Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. Oktober 2005
Aktenzeichen: 32 W (pat) 208/03

(BPatG: Beschluss v. 12.10.2005, Az.: 32 W (pat) 208/03)

Tenor

Auf die Beschwerde der Widersprechenden werden die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamtes - Markenstelle für Klasse 30 IR - vom 7. Februar 2002 und vom 22. April 2003 aufgehoben.

Der IR-Marke 712 102 wird wegen des Widerspruchs aus der Marke 2 008 932 der Schutz für die Bundesrepublik Deutschland verweigert.

Gründe:

I.

Die nach dem Madrider Markenabkommen (MMA) für die Waren

"30 Articles de boulangerie, p‰tisserie et confiserie, bonbons, bonbons de marmelade, caramels, pastilles, glace alimentaire"

registrierte Wortmarke IR 712 102 (Ursprungsland Lettland mit Priorität vom 12. Januar 1999)

CEFINI begehrt Schutz für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland.

Gegen die Schutzerstreckung richtet sich der Widerspruch aus der prioritätsälteren deutschen Wortmarke 2 008 932 Cerrinidie für die Waren

"Schokolade, Schokoladewaren, Pralinen, auch solche mit flüssigen Füllungen, insbesondere aus Weinen und Spirituosen, feine Backwaren, Konditorwaren, Zuckerwaren; alkoholische Getränke (ausgenommen Bier), insbesondere Schaumweine"

Schutz genießt.

Die Markenstelle für Klasse 30 IR des Deutschen Patent- und Markenamtes hat den Widerspruch mit zwei Beschlüssen vom 7. Februar 2002 und vom 22. April 2003, von denen der zuletzt genannte im Erinnerungsverfahren ergangen ist, wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Die Vergleichsmarken würden sowohl klanglich als auch schriftbildlich ausreichend voneinander abweichen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie beantragt (sinngemäß), die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamtes - Markenstelle für Klasse 30 IR - vom 7. Februar 2002 und vom 22. April 2003 aufzuheben und der angegriffenen IR-Marke den Schutz in Deutschland zu versagen.

Entgegen der Auffassung der Markenstelle bestehe zwischen den Vergleichsmarken eine hochgradige Ähnlichkeit. Die Marken würden sich klanglich und schriftbildlich nur unwesentlich unterscheiden. In klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht sei festzustellen, dass sowohl die Wortanfänge als auch die Wortenden übereinstimmen würden. Hinzu komme eine identische Silbengliederung und Vokalfolge.

Die Markeninhaberin hat sich im Beschwerdeverfahren zur Sache nicht geäußert. Im Amtsverfahren hat sie die Auffassung vertreten, Verwechslungsfälle seien wegen der Unterschiede weitestgehend ausgeschlossen.

II.

Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig und begründet, weil die Widerspruchsmarke der Gefahr von Verwechslungen im Verkehr mit der angegriffenen IR-Marke unterliegt (§ 9 Abs 1 Nr 2, § 42 Abs 2 Nr 1, § 107, § 114 MarkenG iVm Art 5 MMA, Art 6quinquies B N 1 PVÜ). Nach den genannten Bestimmungen ist einer IR-Marke der Schutz in der Bundesrepublik Deutschland im Falle eines Widerspruchs zu verweigern, wenn und soweit wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Marke älteren Zeitrangs und der Ähnlichkeit der durch die jeweiligen Marken erfassten Waren für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st Rspr; vgl BGH GRUR 2002, 626 - IMS).

a) Die feinen Backwaren und Konditorwaren sind in beiden Warenverzeichnissen identisch enthalten. Zwischen den Bonbons der jüngeren Marke und den Schokoladewaren, Pralinen, Konditorwaren und Zuckerwaren der Widerspruchsmarke besteht eine hochgradige Warenähnlichkeit. Zumindest durchschnittlich ähnlich sind auch die Backwaren und das Speiseeis der angegriffenen Marke mit den Schokoladewaren, Pralinen, feinen Backwaren und Konditorwaren der älteren Marke (vgl Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 13. Aufl, S 22, 282, 283).

b) Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte ist von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen.

c) Im schriftbildlichen Gesamteindruck sind sich beide Marken nicht in einer verwechslungsbegründenden Weise ähnlich, da sich das "F" in der angegriffenen Marke deutlich von dem doppelten "r" in der Wortmitte der Widerspruchsmarke unterscheidet.

Anders verhält es sich aber bei einem phonetischen Vergleich der beiden Markenwörter "CEFINI" und "Cerrini". Beide Marken stimmen im Wortaufbau, in der Silbenzahl, der Vokalfolge und der Betonung auf der mittleren Silbe vollständig überein. Gemeinsam ist beiden Marken auch die identische Endsilbe "NI". Verstärkt wird diese Gemeinsamkeit noch dadurch, dass sich vor der identischen Endsilbe jeweils der klangstarke Vokal "i" befindet. Fälle des sich Verhörens können nicht mit ausreichender Sicherheit ausgeschlossen werden. Vor allem unter ungünstigen Übermittlungsbedingungen, etwa bei telefonischen Bestellungen, kann es zu Markenverwechslungen kommen.

d) Die Gesamtabwägung von teilweiser Warenidentität und im übrigen eher enger Warenähnlichkeit, durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und mindestens einer mittleren klanglichen Markenähnlichkeit ergibt, dass die Gefahr von Verwechslungen nicht auszuschließen ist. Der IR-Marke ist daher die Schutzerstreckung für Deutschland zu versagen.

Gründe: für eine Auferlegung von Verfahrenskosten (gemäß § 71 Abs 1 MarkenG) sind nicht ersichtlich.

Dr. Hacker Viereck Kruppa Hu






BPatG:
Beschluss v. 12.10.2005
Az: 32 W (pat) 208/03


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