Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. September 2005
Aktenzeichen: 24 W (pat) 245/04

(BPatG: Beschluss v. 27.09.2005, Az.: 24 W (pat) 245/04)

Tenor

Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 22. Juli 2004 aufgehoben, soweit wegen des Widerspruchs aus der Marke 1 119 999 die Löschung der Marke 302 45 973 angeordnet worden ist.

Der Widerspruch aus der Marke 1 119 999 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wort-Bildmarkeist unter der Nummer 302 45 973 als Kennzeichnung für die Waren

"Seifen; Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer, Zahnputzmittel, kosmetische Erzeugnisse; pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren, soweit in Klasse 14 enthalten; Juwelierwaren, Schmuckwaren, Edelsteine; Uhren und Zeitmessinstrumente"

im Markenregister eingetragen worden.

Hiergegen hat die Inhaberin der prioritätsälteren, für die Waren

"Kosmetische Seifen; Parfümerien; Duftwässer; Desodorierungsmittel für den persönlichen Gebrauch; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, insbesondere Emulsionen, Cremes und Lotionen für Gesichts- und Körperpflege, Schönheitsmilch, Rasierwässer, Puder und Talk, Mittel zur Gesichts- und Augenschminke, Lippenstifte, Lippenrouge und Lippenglänzer, Nagellack und Nagellackentferner; Reinigungsmittel für die Haar-, Gesichts- und Körperpflege; kosmetische Bade- und Duschmittel, kosmetische Badeöle, insbesondere Gele, Salze und Shampoos zur Körper- und Haarpflege; chemische und kosmetische Mittel zur Haarpflege und -behandlung sowie für die Schönheit der Haare; ätherische Öle; Sonnenbräunungsöle und -lotionen"

unter der Registernummer 1 119 999 eingetragenen Wortmarke CARON Widerspruch erhoben.

Die Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts, besetzt mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes, hat mit Beschluss vom 22. Juli 2004, der der Inhaberin der angegriffenen Marke am 3. August 2004 zugestellt worden ist, wegen des Widerspruchs aus der Marke 1 119 999 die teilweise Löschung der angegriffenen Marke für die Waren

"Seifen; Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer, Zahnputzmittel, kosmetische Erzeugnisse; pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege"

angeordnet und den Widerspruch im übrigen zurückgewiesen. Die gegenseitigen Marken könnten sich insoweit auf identischen oder sehr ähnlichen Waren begegnen. Den demnach erforderlichen großen Abstand von der Widerspruchsmarke halte die jüngere Marke nicht ein. Im vorliegenden Fall werde der Gesamteindruck der jüngeren Marke durch das Wort "Caren" geprägt, das in den wichtigen Faktoren Silbenanzahl, Klang- und Sprechrhythmus, Lautfolge und Betonung mit der Widerspruchsmarke völlig übereinstimme. Die geringfügigen Abweichungen durch die Vokale "e" und "O" im jeweils zweiten Wortteil träten gegenüber diesen weitgehenden Übereinstimmungen bzw Ähnlichkeiten zurück. Auch sei die angegriffene Marke bzw deren prägender Bestandteil von der Widerspruchsmarke bei der Wiedergabe in üblicher Schreibschrift kaum zu unterscheiden.

Gegen diesen Beschluss hat die Inhaberin der angegriffenen Marke am 10. August 2004 Beschwerde eingelegt. Am 18. August 2004 wurde auf dem Konto des Deutschen Patent- und Markenamts bei der Bundeskasse Weiden ein Betrag von 198,20 € als Beschwerdegebühr gutgeschrieben. Als die Inhaberin der angegriffenen Marke mit Bescheid vom 17. Januar 2005, der ihrem Vertreter am 18. Januar 2005 zugegangen ist, darauf hingewiesen wurde, dass die tarifliche Gebühr nicht in voller Höhe entrichtet worden sei und die Beschwerde gemäß § 6 Abs 2 PatKostG als nicht eingelegt gelten dürfte, erfolgte am 24. Januar 2005 eine Überweisung des Restbetrages von 1,80 €.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke ist der Ansicht, ihr sei Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu gewähren. Angesichts des verspätet gezahlten ganz unbedeutenden Restbetrags sei die Folge eines Rechtsmittelverlustes unbillig. Auch treffe die Markeninhaberin bzw ihren Vertreter kein Verschulden. Der Fehlbetrag resultiere daraus, dass die mit der Ausführung der Auslandsüberweisung beauftragte Züricher Kantonalbank entgegen der Weisung der Inhaberin der angegriffenen Marke die für die Auslandsüberweisung anfallenden Bankspesen von dem zu überweisenden Betrag abgezogen habe. Zur Glaubhaftmachung wird ua die eidesstattliche Versicherung der von der Markeninhaberin mit der Überweisung beauftragten Angestellten vorgelegt, in der diese versichert, sie habe die Züricher Kantonalbank am 17. August 2004 angewiesen, 200 € auf das Konto des Deutschen Patent- und Markenamt bei der Bundeskasse Weiden zu überweisen. Auf Nachfrage bei der Kantonalbank aufgrund des Gerichtsbescheids vom 17. Januar 2005 habe sie festgestellt, dass die Bank eigenständig und gegen die üblichen Gepflogenheiten eine Bankgebühr von 1,80 € einbehalten habe. Dies habe die Bank bei Auslandsüberweisungen vorher niemals getan, vielmehr die jeweiligen Überweisungsgebühren stets separat abgerechnet.

Hinsichtlich der Frage der Verwechslungsgefahr ist die Markeninhaberin der Meinung, die sich gegenüberstehenden Zeichen seien weder klanglich, schriftbildlich noch begrifflich ähnlich. Verwechslungen seien lediglich denkbar, wenn die angegriffene Marke, die sich offensichtlich aus einem Vornamen und der Abkürzung eines Nachnamens zusammensetze, in ihrem Gesamteindruck durch den Bestandteil "Caren" geprägt werde. Dies sei jedoch nicht der Fall, weil die Bestandteile der jüngeren Marke gleichwertig seien. Da es sich bei "Caren Pfleger" um eine berühmte Herstellerfirma und Marke handele, lägen für den Verkehr Assoziationen mit "Caren P" nahe. Kennzeichen, die sich aus einem Vor- und einem Nachnamen zusammensetzten, würden nach der Rechtsprechung von keinem dieser Bestandteile allein geprägt. Dieser Grundsatz müsse entsprechend für den Fall gelten, dass ein Buchstabe erkennbar als Namensabkürzung verwendet werde. Die Marken in ihrer Gesamtheit unterschieden sich klanglich vor allem durch den zusätzlichen Bestandteil "P" der jüngeren Marke. Außerdem sei die korrekte, von der jüngeren Marke stark abweichende französische Aussprache von "CARON" den angesprochenen Verkehrskreisen bekannt, weil es sich um die Bezeichnung eines renommierten Parfum- und Kosmetikherstellers handele. Schriftbildlich komme gerade im Bereich der Kosmetik dem Namenszug in Form einer persönlichen Unterschrift, die die Individualisierung des Produktes betone, eine den kennzeichnenden Charakter mitbestimmende Wirkung zu.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand bezüglich der Zahlung der Beschwerdegebühr zu gewähren, sowieden angefochten Beschluss aufzuheben, soweit die Löschung der angegriffenen Marke wegen des Widerspruchs aus der Marke 1 119 999 angeordnet worden ist und den Widerspruch auch insoweit zurückzuweisen.

Die Widersprechende beantragt sinngemäß, den Wiedereinsetzungsantrag der Markeninhaberin zurückzuweisen und festzustellen, dass die Beschwerde als nicht eingelegt gilt, hilfsweise, die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Widersprechende ist der Ansicht, der Inhaberin der angegriffenen Marke könne Wiedereinsetzung nicht gewährt werden, so dass die Beschwerde als nicht eingelegt gelte. Der deutsche Vertreter der ausländischen Markeninhaberin habe für die rechtzeitige Bezahlung der Gebühren sorgen müssen. Wenn die Beschwerdeführerin trotzdem den Weg einer Auslandsüberweisung gewählt habe, so habe sie auch die damit verbundenen Risiken zu tragen. Es sei üblich, dass die Banken bei Auslandsüberweisungen ihre Spesen vom Überweisungsbetrag abzögen, wenn der Bankkunde nicht ausdrücklich die Übernahme der Gebühren erkläre. Die vorgelegte eidesstattliche Versicherung könne dies nicht wiederlegen, denn sie besage nur, die Bank habe bisher Auslandsüberweisungen ohne Abzüge vorgenommen, nicht aber, die Bank habe entgegen den üblichen Gepflogenheiten von sich aus im vorliegenden Fall einen Abzug vorgenommen. Es sei daher davon auszugehen, dass es die Inhaberin der jüngeren Marke versäumt habe, gegenüber der Bank eindeutig zu erklären, dass die Überweisung spesenfrei für den Empfänger erfolgen solle. Dieses Verschulden ihres Vertreters sei der Markeninhaberin zuzurechnen.

In der Sache führt die Widersprechende aus, hinsichtlich der gegenseitigen Waren der Klassen 3 und 5 bestehe Identität oder erhebliche Ähnlichkeit. Auch die Marken seien ähnlich.

Der Buchstabe "P" in der angegriffenen Marke werde vom Verkehr nicht als Abkürzung eines Nachnamens angesehen, weil ein Abkürzungspunkt fehle, sondern eher als Ordnungsbuchstabe oder als Typenbezeichnung. Aus diesen Gründen präge der Bestandteil "Caren" den Gesamteindruck der angegriffenen Marke. Die minimalen Unterschiede zwischen "CARON" und "Caren" träten sowohl in klanglicher als auch in schriftbildlicher Hinsicht gegenüber den weitgehenden Übereinstimmungen zurück. Insbesondere wirkten die Wörter wegen des gemeinsamen Anfangsbuchstaben "C" wie fremdsprachige Ausdrücke, so dass mit einer Aussprache nach englischen oder französischen Sprachregeln zu rechnen sei, bei der sich die Klangbilder besonders nahe kämen. Auch wirke die grafische Ausgestaltung der jüngeren Marke wie eine Modernisierung und Neugestaltung der Widerspruchsmarke. Im übrigen habe das Bundespatentgericht und das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt in vergleichbaren Fällen die Verwechslungsgefahr bejaht (BPatG 29 W (pat) 398/99 "BENNY Q. = BERNIE"; HABM R 0373/00 - "GIORGIO = GIORGI LINE").

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II 1. Die Beschwerde der Widersprechenden ist gemäß § 164 Abs 4 MarkenG statthaft und auch im übrigen zulässig. Insbesondere ist die Beschwerdegebühr fristgemäß entrichtet worden, denn der Widersprechenden ist auf ihren Antrag gem § 91 MarkenG Wiedereinsetzung in die versäumte Frist für die Zahlung der Beschwerdegebühr zu gewähren.

Die Widersprechende hat ihren Antrag gem § 91 Abs 2 MarkenG rechtzeitig innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des maßgeblichen Hindernisses gestellt. Hinderungsgrund für die Wahrung der versäumten Frist war hier die Unkenntnis vom Eingang eines Betrages auf dem Konto des Deutschen Patent- und Markenamts, der nicht der tariflichen Beschwerdegebühr entsprach (vgl BPatGE 15, 52, 54; 19, 44, 45; Thomas/Putzo, ZPO, 24. Aufl, § 234 Rdn 5 und 6). Diese Unkenntnis ist durch den Bescheid des Rechtspflegers des Senats vom 17. Januar 2005, der dem Vertreter der Markeninhaberin am 18. Januar 2005 zugegangen ist, beseitigt worden. Am 16. Februar 2005 und damit rechtzeitig ist der Antrag der Widersprechenden auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist beim Bundespatentgericht eingegangen.

Weiter hat die Widersprechende die versäumten Handlungen gem § 91 Abs 4 MarkenG fristgerecht innerhalb der zweimonatigen Antragsfrist nachgeholt, denn der Restbetrag in Höhe von 1,80 € wurde am 21. Januar 2005 überwiesen.

Der Wiedereinsetzungsantrag ist auch begründet. Die Markeninhaberin hat hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht, dass sie iSv § 91 Abs 1 MarkenG die Zahlung des zu niedrigen Betrages nicht verschuldet hat. Eine Fristversäumung ist unverschuldet, wenn der betroffene Verfahrensbeteiligte die übliche Sorgfalt aufgewandt hat, deren Beachtung im Einzelfall nach den subjektiven Verhältnissen des Betroffenen zumutbar war (vgl Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl, § 91 Rdn 16). Dies ist hier der Fall. Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat schlüssig vorgetragen und durch die eidesstattliche Versicherung der Frau Silvia B... vom 16. Februar 2005 sowie die anliegenden Kopien der Belastungsanzeigen hinreichend belegt, dass sie kein Verschulden an der Überweisung eines zu geringen Betrages trifft. Entgegen der Ansicht der Widersprechenden enthält die eidesstattliche Versicherung die Erklärung, die Schweizer Kantonalbank habe "eigenständig und entgegen den üblichen Gepflogenheiten eine Bankgebühr für Auslandsüberweisungen von 1,80 € einbehalten". Nachdem also üblicherweise Überweisungen nach Deutschland durch die Schweizer Kantonalbank ohne Spesenabzug erfolgten, musste die Markeninhaberin nicht damit rechnen, dass ausnahmsweise im vorliegenden Fall die Bank Abzüge von der auf dem Überweisungsauftrag genannten Summe machen werde (vgl. dazu auch BPatGE 42, 23 ff "Wiedereinsetzung").

Nachdem somit die Markeninhaberin, die angesichts des Wechsels ihrer Inlandsvertreter zu Vermeidung von Zeitverlusten und Missverständnissen die Zahlung der Beschwerdegebühr selbst übernommen hat, kein Verschulden an deren unvollständigen Überweisung trifft, ist die beantragte Wiedereinsetzung zu gewähren.

2. Die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke ist auch begründet; denn zwischen den Vergleichsmarken besteht keine Verwechslungsgefahr iSv § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

2.1. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften zu Art 4 Abs 1 Buchst b der Markenrechtsrichtlinie, die für die Auslegung der in Umsetzung dieser Richtlinienbestimmung erlassenen Vorschrift des § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG von maßgeblicher Bedeutung ist, ist die Frage der Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Zu den dabei maßgebenden Umständen gehören insbesondere die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sowie der Grad der Ähnlichkeit der Marken und der damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen. Bei der umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der Marken auf den Gesamteindruck abzustellen, den diese jeweils hervorrufen. Hierbei kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher der jeweils in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen wirkt (vgl EuGH GRUR 1998, 387, 389 f "Sabèl/Puma"; GRUR Int 1999, 734, 736 "Lloyd"; BGH GRUR 2004, 783, 784 "NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRALEX"; GRUR 2004, 235, 234 "Davidoff II"). Die Bewertung der Verwechslungsgefahr impliziert auch eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen. So kann ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH GRUR Int 1998, 875, 876 f "Canon"; GRUR Int 2000, 899, 901 "Marca/Adidas"; BGH GRUR 2003, 332, 334 "Abschlußstück").

Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend die Gefahr von Verwechslungen der angegriffenen Marke mit der Widerspruchsmarke nicht gegeben.

2.2. Zwar können sich nach der Registerlage die Zeichen auf identischen, nicht immer sehr speziellen und hochwertigen Waren begegnen, die sich an breite Verkehrskreise richten, was Verwechslungen begünstigt. Anhaltspunkte für eine Kennzeichnungsschwäche oder Stärkung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sind nicht ersichtlich. Es ist demnach ein überdurchschnittlicher Abstand der angegriffenen Marke von der Widerspruchsmarke erforderlich, der hier gewahrt wird.

2.3. Die Marken in ihrer Gesamtheit sind wegen des zusätzlichen Buchstaben "P" der angegriffenen Marke nicht unmittelbar verwechselbar. Verwechslungen kämen allenfalls aufgrund des Zeichenbestandteils "Caren" der jüngeren Marke in Betracht. Voraussetzung für eine entsprechende kollisionsbegründende Wirkung ist aber, dass dem betreffenden Bestandteil eine den Gesamteindruck prägende Wirkung zukommt, wobei es nicht ausreicht, dass der übereinstimmende Bestandteil für den Gesamteindruck des Zeichens lediglich mitbestimmend ist (vgl BGH GRUR 2000, 233 f "RAUSCH/ELFI RAUCH"; BGH GRUR 2002, 626, 628 "IMS"; GRUR 2003, 880, 881 "City Plus"; GRUR 2004, 598, 599 "Kleiner Feigling").

Von einer Prägung des Gesamteindrucks ausschließlich durch "Caren" ist jedoch nicht auszugehen.

Bereits das optische Erscheinungsbild der jüngeren Marke spricht für die Zusammengehörigkeit der Zeichenelemente. Die Marke ist nach Art einer Unterschrift gestaltet und vermittelt durch die einheitliche Schreibweise der Einzelbestandteile sowie deren räumliche Anordnung den Eindruck einer geschlossenen Einheit.

Auch der Umstand, dass die angesprochenen Verkehrskreise die angegriffenen Marke als Zusammensetzung eines in Deutschland allgemein bekannten Vornamens (vgl dazu BGH GRUR 1991, 475, 477 "Caren Pfleger"; vgl auch online-Lexikon beliebte-Vornamen.de, Vornamen, 156 weibliche Vornamen mit C) mit der Abkürzung eines Nachnamens erkennen, spricht gegen eine Prägung des Zeichens durch einen einzelnen Bestandteil. Es gibt keinen Erfahrungssatz, dass sich der Verkehr bei erkennbar aus Vor- und Nachnamen gebildeten Marken allein oder vorrangig an einem Namensteil orientiert. Es ist vielmehr - ebenso wie bei anderen Markenkategorien - auf die Umstände des Einzelfalles abzustellen (vgl BGH GRUR 2005, 513, 514 "MEY/Ella May"). Bei der angegriffenen Marke führt gerade die Bekanntheit des Vornamens "Caren" dazu, dass entsprechend der im Deutschen bevorzugten Namensreihung vom unbefangenen Verkehr in dem nachfolgenden Buchstabenelement ein Familienname gesehen wird, zumal der Verkehr auf dem hier einschlägigen Warengebiet der Mittel zur Körper- und Schönheitspflege daran gewöhnt ist, dass Kennzeichen aus einem Vor- und Familiennamen umfassenden Namen bestehen. Insoweit trägt ein den Familiennamen darstellender Buchstabenbestandteil zum Gesamteindruck einer Marke wesentlich mit bei, da der Verkehr eine Marke so versteht, wie sie ihm entgegentritt, und auch auf die genauere Individualisierung durch einzelne Namenbestandteile durchaus Wert legt (vgl BGH GRUR 2000, 233 f "RAUSCH/ELFI RAUCH").

Der Annahme, dass der Buchstabe "P" in der angegriffenen Marke vom Verkehr als teilanonymisierter Personennamen erkannt wird, kann die Widersprechende nicht entgegenhalten, dass dieser Buchstabe, - insbesondere wegen des Fehlens eines Abkürzungspunktes - eher als Ordnungsbuchstabe oder Typenbezeichnung angesehen werde. Abgesehen davon, dass das Fehlen eines Punktes meist wohl gar nicht bemerkt wird, steht in der auf dem betreffenden Warengebiet sehr gebräuchlichen englischen Sprache hinter der Abkürzung eines Namens üblicherweise kein Punkt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Buchstabe "P" für die hier betroffenen Waren als Abkürzung einer beschreibenden Angabe, als Ordnungsbuchstabe oder als Serienbezeichnung verwendet wird oder dass eine solche Verwendung nahe liegt. Dagegen begegnet der Verkehr täglich in den Massenmedien derart teilanonymisierten Namen. Dabei wirkt die Verkürzung des Familiennamens wie ein Blickfangmittel und bleibt bei den angesprochenen Verkehrskreisen nicht unbeachtet. Insoweit kommt dem Buchstabenelement in der angegriffenen Marke eine nicht unwesentliche Individualisierungsfunktion zu, da sie den Eindruck eines abgekürzten Familiennamens vermittelt (vgl dazu BPatG 24 W (pat) 108/99 "ALEXANDROS L.G./ALESSANDRO N."; Zusammenfassung veröffentlicht auf PROMA PAVIS CD-ROM).

2.4. Eine Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden können, kommt nicht in Betracht. Zum einen ist eine entsprechende Markenserie der Widersprechenden oder ein erhöhter Bekanntheitsgrad des Wortes "CARON" in Deutschland nicht dargelegt worden. Außerdem handelt es sich bei "Caren" eindeutig um einen deutschen oder englischsprachigen weiblichen Vornamen, während "CARON" keine entsprechenden Vorstellungen vermittelt. Damit fehlt jeder Anhaltspunkt für die Annahme, das jüngere Zeichen sei Bestandteil einer Serie von Kennzeichnungen der Widersprechenden oder zwischen den Verfahrensbeteiligten bestünden Beziehungen geschäftlicher, wirtschaftlicher oder organisatorischer Art. Aufgrund der og deutlichen Unterschiede der Zeichen liegt auch die Annahme ferne, bei der jüngeren Marke könne es sich um eine (grafisch) modernisierte Form der Widerspruchsmarke handeln.

2.5. Die von der Widersprechenden zitierten Entscheidungen des Bundespatentgerichts und des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt sind im vorliegenden Fall nicht einschlägig. Im Fall BPatG 29 W (pat) 398/99 "BENNY Q. = BERNIE" wird maßgeblich auf Kinder als Teil der Abnehmer und deren Auffassung sowie die Angewohnheiten bei der Benennung von Spieltieren aus Webpelz abgestellt, wobei der Senat ausdrücklich feststellt, dass derartige Namensabkürzungen auf dem Warengebiet der Spieltiere - anders als auf dem (hier einschlägigen) Gebiet der Kosmetik- und Modeartikel - nicht üblich seien. Die Entscheidung HABM R 0373/00 - 1 "GIORGIO = GIORGI LINE", die bereits deshalb nur bedingt herangezogen werden kann, weil das Gemeinschaftsmarkenrecht eine eigene, den nationalen Markenrechten gegenüber selbständige Rechtsordnung darstellt und jede Entscheidung nur auf den konkreten Einzelfall bezogen ist (vgl etwa EuGH GRUR 2003, 425, 427 f - Nr 27 ff "Ansul/Ajax"; EuGH GRUR 2003, 143, 145 - Nr 32 ff "Robelco/Robeco"), bezieht sich auf anders gebildete Marken, bei denen außerdem der kennzeichnungsschwache Zeichenteil "LINE" wesentlich kleiner dargestellt ist als das kennzeichnungskräftige Wort "GIORGI".

Da somit eine Verwechslungsgefahr nicht vorliegt, war der angefochtene Beschluss aufzuheben, soweit in ihm die Löschung der jüngeren Marke angeordnet worden ist und der Widerspruch auch insoweit zurückzuweisen.

3. Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen (§ 71 Abs 1 MarkenG) bestand kein Anlass.

Dr. Ströbele Kirschneck Guth Bb






BPatG:
Beschluss v. 27.09.2005
Az: 24 W (pat) 245/04


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