Landesarbeitsgericht Köln:
Beschluss vom 11. Oktober 2007
Aktenzeichen: 5 TaBV 36/07

(LAG Köln: Beschluss v. 11.10.2007, Az.: 5 TaBV 36/07)

Kein Leitsatz

Tenor

Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 22.03.2007 - 1 (3) BV 232/06 - geändert. Der Antrag der Arbeitgeberin wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über das Begehren der antragstellenden Arbeitgeberin zur Einholung eines Einzelverbindungsnachweises zum Mobilfunkanschluss der Arbeitnehmerin G .

Die Arbeitnehmerin G ist seit dem 1. September 1995 bei der Antragstellerin beschäftigt. Nach einem Einsatz im Rahmen einer Konzernleihe für die D GmbH, später D I G , wurde die Arbeitnehmerin G seit Mai 2006 dem Arbeitsposten 2 der Betriebsstätte D in B zugeordnet und befand sich seitdem ohne dienstlichen Aufgabenbereich im sogenannten Personalüberhang. Die Antragstellerin wies Frau G einen Posten ohne definierte Aufgabe, einen sogenannten Aushilfsposten zu. Die Arbeitnehmerin G verfügte über ein eigenes Büro mit Festnetzanschluss. Darüber hinaus besaß sie den im Antrag bezeichneten dienstlichen Mobiltelefonanschluss, über den sie in den Monaten Mai bis September 2006 Telefonate tätigte.

Mit Schreiben vom 17. Oktober 2006 stellte die Antragstellerin die Arbeitnehmerin mit sofortiger Wirkung von ihren arbeitsvertraglichen Pflichten frei, da der dringende Verdacht bestehe, Frau G habe in den Monaten Mai bis September unerlaubte Privattelefonate mit monatlichen Verbindungskosten zwischen 10,00 bis 25,00 € getätigt. Nach Zustimmung des Integrationsamts zur außerordentlichen fristlosen, hilfsweise außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist kündigte die Antragstellerin mit Schreiben vom 9. November 2006 das Arbeitsverhältnis mit der Arbeitnehmerin.

Hinsichtlich der Nutzung geschäftlicher Telefonanschlüsse besteht bei der Arbeitgeberin eine Gesamtbetriebsvereinbarung vom 25. Februar/15. März 2002 (Bl. 15 ff. d. A.), die in § 2 folgendes bestimmt:

"1. Mobilfunkanschlüsse sind ausschließlich zur geschäftlichen Nutzung bestimmt. Die private Nutzung von Mobilfunkanschlüssen ist grundsätzlich nicht gestattet.

2. Ausnahmsweise ist eine private Nutzung des Mobilfunkanschlusses auf Antrag gestattet, wenn betriebliche Interessen dadurch in keiner Weise beeinträchtigt werden können. In diesem Fall wird ein Mobilfunkanschluss eingerichtet, der mittels Twin Bill (Duo Bill) betrieben werden kann. Diese Anschlüsse werden dann jeweils mit besonderer Rufnummer geschäftlich oder privat genutzt.

3. Bestehen begründete Anhaltspunkte für eine unberechtigte Nutzung eines Mobilfunkanschlusses, so kann der Arbeitgeber Einzelverbindungsnachweise bei dem Mobilvertragspartner anfordern. Der entsprechende Antrag an den Mobilvertragspartner muss von Arbeitgeber und Betriebsrat unterzeichnet werden.

4. Ergeben sich aus der Prüfung des Einzelverbindungsnachweises Maßnahmen gegenüber einem Beschäftigten, so ist der Betriebsrat zu beteiligen."

Auf Grundlage dieser Gesamtbetriebsvereinbarung bat die Arbeitgeberin den beteiligten Betriebsrat der Zentrale wegen des Verdachtes unerlaubter Privatgespräche unter dem 15. September 2006 und unter dem 2. Oktober 2006 um Zustimmung zur Einholung von Einzelverbindungsnachweisen gemäß § 2 Abs. 3 der Gesamtbetriebsvereinbarung. Der Betriebsrat lehnte die Zustimmungserteilung unter dem 25. September 2006 und dem 9. Oktober 2006 ab.

Nachdem im einstweiligen Verfügungsverfahren (3 BVGa 19/06) der streitige Einzelverbindungsnachweis einstweilen gesichert wurde, nimmt die Arbeitgeberin den Betriebsrat nun auf Erteilung der Zustimmung zur Einholung des Einzelverbindungsnachweises des Mobilfunkanschlusses der Arbeitnehmerin Gehlhaar in Anspruch.

Die Antragstellerin macht geltend, es bestünden begründete Anhaltspunkte für unberechtigte Privattelefonate von Frau G , so dass die Einholung des Einzelnachweises des Mobilfunkanschlusses erforderlich sei. Dazu bedürfe es zwar der Zustimmung des Beteiligten zu 2), jedoch dürfe dieser seine Zustimmung nicht willkürlich und ohne Grund verweigern. Zwar enthalte § 2 Abs. 3 der Gesamtbetriebsvereinbarung keine Bestimmung über die Voraussetzungen der Erteilung einer Zustimmung seitens des Betriebsrats. Dies bedeute jedoch nicht, dass eine Verweigerung nach Gutdünken erfolgen könne. Eine nach Wortlaut, Systematik, Sinn und Zweck bzw. Entstehungsgeschichte erfolgende Auslegung der Gesamtbetriebsvereinbarung ergebe, dass bei konkreten Verdachtsmomenten die Zustimmung des Betriebsrates zur Einholung des Einzelverbindungsnachweises eingefordert werden könne. Solche begründeten Verdachtsmomente seien im vorliegenden Fall gegeben. Die Gesamtbetriebsvereinbarung, die gemäß § 1 Abs. 3 für alle Beschäftigten gelte, gestatte nur bei ausdrücklicher Genehmigung und unter Einrichtung eines Duo-Bill-Verfahrens die Privatnutzung des Mobilanschlusses. Frau G hätte daher keine Privattelefonate von ihrem geschäftlichen Mobilfunkanschluss führen dürfen. Auch habe sie auf Befragung keine klare Auskunft über die durch sie produzierten Telefonkosten gegeben. Da sie darüber hinaus im fraglichen Zeitraum teilweise sowohl urlaubs- als auch krankheitsbedingt abwesend gewesen sei und sie kein dienstliches Aufgabenfeld durch die Einordnung ihrer Stelle als Personalüberhang inne habe, liege der Verdacht von Privattelefonaten nahe. Zudem sehe § 7 Abs. 1 der Gesamtbetriebsvereinbarung vor, dass Geschäftsgespräche regelmäßig vom Büroarbeitsplatz, d. h. vom Festnetz, aus geführt werden sollten. Dort seien sogar private Telefonate gestattet, sofern es zu keinen betrieblichen Störungen komme. Auch die Behauptung der Arbeitnehmerin G , sie habe im fraglichen Zeitraum verschiedene Male mit dem Betriebsrat telefoniert, ändere nichts an dem begründeten Verdacht des Führens privater Telefonate. Darin sei eine bloße Schutzbehauptung zu sehen. Zudem ergebe sich aus der Betriebsvereinbarung nicht, dass Telefonate mit dem Betriebsrat als rein dienstliche Gespräche im Sinne der Gesamtbetriebsvereinbarung anzusehen seien.

Die Antragstellerin hat beantragt,

dem Antragsgegner aufzugeben, die schriftliche Zustimmung zum Antrag der Antragstellerin auf Einholung eines Einzelverbindungsnachweises der Verbindung des Mobilfunkanschlusses von Frau E G , D -Kartennummer 1 mit der D -Rufnummer 0 zu erteilen.

Der Beteiligte zu 2) hat beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Ein Anspruch der Antragstellerin auf Zustimmung zur Einholung des Einzelverbindungsnachweises bestehe nicht, da die Betriebsvereinbarung einen solchen Anspruch nicht enthalte. In der Gesamtbetriebsvereinbarung sei festgelegt, dass das Vorliegen begründeter Anhaltspunkte für eine unberechtigte Nutzung nicht zur Einholung eines Einzelverbindungsnachweises ausreiche, sondern vielmehr das tatsächlich bestehende Einvernehmen zwischen den Betriebsparteien erforderlich sei. Dabei hätten es die Betriebsparteien bewusst unterlassen, eine Regelung für den Fall aufzunehmen, dass im Einzelfall unterschiedliche Meinungen zur Einholung des Einzelverbindungsnachweises bestehen. Ein Anspruch der Antragstellerin auf Zustimmung des Betriebsrates, für den Fall, dass begründete Anhaltspunkte für die unberechtigte Nutzung vorliegen würden, ergebe sich auch nicht aus einer Auslegung der Regelung.

Zudem sei die Unterzeichnung des Antrags durch den Betriebsrat auch eine konkrete Ausfüllung des gesetzlichen Erfordernisses nach § 99 des Telekommunikationsgesetzes (TKG). Daher könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Betriebsparteien bei Abschluss der Gesamtbetriebsvereinbarung beabsichtigten, den Fall zu regeln, wie bei Meinungsverschiedenheiten über die Einholung des Einzelverbindungsnachweises vorgegangen werden könne. Man habe bewusst davon abgesehen, eines der Instrumentarien des Betriebsverfassungsgesetzes (Ersetzung der Zustimmung durch das Arbeitsgericht oder durch den Spruch einer Einigungsstelle) in die Gesamtbetriebsvereinbarung aufzunehmen.

Selbst wenn man mit der Antragstellerin davon ausgehen würde, dass der Betriebsrat im Einzelfall zur Erteilung der Zustimmung zur Einholung des Einzelverbindungsnachweises verpflichtet sei, lägen die notwendigen Voraussetzungen für das Vorliegen begründeter Anhaltspunkte nicht vor. Nicht jedes private Gespräch führe aufgrund des grundsätzlichen Verbotes in § 2 Abs. 2 der Gesamtbetriebsvereinbarung zu einer unberechtigten Nutzung des Mobilfunkanschlusses. Der dem Arbeitgeber entstehende Nachteil müsse auch ökonomisch ins Gewicht fallen. Schließlich seien Privattelefonate von einem Festnetzanschluss erlaubt, sofern dienstliche Belange dem nicht entgegenstehen würden. Daher sei die Regelung in der Gesamtbetriebsvereinbarung dahin zu verstehen, dass Arbeitgeber und Betriebsrat übereinstimmend Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Nutzung von einigem Gewicht sehen müssten. In diesem Sinne sei auch bislang verfahren worden. Schließlich habe der Betriebsrat auch materiell mit sachlicher Berechtigung und keineswegs rechtsmissbräuchlich seine Zustimmung verweigert, da Frau G angebe, verschiedentlich Telefonate mit Betriebsratsmitgliedern geführt zu haben. Insoweit handele es sich nicht um Privattelefonate. Auch werde durch eine Aufdeckung der geführten Telefonate unzulässig in das Vertraulichkeitsverhältnis zwischen Betriebsratsmitgliedern/Betriebsrat und den Mitarbeitern eingegriffen.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze, die vorgelegten Urkunden, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie den weiteren Akteninhalt ergänzend Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag der Arbeitgeberin durch einen am 22.03.2007 verkündeten Beschluss stattgegeben, wegen der Begründung wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Der Beschluss ist dem Betriebsrat am 30.05.2007 zugestellt worden, hiergegen richtet sich die vom Betriebsrat am 02.07.2007, einem Montag, beim Landesarbeitsgericht schriftlich eingelegte Beschwerde, die der Betriebsrat am 30.07.2007 begründet hat. Entgegen der vom Arbeitsgericht vertretenen Auffassung hätten die Betriebsparteien mit der Regelung in § 2 Abs. 3 der Gesamtbetriebsvereinbarung eine abschließende Regelung treffen wollen, sie seien sich darüber einig gewesen, dass für den Fall, dass kein Einvernehmen über die Herausgabe von Einzelverbindungsnachweisen erzielt würde, diese auch nicht herauszugeben sind. Ein innerbetrieblicher Konfliktmechanismus sei aus diesem Grund nicht vereinbart worden.

Entgegen der vom Arbeitsgericht vertretenen Auffassung sei davon auszugehen, dass die Zustimmung des Betriebsrats als weitere, kumulativ zu sehende, Voraussetzung für die Einholung des Einzelverbindungsnachweises neben den begründeten Anlass gegeben sein müsse. Abgesehen davon bestünden auch keine begründeten Anhaltspunkte für eine unberechtigte Nutzung des Mobilfunkanschlusses durch die Mitarbeiterin G , zumal der Arbeitgeber in vielerlei Hinsicht eine geringfügige private Nutzung der von ihm ausgegebenen Diensthandys dulde und üblicherweise eine Nutzung des Diensthandys nicht überprüft werde.

Der Betriebsrat und Beschwerdeführer beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 22.03.2007 - 1 (3) BV 232/06 - aufzuheben und den Antrag des Beteiligten zu 2) zurückzuweisen.

Die Arbeitgeberin beantragt,

die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 22.03.2007 - 1 (3) BV 232/06 - zurückzuweisen.

Mit der Beschwerdebegründung verteidigt sie im Wesentlichen unter Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens die angefochtene Entscheidung.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze sowie auf den sonstigen Akteninhalt ergänzend Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde des Betriebsrats ist an sich statthaft, sie ist in gesetzlicher Form und Frist eingelegt und begründet worden und damit zulässig. Sie ist auch begründet. Das Arbeitsgericht hat dem Antrag der Arbeitgeberin zu Unrecht stattgegeben.

1. Im Grundsatz zutreffend geht das Arbeitsgericht davon aus, dass Betriebsvereinbarungen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wegen ihres normativen Charakters wie Gesetze auszulegen sind. Dabei ist zunächst vom Wortlaut und damit vermittelten Wortsinn auszugehen. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Betriebsparteien zu berücksichtigen, soweit er in den Vorschriften seinen Niederschlag gefunden hat, wobei insbesondere der Gesamtzusammenhang und der Sinn und Zweck der Regelung zu beachten ist. Bleiben hiernach noch Zweifel, so können ohne Bindung an die Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte oder auch eine tatsächliche Übung herangezogen werden. Im Zweifel gebührt der Auslegung der Vorzug, die zu einer gesetzeskonformen, sachgerechten und praktisch handhabbaren Regelung führt (BAG vom 21.01.2003 - 1 ABR 5/02 - AP-Nr. 117 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung). Soweit das Arbeitsgericht in seinem Beschluss - unter II. 2. - angenommen hat, der Betriebsrat sei, sofern die rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 der Gesamtbetriebsvereinbarung vorliegen verpflichtet, der Einholung des Einzelverbindungsnachweises zuzustimmen und den Antrag zu unterzeichnen, befindet sich diese Auffassung nicht in Übereinstimmung mit der vom Bundesarbeitsgericht vertretenen Auffassung. Nach dem Wortlaut des Textes der Gesamtbetriebsvereinbarung müssen zum einen begründete Anhaltspunkte für eine unberechtigte Nutzung eines Mobilfunkanschlusses bestehen, ferner muss der entsprechende Antrag vom Arbeitgeber und Betriebsrat unterzeichnet werden. Die Unterzeichnung des Betriebsrats ist also schon nach dem Wortlaut der Regelung ein zusätzliches, kumulativ zu sehendes Erfordernis, wie der Betriebsrat zu Recht geltend macht. Eine Verpflichtung des Betriebsrats, den Antrag in den Fällen zu unterzeichnen, in denen der Arbeitgeber die Voraussetzungen einer unberechtigten Nutzung des Mobilfunkanschlusses für gegeben hält oder in denen diese objektiv bestehen, lässt sich aus dem Wortlaut, aber auch aus dem Sinn und Zweck der Gesamtbetriebsvereinbarung nicht ableiten. Die Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte des Betriebsrats bei technischen Einrichtungen, die auch dazu verwendet werden können, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen, § 87 Abs.1 Nr. 6 BetrVG, können unterschiedlich ausgestaltet werden, wie die Arbeitgeberin selbst unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Beschluss vom 11.03.1986 - 1 ABR 12/84 - AP-Nr. 14 zu § 87 BetrVG 1972 Überwachung) darlegt. Wie das Bundesarbeitsgericht (a. a. O. - Juris, Rz. 45) ausgeführt hat, bleibt der Inhalt der Regelung der Vereinbarungen der Betriebspartner und notfalls dem Spruch der Einigungsstelle überlassen und verstößt auch dann nicht gegen Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats, wenn dem Arbeitgeber - aus welchen Gründen auch immer - "eine Freiheit eingeräumt wird, die einem mitbestimmungsfreien Zustand nahekommt". Umgekehrt kann das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in den einzelnen Anwendungsfällen - im vorliegenden Fall bei der Kontrolle der Telefondaten - unterschiedlich stark ausgestaltet werden. Möglich ist an ein bloßes Mitbeurteilungsrecht des Betriebsrats - wie bei der Zustimmung des Betriebsrats zu Ein- und Umgruppierungen, bei denen sich die Rechte des Betriebsrats auf die Überprüfung der Rechtsanwendung durch den Arbeitgeber beschränken (vgl. BAG vom 03.05.2006 - 1 ABR 2/05 -), aber auch ein Mitbestimmungsrecht, bei dem der Betriebsrat die Zustimmung nur aus sachlichen Gründen verweigern darf (vgl. § 99 Abs. 2 BetrVG), schließlich ist - in der weitestgehenden Variante - auch denkbar, dass dem Betriebsrat ein umfassendes Mitbestimmungsrecht in der Weise eingeräumt wird, dass die Zustimmung nicht an sachliche Gründe geknüpft ist und auch eine Zustimmungsersetzung vom Arbeitgeber nicht erzwungen werden kann. Im vorliegenden Fall ist - jedenfalls nach dem Wortlaut der Regelung in der Gesamtbetriebsvereinbarung - von dem letzteren Fall auszugehen, weil - wie die Arbeitgeberin selbst einräumt - die Gesamtbetriebsvereinbarung keine Regelung für den Fall enthält, dass Arbeitgeber und Betriebsrat sich nicht einig sind und auch ein innerbetrieblicher Konfliktmechanismus nicht geregelt ist, so dass nach der Auffassung der Arbeitgeberin insoweit eine Regelungslücke besteht. Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin hat daher nach dem Wortlaut der Regelung der Gesamtbetriebsvereinbarung der Betriebsrat durchaus ein eigenes autonomes Entscheidungsrecht dahingehend, ob er seine Zustimmung zu der Einholung von Einzelverbindungsnachweisen erteilt. Eine Anspruchsgrundlage für die vom Arbeitgeber begehrte Zustimmung ist aus der Gesamtbetriebsvereinbarung selbst nicht zu ersehen, insbesondere regelt diese auch nicht ansatzweise die Voraussetzungen, unter denen der Betriebsrat seine Zustimmung zur Einholung des Einzelverbindungsnachweises erteilen müsste. Es verbietet sich daher, selbst wenn man vom Vorliegen einer Regelungslücke ausgehen sollte, eine Einschränkung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats mit Hilfe einer restriktiven Auslegung der Regelung, weil hierfür aus der Regelung selbst keine

Anhaltspunkte ersichtlich sind.

Entgegen der vom Arbeitsgericht vertretenen Auffassung kann ein Anspruch auf Zustimmung auch nicht aus dem Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit, § 2 Abs. 1 BetrVG, abgeleitet werden. Bei der Wahrnehmung der ihm durch Betriebsvereinbarung eingeräumten Rechte - ob er der Einholung zustimmt oder nicht - ist der Betriebsrat autonom und nicht an die Überlegungen und die Wünsche der Arbeitgeberin gebunden. Ob der Betriebsrat in Fällen offensichtlichen und krassen Missbrauchs des Mobilfunkgeräts durch Arbeitnehmer seine Zustimmung verweigern darf, ist vorliegend nicht zu entscheiden, weil es sich um einen solchen Fall - angesichts der angefallenen Kosten von weniger als 30,00 € im Monat für einen begrenzten Zeitraum von 3 oder 4 Monaten - nicht handelt. Es kann auch dahingestellt bleiben, ob die Betriebsparteien eine Ergänzung der Regelungen in der Gesamtbetriebsvereinbarung durch Spruch einer Einigungsstelle herbeiführen und gegebenenfalls auf diesem Weg die Zustimmung des Betriebsrats herbeiführen können, da eine Anrufung der Einigungsstelle durch keine der beiden Betriebsparteien erfolgt ist.

Schließlich kann ein Anspruch der Arbeitgeberin auf Zustimmung des Betriebsrats auch nicht daraus abgeleitet werden, dass in der Regelung , wonach die Einholung von Einzelverbindungsnachweisen bei unberechtigten Privattelefonaten der Zustimmung des Betriebsrats bedarf, eine Einschränkung der Unternehmerfreiheit in der Form vorliegt, dass verhaltensbedingte Kündigungen aus diesem Grund erschwert oder vereitelt werden könnten. Denn der Gesetzgeber sieht sogar als zulässig - und im Hinblick auf die unternehmerische Freiheit unbedenklich - an, dass Arbeitgeber und Betriebsrat vereinbaren, dass Kündigungen von Arbeitnehmern der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen (vgl. § 102 Abs. 6 BetrVG). Ist von Gesetzes wegen eine solche Erweiterung der Beteiligungsrechte des Betriebsrats zugelassen und nicht ausgeschlossen, so muss dies erst recht für die erheblich weniger weitgehende Regelung gelten, dass dem Betriebsrat nicht an sachliche Gründe geknüpfte Mitbestimmungsrechte in Einzelfällen der Mitbestimmung bei technischer Überwachung eingeräumt werden wie im vorliegenden Fall.

Der Antrag war daher auf die Beschwerde des Betriebsrats zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde als Rechtsbehelf, § 72 a ArbGG, wird hingewiesen.

(Rietschel) (Buchholz) (Beißel)






LAG Köln:
Beschluss v. 11.10.2007
Az: 5 TaBV 36/07


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