durchführung einer neuen mündlichen Verhandlung für den 13. Dezember 2010 anberaumt. Zu den näheren Einzelheiten wird Bezug genommen und auf das Sitzungsprotokoll vom 11. Oktober 2010 und auf den Schriftsatz des Verfahrensbevollmächtigten der Einsprechenden vom 12. Oktober 2010 sowie auf die Anlagen dazu.

In der mündlichen Verhandlung vom 13. Dezember 2010 erklärte die Patentinhaberin, dass der im Schriftsatz vom 24. Oktober 2006 erhobene Einwand der Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht weiter verfolgt werde.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg, da der Gegenstand des Patentanspruchs 1 sowohl in der Fassung des Hauptantrags als auch jeweils in den Fassungen der Hilfsanträge 1 bis 3 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (§ 4 PatG).

1.

Als für die Beurteilung der Lehre der Anmeldung zuständigen Fachmann sieht der Senat -in Übereinstimmung mit der Beschwerdeführerin -einen Fachhochschul-Ingenieur, der mit den Technologien und Verfahren zum Aufbau von Telekommunikationsverbindungen sowie zugehörigen Abrechnungsfragen vertraut ist.

2.

Zum Hauptantrag Die Beschwerde konnte bezüglich des Hauptantrages keinen Erfolg haben, weil der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

In der Druckschrift D6 (WO 9 / 29 609 A2) ist als Aufgabe angegeben, "ein Verfahren ... dahingehend weiterzubilden, dass insbesondere im Falle einer eingeschränkten Subskription eines Teilnehmers eines Mobilfunknetzes bei Bedarf eine erweiterte Nutzung des Mobilfunktelefons ermöglicht wird." (S. 2, Z. 26 -29).

Die D6 führt hierzu aus: "...insbesondere aber für Teilnehmer mit eingeschränkter Subskription, die nicht beliebige Gesprächspartner direkt anrufen können, lässt sich die erfindungsgemäße Einrichtung auch dadurch vorteilhaft nutzen, dass über diese Einrichtung eine Gesprächsverbindung mit einem Gesprächspartner aufgebaut werden kann, die im Sinne eines telefonischen Rückrufs zustande kommt"

(S. 6, Z.26-31).

Der Druckschrift D6 ist weiter entnehmbar, dass der gewünschte Gesprächspartner in einem anderen Mobilfunknetz erreichbar sein kann als der initiierende (rufenden) Teilnehmer (S. 6, Z. 31 -34). Die Beschwerdeführerin sieht hierin einen Hinweis an den Fachmann, die D6 gehe von einem rufenden Teilnehmer aus, der sich in seinem Heimatnetz aufhalte. Der Senat legt indes die in Bezug genommene Stelle ("... an den gewünschten Gesprächspartner, der möglicherweise sogar in einem anderen Mobilfunknetz erreichbar ist als der Teilnehmer."; S. 6, Z. 33 und 34) dergestalt aus, dass hiermit dem Fachmann lediglich mitgeteilt wird, dass der rufende und der gerufene Teilnehmer sich in demselben oder in verschiedenen Netzen aufhalten können. Ob eines der Netze dabei das Heimatnetz des rufenden Teilnehmers darstellt, spielt ersichtlich keine Rolle, die Druckschrift D6 macht jedenfalls keine Einschränkung. Vielmehr wird der Fachmann aufgrund der Aufgabenstellung der Druckschrift D6 (vgl. wiederum S. 2, Z. 26 -29) durchaus die Situation eines Mobilfunkteilnehmers in einem Fremdnetz in den Blick nehmen, stellt doch der Aufenthalt außerhalb des Heimatnetzes einen dem Fachmann geläufigen Grund für eine Subskriptionseinschränkung dar.

Der Fachmann entnimmt daher der Druckschrift D6 ohne weiteres als einen möglichen Anwendungsfall der dortigen Lehre, dass ein Mobilfunkteilnehmer, der sich außerhalb seines Heimatnetzes, also in einem Fremdnetz, befindet und deshalb (dort) nur über eine eingeschränkte Subskription verfügt, eine Servicezentrale gemäß der D6 (vgl. dort S. 2, Z. 26 -S. 3, Z. 20) nutzt, die in seinem Heimatnetz arbeitet.

Damit offenbart die D6 dem Fachmann ein Im Vergleich zur Lehre der D6 besteht der Überschuss des Gegenstandes nach Patentanspruch 1 des Hauptantrags lediglich darin, dass M1tlw. Verfahren zur EchtzeitVergebührung von Telekommunikationsverbindungen (S. 3, Z. 15 -18; S. 7, Z. 5 -8)

M2 zwischen einem sich außerhalb seines Heimatmobilfunknetzes im Bereich eines fremden Mobilfunknetzesaufhaltenden Mobilfunkteilnehmer und einem Teilnehmer

(S. 6, Z. 26 -34), wobei zwischen den Betreibern der Mobilfunknetze ein Roaming-Abkommen besteht (dem Fachmann aufgrund von S. 6, Z. 31 -34 unmittelbar klar;

sonst könnte der Teilnehmer auch den Datenkanal im Fremdnetz nicht nutzen), wobei M3 bei einem eintretenden Verbindungswunsch des Mobilfunkteilnehmers (S. 3, Z. 5 -10)

M4 dieser zunächst ein Nachrichtentelegramm (SMS) über die Mobilfunknetze an ein spezielles Netzelement (Servicezentrale) im Heimatmobilfunknetz sendet (S. 3, Z. 5 -10 und S. 6, Z. 31 -S. 7, Z. 5 i. V. m. Patentanspruch 2), M5 das Nachrichtentelegramm zumindest die gewünschte Zielrufnummer des Teilnehmers und die Identität des Mobilfunkteilnehmers (ergibt sich für den Fachmann implizitaus S. 3, Z. 10 -15 und S. 6, Z. 34 -S. 7, Z. 1 und aus der Eigenschaft einer SMS [Identität des Senders enthalten]

enthält), M6 das spezielle Netzelement Telekommunikationsverbindungen zum Teilnehmer und zum Mobilfunkteilnehmer aufbaut (S. 3, Z. 10 -18 und S. 7, Z. 1 -5), M7tlw. dies nach Prüfung der im empfangenen Nachrichtentelegramm enthaltenen Daten und eines vorausbezahlten Guthabens des Mobilfunkteilnehmers geschieht (jedenfallsdie übersandten Telefonnummern werden vor ihrer weiteren Verwendung zum Verbindungsaufbau in dem Fachmann offensichtlicher Weise semantisch überprüft werden, z. B. ob ihr Aufbau offensichtlich unrichtig ist), M8tlw der Aufbau der Telekommunikationsverbindung zwischendem Mobilfunkteilnehmer und dem Teilnehmer und die EchtzeitVergebührung der Telekommunikationsverbindung vom Heimatmobilfunknetz durchgeführt werden

(S. 3, Z. 10 -18; S. 7, Z. 1 -8 i. V. m. S. 6, Z. 33 -34), wobei M9tlw. die Verbindungsentgelte direkt vom Heimatmobilfunknetz

(nämlich der Servicezentrale, vgl. ebenda) abgerechnetund von dem vorausbezahlten Guthaben des Mobilfunkteilnehmers abgebucht werden (vgl. S. 3, Z. 15 -17).

eine Echtzeitvergebührung (M1Rest und M8Rest) undeine Prüfung bzw. Abbuchung des vorausbezahlten Guthabens des Mobilfunkteilnehmers (M7Rest und M9Rest))

vorgenommen werden.

In der Praxis stellt sich dem Fachmann ausgehend von der Lehre der D6, die auf Einzelheiten der Vergebührung nicht weiter eingeht, die Aufgabe, eben diese Einzelheiten der Vergebührung auszugestalten und hierbei auf eine finanzielle Absicherung des Netzbetreibers gegen Betrug bzw. Missbrauch hinzuwirken, schon aus wirtschaftlichen Gründen von selbst.

Der Stand der Technik weist ihn in Form der für Abrechnungsfragen in Mobilfunknetzen einschlägigen Druckschrift D7 (DE 44 12 727 A1) nun speziell auf den Vorteil der besseren finanziellen Absicherung hin, die durch Einsatz des Vorvergebührungs-(Prepaid)-Verfahrens nach der Druckschrift D7 gegenüber den Standardverfahren erzielt werden kann und betont, dass es sich um eine Ergänzung zu Standardverfahren handelt (vgl. D7, Sp. 6, Z. 16 -20).

Explizit wird hierbei in der Druckschrift D7 ausgeführt, dass die Vergebührung synchron, folglich die Gebührenerfassung und Abbuchung eines vorausbezahlten Guthabens in Echtzeit erfolgt (vgl. D7, Sp. 6, Z. 21 -24 und PA 8; Merkmale M1Rest, M8Rest und M9Rest) und vor Gewährung eines Gesprächswunsches das vorausbezahlte verfügbare Guthaben des Mobilfunkteilnehmers überprüft wird (vgl. D7, Sp.6, Z.34 -43 und 52 -59 i.V.m. Sp. 1, Z.52 -56 und Sp. 2, Z.8 -12; Merkmale M7Rest).

Damit lag für den Fachmann eine Veranlassung vor, bei der notwendigen Ausgestaltung der Vergebührung das System gemäß der Druckschrift D6 um die bekannte Möglichkeit eines sicheren Prepaid-Verfahrens gemäß der Druckschrift D7 zu ergänzen, indem die Servicezentrale gemäß der Druckschrift D6 um die Funktionalitäten eines Debitzentrums (bzw. eine Schnittstelle zu diesem) erweitert wird.

Dieser eine Schritt brachte den Fachmann in überschaubarere Weise -ohne jedes überraschende Ergebnis -zu einer Lösung der Aufgabe und dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag. Das Vorgehen des Fachmanns verlässt den Bereich planmäßigen fachmännischen Handelns hierbei nicht.

3. Zum Hilfsantrag 1 Der geltende Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 unterscheidet sich von demjenigen des Hauptantrags durch die zusätzliche Merkmalsgruppe M10:

M10 wobei die Übertragung von gebührenrelevanten Informationen durch eine Endezu-Ende verschlüsselte Nachrichtenübertragung erfolgt, unter Verwendung von kryptographischen Schlüsseln, deren Vergabe in der Kontrolle des Heimatnetzbetreibers liegt.

Die Merkmale dieser Merkmalsgruppe können eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen, da die Verschlüsselung von im Mobilfunk übertragenen Daten unter Zuhilfenahme von Parametern deren Vergabe in der Kontrolle des Heimatnetzbetreibers liegt zum Anmeldezeitpunkt im vorliegenden Zusammenhang bekannt war (vgl. hierzu D7, Sp. 5, Z. 5 -7 und 19 -23). Im Übrigen ergab sich auch zum Anmeldetag die Notwendigkeit der Verschlüsselung von Abrechnungsdaten bereits aus Datenschutzgründen. Für die Vergabe der Schlüssel die abrechnende Stelle, die ja die Daten wieder entschlüsseln können muss, vorzusehen, lag dem Fachmann unmittelbar nahe.

4. Zum Hilfsantrag 2 Auch der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die Druckschrift D9 (DE 196 19 521 A1) beschreibt ein Verfahren zum Aufbau von temporären Telekommunikationsverbindungen (vgl. Titel). Mit diesem Verfahren soll die gebührenmäßige Richtungsabhängigkeit von Telekommunikationsverbindungen genutzt werden, indem sich ein rufender Teilnehmer automatisch zurückrufen lassen kann (vgl. PA 1 und Sp. 1, Z. 21 -26).

Soweit die Beschwerdeführerin zu bedenken gibt, die Druckschrift D9 gehe stets von einer Rückruf-Einrichtung im Fremdnetz aus, steht dem der klare Wortlaut der Druckschrift D9 entgegen (vgl. dort Sp. 5, Z. 7-20). Zudem erhält der Fachmann durch die mit der D9 gelehrte Nutzung einer gebührenmäßigen Richtungsabhängigkeit von Telekommunikationsverbindungen die Anregung, die Rückruf-Einrichtung im Heimatnetz eines Mobilfunkteilnehmers zu platzieren, da ihm bekannt ist, dass ein Mobilfunkteilnehmer für den Rufaufbau in seinem Heimatnetz üblicherweise die günstigsten Konditionen findet.

Der Fachmann entnimmt daher der Druckschrift D9 ohne weiteres als einen möglichen Anwendungsfall der dortigen Lehre, dass ein Mobilfunkteilnehmer, der sich außerhalb seines Heimatnetzes befindet, eine Wählund Vermittlungseinrichtung gemäß der D9 anruft, die in seinem Heimatnetz arbeitet, so dass er die günstigen Heimattarife nutzen kann.

Damit offenbart die D9 dem Fachmann ein M1tlw Verfahren zur EchtzeitVergebührung von Telekommunikationsverbindungen (vgl. PA 19 sowie Sp. 4, Z. 62 -

Sp. 5, Z.3)

M2 zwischen einem sich außerhalb seines Heimatmobilfunknetzes im Bereich eines fremden Mobilfunknetzesaufhaltenden Mobilfunkteilnehmer und einem Teilnehmer

(Sp. 1, Z. 21 -39), wobei zwischen den Betreibern der Mobilfunknetze ein Roaming-Abkommen besteht (dem Fachmann aufgrund von Sp. 1, Z. 50 -52 unmittelbar klar;

sonst könnte keine Anwahl der Wählund Vermittlungseinrichtung stattfinden), wobei M3 bei einem eintretenden Verbindungswunsch des Mobilfunkteilnehmers (vgl. Sp. 1, Z. 33 -39 und Sp. 5, Z. 24 -

25)

M2.4 dieser ein spezielles Netzelement (Wählund Vermittlungseinrichtung), dem eine bestimmte Rufnummer zugeordnet ist, im Heimatmobilfunknetz (vgl. Sp. 1, Z. 33 -39 und Sp. 5, Z. 32 -33) anwählt, M2.5 wobei in einem Dialogverfahren die Rufnummer des gewünschten Gesprächsteilnehmers vom Netzelement abgefragt und über die Tastatur des Endgeräts einzugebenist (vgl. Sp. 1, Z. 50 -65 und Sp. 5, Z. 30 -31), M6 das spezielle Netzelement Telekommunikationsverbindungen zum Teilnehmer und zum Mobilfunkteilnehmer aufbaut (vgl. Sp. 1, Z. 60 -Sp. 2, Z. 3 sowie Sp. 5, Z. 63 -

Sp. 6, Z. 10), M2.7tlw letzteres nach Prüfung der eingegebenen Daten (vgl. PA 8 sowie Sp. 1, Z. 42 -62 und Sp. 5, Z. 57 -62) und eines vorausbezahlten Guthabens des Mobilfunkteilnehmers, geschieht, M8tlw der Aufbau der Telekommunikationsverbindung zwischen dem Mobilfunkteilnehmer und dem Teilnehmer und die EchtzeitVergebührung der Telekommunikationsverbindung vom Heimatmobilfunknetz durchgeführt werden (vgl. Sp.5,Z.7 -Sp.6,Z.6 i.V.m.PA19sowie Sp.4,Z.62-Sp. 5, Z. 3), wobei M9 tlw die Verbindungsentgelte direkt vom Heimatmobilfunknetz abgerechnet und von dem vorausbezahlten Guthaben des Mobilfunkteilnehmers abgebucht werden (nämlich durch die Wählund Vermittlungseinrichtung; vgl. PA 19 sowie Sp. 4, Z.62 -Sp.5, Z.3).

Im Vergleich zur Lehre der D9 besteht der Überschuss des Gegenstandes des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 lediglich darin, dasseine Echtzeitvergebührung (M1Rest und M8Rest) undeine Prüfung bzw. Abbuchung des vorausbezahlten Guthabens des Mobilfunkteilnehmers (M2.7Rest und M9Rest)) durchgeführt wird.

Wie zum Hilfsantrag 1 ausgeführt, werden dem Fachmann diese Merkmale im vorliegenden Zusammenhang mit der D7 nahegelegt.

5. Zum Hilfsantrag 3 Der geltende Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 unterscheidet sich von demjenigen des Hilfsantrags 2 durch die zusätzliche Merkmalsgruppe M10:

M10 wobei die Übertragung von gebührenrelevanten Informationen durch eine Endezu-Ende verschlüsselte Nachrichtenübertragung erfolgt, unter Verwendung von kryptographischen Schlüsseln, deren Vergabe in der Kontrolle des Heimatnetzbetreibers liegt.

Die Merkmale dieser Merkmalsgruppe können jedoch -wie oben zum Hauptantrag ausgeführt -eine erfinderische Tätigkeit im vorliegenden Zusammenhang nicht stützen.

6.

Hinsichtlich der abhängigen Patentansprüche ist ein eigenständiger erfinderischer Gehalt weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich. Bei dieser Sachlage konnte der Senat daher nur über die zur Entscheidung gestellten Sätze von Patentansprüchen entscheiden und die Beschwerde war aus den dargetanen Gründen zurückzuweisen.

7.

Die Auferlegung der Kosten für die Durchführung der mündlichen Verhandlung vom 11. Oktober 2010 zu Lasten der Einsprechenden folgt aus § 80 Abs. 1 PatG. Grundsätzlich trägt im Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht jeder Beteiligte seine Kosten selbst. Von diesem Grundsatz ist dann abzuweichen, wenn Billigkeitsgründe dies erfordern. Ein solcher Fall liegt hier vor. Hier konnten in der ersten mündlichen Verhandlung vom 11. Oktober 2010 die Existenz der Einsprechenden und deren Identität nicht geklärt werden, was die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung am 13. Dezember 2010 notwendig gemacht hat. Da die rechtzeitige Klarstellung ihrer Existenz, ihrer gesellschaftsrechtlichen Verfasstheit und ihrer Firma zu den Obliegenheiten der ausländischen Einsprechenden gehörte, hat die Einsprechende die eingetretene Verfahrensverzögerung zu vertreten. Daher ist es billig, ihr die Kosten aufzuerlegen, die durch die Durchführung der ersten, ergebnislosen mündlichen Verhandlung vom11. Oktober 2010 verursacht worden sind. Im Zivilprozessrecht ist diese Billigkeitserwägung ausdrücklich im § 95 ZPO festgeschrieben.

Dr. Mayer Werner Gottstein Musiol Pr






BPatG:
Beschluss v. 13.12.2010
Az: 20 W (pat) 49/06


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/d889c8c53d4a/BPatG_Beschluss_vom_13-Dezember-2010_Az_20-W-pat-49-06




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