Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 5. Mai 1995
Aktenzeichen: 6 U 244/89

(OLG Köln: Urteil v. 05.05.1995, Az.: 6 U 244/89)

Tenor

1.) Die Berufung der Klägerin gegen das am 7. November 1989 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - 31 O 318/89 - wird zurückgewiesen.2.) Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages von 17.000 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet. Die Parteien können die Sicherheit auch durch Stellen einer selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse leisten.4.) Die Beschwer der Klägerin wird auf 150.000 DM festgesetzt.

Gründe

Die Klägerin ist ein Unternehmen mit Sitz in der Schweiz, das

Präzisionssteckverbindungen für Elektrogeräte herstellt und

vertreibt. Neben Steckverbindungen, die speziell in Audio-, Video-

und Stereoanlagen Verwendung finden, gehören u.a. auch

Maschinen-Steckverbindungen, und zwar auch für den Groß- und

Schwermaschinenbau, und Hochspannungssteckverbindungen zu ihrem

Programm.

Zur Kennzeichnung ihrer gesamten Produktpalette verwendet die

Klägerin die mit Priorität zum 30.3.1962 eingetragene IR-Marke R

254065 A "L.". In Deutschland genießt die internationale

Registrierung Schutz für die Waren "Elektri- sche

Kontaktgeräte".

Im Jahre 1969 gründete die Klägerin eine deutsche

Vertriebsgesellschaft, die Fa. L.SA Elektronik GmbH, die den

Vertrieb in Deutschland durchführt.

Die Beklagte ist ein Unternehmen im Bereich des Maschinenbaus

mit Sitz in Niederkassel-Mondorf. Sie firmierte früher zunächst als

"M. Le. & Sohn Gesellschaft mit beschränkter Haftung" und seit

1982 als "L. M.Le. & Sohn GmbH". Unter der letztgenannten

Bezeichung ist sie im vorliegenden Verfahren auch zunächst in

Anspruch genommen worden. Im Verlauf des Rechtsstreits wurde die

Beklagte von der "Jagenberg-Gruppe" übernommen, seitdem firmiert

sie wie im obigen Rubrum angegeben. Die Beklagte befaßt sich u.a.

mit der Herstellung und dem Vertrieb von Folienschweißmaschinen und

von Flexodruckmaschinen. Abnehmer dieser Maschinen sind

Unternehmen, die ihrerseits aus thermoplastischem Kunststoff Folien

und Plastikbeutel herstellen, bedrucken und vertreiben. Die

Beklagte verfügt u.a. über das eingetragene Warenzeichen 908556

"L." (Wort-Bild-Zeichen) mit Priorität zum 27.3.1969, das sie

zugleich als Firmenzeichen benutzt.

Zwischen den Parteien begannen zeichenrechtliche

Auseinandersetzungen, als die Beklagte im Jahre 1988 u.a. für die

Waren "elektronische Steuer-Regelgeräte" die Zeichen "L.", "L."

(Kombinationszeichen), "L.tronic" und "L.- flex" zur Eintragung in

die Warenzeichenrolle anmeldete. Es kam zur Klage im vorliegenden

Verfahren, nach deren Zustellung die Beklagte die mit dem früheren

Klageantrag zu 2) angegriffene Warenangabe "elektronische

Steuergeräte" in der Anmeldung ersatzlos gestrichen hat.

Diesbezüglich haben die Parteien daraufhin den Rechtsstreit

übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Die Klägerin sieht in dem firmenmäßigen Gebrauch der Bezeichnung

"L." durch die Beklagte eine Verletzung ihres Namens- und

Firmenrechtes.

Sie hat die Auffassung vertreten, die Gebiete, auf denen die

Parteien geschäftlich tätig seien, lägen so nahe beieinander, daß

durch die Benutzung der Bezeichnung "L." durch die Beklagte eine im

Sinne der §§ 12 BGB, 16 UWG und der einschlägigen

warenzeichenrechtlichen Bestimmungen relevante Verletzungsgefahr

bestehe. Hierzu hat sie behauptet, seit Anfang der 60-iger Jahre

trete sie unter dem Firmennamen "L." in Deutschland im

Geschäftsverkehr auf.

Die Klägerin hat - neben dem Kostenantrag hinsichtlich des

übereinstimmend für erledigt erklärten früheren Klageantrages zu 2)

- b e a n t r a g t,

die Beklagte zu verurteilen,

es bei Vermeidung eines vom Gericht für

jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis

zu 500.000,00 DM oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu

unterlassen,

im Geschäftsverkehr die Bezeichnung

"L." zu benutzen.

Die Beklagte hat b e a n t r a g t,

die Klage abzuweisen und der Klägerin

auch insoweit die Kosten aufzuerlegen, als der Rechtsstreit

übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist.

Sie hat die Auffassung vertreten, die geltendgemachten Ansprüche

bestünden nicht, weil zwischen den von den Parteien in den Verkehr

gebrachten Waren eine völlige Branchenverschiedenheit bestehe. Die

Behauptung der Klägerin über die Benutzung ihrer Firma in

Deutschland hat sie darüber hinaus bestritten.

Das L a n d g e r i c h t hat hinsichtlich des in der Hauptsache

für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreites die Kosten der

Beklagten auferlegt und im übrigen die Klage mit der Begründung

abgewiesen, die Tätigkeitsgebiete der Parteien seien im Hinblick

auf die von ihnen vertriebenen Produkte und deren Absatzbereiche zu

verschiedenartig, als daß eine Verwechslungsgefahr angenommen

werden könnte. Zudem habe die Klägerin nicht hinreichend dargelegt,

die prioritätsälteren Rechte zu haben.

Zur Begründung ihrer gegen dieses Urteil gerichteten

B e r u f u n g wiederholt und vertieft die Klägerin ihr

erstinstanzliches Vorbringen. Insbesondere trägt sie im einzelnen

unter Beweisantritt zu ihrer Behauptung vor, sie benutze -

inzwischen jahrzehntelang - auch in Deutschland firmenmäßig die

Bezeichnung "L.".

Die Klägerin behauptet im übrigen, Steckverbindungen der von ihr

produzierten Art befänden sich auch in den Steuerungselementen der

von der Beklagten vertriebenen Maschinen und diese

Steuerungselemente vertreibe die Beklagte, wie sich aus ihren

Prospekten ergebe und aus ihrer ursprünglichen Anmeldung der

Warenzeichen auch für "elektronische Steuergeräte" deutlich werde,

auch einzeln.

Hieraus ergebe sich - so meint die Klägerin - eine hinreichende

Branchennähe für den von ihr geltendgemachten

Unterlassungsanspruch, den sie im Berufungsverfahren allein auf §

16 UWG bzw. inzwischen §§ 5, 15 MarkenG stützt.

Dabei sei zu berücksichtigen, daß die Identität der

Bezeichnungen, die Kennzeichnungskraft der reinen

Phantasiebezeichnung "L." und die von ihr behauptete herausragende

Bekanntheit und Wertschätzung ihres Unternehmens den

Unterlassungsanspruch sogar dann begründen würde, wenn von einer

Branchenferne zwischen den von den Parteien vertriebenen Waren

auszugehen wäre. Tatsächlich bestehe aber sogar eine große und enge

Branchennähe. So sei sie jederzeit in der Lage, die von der

Beklagten für die Steuerungselemente ihrer Produkte benötigten

Steckverbindungen zu liefern, wie sie dies hinsichtlich bestimmter

Verbindungen im übrigen - was unstreitig ist - in der Vergangenheit

auch bereits getan habe. Außerdem biete die Beklagte ihre Maschinen

auch im Baukastensystem an und liefere - was u.a. aus ihren

Werbemitteln hervorgehe - auf Wunsch auch Zusatzausrüstungen mit

bestimmten Steuersystemen, die Steckverbindungen enthielten. Sogar

in der Ersatzteilliste der Beklagten seien Steckverbindungen unter

ihren Gattungsbezeichnungen aufgeführt. Die Verwechslungsfähigkeit

entfalle auch nicht deswegen, weil die Kunden der Beklagten von

dieser fertig bestückte Maschinen kauften und sich nicht für die

Frage interessierten, von wem die Steckverbindungen stammen. Sowohl

bei dem Erwerb, der Abnahme und der Inbetriebnahme einer Anlage als

auch bei dem Eintritt von Störungen werde und müsse der Kunde in

die Anlage hineinsehen und werde er mithin die Details der

einzelnen Bestandteile erkennen. Schließlich komme hinzu, daß die

Parteien - die Beklagte seit ihrer Óbernahme durch die

"Jagenburg-Gruppe" - marktführende Unternehmen seien. Bei solchen

komme es indes häufig vor, daß sie sich auch auf anderen

benachbarten Gebieten betätigten oder dort "Spezialwerke"

unterhielten. Auch das sei den beteiligten Verkehrskreisen bekannt

und trage zur Verwechslungsgefahr bei.

Die Klägerin b e a n t r a g t,

unter Abänderung der landgerichtlichen

Entscheidung die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines

vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden

Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM oder Ordnungshaft bis zu 6

Monaten zu unterlassen,

im Geschäftsverkehr das

Firmenschlagwort "L." firmenmäßig entweder in Alleinstellung oder

grafisch gegenüber den übrigen Bestandteilen des Firmennamens

hervorgehoben, beispielsweise durch Verwendung einer anderen

Schriftart oder Schriftgröße oder durch ausschließliche Verwendung

von Großbuchstaben, insbesondere wie nachfolgend dargestellt zu

benutzen: Die Beklagte b e a n t r a g t,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie wiederholt und vertieft ebenfalls ihr erstinstanzliches

Vorbringen. Insbesondere bestreitet die Beklagte weiterhin, daß die

Klägerin in der Vergangenheit in Deutschland das Zeichen "L."

firmenmäßig benutzt habe. Im übrigen vertritt sie auch im

Berufungsverfahren die Auffassung, eine Verwechslungsgefahr liege

nicht vor, weil die von den Parteien vertriebenen Waren

branchenverschieden seien.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen H., S.,

Sch., V., D., Th., T. und Dr. B. sowie durch Einholung eines

Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses dieser

Beweisaufnahme wird auf die Niederschriften der Sitzungen des

Senats vom 25. Januar und 5. April 1991, vom 29. Juli 1994 und vom

20. Januar 1995 sowie auf das als Bl. 466 ff bei den Akten

befindliche schriftliche Gutachten von Herrn Prof. Dr. A.

verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die

gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die nebst allen Anlagen

sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d

Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache keinen

Erfolg.

Nach dem Inkrafttreten der für den vorliegenden Rechtsstreit

einschlägigen Bestimmungen des Markengesetzes zum 1. Januar 1995

auf Grund von Art. 50 Abs.3 des Markenrechtsreformgesetzes kann der

geltendgemachte Unterlassungsanspruch nur unter den Voraussetzungen

der §§ 5 Abs.1 und 2, 15 Abs. 2 und 4 MarkenG bestehen.

Daneben ist gemäß § 153 Abs.1 MarkenG erforderlich, daß auch die

Voraussetzungen des bis zum Inkrafttreten des Markengesetzes am 1.

Januar 1995 bestehenden Rechts, also des § 16 Abs.1 UWG, erfüllt

sind, weil die Beklagte die geschäftliche Bezeichnung "L." schon

früher benutzt hat und seitdem durchgängig weiterbenutzt.

Die Klage ist unbegründet und die Berufung der Klägerin daher

zurückzuweisen, weil der geltendgemachte Unterlassungsanspruch

nicht auf § 16 Abs.1 UWG gestützt werden kann. Im übrigen dürften

aus denselben Gründen auch die Voraussetzungen der §§ 5 Abs.1 und

2, 15 Abs.2 und 4 MarkenG nicht vorliegen, weil - jedenfalls

ausweislich der Begründung der Gesetzesnovelle (BT Drucksdache

12/6581 S.76) - insoweit inhaltlich keine Ànderung der Rechtslage

eingetreten ist. Diese Frage kann jedoch mit Rücksicht auf die

erwähnte Bestimmung des § 153 Abs.1 MarkenG offenbleiben.

Nach § 16 Abs.1 UWG besteht der Unterlassungsanspruch nicht,

weil nicht alle hierfür erforderlichen Voraussetzungen erfüllt

sind.

Allerdings hat die umfangreiche Beweisaufnahme des Senats

ergeben, daß die Klägerin entsprechend ihrer Behauptung das Zeichen

"L." in einem für den geltendgemachten Anspruch ausreichenden

Umfange bereits zu einer Zeit in Deutschland firmenmäßig benutzt

hat, in der die Beklagte noch nicht mit dem Zeichen "L." firmierte.

Der Anspruch wäre daher aus § 16 Abs.1 UWG gegeben, wenn die

hierfür weiter erforderliche Verwechslungsgefahr bestünde. Dies

kann indes aus den nachfolgend darzustellenden Gründen nicht

angenommen werden. Der Senat sieht daher davon ab, im Einzelnen

darzulegen, worauf seine Óberzeugung von der ausreichenden

firmenmäßigen Benutzung des Zeichens "L." beruht, zumal auch die

Beklagte diese Voraussetzung des Unterlassungsanspruches nach

Durchführung der Beweisaufnahme nicht mehr in Zweifel zieht.

Trotz der Identität der von den Parteien verwendeten

Firmenbezeichnungen besteht die im § 16 UWG - wie auch nach neuem

Recht - vorausgesetzte Verwechslungsgefahr nicht, weil es an der

dafür erforderlichen Branchennnähe der von den Parteien

vertriebenen Waren fehlt.

Für das Vorliegen der Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne -

wie sie im vorliegenden Fall allein in Betracht kommt - kommt es

darauf an, ob der Verkehr im Hinblick auf die Óbereinstimmung oder

Àhnlichkeit der beiderseitigen Kennzeichnungen, aus der Nähe bzw.

der Verschiedenheit der beiderseitigen Waren und Branchen und aus

dem Grad der Unterscheidungskraft der Kennzeichnungen -

irrigerweise - auf geschäftliche Zusammenhänge irgendwelcher Art

zwischen den Parteien schließt (vgl. BGH GRUR 90,1042,1044 -

"Dataco- lor").

Dies kann indes nicht angenommen werden.

Allerdings besteht - jedenfalls was die Verwendung des Zeichens

"L." durch die Beklagte in Alleinstellung angeht - nicht nur eine

Àhnlichkeit, sondern sogar Identität zwischen den von den Parteien

verwendeten Geschäftsbezeichnungen.

Es ist auch mit der Klägerin von einer durch die Bekanntheit

ihrer Produkte in den in Betracht kommenden Verkehrskreisen

gesteigerten Kennzeichnungskraft der Bezeichnung "L." für ihr

Unternehmen auszugehen. Der von Natur aus eigenartigen

Phantasiebezeichnung "L." kommt als aussprechbare

Buchstabenkombination ohne erkennbaren Sinn- bzw. Bedeutungsgehalt

zunächst von Hause aus schon eine durchschnittliche

Kennzeichnungskraft zu. Diese ist durch die von der Klägerin

insbesondere mit Schriftsätzen vom 7. Juli und 21. September 1993

im einzelnen dargelegte langjährige Bekanntheit und Wertschätzung

ihrer Produkte bei einer großen Zahl von Kunden, die teilweise

ihrerseits mit dem Hinweis auf die Verwendung von Steckverbindungen

der Klägerin für ihre Produkte werben, als gesteigert

anzusehen.

Gleichwohl reichen die geringfügigen Berührungspunkte, die die

von den Parteien vertriebenen Produkte miteinander haben mögen,

nicht aus, um von einer auch nur gewissen Branchennähe auszugehen,

die unter den gegebenen Umständen für die Bejahung der

Verwechslungsgefahr Voraussetzung wäre.

In Anwendung des in der Rechtssprechung - auch des Senats -

gefestigten Grundsatzes, wonach zwischen den drei soeben

aufgeführten Kriterien - Namensähnlichkeit, Kennzeichnungskraft des

Klagezeichens und Branchennähe - eine die Berücksichtigung aller

insoweit maßgebender Umstände erfordernde Wechselwirkung besteht

(BGH a.a.O.), reicht es allerdings bei Namensgleichheit und

gesteigerter Kennzeichnungskraft der klägerischen

Geschäftsbezeichnung, wie sie im Streitfalle vorliegen, für die

geforderte Branchennnähe aus, wenn die von den Parteien

vertriebenen Waren wirtschaftlich entfernter voneinander stehen

(BGH GRUR 59,484,485 - "Condux"; GRUR 66,267,269 - "White

Horse").

Im vorliegenden Fall ist indes auch der verbleibende geringe

Grad an Branchennähe, der in dieser Konstellation der maßgeblichen

Kriterien zu fordern ist, nicht erreicht.

Ausgangspunkt der insoweit maßgeblichen Erwägungen ist, welche

Arbeitsgebiete und/oder Waren nach der Verkehrsauffassung typisch

für die die Kennzeichnungen führenden Unternehmen sind (BGH GRUR

90, 1042,1044 f - "Datacolor").

Typisch für diejenigen der von der Klägerin vertriebenen

Steckverbindungen, die für eine Branchennähe zu den Produkten der

Beklagten überhaupt in Betracht kommen, ist ihre Verwendung in

elektronischen Bauteilen als einer von deren Bestandteilen. Soweit

die Klägerin in ihrer Produktpalette auch andere Steckverbindungen

anbietet, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, wo eine

Berührung zu den von der Beklagten vertriebenen Maschinen liegen

sollte.

Typisch für die Produkte der Beklagten sind indes schon nicht

die von ihr verwendeten elektronischen Bauteile. Diese sind zwar

auch - wie die hierzu befragten Zeugen übereinstimmend bestätigt

haben, bzw. sich aus dem Gesamtzusammenhang ihrer Bekundungen

ergibt - in den von der Beklagten produzierten Maschinen enthalten,

können aber nicht als für diese typisch bezeichnet werden.

Bei den Produkten der Beklagten handelt es sich im wesentlichen

um Maschinen, die für die Herstellung und das Bedrucken von

Plastiktüten ("Einkaufstüten") verwendet werden. Sowohl die

Folienschweißmaschinen als auch die Flexodruckmaschinen stellen

nach den anschaulichen Bekundungen der Zeugen V., D., Th., T. und

Dr. B. großdimensionierte Maschinen dar, die mehrere Arbeitsabläufe

miteinander verbinden und je nach Ausstattung im einzelnen in der

Lage sind, aus breiten Folienrollen in kurzer Zeit eine hohe Zahl

fertiger Tüten zu produzieren oder derartige bereits fertige Tüten

zu bedrucken. Damit sind diese industriellen Arbeitsabläufe bzw.

die Fähigkeit der Maschinen, diese Arbeitsabläufe durchzuführen,

und nicht die Verwendung von elektronischen Bauteilen für die

Produkte der Beklagten typisch.

Abgesehen davon, daß die gerade beschriebenen speziellen

Funktionen der Maschinen deren Besonderheit ausmachen und daher als

für diese typisch zu bezeichnen sind, scheidet die Verwendung von

elektronischen Bauteilen durch die Beklagte als typisches Merkmal

für deren Produkte auch deswegen aus, weil nach dem derzeitigen

Stand der Technik zumindest der ganz überwiegende Teil der zur

industriellen Fertigung irgendwelcher Produkte bestimmten Maschinen

heute elektronische Bauteile und damit Steckverbindungen enthält.

Das gilt auch für andere, nicht unmittelbar der Produktion dienende

in der Industrie eingesetzte Maschinen. Ein Element, das - wie eben

elektronische Bauteile - heute in nahezu allen in der Industrie

verwendeten Maschinen Verwendung findet, kann indes nicht als für

eine spezielle derartige Maschine und damit auch nicht als für die

von der Beklagten vertriebenen Folienschweißmaschinen und

Flexodruckmaschinen typisch bezeichnet werden.

Aus den vorstehenden Günden kann die erforderliche - zumindest

gewisse - Branchennähe auch nicht daraus abgeleitet werden, daß,

wie sich dem Gutachten von Herrn Professor Dr. Achenbach entnehmen

läßt, die von der Beklagten verwendeten elektronischen

Steuerungsanlagen Steckverbindungen enthalten und diese damit

letztlich - wenn auch sehr kleine - Bestandteile der von der

Beklagten produzierten Maschinen darstellen. Denn allein der

Umstand, daß zumindest ähnliche Steckverbindungen wie solche, die

die Klägerion produziert, auch Bestandteile der Produkte der

Beklagten sind bzw. sein können, begründet nicht eine irgendwie

geartete Branchennähe, weil eben elektronische Steuerungen und

damit auch dazugehörige Steckverbindungen heute in zumindest nahezu

allen modernen industriellen Großgeräten enthalten sind.

Das Merkmal der Branchennähe dient im Rahmen des § 16 UWG dazu,

solche Namensähnlichkeiten und -überschneidungen aus dem

Verbotsbereich herauszuhalten, bei denen keine Verwechslungsgefahr

besteht, weil die betreffenden Unternehmen eben unterschiedliche

Waren produzieren oder vertreiben. Dieser Sinn des Merkmals der

Branchennähe würde ersichtlich unterlaufen, wenn man allein schon

die Verwendung kleinster Bauteile zu ihrer Begründung ausreichen

lassen wollte, von Bauteilen also, die sich heute nahezu in allen -

auch voneinander völlig verschiedenen - Maschinen befinden und

damit ebenso wenig eine gedankliche Verbindung bei den betroffenen

Verkehrskreisen herbeiführen wie etwa die Tatsache, daß auch die

voneinander hinsichtlich der Branche entferntesten Maschinen z.B.

durch Schrauben zusammengefügt sind.

Dies gilt umso eher, als zu den angesprochenen Verkehrskreisen

nur Fachleute als potentielle Abnehmer von Steckverbindungen und

den von der Beklagten produzierten Maschinen gehören. Diese wissen

indes, daß heutzutage nicht etwa jeder kleine Bestandteil von

Großgeräten - insbesondere nicht jedes elektronische Bauteil - von

dessen Produzenten selbst hergestellt wird und erwarten daher

nicht, daß die Beklagte etwa die für ihre Maschinen benötigten

Steckverbindungen selbst produzieren könnte. Im Gegenteil ist in

den Fachkreisen - aber nicht nur da - gesichertes Allgemeinwissen,

daß derartige Bauteile in aller Regel gerade nicht von den

Herstellern der Maschinen selbst, sondern - wenn auch häufig nach

besonderen Wünschen und Angaben der Kunden - eben von darauf

spezialisierten Zulieferern produziert werden.

Es ist auch nicht so, daß etwa speziell die Abnehmer der von der

Beklagten vertriebenen Folienschweißmaschinen und

Flexodruckmaschinen dies anders sehen und etwa Wert darauf legen

würden, gerade mit Maschinen beliefert zu werden, die besondere

Steckverbindungen aufweisen. Es besteht für die Kunden der

Beklagten kein Anlaß, den Steckverbindungen in den elektronischen

Steuerungsanlagen der Produkte der Beklagten erhöhte Aufmerksamkeit

zu schenken, weil an diese etwa besondere, gerade nur für die von

der Beklagten vertriebenen Maschinen geltende Anforderungen zu

stellen wären. Der Kunde erwartet vielmehr bei dem Erwerb einer

Maschine der Beklagten, daß diese störungsfrei nach seinen

Bedürfnissen eingesetzt werden kann. Er geht damit - wie jeder

Kunde bei jedem industriell hergestellten Großgerät - davon aus,

daß alle Bestandteile ihre Funktion erfüllen. Zu diesen

Bestandteilen mögen zwar in der Vorstellung der Kunden auch

Steckverbindungen in den Steuerelementen gehören, dies begründet

indes nach der Vorstellung der Kunden keine irgendwie geartete

Branchennähe zwischen der Beklagten als ihrem Vertragspartner und

der Klägerin als potentieller Lieferantin der für die

Steuerungsanlagen benötigten Steckverbindungen, zumal diese

keinerlei grundsätzliche Besonderheiten im Hinblick gerade auf den

Einsatz in den Maschinen der Beklagten aufweisen.

Dementsprechend haben die Zeugen V., Th. und T. auch bekundet,

daß die Kunden der Beklagten nie ein spezielles Interesse gerade an

den Steckverbindungen gezeigt hätten. Insbesondere der als

Verkaufsgebietsleiter der Beklagten tätige Zeuge V. hat anschaulich

und überzeugend dargestellt, daß sich die Kunden vor dem Erwerb

bzw. der Bestellung einer Maschine nicht für die Steuerung, sondern

dafür interessierten, ob diese nach ihren Bedürfnissen

ordnungsgemäß die Folien transportiere, schweiße und bedrucke.

Allenfalls fragten Kunden ab und zu, woher die elektronischen

Steuerungsanlagen stammten. Diese glaubhaften Bekundungen belegen,

daß die betroffenen Abnehmer - wie bereits ausgeführt worden ist -

als Fachleute erwarten, daß die Beklagte nicht etwa auch die

Steuerung selbst produziert, sondern diese von einem hierauf

spezialisierten Zulieferer bezieht. Sie belegen indes nicht, daß

die Kunden irgendeinen Anlaß sähen, gerade den Steckverbindungen

eine besondere Aufmerksamkeit zu widmen, die über die

selbstverständliche Erwartung hinausginge, daß auch diese Kleinst-

bauteile wie alle anderen Bestandteile der Maschine ihre Funktion

erfüllen werden. Der Zeuge T. hat derartige Fragen der

(potentiellen) Kunden im übrigen einleuchtend damit erklärt, daß

Hintergrund des Interesses an dem Namen der Hersteller der

Steuerungssysteme die Frage gewesen sei, ob und gegebenenfalls

welche Programmierkenntnisse zur Benutzung der Maschine

erforderlich seien.

Es besteht und bestand auch kein Grund für die Beklagte, über

die Produktion der Maschinen hinaus auch die Herstellung der

Steckverbindungen selbst zu übernehmen. Ebenso bestand und besteht

für die betroffenen Verkehrskreise kein besonderer Grund für die

Annahme, die Beklagte könnte dies getan haben. Die theoretisch

immer bestehende, im Streitfalle allerdings von der Beklagten

gerade nicht in die Tat umgesetzte Möglichkeit, sich zusätzlich

auch auf die Anfertigung der benötigten elektronischen Bauteile,

hier insbesondere der Steckverbindungen, zu spezialisieren, reicht

entgegen der von der Klägerin in ihrem letzten Schriftsatz

vertretenen Auffassung zur Vermeidung einer zur völligen

Konturlosigkeit führenden Verwässerung dieses Begriffes nicht aus,

um die Branchennähe zu begründen. Aus dem Vortrag der Klägerin wird

auch nicht deutlich, aus welchem Grunde gerade Marktführer sich

häufig auf "benachbarten Gebieten betätigen und dort Spezialwerke

unterhalten" sollten.

An der fehlenden Branchennähe ändert auch die von der Klägerin

angesprochene Möglichkeit nichts, daß der Kunde bei eventuell

eintretenden Funktionsstörungen einer von der Beklagten bezogenen

Maschine Anlaß haben kann, sich mit der elektronischen Steuerung

und dabei eventuell sogar mit den Steckverbindungen näher zu

befassen. Im Extremfalle mag der Kunde dabei sogar auf

Steckverbindungen der Klägerin stoßen, die die Beklagte ja

unstreitig früher beliefert hat. Auch wenn ihm dabei die

Namensgleichheit auffallen sollte, würde diese Erkenntnis nicht

bedeuten, daß der betroffene Kunde nunmehr von einer

branchenmäßigen Nähe beider - für sich gesehen völlig

unterschiedlichen - Produkte ausgeht. Denn dem Kunden ist - wie

vorstehend schon mehrfach angesprochen - ohne daß dies zur

Begründung der Branchennnähe ausreichen würde, bewußt, daß zu der

Maschine auch eine Steuerung gehört, die elektrische Verbindungen

und damit im Regelfall auch Steckverbindungen aufweist. Allein

deswegen, weil er in dem beschriebenen Einzelfall auf den Namen des

Herstellers der Steckverbindungen stoßen mag, besteht für ihn kein

Anlaß, nunmehr von einer bestehenden Branchennähe auszugehen. Das

gilt auch dann, wenn sich bei dieser Gelegenheit die

Namensgleichheit herausstellen sollte. Das Kriterium der

Branchennähe als Voraussetzung für die Verwechslungsgefahr bringt

es mit sich, daß in Einzelfällen Berührungen von Unternehmen mit

ähnlicher oder sogar gleicher Geschäftsbezeichnung im

Wirtschaftsleben stattfinden und hingenommen werden müssen, weil es

eben trotz dieser Berührung an der erforderlichen Branchennähe

fehlt. Um einen derartigen Fall würde es sich in dem vorstehend

gebildeten Beispiel handeln.

Dieser Fall wird im übrigen nach der Lebenserfahrung so selten

auftreten, daß allein darauf der Unterlassungsanspruch mit seinen

weitreichenden Folgen nicht gestützt werden könnte.

Dies alles gilt auch unter Berücksichtigung der Tatsache, daß

die Beklagte ihre Maschinen im Baukastensystem anbietet. Nach den

anschaulichen und im Einklang mit den Werbeunterlagen der Beklagten

stehenden Bekundungen des Zeugen V. ermöglicht dieses

Verkaufssystem den nachträglichen Einbau weiterer Funktionen der

Maschinen. So könne eine bereits vorher voll funktionsfähige

Maschine z.B. durch den nachträglichen Einbau einer Fernsteuerung

erweitert werden, die im Einzelfall eine erhebliche

Arbeitsvereinfachung für den Kunden darstellen könne. Diese Option

bedeutet aber nicht, daß deshalb von einer größeren oder auch nur

überhaupt irgendwie gearteten Branchennähe der Beklagten zur

Klägerin gesprochen werden könnte. Die zusätzlich im Rahmen einer

späteren Funktionserweiterung der Maschine einzubauenden Teile

mögen wiederum eine Steuerung aufweisen, wenn sie nicht an die

bereits vorhandene Steuerung angeschlossen werden. Eine

Branchennähe vermag dies indes nicht zu begründen, weil sämtliche

zuvor erörterten Gesichtspunkte auch auf die Situation bei einer

derartigen Erweiterung der Anlage zutreffen. Im übrigen hat der

Zeuge V. zwar die Möglichkeit der nachträglichen Erweiterung der

Anlagen im einzelnen erläutert, zugleich aber betont, daß er sich

an keinen Fall erinneren könne, in dem nachträglich eine

Fernsteuerung gewünscht und eingebaut worden sei.

Anders wäre die Frage der Branchennähe möglicherweise dann zu

beurteilen, wenn die Beklagte nicht nur vollständige

Folienschweißmaschinen und Flexodruckmaschinen (und die sonstigen

vergleichbaren Maschinen aus ihrem Angabot) sowie nachträgliche

Erweiterungen dieser Maschinen auf den Markt brächte, sondern

darüber hinaus isoliert auch Steuerungsanlagen für derartige

Maschinen vertreiben würde, also auch darauf spezialisiert wäre,

vergleichbare Maschinen anderer Hersteller - von vorneherein oder

nachträglich - mit speziellen Steuerungen auszurüsten. In diesem

Falle wäre sie - auch - in der Branche der Hersteller von

speziellen, für Fremdmaschinen einsetzbaren elektronischen

Steuerungselementen tätig, was eine Branchennähe zu dem Unternehmen

der Klägerin bedeuten könnte.

Die Beklagte bietet aber Steueranlagen nicht isoliert von den

von ihr vertriebenen Maschinen an.

Die entsprechende Behauptung der Klägerin, auf der der

Beweisbeschluß des Senats vom 18.12.1992 beruht, hat keiner der

vernommenen Zeugen bestätigt. Die Beweisaufnahme hat vielmehr

ergeben, daß die Beklagte allenfalls in vereinzelten Fällen früher

von ihr produzierte Maschinen nachrüstet. Es hat im übrigen keiner

der Zeugen bestätigt, daß im Falle eines bestehenden Kundenwunsches

etwa eine Steuerungsanlage ausgetauscht worden wäre. Nach den

glaubhaften Bekundungen des Zeugen T. ist während der Zeit seiner

Zugehörigkeit zu der Beklagten dann die alte Anlage zurückgenommen

und anderweitig verwertet und dem Kunden eine neue Anlage geliefert

worden. Dies bestätigt im übrigen die vorerwähnte Bekundung des

Zeugen V., wonach die bestehende Option der nachträgliche Umrüstung

auf eine Fernsteuerung noch nie praktiziert worden ist.

Nach allem besteht auch kein Anlaß für den Senat, sich mit der

unter bestimmten Umständen in der Rechtsprechung angenommenen

Branchennähe bei Óberschneidungen im Randsortiment oder bei Zubehör

zu den in erster Linie vertriebenen Waren zu befassen (vgl. BGH

a.a.O. S. 1045 - "Datacolor"), weil die Beklagte auch nicht im

Randsortiment oder als Zubehör Steckverbindungen vertreibt.

Letztere sind vielmehr ausschließlich (Kleinst-)bestandteile der

von der Beklagten vertriebenen Maschinen, was indes aus den

dargelegten Gründen die erforderliche Branchennähe nicht

begründet.

Entgegen der Auffassung der Klägerin kann schließlich auch nicht

aus der Tatsache, daß die Beklagte die neuen Zeichen bis zu der

Streichung dieser Warenangabe nach Klageerhebung im vorliegenden

Verfahren auch für "elektronische Steuerregelgeräte" angemeldet

hat, auf die erforderliche Branchennähe geschlossen werden.

Maßgeblich für die Frage der Branchennähe kann nur das tatsächlich

ausgeübte Betätigungsfeld sein, das indes aus den dargelegten

Gründen für die Annahme einer irgendwie gearteten Branchennähe

nicht ausreicht.

Nach allem ist die Berufung zurückzuweisen, weil es für den

geltendgemachten Unterlassungsanspruch aus § 16 Abs.1 UWG an der

erforderlichen Branchennähe fehlt und das Landgericht die Klage

daher zu Recht abgewiesen hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§

708 Nr.10, 711 ZPO.

Die gemäß § 546 Abs.2 ZPO festzusetzende Beschwer der Klägerin

entspricht dem Wert ihres Unterliegens im Rechtsstreit.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 150.000,00 DM.

Die Festsetzung des Streitwertes auf 150.000 DM beruht auf der

unwidersprochen gebliebenen Angabe der Klägerin in der Klageschrift

und entspricht der Festsetzung des Landgerichts in der

angefochtenen Entscheidung.






OLG Köln:
Urteil v. 05.05.1995
Az: 6 U 244/89


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