Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht:
Urteil vom 25. September 2012
Aktenzeichen: 3 K 77/11

(Schleswig-Holsteinisches FG: Urteil v. 25.09.2012, Az.: 3 K 77/11)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Rechtsvorgängerin der Klägerin eine Rückstellung wegen einer gegen sie erhobenen Klage zu bilden hatte und ob der Rückstellungsbetrag bei der Ermittlung des Übergangsgewinns wegen Wechsel der Gewinnermittlungsart vom Bestandsvergleich zur Einnahmen-Überschuss-Rechnung bei der Klägerin entsprechend gewinnerhöhend zu berücksichtigen ist.

Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer Partnerschaftsgesellschaft eine Steuerberatungsgesellschaft. Sie ermittelt ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG). Die Klägerin wurde mit Vertrag vom ... 2004 (Urkundenrolle-Nr. ...) durch Verschmelzung im Wege der Neugründung durch Übertragung der Vermögen der ... AG Steuerberatungsgesellschaft (A AG) und der ... KG (B KG)auf die Klägerin mit Wirkung zum 1. Januar 2004 gegründet. Die A AG Steuerberatungsgesellschaft und die B KG ermittelten ihren Gewinn gemäß §§ 4 Abs. 1, 5 EStG durch Bestandsvergleich.

Im Jahr 1998 war Herr X an der Steuerberatungsgesellschaft A AG, die er einst gegründet hatte, mit 1/6 der Kapitalanteile beteiligt und Mitglied des Vorstands. Ende der 90er Jahre hatte Herr X sich mit einer Reihe von Geschäftspartnern auf €private equity€ € Geschäfte spezialisiert. Er fungierte als Initiator und Berater für eine Reihe von Fondsgesellschaften. Herr X war an einer Reihe von Gesellschaften auch selbst beteiligt und damit betraut, für diese Gesellschaften auf dem Kapitalmarkt weitere Anteilseigner anzuwerben. Eine dieser Gesellschaften war die D AG. Herr X war an dieser Gesellschaft als Aktionär beteiligt und gemeinsam mit zwei Geschäftspartnern, Herrn Y und Herrn Z, zum Aufsichtsrat der Gesellschaft bestellt worden. Bei der D AG handelte es sich um eine nicht-börsennotierte Aktiengesellschaft. In 1997/1998 sollte für diese Gesellschaft eine Kapitalerhöhung durchgeführt und durch die A AG rechtlich und steuerlich betreut werden. Herr X sagte zu, in diesem Fall über die bestehenden Kontakte der A AG die Einwerbung des ins Auge gefassten Kapitals von rund DM 27 Mio. gewährleisten zu können. Vor diesem Hintergrund wurde im Januar/Februar 1998 zwischen der D AG und der A AG eine Beratungsvereinbarung geschlossen, die ein Pauschalhonorar in Höhe von 931.500,00 DM brutto (810.000,00 DM netto = 3% des eingeworbenen Kapitals) vorsah. Weitere Einzelheiten sind im weiteren Verlauf zwischen den Vertragsparteien streitig geworden.

Die Kapitalerhöhung wurde durchgeführt und am 11. Juni 1998 in das Handelsregister eingetragen. Die A AG stellte am 31. März 1998 eine Rechnung über 810.000 DM netto (931.500,00 DM brutto). Die Rechnung wurde von der D AG unter dem 27. Mai 1998 beglichen.

Im Verlauf des Jahres 1999 verlegte Herr X seinen Wohnsitz ins Ausland. In diesem Zusammenhang gab er seine Zulassung als Steuerberater zurück und schied als Gesellschafter der A AG aus. In der Folgezeit kam es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen Herrn X und den verbliebenen Gesellschaftern der A AG.

Zwischenzeitlich hatte Herr X die Anteilsmehrheit an der D AG erworben. Ende 2002/ Anfang 2003 machte die D AG gegenüber der A AG Ansprüche auf Rückzahlung des im Jahr 1998 gezahlten Beratungshonorars in Höhe von 931.500,00 DM geltend. Nachdem die verbliebenen Gesellschafter der A AG die Rückzahlung verweigerten, erhob die D AG im Mai 2003 Klage vor dem Landgericht in Höhe eines Teilbetrags von 10.000,00 €. Im September 2003 erweiterte die D AG ihr Klagebegehren auf Rückzahlung des gesamten Betrags in Höhe von 467.065,00 €. Zur Begründung ihrer Klage führte sie an, dass das Honorar der Höhe nach unangemessen bzw. sittenwidrig gewesen sei, dass die getroffene Vereinbarung aktienrechtlich unwirksam sei und dass es sich bei der Honorarzahlung um eine verbotene Einlagenrückgewähr bzw. verdeckte Sacheinlage gehandelt habe.

Ende 2003/Anfang 2004 befand sich die Klägerin in einer wirtschaftlich schwierigen Situation. Für eine erfolgreiche Fortführung des Geschäfts war sie auf eine Erweiterung des bestehenden Bankdarlehens angewiesen. Sie führte Gespräche über die Gewährung dieser Darlehen mit ihrer Hausbank. Die Bank war bereit, die gewünschte Finanzierung zu gewähren, verlangte aber im Hinblick auf den ihr gegenüber offengelegten Rechtsstreit mit der D AG eine substanzielle Bewertung der Erfolgsaussichten von dritter Seite.

Daraufhin beauftragte die Klägerin die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft E in Kooperation mit der F Rechtsanwaltsgesellschaft mbH mit der Erstellung eines solchen Gutachtens. In dem Anschreiben zur Übersendung des Gutachtenentwurfs an die Klägerin vom 16. Januar 2004 heißt es:

€Wir haben uns nochmals eingehend mit den in der Klage dargelegten Anspruchsgrundlagen auseinandergesetzt und halten es nach eingehender Auseinandersetzung mit der neuesten Literatur für vertretbar, den Anspruch der Klägerin nach § 114 Abs. 2 AktG zu verneinen. Auch glauben wir gute Gründe für die Annahme zu haben, dass die Honorarvereinbarung nicht wegen Sittenwidrigkeit bzw. Gesetzeswidrigkeit unwirksam ist. Näheres entnehmen sie bitte dem beigefügten Entwurf der gutachterlichen Stellungnahme.€

In dem endgültigen Gutachten vom 9. Februar 2004 heißt es unter III. Zusammenfassung und Ergebnis:

€Aus unserer Sicht sprechen gute Gründe für die Annahme, dass die zwischen den Parteien getroffene Honorarvereinbarung trotz der Höhe des Honorars und ihrer missverständlichen Formulierung wirksam und nicht herabzusetzen ist. Wir halten es auch nicht für überwiegend wahrscheinlich, dass ein Anspruch gegen die Beklagte auf Rückzahlung des Beraterhonorars nach § 114 Abs. 2 Satz 2 Aktiengesetz begründet ist. Die Frage, ob Herr X an einer Abstimmung im Aufsichtsrat überhaupt mitwirken durfte, hängt von der Entscheidung mehrerer in der Literatur streitiger Rechtsfragen ab, wobei die besseren Gründe unseres Erachtens zu Gunsten der Beklagten sprechen. Folglich käme es auf die Tatsachenfeststellung an, ob ein Aufsichtsratsbeschluss im Umlaufverfahren gefasst wurde. Die Klägerin trägt die Beweislast dafür, dass dies nicht geschehen ist, hat aber diesen Beweis bisher nicht angetreten. Ansprüche gemäß §§ 62, 57 Aktiengesetz und gemäß § 62 Abs. 1 Satz 1 Aktiengesetz i.V.m. der Lehre von der verdeckten Sacheinlage bestehen unseres Erachtens mangels Zurechenbarkeit der Leistung an die Beklagte für die Aktionäre X, Y und Z nicht. Da wir für sämtliche von der Klägerin vorgebrachten Ansprüche keine überwiegende Wahrscheinlichkeit ihres Vorliegens feststellen können, halten wir es für vertretbar, eine Rückstellung gemäß § 249 Abs. 1 Handelsgesetzbuch nicht zu bilden.€Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Rechtsgutachten vom 9. Februar 2004 sowie die Klagebegründung der D AG in dem Verfahren vor dem Landgericht und die entsprechende Klageerwiderung der A AG Bezug genommen.

Am 10. Mai 2004 schlossen die Klägerin und die D AG im Termin vor dem Landgericht einen Prozessvergleich, in dem sich die Klägerin verpflichtete, einen Betrag in Höhe von 50% der Klageforderung (234.000,00 €) in sieben Raten, verteilt auf den Zeitraum bis Oktober 2007, zu entrichten. In 2004 war eine Ratenzahlung in Höhe von 65.000,00 € zu leisten. Auf den Prozessvergleich wird Bezug genommen.

Parallel hierzu verzichtete die Klägerin gegenüber ihrem ehemaligen Gesellschafter X auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen.

Der Vergleich wurde in der Folgezeit, wie vereinbart, durchgeführt. Die Klägerin berücksichtigte die geleisteten Zahlungen steuerlich im Rahmen ihrer Überschussrechnung als laufende Betriebsausgaben.

In ihrer Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung für 2004 erklärte die Klägerin einen Gesamthandsverlust in Höhe von 166.304,00 €. In der Gewinnermittlung wurde unter der Bezeichnung €Schadensersatz€ ein Betrag in Höhe von 65.000,00 € (Ratenzahlung für 2004 gemäß Prozessvergleich vom 10. Mai 2004) als laufende Betriebsausgabe abgezogen. Ferner war in dem Gesamthandsverlust wegen Wechsels der Gewinnermittlungsart vom Bestandsvergleich zur Einnahmen-Überschuss-Rechnung ein Übergangsverlust von der A AG in Höhe von 1.163.743,00 € enthalten. Die A AG hatte in ihrem Jahresabschluss 2003 vom 29. Januar 2004 hinsichtlich der Klage der D keine Rückstellung gebildet. Dem entsprechend hatte die Klägerin in dem von ihr ermittelten Übergangsverlust in Höhe von 1.163.743,00 € eine (gewinnerhöhende) Auflösung einer solchen Rückstellung auch nicht berücksichtigt.

Im Rahmen einer bei der Klägerin und der A AG durchgeführten Betriebsprüfung vertraten der Betriebsprüfer und ihm folgend das beklagte Finanzamt die Rechtsauffassung, dass wegen der klageweise geltend gemachten Ansprüche bei der A AG eine Rückstellung in Höhe von 467.065,00 € hätte gebildet werden müssen. Der von der Klägerin erklärte Gesamthandsverlust 2004 sei um den Betrag von 467.065,00 € zu reduzieren, da sich der Rückstellungsbetrag bei der Ermittlung des Übergangsgewinns bzw. -verlustes entsprechend gewinnerhöhend auswirke. Dementsprechend und wegen weiterer, nicht mehr streitiger Prüfungsfeststellungen stellte das beklagte Finanzamt mit geändertem Feststellungsbescheid 2004 vom 9. Juni 2009 die Einkünfte aus selbstständiger Arbeit der Klägerin auf 159.105,25 € fest.

Entsprechend änderte das beklagte Finanzamt unter dem 23. April 2009 den Körperschaftsteuerbescheid 2003 betreffend die A AG, setzte die Körperschaftsteuer 2003 auf 0 € fest und änderte den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 2003 vom 19. November 2004 (Erhöhung des verbleibenden Verlustvortrags von 316.961 € auf 808.009 €).

Gegen den geänderten Feststellungsbescheid 2004 legte die Klägerin am 24. Juni 2009, gegen den geänderten Körperschaftsteuerbescheid 2003 und den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zum 31. Dezember 2003 am 25. Mai 2009 Einspruch ein. Zur Begründung trug sie Folgendes vor:

Nach § 5 Abs. 1 EStG i.V.m. § 249 Abs. 1 HGB seien Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu passivieren. Für die Ansatzhöhe sei maßgeblich, in welcher Höhe nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendige Kosten anfallen würden. Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung sei eine dem Betrage oder dem Grunde nach ungewisse Verbindlichkeit, die wirtschaftliche Verursachung der Verbindlichkeit vor dem Bilanzstichtag und dass der Schuldner ernsthaft mit der Inanspruchnahme rechnen müsse. Das Bestehen der Verbindlichkeit müsse wahrscheinlich sein, hierfür müssten überwiegende Gründe sprechen. Der Steuerpflichtige müsse nicht die pessimistischste Alternative wählen. Zur Frage der Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme sei ein externes Gutachten in Auftrag gegeben worden. Dieses sei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Voraussetzungen für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten nicht gegeben seien. Im Übrigen habe ein Rückgriffsrecht gegen den ehemaligen Gesellschafter X bestanden. Diesem sei in dem vor dem Landgericht geführten Rechtsstreit der Streit verkündet worden. Der aus dem Regressanspruch rührende künftige Vorteil müsse bei der Bewertung der Rückstellung wertmindernd berücksichtigt werden, so dass auch aus diesem Grund von der Passivierung der Rückstellung abzusehen sei.

Mit Einspruchsentscheidungen jeweils vom 9. März 2011 wies das Finanzamt die Einsprüche als unbegründet zurück.

Am 8. April 2011 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen Folgendes vor:

Streitig sei zunächst, ob für die mit der Klage von der D AG geltend gemachten Ansprüche auf Honorarzahlung zum 31. Dezember 2003 eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden gewesen sei.

Die Tatbestandsvoraussetzungen für die Bildung einer solchen Rückstellung seien für das Handelsrecht in § 249 Abs. 1 HGB geregelt. Steuerlich gelte, dass ein entsprechender Passivposten in der Steuerbilanz nur gebildet werden dürfe, wenn er nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung nicht nur passivierungsfähig, sondern passivierungspflichtig sei. Eine ungewisse Verbindlichkeit, die zur Bildung einer Rückstellung berechtige, bestehe, wenn mit ihrem Bestehen dem Grunde nach ernsthaft zu rechnen sei und zudem eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür bestehe, dass die Forderung von dem Gläubiger geltend gemacht werde. Dabei sei zwischen der Wahrscheinlichkeit des Be- oder Entstehens der Verbindlichkeit und der Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme zu unterscheiden. Für eine steuerliche Anerkennung der Rückstellung gehe der BFH in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass bereits €dem Grunde nach€ mehr Gründe für das Bestehen der Verbindlichkeit als gegen das Bestehen der Verbindlichkeit sprechen müssen (BFH, IV R 158/81, Juris; BFH, IV R 42/04, Bundesteuerblatt -BStBl- II 2008, 956 m.w.N.). Es existiere keine BFH-Entscheidung, in der sich ein Senat des BFH ausdrücklich in dem Sinne geäußert habe, dass für die notwendige €Bestehenswahrscheinlichkeit€ von einer Wahrscheinlichkeit von weniger als 50 % ausgegangen werden müsse, sobald ein Klageverfahren anhängig sei.

In der Entscheidung des I. Senats des BFH vom 30. Januar 2002 (I R 68/00, BStBl II 2002, 688) sei es um den Zeitpunkt gegangen, in dem eine Rückstellung für eine mit der Klage geltend gemachte Forderung aufgelöst werden könne. In dieser Entscheidung diskutiere der BFH ausdrücklich nur das Merkmal der erforderlichen €Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme€. Von dieser Voraussetzung sei bei einem im Klagewege geltend gemachten Anspruch regelmäßig auszugehen, was in der Sache sicher zutreffend sei. Die Frage der €Bestehenswahrscheinlichkeit€ werde in dem zitierten BFH-Urteil aber gerade nicht angesprochen.

Gleiches gelte für das Urteil des BFH vom 27. November 1997 (IV R 95/96, BStBl II 1998, 375). Auch in dieser Entscheidung sei es um die Frage der Auflösung einer einmal gebildeten Rückstellung gegangen. Der BFH beschäftige sich in diesem Urteil ausschließlich mit dem Merkmal der Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme. Die €Bestehenswahrscheinlichkeit€ werde auch in dieser Entscheidung nicht angesprochen.

In den beiden BFH-Urteilen aus den Jahren 1997 und 2002 sei im Jahr der Rückstellungsbildung vom Steuerpflichtigen in Übereinstimmung mit den Finanzbehörden die Frage nach einer ausreichenden €Bestehenswahrscheinlichkeit€ bejaht worden. Diese Frage sei gewissermaßen unstreitig gewesen. Die €Bestehenswahrscheinlichkeit€ sei nachfolgend durch den Erlass eines Urteils nicht beeinflusst worden. Das Ergehen eines Urteils könne allein Auswirkung auf die €Inanspruchnahmewahrscheinlichkeit€ haben. Insoweit seien die BFH-Entscheidungen konsequent, denn die €Inanspruchnahmewahrscheinlichkeit€ bestehe bis zur Rechtskraft eines gerichtlichen Streitverfahrens fort.

Unergiebig sei auch das Urteil des I. Senats des BFH vom 8. November 2000 (I R 10/98, BStBl II 2001, 349). In den Urteilsgründen würden die Merkmale der €Bestehenswahrscheinlichkeit€ und der €Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme€ nicht voneinander getrennt. Im Mittelpunkt der Entscheidung habe die Frage gestanden, ob die für eine Aussetzung der Vollziehung erforderlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids (d.h. die Zweifel an dem Bestehen des Steueranspruchs) nicht gleichzeitig bedeuten müssten, dass für die Bildung einer Rückstellung eine nicht ausreichende Wahrscheinlichkeit existiere. Tatsächlich betreffe diese Frage bei genauer Betrachtung die €Bestehenswahrscheinlichkeit€. Der BFH diskutiere sie aber in den Urteilsgründen unter dem Begriff €Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme€, so dass sich diesem Urteil eine generelle Aussage über den notwendigen Wahrscheinlichkeitsgrad für die Bildung einer Rückstellung bei im Klagewege geltend gemachten Forderungen nicht entnehmen lasse. Im Übrigen weise diese Entscheidung die Besonderheiten auf, dass es um einen durch Steuerbescheid bereits titulierten Anspruch und die Zinsen hieraus gegangen sei. Dies sei eine andere Situation als im vorliegenden Fall, in dem zum Bilanzstichtag nur ein geltend gemachter, nicht aber ein titulierter Anspruch festzustellen sei. Die Aussetzung der Vollziehung sei nach der Rechtsprechung des BFH bereits zu gewähren, wenn nur eine 50%ige Wahrscheinlichkeit für das Obsiegen des Steuerpflichtigen in der Hauptsache bestehe. Bei genauer Betrachtung lasse sich mithin dem Urteil allenfalls die Aussage entnehmen, dass bei der Abwehr eines bestehenden Titels eine 50/50 €Bestehenswahrscheinlichkeit€ ausreichend sei, um für die aus dem titulierten Anspruch kraft Gesetzes folgenden Zinsansprüche eine Rückstellung zu bilden. Auf den vorliegenden Fall angewandt führe dieses Kriterium keineswegs dazu, dass eine Rückstellung hätte gebildet werden müssen.

Auch in der Kommentarliteratur lasse sich keine Stelle finden, in der explizit und mit Gründen die Auffassung vertreten werde, dass für die €Bestehenswahrscheinlichkeit€ bei einer vom Gläubiger eingeklagten Verbindlichkeit Besonderheiten gelten müssten.

Im vorliegenden Fall bestünden aus der Sicht eines sorgfältigen und gewissenhaften Kaufmanns zum Bilanzstichtag (31. Dezember 2003) keine überwiegenden Anhaltspunkte dafür, dass die von der D AG erhobene Klage begründet gewesen sei. Denn gegen jede der geltend gemachten Anspruchsgrundlagen seien erhebliche Einwände geltend gemacht worden. Einzelheiten ergäben sich aus dem eingeholten Rechtsanwaltsgutachten. Diese externe gutachterliche Stellungnahme sei auf Veranlassung der Sparkasse eingeholt worden, die ihre Entscheidung von dem Ergebnis des Gutachtens abhängig gemacht habe. Die Bewertung, dass zum 31. Dezember 2003 keine hinreichende Wahrscheinlichkeit für die Bildung einer Rückstellung bestanden habe, gehe auf die sachkundige Beurteilung zweier außenstehender und geschäftserfahrener Personen zurück, nämlich der Sparkasse und der beauftragten externen Rechtsanwaltskanzlei.

Die infolge des Prozessvergleichs gezahlte Summe spiegele nicht die Risikoeinschätzung der Beteiligten hinsichtlich des konkret vor dem Landgericht geltend gemachten Anspruchs wieder, sondern die Zahlung sei letztlich vor einem anderen wirtschaftlichen Hintergrund erfolgt. Der Vergleich sei von den Partnern der Klägerin geschlossen worden, um das Verhältnis zu dem ehemaligen Partner X zu befrieden. Die Einigung habe den Zweck verfolgt, Herrn X davon abzuhalten, aufgrund seiner persönlichen Kontakte zu den wichtigen Mandanten der Klägerin die Existenz der Steuerberatungsgesellschaft zu gefährden.

Im Übrigen sei die Entscheidung des Finanzamts auch hinsichtlich der Bewertung der (nach Auffassung des Finanzamts zu bildenden) Rückstellung fehlerhaft. Selbst wenn man der Auffassung des Finanzamts folge, dass eine Wahrscheinlichkeit von 50% oder weniger bereits für die Bildung der Rückstellung ausreichend wäre, so könne die Rückstellung nicht mit dem Nominalbetrag der geltend gemachten Verbindlichkeit bewertet werden. Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten seien mit dem Erfüllungsbetrag oder dem höheren Teilwert anzusetzen. Der Erfüllungsbetrag sei der Betrag, den der Schuldner zur Erfüllung der dem Grunde nach ungewissen Verpflichtung voraussichtlich aufbringen müsse. Dieser Betrag sei nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung zu schätzen. In Anbetracht der durchgreifenden rechtlichen Argumente, die vorliegend gegenüber dem mit der Klage geltend gemachten Rückforderungsanspruch bestanden hätten und in Anbetracht der hierzu noch hinzutretenden Ungewissheiten hinsichtlich der Tatsachen, die von der D AG noch zu beweisen gewesen wären, könne vorliegend auf keinen Fall von einem €Erfüllungsbetrag€ in Höhe des Nennbetrags ausgegangen werden. Handelsrechtlich wäre auf den Betrag mit der €höchsten Wahrscheinlichkeit€ abzustellen. Bei sachgerechter Bewertung der bestehenden Prozessrisiken wäre dies ein Wert, der deutlich unter dem schlussendlich im Vergleich festgelegten Zahlungsbetrag liegen müsste. Denn der Vergleichsbetrag sei € wie schon dargestellt € durch ganz andere Überlegungen beeinflusst gewesen.

Stelle man hilfsweise eine Teilwertbetrachtung an, so würde sich ebenfalls ein deutlich unter dem Nennbetrag liegender Wert ergeben. Denn bei Vertragsverhandlungen mit einem Erwerber wären selbstverständlich die geltend gemachten Ansprüche nicht mit ihrem Nennbetrag als Passivposten in einen Kaufpreis für das Gesamtunternehmen eingeflossen.

Darüber hinaus seien für die Bewertung von Rückstellungen Rückgriffsansprüche gegen Dritte mit in die Betrachtung einzubeziehen. Ein relevantes Risiko, erfolgreich von der D AG in Anspruch genommen zu werden, bestünde nur dann, wenn festgestellt worden wäre, dass kein Aufsichtsratsbeschluss erwirkt worden sei. Eine solche Feststellung hätte auch gegenüber Herrn X gegolten, dem der Streit verkündet worden sei. Damit aber wäre im Fall des Obsiegens der D AG gleichzeitig auch ein Regress- und Schadensersatzanspruch gegen Herrn X dem Grunde nach festgestellt worden. In Anbetracht der Vermögensverhältnisse von Herrn X wäre ein solcher Regressanspruch auch werthaltig gewesen. Zudem sei zu berücksichtigen, dass § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG in der im Streitjahr bereits geltenden Fassung ausdrücklich anordne, dass alle künftigen Vorteile, die mit der Erfüllung der Verpflichtung voraussichtlich verbunden sein werden, bei der Bewertung der Rückstellung zu berücksichtigen seien. Nach dieser Vorschrift sollen auch solche künftigen Vorteile die Rückstellung mindern, die nach der vorhergehenden Rechtslage nicht wertmindernd zu berücksichtigen gewesen seien. Es komme danach gerade nicht darauf an, ob die Regressforderung gegen Herrn X mit absoluter Sicherheit entstanden sei.

Selbst wenn man mit dem Finanzamt davon ausgehen wollte, dass zum 31. Dezember 2003 eine Rückstellung über den Betrag in Höhe von 467.065,00 € zu bilden gewesen wäre, sei die vom Prüfer vorgenommene Erhöhung des so genannten €Übergangsgewinns€ im vorliegenden Fall nicht gerechtfertigt.

Der Begriff und die Ermittlung des so genannten €Übergangsgewinns€ seien im Gesetz nicht geregelt. Es handele sich um ein durch die Rechtsprechung entwickeltes, steuerliches Rechtsinstitut. Bei dem Übergangsgewinn handele es sich letztlich um einen steuerlichen Korrekturposten. Die Gewinnermittlung durch Bilanzierung im Sinne von § 4 Abs. 1 EStG i.V.m. § 5 EStG soll auf die gesamte Lebensdauer eines Unternehmens betrachtet zu dem gleichen steuerlichen Ergebnis wie die Gewinnermittlungen durch Überschussrechnungen gemäß § 4 Abs. 3 EStG führen. Unausweichlich würden sich die Gewinnermittlungen nach § 4 Abs. 1 EStG und § 4 Abs. 3 EStG allerdings darin unterscheiden, in welcher Gewinnermittlungsperiode bestimmte Ereignisse gewinnerhöhend oder gewinnmindernd wirksam werden würden. Vor diesem Hintergrund sei eine Regelung erforderlich, die bei einem Wechsel der Gewinnermittlungsart einen Ausgleich herbeiführe, um das vorrangige Postulat der steuerlichen Identität des Totalgewinns zu wahren. Die durch das Gesetz nicht geregelte Gewinnkorrektur werde in der Rechtsprechung seit vielen Jahren auf der Grundlage höchstrichterlicher Rechtsfortbildung anerkannt (vgl. BFH, IV 270/65, BStBl II 1970, 745). Die Vornahme solcher Korrekturen sei verfassungsrechtlich nur insoweit gerechtfertigt, wie sie systematisch notwendig seien, um das Gebot der Identität des Totalgewinns zu wahren. Sie dürften nur erfolgen, wenn anderenfalls durch den Wechsel der Gewinnermittlungsart Gewinne endgültig der Besteuerung als laufende Einkünfte entgehen oder umgekehrt, sich Betriebsausgaben nicht mehr bei der Ermittlung des laufenden Gewinns auswirken könnten.

Ausgehend von den beschriebenen Grundsätzen komme im vorliegenden Fall eine Erhöhung des laufenden Gewinns für das Veranlagungsjahr 2004 außerhalb der gesetzlich geregelten Gewinnermittlungen im Sinne von § 4 Abs. 3 EStG nicht in Betracht. Denn für den vorliegenden Fall sei zu berücksichtigen, dass auf der Grundlage des im Februar 2004 erstellten Jahresabschlusses der A AG für das Wirtschaftsjahr 2004 sich zum 31. Dezember 2003 - bereits ohne die Berücksichtigung der streitigen Rückstellung - ein verbleibender Verlustvortrag in Höhe von 316.961,00 € ergeben habe. Die von dem Finanzamt vertretene Rechtsauffassung führe dazu, dass sich dieser Verlustvortrag nochmals um den Betrag von 467.065,00 € erhöhe. Infolge der Verschmelzung seien die Verlustvorträge des verschmolzenen Rechtsträgers verloren gegangen. Dies sei so ausdrücklich in § 4 Abs. 2 Satz 2 Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) bestimmt. Damit hätten sich die zum 31. Dezember 2003 für die Aktiengesellschaft festgestellten Verluste unter keinen denkbaren Umständen steuerlich auswirken können. In dieser Situation verletze die von dem Finanzamt vorgenommene €Hinzurechnung€ im Rahmen der Ermittlung des so genannten Übergangsgewinns den Gesetzesvorbehalt und führe zu einer verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigenden Übermaßbesteuerung. Denn die vom Finanzamt vorgenommene Hinzurechnung sei gesetzlich nicht geregelt. Sie finde ihre Rechtfertigung allein in dem Rechtsinstitut der notwendigen Gewinnkorrektur beim Übergang von der Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich zur Gewinnermittlung durch Überschussrechnung, wie dies in der Rechtsprechung des BFH hergeleitet worden sei. Das Rechtsinstitut erweise sich aber nur insoweit als haltbar, wie die infolge seiner Anwendung vorgenommenen Korrekturen zur Einhaltung der steuerlichen Identität des Totalgewinns erforderlich seien. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Denn durch die trickreiche Argumentation des Finanzamts, wonach zum 31. Dezember 2003 eine weitergehende Rückstellung über den Betrag in Höhe von 467.065,00 € gebildet worden sei, werde in Wirklichkeit nur der steuerlich nicht relevante Verlustvortrag der Aktiengesellschaft zum 31. Dezember 2003 erhöht. Steuerliche Auswirkungen habe diese Rückstellung nicht. Dies folge gesetzlich eindeutig aus § 4 Abs. 2 UmwStG. Gleichwohl solle die nachträgliche Bildung der Rückstellung nach der Logik des Finanzamts im Rahmen der Ermittlung des Übergangsgewinns gewinnerhöhend zu berücksichtigen sein. Im Ergebnis führe dies nicht dazu, das Grundprinzip der Identität des Totalgewinns zu wahren, sondern der ursprüngliche Gedanke werde in das Gegenteil verkehrt. Es werde eine Gewinnerhöhung zum 31. Dezember 2004 herbeigeführt, die ausschließlich auf einer Fiktion beruhe und die den Totalgewinn nicht korrigiere, sondern um den Betrag in Höhe von 467.065,00 € verfälsche. Im Ergebnis würden Gewinne besteuert, die zu keiner Zeit entstanden seien und denen auch keine korrespondierenden steuerlichen Abzugsposten gegenüber stünden.

Die vom Finanzamt geltend gemachte Rechtsfolge könne auch nicht durch einen Verweis auf § 4 Abs. 2 UmwStG gerechtfertigt werden. Eine solche Argumentation verliere den zeitlichen und strukturellen Ablauf aus dem Auge. Die Umwandlung sei vorliegend durch Beschluss vom 20. August 2004 mit steuerlicher Rückwirkung zum 31. Dezember 2003 erfolgt. Für die steuerlichen Folgen dieser Gestaltungsmaßnahme gelte § 4 UmwStG. Mit diesem ersten Schritt sei die Ermittlung eines Übergangsgewinns wegen Gewinnermittlungswechsels nicht verbunden. Die neu geschaffene Gesellschaft hätte ohne weiteres die Gewinnermittlung durch Bilanzierung wählen können. Der hier streitige Übergangsgewinn sei vielmehr in einem zweiten Schritt entstanden, indem nämlich die Gesellschaft die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG gewählt habe. Für diesen zweiten Schritt treffe aber das UmwStG keinerlei Anordnungen. Die Folgen des Gewinnermittlungswechsels könnten demnach durch § 4 UmwStG nicht präjudiziert sein. Die Entscheidung der Klägerin, ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG zu ermitteln, sei nach dem Gesetz legitim und ohne weiteres zulässig. Es könne vorliegend nicht darum gehen, diese Entscheidung zu sanktionieren, sondern es gehe ausschließlich und allein darum, dem gesetzlichen Leitprinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit zur Geltung zu verhelfen. Diesem Zweck diene gerade das gesetzlich nicht kodifizierte Institut des Übergangsgewinns. Es handele sich um ein von der Rechtsprechung entwickeltes steuerliches Rechtsinstitut, damit auf eine längere Periode gesehen Gewinne versteuert werden, die auch ohne Wechsel der Gewinnermittlungsart ausgewiesen worden wären. Unter diesem Gesichtspunkt sei es rechtswidrig und missbräuchlich, den ohne gesetzliche Grundlage gebildeten Übergangsgewinn um Beträge zu erhöhen, die sich steuerlich nicht ausgewirkt hätten. Niemand würde beispielsweise auf die Idee kommen, den Übergangsgewinn wegen des Wegfalls einer Rückstellung zu erhöhen, wenn diese Rückstellung für die ungewisse Entstehung steuerlich nicht abzugsfähiger Betriebsausgaben gebildet worden wäre. Eins solche handelsrechtlich wirksam gebildete Rückstellung, die aber steuerlich ohne jede Auswirkung sei, könne unzweifelhaft für den Übergangsgewinn keine Auswirkung haben. Ob aber die fehlende Auswirkung einer Bilanzposition auf der Anwendung von § 4 Abs. 5 EStG oder auf der Anwendung von § 4 Abs. 2 UmwStG beruhe, könne für die Ermittlung des Übergangsgewinns keinen Unterschied machen.

Die Klägerin beantragt, den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung für 2004 vom 9. Juni 2009 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 9. März 2011 zu ändern und die Einkünfte aus selbstständiger Arbeit um 467.065,00 € niedriger festzustellen.

Das beklagte Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen.

Es wiederholt und vertieft seine Ausführungen in seiner Einspruchsentscheidung vom 9. März 2011 betreffend den Einspruch gegen den geänderten Feststellungsbescheid 2004. Insbesondere verweist es auf das BFH-Urteil vom 8. November 2000 (I R 10/98, BStBl II 2001, 349), wonach bei einem im Klagewege gegen den Kaufmann geltend gemachten Anspruch regelmäßig eine Rückstellung zu bilden sei. Eine dezidierte Prüfung der Erfolgsaussichten sei nicht erforderlich.

Der Berichterstatter hat die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert. Auf das Protokoll über den Erörterungstermin vom 25. Juni 2012 wird Bezug genommen

Die Klage gegen den geänderten Körperschaftsteuerbescheid 2003 und den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zum 31. Dezember 2003 hat die Klägerin am 31. Juli 2012 zurück genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte sowie auf die beigezogene Gerichtsakte 1 K 30078/11 und die beigezogenen Steuerakten Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist nicht begründet.

Zu Recht hat das beklagte Finanzamt bei Ermittlung des Übergangsgewinns die streitbefangene (vom Finanzamt bei der Rechtsvorgängerin zu Recht gebildete) Rückstellung gewinnerhöhend berücksichtigt (1.). Auch die Rückstellungshöhe ist nicht zu beanstanden (2.). Die gewinnerhöhende Berücksichtigung der Rückstellung verletzt auch nicht wegen der Besonderheiten des Streitfalls die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Gewinnkorrektur bei Wechsel der Gewinnermittlungsart und stellt keine verfassungswidrige Übermaßbesteuerung dar (3.).

1.) Entschließt sich der Steuerpflichtige € wie im Streitfall €, von einer Gewinnermittlungsart zu einer anderen Gewinnermittlungsart überzugehen, so haben es der Reichsfinanzhof (RFH) und ihm folgend der Bundesfinanzhof (BFH) in ständiger Rechtsprechung für erforderlich gehalten, durch Korrekturposten oder durch Korrektur des Gewinns im Übergangsjahr dafür Sorge zu tragen, dass dem Steuerpflichtigen durch diesen Übergang keine steuerlichen Nachteile, aber auch keine steuerlichen Vorteile entstehen, d.h., dass auf eine längere Zeitperiode gesehen die Gewinne versteuert werden, die bei einem konstanten Vermögensvergleich ausgewiesen worden wären (vgl. BFH-Urteil vom 23.7.1970 IV 270/65, BFHE 99, 540, BStBl II 1970, 745; vom 28.7.1999 X R 63/95, BFH/NV 2000, 40; zuletzt BFH-Urteil vom 22.11.2011 VIII R 5/08, Juris). Die Gewinnkorrektur soll sicherstellen, dass betriebliche Vorgänge wie Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben erfasst werden, die ohne diese Korrekturen wegen der unterschiedlichen Systematik des Bestandsvergleichs einerseits und der Einnahmenüberschussrechnung andererseits nicht oder aber doppelt erfasst würden (BFH-Urteil vom 22.11.2011 VIII R 5/08, Juris, m.w.N.). Aus diesem Grunde können nach dem Übergang zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG z.B. solche Beträge nicht mehr als Betriebsausgaben abgezogen werden, die sich bereits zuvor bei der Gewinnermittlung nach § 5 EStG durch den Ansatz einer entsprechenden Verbindlichkeit oder € wie im Streitfall € Rückstellung erfolgsmindernd ausgewirkt haben (BFH-Urteil vom 4.8.1977 IV R 119/73, BFHE 123, 154, BStBl II 1977, 866). So liegt es hier.

a) Erfolgt € wie im Streitfall € eine Verschmelzung durch Neugründung, so hat der im Rahmen der Verschmelzung neu gegründete, übernehmende Rechtsträger (hier die Klägerin) eine Eröffnungsbilanz aufzustellen (Schlösser in Sagasser/Bula/Brünger, Umwandlungen, 4. Auflage, § 11 Rz. 292).

In diese Eröffnungsbilanz war die von dem beklagten Finanzamt bei der A AG (wegen der von der D AG gegen die A AG angestrengten Klage) gebildete Rückstellung zu übernehmen.

Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwStG hat die Klägerin als übernehmende Personengesellschaft die übergegangenen Wirtschaftsgüter zwingend zu den Wertansätzen zu übernehmen, mit denen die übertragende Körperschaft das übergehende Vermögen in ihrer steuerlichen Schlussbilanz angesetzt hat (Schlösser in Sagasser/Bula/Brünger, Umwandlungen, 4. Auflage, § 11 Rz. 296). Das beklagte Finanzamt hatte den Körperschaftsteuerbescheid 2003 und den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zum 31. Dezember 2003 betreffend die A AG unter Ansatz einer Rückstellung in Höhe von 467.065,00 € entsprechend geändert. Diese Bescheide sind inzwischen bestandskräftig geworden.

b) Es kann dahinstehen, ob wegen der Bestandskraft des Körperschaftsteuerbescheids 2003 und des Bescheids über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zum 31. Dezember 2003 betreffend die A AG eine möglicherweise zu Unrecht gebildete Rückstellung zwingend nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwStG von der Klägerin in ihrer Eröffnungsbilanz zu übernehmen war, denn das Finanzamt hat die streitbefangene Rückstellung im Streitjahr 2003 zu Recht bei der Rechtsvorgängerin der Klägerin gebildet.

Nach § 249 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) sind in der Handelsbilanz für ungewisse Verbindlichkeiten Rückstellungen zu bilden. Da diese Verpflichtung zu den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung gehört, gilt sie auch für die Steuerbilanz (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG). Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist eine betrieblich veranlasste und in der Vergangenheit wirtschaftlich verursachte, aber dem Grunde und/oder der Höhe nach ungewisse Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten, sofern wahrscheinlich ist, dass die Verbindlichkeit besteht oder entstehen wird und der Steuerpflichtige in Anspruch genommen wird. Das Bestehen einer ungewissen Verbindlichkeit ist wahrscheinlich, wenn nach den am Bilanzstichtag objektiv gegebenen und bis zur Aufstellung der Bilanz subjektiv erkennbaren Verhältnissen mehr Gründe dafür als dagegen sprechen. Eine Verbindlichkeit, auch eine ungewisse Verbindlichkeit, muss bereits eine wirtschaftliche Belastung darstellen (BFH-Urteil vom 19.10.2005 XI R 64/04, BFHE 211, 475, BStBl II 2006, 371 m.w.N.).

Die hier streitbefangene Rückstellung ist betrieblich veranlasst und auch in der Vergangenheit (im Jahr 2003) wirtschaftlich verursacht. Auch die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme liegt infolge der Klageerhebung vor (vgl. BFH-Urteil vom 19.10.2005 XI R 64/04, BFHE 211, 475, BStBl II 2006, 371 m.w.N.). Hiervon gehen auch die Beteiligten aus.

Allein streiterheblich ist, ob eine dem Grunde und/oder der Höhe nach ungewisse Verbindlichkeit vorgelegen hat.

Nach Auffassung der Klägerin ist auch bei einem klageweise geltend gemachten Anspruch zu prüfen, ob das Bestehen der Verbindlichkeit wahrscheinlich ist, also ob mehr Gründe für das Bestehen der Verbindlichkeit sprechen als dagegen. Ihrer Ansicht nach sind deshalb die Erfolgsaussichten der Klage zu prüfen. Habe die Klage lediglich zu maximal 50 % Aussicht auf Erfolg, wäre eine Rückstellung nicht zu bilden.

Der Senat teilt diese Auffassung nicht.

Dabei kann offen bleiben, ob es sich bei der 51%-Formel des BFH letztendlich um eine wenig hilfreiche Scheinobjektivierung handelt, weil sich das Bestehen einer Verbindlichkeit mathematisch nicht ermitteln lässt (so Buciek in Blümich, EStG, § 5 Rz. 796 m.w.N.). Denn im Fall der gerichtlichen Inanspruchnahme lässt die Rechtsprechung des BFH die Inanspruchnahme als solche ausreichen, d.h. prüft € soweit ersichtlich € die Wahrscheinlichkeit des Bestehens einer Verbindlichkeit und damit die Erfolgsaussichten der Klage nicht (vgl. BFH-Urteile vom 3.7.1991 X R 163-164/87, BFHE 164, 556, BStBl II 1991, 802; vom 27.11.1997 IV R 95/96, BFHE 185, 160, BStBl II 1998, 375; vom 19.10.2005 XI R 64/04, BFHE 211, 475, BStBl II 2006, 371 unter Tz. 3b) unter Hinweis auf Urteil vom 30.1.2002 I R 68/00, BFHE 197, 530, BStBl II 2002, 688; vom 8.11.2000 I R 10/98, BFHE 193, 406, BStBl II 2001, 349, wo unter Tz. 44 das Bestehen einer Verbindlichkeit ohne weiteres bejaht wird, unter Tz. 46 dann die €Bestehenswahrscheinlichkeit€ als Unterpunkt zur Frage der €Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme€ geprüft und infolge der Klageerhebung bejaht wird). Nach Auffassung des BFH ist eine Rückstellung wegen eines gerichtlich verfolgten Schadensersatzanspruches sogar solange nicht aufzulösen, solange über diesen Anspruch nicht endgültig (rechtskräftig) entschieden ist, und zwar grundsätzlich selbst dann, wenn der Steuerpflichtige als Beklagter zunächst in einer Instanz obsiegt hat (vgl. BFH-Urteil vom 27.11.1997 IV R 95/96, BFHE 185, 160, BStBl II 1998, 375). Auf eine Beurteilung der Erfolgsaussichten der Klage kommt es danach ersichtlich nicht an. Wollte man der Auffassung der Klägerin folgen, wären die Erfolgsaussichten der Klage aber auch in dieser Entscheidung zu prüfen gewesen. Denn eine in früheren Wirtschaftsjahren gebildete Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist aufzulösen, sobald nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag die Voraussetzungen für ihre Bildung und demgemäß auch Beibehaltung nicht mehr bestehen (BFH-Urteil vom 27.11.1997 IV R 95/96, BFHE 185, 160, BStBl II 1998, 375; Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 31. Auflage, § 5 Rz. 423).

Nach Auffassung von Teilen der Literatur besteht für anhängige Prozesse € unabhängig von Erfolgsbeurteilungen € generell eine Bilanzansatzpflicht (so Hoffmann in Littmann/Bitz/Pust, EStG, §§ 4, 5 Rz. 873; Hoffmann, DStR 2002, 715; Frotscher, EStG, § 5 €Prozessrisiken und Prozesskosten€; ähnlich Osterloh-Konrad, DStR, 2003, 1631, 1675; Sielaff, DStR 2008, 369; Stengel, BB 1993, 1403).

Auch der erkennende Senat geht davon aus, dass im Fall eines im Klagewege gegen den Kaufmann geltend gemachten Anspruchs eine Rückstellung (grundsätzlich ohne Prüfung der Erfolgsaussichten der Klage) zu bilden ist. Da der Ausgang eines Rechtsstreits regelmäßig unsicher ist, muss infolge der Klageerhebung für das Bestehen einer Verbindlichkeit (ebenso wie für die Inanspruchnahme) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit bejaht werden (vgl. auch BFH-Urteil vom 8.11.2000 I R 10/98, BFHE 193, 406, BStBl II 2001, 349). Aufgrund des Vorsichtsprinzips muss der Kaufmann grundsätzlich damit rechnen, dass ein für ihn ungünstiges Urteil ergeht, er also den Prozess verliert (vgl. auch BFH-Urteil vom 26.4.1989 I R 147/84, BFHE 157, 121, BStBl II 1991, 213; Hoffmann in Littmann/Bitz/Pust, EStG, §§ 4, 5 Rz. 873; Hoffmann, DStR 2002, 715; Frotscher, EStG, § 5 €Prozessrisiken und Prozesskosten€; Osterloh-Konrad, DStR, 2003, 1631, 1680).

Lediglich für Klagen, die dem Grund und/oder der Höhe nach offensichtlich willkürlich oder erkennbar nur zum Schein gegen den Steuerpflichtigen angestrengt worden sind, mag der erkennende Senat eine Ausnahme von der Bilanzansatzpflicht einer entsprechenden Rückstellung zu sehen (so auch Frotscher, EStG, § 5 €Prozessrisiken und Prozesskosten€; Stengel, BB 1993, 1403, 1407). Denn diese Klagen begründen letztlich keine wirtschaftliche Last für den Kaufmann (vgl. dazu Buciek in Blümich, EStG, § 5 Rz. 791a; BFH-Urteil vom 17.12.1998 IV R 21/97, BFHE 187, 552, BStBl II 2000, 116).

Dass im Streitfall die Klage vom der D AG bzw. Herrn X willkürlich oder nur zum Schein gegen die Rechtsvorgängerin der Klägerin angestrengt worden ist, wird weder von der Klägerin behauptet noch in dem von ihr eingeholten Rechtsgutachten vom 09. Februar 2004 vertreten. Vielmehr setzt sich das Gutachten eingehend mit der Klagebegründung der D AG auseinander und kommt zu dem Ergebnis, dass sich für sämtliche von der Klägerin vorgebrachten Ansprüche (lediglich) keine überwiegende Wahrscheinlichkeit ihres Vorliegens feststellen lassen könne.

c) Das beklagte Finanzamt geht auch zu Recht davon aus, dass die Rückstellung im Streitjahr 2004 gewinnerhöhend zu berücksichtigen ist.

Entschließt sich der Steuerpflichtige von einer Gewinnermittlungsart zu einer anderen Gewinnermittlungsart überzugehen, ist € wie bereits oben ausgeführt € im Wege der Gewinnkorrektur sicherzustellen, dass betriebliche Vorgänge wie Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben erfasst werden, die ohne diese Korrekturen wegen der unterschiedlichen Systematik des Bestandsvergleichs einerseits und der Einnahmenüberschussrechnung andererseits nicht oder aber doppelt erfasst würden (BFH-Urteil vom 22.11.2011 VIII R 5/08, Juris, m.w.N.). Aus diesem Grunde können nach dem Übergang zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG solche Beträge nicht mehr als Betriebsausgaben abgezogen werden, die sich bereits zuvor bei der Gewinnermittlung nach § 5 EStG durch den Ansatz einer entsprechenden Verbindlichkeit oder € wie im Streitfall € Rückstellung erfolgsmindernd ausgewirkt haben (BFH-Urteil vom 4.8.1977 IV R 119/73, BFHE 123, 154, BStBl II 1977, 866).

Zu korrigieren ist der Gewinn im Übergangsjahr (vgl. vom 23.07.1970 IV 270/65, BFHE 99, 540, BStBl II 1970, 745). Im Streitjahr ist die Klägerin (nach Aufstellung der Eröffnungsbilanz auf den 01. Januar 2004) vom Bestandsvergleich zur Einnahmen-Überschuss-Rechnung übergegangen. Die Rückstellung hat sich bereits in der Vergangenheit, und zwar in 2003, gewinnmindernd ausgewirkt und ist dementsprechend im Rahmen der Ermittlung des Übergangsgewinns gewinnerhöhend hinzuzurechnen (vgl. BFH-Urteil vom 4.8.1977 IV R 119/73, BFHE 123, 154, BStBl II 1977, 866; Buciek in Blümich, EStG, § 4 Rz. 246; Lambrecht in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 4 Rz. D 253; Nacke in Littmann/Bitz/Pust, EStG, §§ 4,5 Rz. 2274).

2.) Das beklagte Finanzamt hat die Rückstellung zutreffend in Höhe eines Betrages von 467.065,00 € angesetzt.

Rückstellungen sind handelsrechtlich in Höhe des Betrags anzusetzen, der nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendig ist (§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB). § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG enthält (beispielhaft) Konkretisierungen.

Die Verpflichtung, die der im Fall eines Rechtsstreits zu bildenden Rückstellung zugrunde liegt, ist in der Regel sowohl dem Grund als auch der Höhe nach ungewiss. Die Rückstellung ist daher grundsätzlich mit dem eingeklagten Betrag zu bewerten (Frotscher, EStG, § 5 €Prozessrisiken und Prozesskosten€; Osterloh-Konrad, DStR, 2003, 1631, 1678; Stengel, BB 1993, 1403, 1408).

Vernünftiger kaufmännischer Beurteilung entspricht es, den rückstellungsbegründenden Sachverhalt nicht nur in seinen negativen Aspekten zu erfassen, sondern auch die positiven Merkmale zu berücksichtigen, die die Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme mindern oder günstigstenfalls aufheben, weil der Kaufmann insoweit wirtschaftlich und rechtlich nicht belastet ist (BFH-Urteil vom 17.2.1993 X R 60/89, BFHE 170, 397, BStBl II 1993, 437).

Die Klägerin geht daher zutreffend davon aus, dass auch die Risikominderung infolge einer Regressforderung gegenüber einem Dritten zu berücksichtigen ist (vgl. BFH-Urteil vom 17.2.1993 X R 60/89, BFHE 170, 397, BStBl II 1993, 437).

Nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 17.02.1993 X R 60/89, BFHE 170, 397, BStBl II 1993, 437) sind wirtschaftlich noch nicht entstandene Rückgriffsansprüche dann zur Kompensation heranzuziehen, wenn- sie derart in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der drohenden Inanspruchnahme stehen, dass sie dieser wenigstens teilweise spiegelbildlich entsprechen,- sie in rechtlich verbindlicher Weise der Entstehung oder Erfüllung der Verbindlichkeit zwangsläufig nachfolgen; die rechtliche Verbindlichkeit kann sich aus einer vorweg abgeschlossenen Vereinbarung (z.B. einem Versicherungsvertrag) oder aus gesetzlichen Haftungstatbeständen (z.B. einer unerlaubten Handlung) ergeben und- sie vollwertig sind, d.h. vom Rückgriffsschuldner nicht bestritten werden; dieser muss von zweifelsfreier Bonität sein.Im Streitfall folgt der Rückgriffsanspruch gegen Herrn X nicht in rechtlich verbindlicher Weise der Entstehung oder Erfüllung der Verbindlichkeit zwangsläufig nach. Selbst die Klägerin trägt lediglich vor, dass ihr Prozessvertreter, Herr Rechtsanwalt ..., €durchaus€ Erfolgsaussichten für eine (noch zu erhebende) Schadensersatzklage gesehen habe. Zwangsläufig war der Schadensersatzanspruch gegen Herrn X jedenfalls nicht gegeben (vgl. auch unten). Im Übrigen fehlt es auch an der letzten der oben genannten Voraussetzungen. Die Rückgriffsansprüche sind vom Rückgriffsschuldner X nicht anerkannt worden. Zudem ist zur Bonität von Herrn X substantiiert nichts vorgetragen worden.

Etwas anderes ergibt sich im Streitfall auch nicht aus § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchstabe c EStG, wonach künftige Vorteile, die mit der Erfüllung der Verpflichtung voraussichtlich verbunden sein werden, soweit sie nicht als Forderung zu aktivieren sind, bei ihrer Bewertung wertmindernd zu berücksichtigen sind.

Nach einer in Literatur und Rechtsprechung vertretenen Auffassung muss für den Vorteilseintritt im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 3 a Buchstabe c EStG eine gewisse Mindestwahrscheinlichkeit bestehen, d. h. es müssen mehr Gründe für als gegen den Vorteilseintritt sprechen (Kiesel/Lahme in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 6 Rz. 1178; FG München, Urteil vom 27.3.2012, 6 K 3897/09, EFG 2012, 1533). Nach anderer Auffassung erfordert die Regelung eine begründete Aussicht auf den Vorteil, die bloße Möglichkeit eines Vorteils genügt nicht (Kulosa in Schmidt, EStG, 29. Aufl. 2010, § 6 Rn. 476; FG Düsseldorf, Urteil vom 13.12.2010 3 K 3356/08 F, EFG 2011, 884; Ehmcke in Blümich, EStG, § 6 Rz. 977b).

Nach beiden Auffassungen ist im Streitfall ein wertmindernder Vorteil i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchstabe c EStG zu verneinen.

Nach dem Vortrag der Klägerin blieb völlig offen, auf welche Anspruchsgrundlagen sie ihren Schadensersatzanspruch gegen Herrn X hätte stützen wollen. Zudem ist der Sachverhalt, der zu einem Schadensersatzanspruch führen soll, zwischen den Beteiligten des landgerichtlichen Rechtsstreits streitig geblieben. Darüber hinaus käme es für den behaupteten Schadensersatzanspruch auf ein relevantes Verschulden des Herrn X an. Im Übrigen ist zweifelhaft, ob Rechtsfolge des Schadensersatzanspruchs nicht lediglich Ersatz des negativen Interesses und nicht (wie die Klägerin offensichtlich meint) des Erfüllungsinteresses gewesen wäre (vgl. Grüneberg in Palandt, BGB, 71. Auflage, Vor § 249 Rz. 17 m.w.N.). Schließlich wäre ein Schadensersatzanspruch gegen Herrn X erst dann werthaltig gewesen, wenn er erfolgreich eingeklagt und vollstreckt worden wäre. Ob aber eine Klage erfolgreich gewesen wäre, ist nach alledem mehr als offen. Gleichermaßen erscheint mehr als zweifelhaft, ob der Anspruch bei dem in der Schweiz ansässigen Herrn X tatsächlich erfolgreich zu vollstrecken gewesen wäre. Angesichts dieser vagen Erfolgsaussichten geht der Senat weder von einer hinreichenden Mindestwahrscheinlichkeit des Schadensersatzanspruchs noch einer entsprechend begründeten Aussicht auf den Vorteil aus, sondern € allenfalls € von einer bloßen Möglichkeit.

3.) Entgegen der Auffassung der Klägerin stellt die gewinnerhöhende Hinzurechnung der streitbefangenen Rückstellung auch keine verfassungswidrige Übermaßbesteuerung dar.

Zwar folgt aus Art. 14 GG (Eigentumsgarantie) das Verbot übermäßiger Besteuerung. Allerdings lässt sich daraus € außer dem Verbot erdrosselnder, d. h. die Einkunftsquelle vernichtender Besteuerung € keine allgemeine verfassungsrechtliche Obergrenze ableiten, sondern nur die Begrenzung von Bemessungsgrundlage und Steuersatz durch das Verhältnismäßigkeitsprinzip (BVerfG-Beschluss vom 18.1.2006 2 BvR 2194/99, BVerfGE 115, 97, DStZ 2006, 269).

Eine erdrosselnde, die Einkunftsquelle vernichtende Besteuerung liegt ersichtlich nicht vor.

Dass die Klägerin (bzw. deren Gesellschafter) de facto die bei der Rechtsvorgängerin gebildete Rückstellung im Streitfall steuerlich selbst nicht nutzen kann (bzw. können), widerspricht nicht den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur Gewinnkorrektur bei Wechsel der Gewinnermittlungsart, sondern liegt allein an der gesetzlichen Regelung des § 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG (in der im Streitjahr maßgeblichen Fassung), wonach ein verbleibender Verlustvortrag im Sinne der §§ 2a, 10d, 15 Abs. 4 oder § 15a EStG nicht auf den neuen Rechtsträger übergeht.

Diese Regelung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere ist sie schon deswegen nicht unverhältnismäßig, weil sie für den Steuerpflichtigen nicht unvermeidbar ist. Die übertragende Körperschaft kann sich dafür entscheiden, ihr Vermögen in ihrer Schlussbilanz nicht mit dem Buchwert, sondern mit einem höheren Wert anzusetzen (Zwischenwert oder gemeiner Wert) und einen dadurch entstehenden Übertragungsgewinn durch Verrechnung mit einem steuerlichen Verlustvortrag nach § 10d EStG steuerfrei stellen (vgl. Bohnhardt in Haritz/Menner, UmStG, 3. Auflage, § 4 Rz. 40 und Rz. 203; Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 4 UmwStG, Rz. 1060 ff.).

Wollte man der Klägerin in ihrer Rechtsauffassung folgen, dürften konsequenterweise auch die übrigen von der Rechtsvorgängerin der Klägerin gebildeten Rückstellungen (€Rückstellung Urlaub€ i.H.v. 50.300 €, €Rückstellung Schwerbehindertenabgabe€ i.H.v. 4.000 €, €Rückstellung Berufsgenossenschaft€ i.H.v. 17.000 €, €Rückstellung Tantieme€ i.H.v. 116.360 €, €Rückstellung Abschlusskosten€ i.H.v. 2.500 €, €Aufwandsrückstellungen § 249 II HGB€ i.H.v. 5.000 €) nicht im Rahmen der Ermittlung des Übergangsverlusts/Übergangsgewinns wegen Wechsels der Gewinnermittlungsart gewinnerhöhend bei der Klägerin berücksichtigt werden. Denn auch diese Rückstellungen sind in dem mit Bescheid vom 19. November 2004 bzw. 23. April 2009 gesondert festgestellten verbleibenden Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 2003 enthalten und können (infolge von § 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG) steuerlich von der Klägerin nicht genutzt werden. Entsprechendes müsste dann auch für die sonstigen Verbindlichkeiten, die den Verlust der Rechtsvorgängerin der Klägerin begründet bzw. erhöht haben (Verbindlichkeiten Lohn & Gehalt, Verbindlichkeiten DV, Pensionskasse etc.) gelten. Diese Auffassung wird aber in dieser Konsequenz selbst von der Klägerin nicht vertreten, sondern sie hat die oben genannten Rückstellungen und weiteren Verbindlichkeiten bei der Ermittlung des Übergangsverlusts/Übergangsgewinns wegen Wechsels der Gewinnermittlungsart richtigerweise bereits gewinnerhöhend berücksichtigt.

Entgegen der Auffassung der Klägerin wird auch die steuerliche Identität des Totalgewinns gewahrt, denn die streitbefangene Rückstellung hat sich bereits erfolgsmindernd bei der übertragenden Körperschaft ausgewirkt. Wollte man mit der Klägerin die streitbefangene Rückstellung bei der Ermittlung des Übergangsverlusts/Übergangsgewinns wegen Wechsels der Gewinnermittlungsart deswegen unberücksichtigt lassen, weil die Klägerin eine Erhöhung des Verlustvortrags der Aktiengesellschaft steuerlich selbst nicht nutzen kann, so würde dies im Ergebnis zu einer Umgehung des § 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG führen. Denn die streitbefangene Rückstellung hat sich bereits erfolgsmindernd (im Streitfall verlusterhöhend) bei der übertragenden Körperschaft ausgewirkt, und § 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG verbietet gerade den Verlustübergang auf den übernehmenden Rechtsträger.

4.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache war die Revision zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).






Schleswig-Holsteinisches FG:
Urteil v. 25.09.2012
Az: 3 K 77/11


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/d81348c1b73f/Schleswig-Holsteinisches-FG_Urteil_vom_25-September-2012_Az_3-K-77-11




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