Oberlandesgericht Hamm:
vom 29. Juli 2004
Aktenzeichen: 10 U 132/03

(OLG Hamm: v. 29.07.2004, Az.: 10 U 132/03)

Testamentsauslegung, Vererblichkeit von Urheberrechten

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 16. Oktober 2003 verkündete Urteil der Zivilkammer IV des Landgerichts Detmold abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

1.)

Die Beklagte wird verurteilt, den auf den Erblasser Prof. Dr. M im Grundbuch von M3, G1, eingetragenen Grundstücksanteil an den Kläger aufzulassen und die entsprechende Eigentumsänderung im Grundbuch zu bewilligen Zug-um-Zug gegen Herausgabe der Plastikwanne mit der Klebezettelaufschrift „Ablage Schreibtisch” einschließlich des Registers des Zettelkastens des Erblassers durch den Kläger an die aus dem Kläger, der Beklagten und deren Bruder M2 bestehende Erbengemeinschaft nach dem Erblasser Prof. Dr. M.

2.)

Der Kläger wird verurteilt, an die Erbengemeinschaft, bestehend aus dem Kläger, der Beklagten und dem Bruder M2 die am 22.11.1999 aus den Räumen der Universität C mitgenommene Plastikwanne mit der Klebeaufschrift „Ablage Schreibtisch” einschließlich des Registers des Zettelkastens herauszugeben.

3.)

Es wird festgestellt, dass der Beklagten mit Testament des Erblassers Prof. Dr. M vom 26.12.1995 im Wege des Vorausvermächtnisses dessen gesamtes wissenschaftliches Werk einschließlich der Urheberrechte an den wissenschaftlichen Werken des Erblassers sowie der Eigentumsrechte an sämtlichen Manuskripten und Arbeitsmaterialien des Erblassers einschließlich des Zettelkastens vermacht wurde.

Im übrigen werden die Klage und die Widerklage abgewiesen. Die weitergehende Berufung der Beklagten und die Berufung des Klägers werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz werden dem Kläger zu 2/5 und der Beklagten zu 3/5 auferlegt. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 5/7 und die Beklagte zu 2/7.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung der anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Das Urteil beschwert den Kläger um mehr und die Beklagte um weniger als 20.000,00 €

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

A.

Die Parteien sind Geschwister. Sie sind neben dem weiteren Sohn M2, der an diesem Rechtsstreit nicht beteiligt ist, die Kinder des am 6. November 1998 verstorbenen Erblassers Prof. Dr. M. Die Mutter ist vorverstorben.

Der Erblasser war ein weltweit renommierter Wissenschaftler und lehrte von 1967 bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1993 als Professor für Soziologie an der Universität C. In dieser Zeit veröffentlichte er eine Vielzahl von Büchern und Aufsätzen, wobei er für seine wissenschaftliche Arbeit auf eine von ihm selbst entwickelten Zettelkasten zurückgriff, in dem er nach einem von ihm entwickelten System Manuskripte und andere Dokumente archiviert hatte. Der Zettelkasten wird derzeit in den Räumen des Zentrums für interdisziplinäre Forschung (ZiF) der Universität C verwahrt. Zu dem Zettelkasten, der in Fachkreisen als eines der wissenschaftlichen Hauptwerke des Erblassers gilt, gehörte auch ein Register.

Der Erblasser hat ein handschriftliches Testament hinterlassen, in dem es heißt:

"Es soll gesetzliche Erbfolge gelten.

Vorab erhalten jedoch als Vermächtnis:

1) M4 alle Rechte aus Publikationen einschließlich Neuauflagen, Lizenzen etc.;

2) M2 meinen Anteil am Grundbesitz in Stapellage ("Deppehof”)

3) M5 meinen Anteil am Grundbesitz in M3

P, den 26. XII. 1995

M”

Die Parteien streiten um die Auslegung dieses Testaments, insbesondere um den Umfang des zugunsten der Tochter M4, der Beklagten, ausgeworfenen Vorausvermächtnisses.

Mit seiner Klage hat der Kläger von der Beklagten die Auflassung und Bewilligung der Grundbuchumschreibung hinsichtlich des ihm im Wege des Vorausvermächtnisses zugewendeten Grundstücksanteils in M3 in Anspruch genommen. Außerdem hat er die Feststellung begehrt, dass der Beklagten in dem Testament des Erblassers im Wege des Vorausvermächtnisses ausschließlich die Erlöse aus den zu Lebzeiten des Vaters veröffentlichten Werken vermacht worden sind und dass die Urheberrechte an den Werken sowie die Eigentumsrechte an den Manuskripten und Arbeitsmaterialien der Erbengemeinschaft zustehen.

Die Beklagte hat bezüglich des Auflassungsanspruchs ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht. Mit ihrer Widerklage hat sie die Herausgabe der im Urteilstenor genannten Plastikwanne einschließlich des Registers zum Zettelkastens an sie persönlich verlangt.

Hinsichtlich des unstreitigen Sachverhalts, des streitigen Tatsachenvorbringens und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des am 16.10.2003 verkündeten Urteils der Zivilkammer IV des Landgerichts Detmold Bezug genommen.

Durch das genannte Urteil hat das Landgericht die Beklagte zur Auflassung und Bewilligung der Eigentumsänderung im Grundbuch zugunsten des Klägers hinsichtlich des zum Nachlass gehörenden Grundstücksanteils in M3 verurteilt Zug um Zug gegen Herausgabe der vom Kläger am 22.11.21999 aus den Räumen des Zentrums für interdisziplinäre Forschung der Universität C mitgenommen Plastikwanne einschließlich des Registers zum Zettelkasten des Erblassers an die Erbengemeinschaft. Im übrigen hat das Landgericht Klage und Widerklage abgewiesen. Dabei ist es davon ausgegangen, dass der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erfüllung des Vorausvermächtnisses habe, nachdem der Miterbe, der Bruder Jörg M2 bereits außergerichtlich sein Einverständnis erklärt habe. Die Beklagte könne sich jedoch als Mitglied der Erbengemeinschaft auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen der Herausgabe der Plastikwanne mit der Klebezettelaufschrift "Ablage Schreibtisch” einschließlich des Registers des Zettelkastens an die Erbengemeinschaft berufen. Diese Gegenstände gehörten ebenso wie der Zettelkasten des Erblassers nicht zu dem Vorausvermächtnis, das der Beklagten zugewandt worden sei. Das ergebe sich aus der Auslegung des Testaments, in dem schon nach dem Wortlaut davon nicht die Rede sei. Ein Vergleich der Vorausvermächtnisse zeige auch, dass der Erblasser offensichtlich schon vor Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft einen vermögensrechtlichen Ausgleich zwischen seinen Kindern habe schaffen wollen, ohne aber vorab sein gesamtes wissenschaftliches Werk einem Abkömmling zuwenden zu wollen. Die Feststellungsklage des Klägers hat das Landgericht für unzulässig gehalten, da ihr ein Feststellungsinteresse fehle. Die Klärung des Rechtsverhältnisses an dem Zettelkasten sei bereits Gegenstand der Widerklage. Für die Frage, ob auch die Urheberrechte bzw. Eigentumsrechte des Erblassers an seinem zu Lebzeiten noch nicht veröffentlichten Werk zu dem Vorausvermächtnis gehören, sei der Klageantrag zu unbestimmt, da nicht ersichtlich sei, dass überhaupt solche Werke des Erblassers existieren bzw. dass solche Werke jetzt noch veröffentlicht werden sollen. Die Widerklage der Beklagten hat das Landgericht aus den bereits dargestellten Gründen für unbegründet gehalten.

Gegen dieses Urteil richten sich die Berufungen beider Parteien.

Die Beklagte verfolgt in erster Linie ihre erstinstanzlichen Ziele. Sie hat ihre Widerklage erweitert um einen Feststellungsantrag erweitert. Die Beklagte ist der Auffassung, dass Gegenstand des unter Ziffer 1) des Testaments zu ihren Gunsten angeordneten Vorausvermächtnisses das gesamte wissenschaftliche Werk des Erblassers einschließlich des Zettelkastens, des hierzu gehörenden Registers sowie der Manuskripte und Arbeitsmaterialien sei. Dies ergebe sich aus der Auslegung des Testaments, die nicht nur nach dem Wortlaut erfolgen dürfe. Der Erblasser habe keine exakten juristischen Formulierungen verwendet, sondern er habe sich insgesamt, auch bei den Vorausvermächtnissen zugunsten der Brüder laienhaft ausgedrückt. Das landgerichtliche Urteil erweise sich als fehlerhaft, weil der tatsächliche Wille des Erblassers nicht in gebotenem Maße entsprechend den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen ermittelt worden sei. Der wirkliche Wille des Erblassers bei der Abfassung seines Testaments sei dahin gegangen, ihr durch das Vorausvermächtnis sein wissenschaftliches Werk insgesamt und dessen weitere Verwaltung inklusive Veröffentlichung zuzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts teilweise abzuändern und wie folgt neu zu fassen:

1.

die Beklagte wird verurteilt, den auf den Erblasser Prof. Dr. M im Grundbuch von M3, G1, eingetragenen Grundstücksanteil auf den Kläger aufzulassen und die entsprechende Eigentumsänderung im Grundbuch zu bewilligen Zug um Zug gegen Herausgabe der Plastikwanne mit der Klebezettelaufschrift "Ablage Schreibtisch” einschließlich des Registers des Zettelkastens des Erblassers durch den Kläger an die Beklagte;

2. auf die Widerklage

2.1 den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte die am

21.11.1999 aus den Räumen der Universität C entwendeten Gegenstände, bestehend aus dem Inhalt der Plastikwanne mit der Klebeaufschrift "Ablage Schreibtisch” einschließlich des Registers des Zettelkastens, herauszugeben,

hilfsweise an die Erbengemeinschaft Klägerin, Beklagter und M2

2.2. festzustellen, dass der Beklagten mit dem Testament

des Erblassers Prof. Dr. M vom 26.12.1995 im Wege des Vorausvermächtnisses dessen gesamtes wissenschaftliches Werk einschließlich der Urheberrechte an den wissenschaftliche Werken des Erblassers sowie die Eigentumsrechte an sämtlichen Manuskripten und Arbeitsmaterialien einschließlich des Zettelkastens vermacht wurde.

Der Kläger hat im Senatstermin am 13.5.2004 den Hilfsantrag zu Ziffer 2.1 anerkannt mit der Maßgabe, dass er den Besitz an den bezeichneten Gegenständen stets im Namen der Erbengemeinschaft ausgeübt hat und sich gegen die Formulierung ”entwendete Gegenstände” sowie gegen die Kosten verwahrt.

Er beantragt im übrigen

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Bezüglich seiner eigenen Berufung beantragt der Kläger,

in teilweise Abänderung des angefochtenen Urteils,

1.) die Beklagte unbedingt zur Auflassung des Grundstücksanteils zu verurteilen, der Gegenstand des ersten Absatzes des Entscheidungstenors des angefochtenen Urteils ist;

2.) festzustellen, dass der Beklagten mit Testament des Erblassers Prof. Dr. M vom 26. Dezember 1995 im Wege des Vorausvermächtnisses ausschließlich die Erlöse aus der Vervielfältigung, Verbreitung und Lizenzierung dessen zu Lebzeiten veröffentlichter Werke vermacht wurden und dass die Urheberrechte an den Werken des Erblassers sowie die Eigentumsrechte an sämtlichen Manuskripten und Arbeitsmaterialien des Erblassers der Erbengemeinschaft nach Prof. Dr. M, bestehend aus dem Kläger, der Beklagten und M2, zustehen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Kläger ist der Meinung, dass seinem Anspruch auf Erfüllung des zu seinen Gunsten bestehenden Vorausvermächtnisses kein Zurückbehaltungsrecht entgegengestellt werden dürfe. Das Landgericht habe zu Recht erkannt, dass die Beklagte ein Zurückbehaltungsrecht mit der Ziel der Leistung an sie selbst nicht zustehe. Es sei jedoch nicht korrekt, wenn das Landgericht statt dessen der Erbengemeinschaft ein Zurückbehaltungsrecht zugesprochen habe, zumal die Beklagte gerade nicht wolle, dass die Brüder an den herauszugebenden Gegenständen beteiligt werden.

Sein Feststellungsantrag sei zu Unrecht als unzulässig abgewiesen worden. Bei streitigen Erbauseinandersetzungen sei gerade die Klage auf Feststellung einzelner Streitpunkte das probate Mittel zur sinnvollen Klärung der Grundlagen einer Erbauseinandersetzung. Folgerichtig habe sich das Landgericht dann nicht mit den materiellrechtlichen Fragen auseinandergesetzt. Insoweit halte er seine erstinstanzlich vertretene Auffassung, dass der Beklagten nur Rechte aus Publikationen zugewendet worden seien, nicht aber Rechte am Werk des Erblassers, aufrecht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat im Termin am 13. Mai 2004 die Parteien persönlich angehört. Das Ergebnis der Anhörung ist in einem Berichterstattervermerk niedergelegt, auf den verwiesen wird.

B.

Die Berufung des Klägers ist nicht begründet und war zurückzuweisen. Die Berufung der Beklagten hat zum überwiegenden Teil - so wie aus dem Urteilstenor ersichtlich - Erfolg und führte zur Abänderung des angefochtenen Urteils.

I. Klage

1.)

Der Kläger kann von der Beklagten als Miterbin die Auflassung und Einwilligung in die Grundbuchänderung dahingehend verlangen, dass der ½-Miteigentumsanteil des Erblassers an dem Grundstück in M3 auf ihn allein übergeht. Der - grundsätzlich zwischen den Parteien unstreitige - Anspruch auf Erfüllung des gemäß Ziffer 3 des Testaments des Erblassers zu seinen Gunsten ausgebrachten Vorausvermächtnisses folgt aus den §§ 2174, 2150, 2147, 2148, 2059 Abs. 2 BGB. Der Kläger kann seinen Anspruch als Vermächtnisgläubiger gegen die Miterben auch schon vor der endgültigen Erbauseinandersetzung geltend machen (s. dazu RGZ 93 S. 196 ff), wobei die Erhebung der Klage gegen die Beklagte genügt, nachdem der weitere Miterbe M2 bereits außergerichtlich sein Einverständnis erklärt hat (s. dazu Palandt-Edenhofer BGB 63. Auflage § 2059 Rdnr. 4 m.w.N.).

Der Anspruch steht dem Kläger aber nicht unbedingt zu. Die Beklagte ist zur Erfüllung nur Zugum-Zug gegen Herausgabe der Plastikwanne mit der Klebezettelaufschrift "Ablage Schreibtisch” einschließlich des Registers des Zettelkastens des Erblassers an die Erbengemeinschaft verpflichtet. Die Beklagte kann insoweit als Miterbin gemäß §§ 273 Abs. 1, 2039 S. 1 BGB ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen. Dagegen steht ihr ein Zurückbehaltungsrecht mit dem Ziel der Herausgabe der Gegenstände an sie persönlich nicht zu.

Der Kläger hat zusammen mit dem Bruder M2 die Plastikwanne nebst Inhalt am 22.11.1999 in den Räumen des Zentrums für interdisziplinäre Forschung (ZiF) der Universität C an sich genommen. Sie gehört unstreitig zum Nachlass des Erblassers und steht im Eigentum der Erbengemeinschaft (§ 1922 Abs. 1 BGB). Ob die Beklagte im Zusammenhang mit der Erfüllung des zu ihren Gunsten unter Ziffer 1 des Testaments ausgebrachten Vorausvermächtnisses, auf das unten im Zusammenhang mit den Feststellungsanträgen noch weiter einzugehen ist, auch einen Anspruch auf Übereignung hat, kann an dieser Stelle dahinstehen. Eine Eigentumsübertragung auf die Beklagte ist noch nicht erfolgt Eine Teilerfüllung, bezogen nur auf die Plastikwanne nebst Register zum Zettelkasten des Erblassers kann die Beklagte zur Zeit nicht verlangen.

Dem Auflassungsanspruch kann grundsätzlich ein Zurückbehaltungsrecht entgegengehalten werden (s. dazu Münchner Kommentar-Krüger BGB 3. Auflage § 273 Rdnr. 18). Anspruch und Gegenanspruch beruhen auf demselben rechtlichen Verhältnis (Konnexität). Voraussetzung dafür ist, dass zwischen Leistung und Gegenleistung ein innerer natürlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang in der Weise besteht, dass es gegen Treu und Glauben verstoßen würde, wenn der eine Anspruch ohne Rücksicht auf den anderen geltend gemacht und durchgesetzt werden könnte (s. dazu BGH NJW 1997 S. 2944, 2945; Münchner Kommentar-Krüger a.a.O. § 273 Rdnr. 13; Palandt-Heinrichs a.a.O. § 273 Rdnr. 9). Das ist hier erfüllt. Der Kläger nimmt die Beklagte als Mitglied der Erbengemeinschaft auf Mitwirkung zur Erfüllung eines Vorausvermächtnisses in Anspruch. Der Gegenanspruch begründet sich aus dem Eigentum der Erbengemeinschaft an den mitgenommenen, zum Nachlass gehörenden Gegenständen.

2.)

Der Feststellungsantrag des Klägers ist gemäß § 256 ZPO zulässig. In der Sache hat er jedoch keinen Erfolg und war zurückzuweisen.

a)

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass der Beklagten in dem Testament des Erblassers unter Ziffer 1) im Wege des Vorausvermächtnisses nur die Erlöse aus Vervielfältigung, Verbreitung und Lizenzierung seiner zu Lebzeiten veröffentlichten Werke vermacht worden sind und dass die Urheberrechte an den Werken sowie die Eigentumsrechte an sämtlichen Manuskripten und Arbeitsmaterialien der Erbengemeinschaft zustehen. Dafür besteht ein Feststellungsinteresse. Der Antrag geht über die mit der Widerklage der Beklagten aufgeworfene Frage, wer Eigentümer der Plastikwanne geworden ist, in der sich u.a. das Register zum Zettelkasten befand, hinaus und betrifft die Auslegung des zugunsten der Beklagten ausgebrachten Vorausvermächtnisses. Dies ist der Hauptstreitpunkt zwischen den Parteien in der noch nicht abgeschlossenen Erbauseinandersetzung. Die Klage eines Miterben auf Feststellung einzelner Streitpunkte zur Vorbereitung einer gerichtlichen oder außergerichtlichen Erbauseinandersetzung ist zulässig (s. dazu BGH NJW-RR 1990 S. 1220 f; Zöller/Greger ZPO 24. Auflage § 256 Rdnr. 11; Münchner Kommentar-Dütz a.a.O. § 2042 Rdnr. 64, 67). Die Bedenken des Landgerichts zur Zulässigkeit der Feststellungsklage können deshalb nicht geteilt werden. Die Ausführungen zur Unbestimmtheit des noch nicht veröffentlichten Werkes des Erblassers liegen neben der Sache.

b)

Der Feststellungsantrag des Klägers ist jedoch nicht begründet. Nach dem Testament des Erblassers vom 26.12.1995 umfaßt das in Ziffer 1) zugunsten der Beklagten ausgebrachte Vorausvermächtnis den gesamten wissenschaftlichen Nachlass des Erblassers, das heißt auch die Urheberrechte und das Eigentum an den Manuskripten und dem Arbeitsmaterial einschließlich Zettelkasten.

Bei der vorzunehmenden Auslegung des Testaments (§§ 2084, 133 BGB) ist der wirkliche Wille des Erblassers zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Dabei kommt es darauf an, was der Erblasser mit seinen Worten hat sagen wollen und ob er mit ihnen genau das wiedergegeben hat, was er zum Ausdruck bringen wollte (BGH FamRZ 1993 S. 318 f). Maßgeblich ist sein Wille im Zeitpunkt der Errichtung des Testaments. Zur Ermittlung des Inhalts testamentarischer Verfügungen ist der gesamte Inhalt der Testamentsurkunde einschließlich aller Nebenumstände, auch solcher außerhalb des Testaments, heranzuziehen und zu würdigen. Erst dann, wenn der Richter sich auch unter Auswertung aller Umstände von dem tatsächlich vorhandenen wirklichen Willen des Erblassers nicht überzeugen kann, muß er sich mit dem Sinn begnügen, der dem Erblasserwillen mutmaßlich am ehesten entspricht, wobei auch Auslegungsregeln eingreifen können (s. dazu BGH FamRZ 1993 S. 318 f = NJW 1993 S. 256; BayObLG FamRZ 2000 S. 983,984). Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte gilt für den vorliegenden Fall folgendes:

Nach dem Wortlaut des Testaments bezieht sich das Vorausvermächtnis zu Ziffer 1) auf die Rechte des Erblassers aus der Veröffentlichung seiner Werke, die schon zu seinen Lebzeiten einen erheblichen Umfang angenommen hatten. Die vom Erblasser in seinem Testament verwendete Wortwahl spiegelt den regelmäßigen Inhalt eines Verlagsvertrages, so wie er auch in dem vom Kläger vorgelegten Mustervertrag zum Ausdruck kommt, wieder. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Beklagten mit den "Rechten aus Publikationen einschließlich Neuauflagen und Lizenzen” jedenfalls die dem Erblasser zufließenden, nicht unbeträchtlichen Vergütungen aus den Veröffentlichungen bis zum Erbfall zugewendet werden sollten.

Über den Wortlaut hinaus beinhaltet das Vorausvermächtnis der Rechte aus den Publikationen einschließlich Neuauflagen und Lizenzen nach dem Willen des Erblassers aber auch, dass die Beklagte die mit dem wissenschaftlichen Werk verbundenen Urheberrechte und die Eigentumsrechte an den Manuskripten und Arbeitsmaterialen einschließlich Zettelkasten erhält. Dem Kläger ist zwar darin zuzustimmen, dass dagegen die klare, eng an die Regelungen eines Verlagsvertrages angelehnte Wortwahl spricht. Der Erblasser war Jurist und im Hinblick auf die Vermarktung seines wissenschaftlichen Werks erfahren. Es hätte nahegelegen, es im Testament zum Ausdruck zu bringen, wenn der Beklagten nicht nur die Erlöse aus den Veröffentlichungen zugewendet werden sollten. Das ist gerade nicht geschehen. Daraus kann aber auch geschlossen werden und liegt nach Ansicht des Senats auch näher, dass der Erblasser, der seit vielen Jahren unstreitig seine Verträge mit den Verlagen selbst ausgehandelt und "gepflegt” hat, dies nicht für nötig gehalten hat, weil es für ihn wegen der komplizierten Struktur der Verträge und ihrer Verzahnung mit dem Urheberrecht selbstverständlich war, dass die Beklagte mit der im Testament formulierten Zuwendung zugleich Inhaberin sämtlicher mit seinem wissenschaftlichen Werk verbundenen Rechte wurde.

Bei einem Verlagsvertrag handelt es sich regelmäßig sowohl um einen urheberrechtlichen Verwertungsvertrag als auch einen schuldrechtlichen Vertrag mit sonstigen Regelungen (s. dazu Wandtke/Grunert UrhR 2002 vor §§ 31 ff UrhG Rdnr. 59). Als Vertragspartner stehen sich regelmäßig der Autor als Urheber und der Verleger gegenüber. Der Urheber des zu verlegenden Werks räumt dem Verleger Nutzungsrechte an seinem Werk ein und erhält als Gegenleistung eine Vergütung. Der Verleger verpflichtet sich zur Vervielfältigung und Verbreitung des Werks. Über diese Hauptrechte und -pflichten hinaus sind in der Regel auch Nebenrechte Gegenstand des Vertrages wie z.B. die Herausgabe von Taschenbüchern, Sammelbänden und die Veröffentlichung von Neuauflagen. Dem entspricht wiederum das Recht bzw. die Pflicht des Autors, das Werk etwa für Neuauflagen zu überarbeiten und zu aktualisieren (s. dazu auch das Muster des überreichten Verlagsvertrages, dort § 9 Abs. 2). Der Verleger erhält außerdem das Recht, die ihm eingeräumten Rechte an Dritte zu übertragen oder sogenannte Lizenzen an Dritte zu vergeben, etwa Verfilmungs-, Sende- und Übersetzungsrechte, sowie Rechte für Werbung etc.. Für die Ausübung und Weiterveräußerung dieser Rechte erhält der Autor wiederum Nebenrechtsvergütungen. Die Verletzung der vereinbarten schuldrechtlichen Verpflichtungen etwa zur Art und Weise der Veröffentlichungen kann außerdem Rücktritts- und Kündigungsrechte oder Schadensersatzansprüche auslösen (s. dazu Wandtke/Grunert a.a.O § 31 Rdnr. 33). Mit dem Tod des Erblassers sind die Verträge nicht untergegangen, sondern bestanden weiter und waren zu erfüllen. Andernfalls würde die Schutzfrist von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers (§ 64 UrhG) ins Leere laufen. Vertragspartner des Verlegers ist der Autor als Inhaber des Urheberrechts bzw. sein Rechtsnachfolger.

Es ist nichts dafür erkennbar, dass es dem Willen des Erblassers entspricht, wenn die Ansprüche auf die Zahlung der vereinbarten Vergütungen der Beklagten einerseits und die sonstigen Rechte und Pflichten aus den Verträgen den Erben andererseits und damit verschiedenen Personen zuzuordnen wären und auseinanderfallen können. Ebenso ergibt sich keine Begrenzung auf die Veröffentlichungen zu Lebzeiten des Erblassers. Im Testament heißt es vielmehr, dass die Beklagte "alle Rechte aus Publikationen ...” erhalten soll. Das schließt auch die erwähnten Schadensersatz- Rücktritts- und Kündigungsrechte ein. Andernfalls könnte die Erbengemeinschaft im Extremfall etwa von ihrem Recht zur Kündigung der Verträge Gebrauch machen und so die Erzielung weiterer Erlöse vereiteln. Der Beklagten sind ausdrücklich auch die Rechte aus Neuauflagen zugewendet worden, für die nach den Verträgen eine Überarbeitung des Werks erforderlich ist. Insbesondere wissenschaftliche Werke sind stets auf den aktuellen Stand der Forschung zu bringen, da andernfalls nur "Nachdrucke” hergestellt werden können, die ihrerseits auch - zumindest bei wissenschaftlichen Werken - als solche gekennzeichnet werden müssen und mit denen nur wesentlich geringere Erlöse erzielt werden können. Für die Überarbeitung bedarf es aber der Benutzung des vorhandenen und hinterlassenen Arbeitsmaterials, zu dem insbesondere der Zettelkasten des Erblassers gehört, welchen dieser wiederholt als sein "Zweitgedächtnis” bezeichnet hat. Dieses Recht der Benutzung der Werke steht nur dem Urheber zu. Die Beklagte wäre davon abgeschnitten und könnte ihre Rechte aus Neuauflagen nicht durchsetzen, wenn ihr entsprechend der Auffassung des Klägers nur die Erlöse zukommen sollten.

Im Hinblick auf die Besonderheiten, die gemäß §§ 28, 29 UrhG für die Vererblichkeit der Urheberrechte gelten, kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Erblasser gewollt hat, dass die Urheberrechte losgelöst von dem Vorausvermächtnis zugunsten der Beklagten in den allgemeinen Nachlass und damit an die Erbengemeinschaft fallen sollten. 28 Abs. 1 UrhG stellt klar, dass das Urheberrecht vererblich ist. Das Recht des Urhebers geht in seinem ganzen Umfang, d.h. insbesondere einschließlich der Urheberverwertungsrechte und der Urheberpersönlichkeitsrechte, so wie es der Erblasser hinterlassen hat (z.B. mit Nutzungsverträgen) auf den oder die Erben über (s. dazu Dreyer-Kotthoff Urheberrecht § 28 Rdnr. 1; Wandtke-Block a.a.O. 2002 § 28 Rdnr. 8,9; Möhring-Nicolini-Spautz Urheberrechtsgesetz § 28 Rdnr. 1; Schricker-Schricker Urheberrecht 2. Aufl. 1999 § 28 Rdnr. 5,6). Der Rechtsübergang auf den oder die Erben ergibt sich aus den §§ 1922 Abs. 1, 1942 Abs. 1 BGB und ist ein Fall der gesetzlichen Rechtsnachfolge (Universalzession), nicht der Übertragung. Die Rechtsbeziehungen der Erben in der Erbengemeinschaft richten sich nach dem allgemeinen Erbrecht (§§ 2032 ff BGB), insbesondere können die Miterben über die Urheberrechte nur gemeinschaftlich verfügen. Da Urheberrechte grundsätzlich nicht übertragbar sind, gilt für die Erbauseinandersetzung entgegen § 2042 Abs. 1 BGB, dass eine Übertragung wegen der Ausnahmeregelung des § 29 Abs. 1 2. Halbsatz UrhG nur an einen Miterben, nicht aber an Dritte möglich ist. Eine "Versilberung” und Teilung eines Erlöses scheidet damit aus. Die Erbauseinandersetzung kann nur in der Weise erfolgen, dass einer der Miterben - etwa wie hier aufgrund der Anordnung eines Vorausvermächtnisses durch den Erblasser - die Urheberrechte übernimmt. Ansonsten bleibt die Gemeinschaft bestehen und muß auf Dauer die Urheberechte gemeinschaftlich verwalten.

Letzteres entspricht nicht dem Willen des Erblassers. Vor dem Hintergrund, dass die drei Kinder zu seinen Lebzeiten ihre eigenen Entwicklungen genommen und unterschiedliche Lebenswege eingeschlagen haben und hier für den Fall, dass die Urheberrechte auf die Erbengemeinschaft übergehen sollten, auf Jahre und Jahrzehnte ein gemeinsames Handeln erforderlich sein würde, in das wegen der weiteren Vererbbarkeit der Urheberrechte auch die zukünftigen Erben der Erben eingebunden wären, sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Erblasser sich diese Konstellation vorgestellt und sie so gewollt hat. Aus Absatz 1 des Testaments ergibt sich vielmehr das Gegenteil. Bei der Anordnung, dass gesetzliche Erbfolge gelten soll, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Erblasser die Vorstellung hatte, dass die Erbengemeinschaft auf Dauer Bestand haben würde und sich zumindest über den - nach den obigen Ausführungen nicht ohne weiteres teilbaren Teil - des Nachlasses nicht auseinandersetzen würde. Die Erbengemeinschaft ist nach dem Gesetz - das ja nach der Formulierung im Testament hier gelten soll - keine Dauergemeinschaft, sondern nur zur Abwicklung und Aufteilung der Hinterlassenschaft des Erblassers geschaffen. Sie ist also von Anfang an eine sogenannte Liquidationsgemeinschaft, deren Auflösung jeder Miterbe betreiben kann (Münchner Kommentar-Dütz a.a.O. § 2042 Rdnr. 1).

Die Eigentumsrechte am den Manuskripten und Arbeitsmaterialien einschließlich des Zettelkastens, das heißt an den einzelnen Werken und Werkstücken sind mit den Urheberrechten eng verbunden und können nicht gesondert behandelt werden. Sie gehören zusammen mit diesen in eine Hand. Das Sacheigentum als solches hat keinen eigenen wirtschaftlichen Wert. Der eigentliche Wert liegt im geistigen Eigentum und in der wissenschaftlichen Bedeutung. Davon ist offensichtlich auch der Erblasser ausgegangen und hat insoweit keinen gesonderten Regelungsbedarf gesehen.

Im übrigen müßte für den Fall, dass die Eigentumsrechte an den Manuskripten und sonstigen Arbeitsmaterialien in den allgemeinen Nachlass fallen würden, die Erbauseinandersetzung nach den gesetzlichen Regeln erfolgen, das heißt durch Realteilung, soweit die möglich ist, und ansonsten durch Verkauf und Verteilung des Erlöses. Das ist nicht im Sinne des Erblassers. Unabhängig davon, ob bei einem Verkauf überhaupt nennenswerte Erlöse erzielt werden könnten, besteht auch die Gefahr, dass das vorhandene Material auseinandergerissen würde. Zumindest ein Teil des wissenschaftlichen Nachlasses des Prof. Dr. M könnte auf diese Weise verloren gehen. Der Zettelkasten als das Zentrum seines Werkes hätte für den Fall einer Aufteilung in verschiedene Sammlungen seinen wissenschaftlichen Wert verloren. Das hat der Erblasser so nicht gewollt.

Die Gesamtkonzeption des Testaments vor dem Hintergrund des vorhandenen nicht unbeträchtlichen Vermögens spricht dafür, dass dem Erblasser möglichst einfache und unkomplizierte Regelungen vorschwebten. Das Testament ist insgesamt sehr knapp abgefaßt. Auch im Hinblick auf die Vorausvermächtnisse zugunsten der Söhne beschränkt sich die letztwillige Verfügung lediglich auf Stichworte. Klar erkennbar ist jedoch, dass der Erblasser sein Vermögen seinen drei Kindern nach den gesetzlichen Regelungen zukommen lassen wollte, was bedeutet, dass letztlich alles "versilbert” und geteilt werden sollte. Es sind lediglich die drei Komplexe herausgenommen worden, die Gegenstand der Vorausvermächtnisse sind und die nicht in eine wie auch immer sich entwickelnde Auseinandersetzung fallen, sondern bei jeweils einem Kind in einer Hand bleiben sollten.

Etwas anderes ergibt sich im Rahmen einer ergänzenden Testamentsauslegung auch nicht daraus, dass den Parteien nunmehr ein Angebot einer Stiftung vorliegt, nach dem die Stiftung bereit ist, den Nachlass Ms ("den materiellen Nachlass und die Urheberrechte”) zum Preis von 1,5 Mill. Euro zu erwerben. Diese Entwicklung liegt so außerhalb aller Wahrscheinlichkeit, dass sie bei der Errichtung des Testaments und auch im Zeitpunkt des Erbfalls noch nicht absehbar war. Das spätere Schicksal des Nachlasses verbunden mit einer solchen nachträglichen Wertentwicklung, deren Realisierung allerdings auch noch nicht sicher ist, können nicht mehr zur Testamentsauslegung herangezogen werden.

Der Feststellungsantrag des Klägers ist somit nicht begründet. .

II. Widerklage

1.)

Die Beklagte hat entsprechend ihrem im Senatstermin am 13.5.2004 gestellten Hilfsantrag einen Anspruch auf Herausgabe der von dem Kläger am 22.11.1999 aus den Räumen der Universität C mitgenommenen Plastikwanne mit der Klebeaufschrift "Ablage Schreibtisch” einschließlich des Registers zum Zettelkasten an die Erbengemeinschaft. Diesen Anspruch, den die Beklagte als Mitglied der Erbengemeinschaft gemäß § 2039 BGB geltend machen kann, hat der Kläger im Termin anerkannt.

Die mit dem Hauptanspruch verlangte Herausgabe an sie persönlich steht der Beklagten dagegen nicht zu. Wie oben bereits ausgeführt, ist derzeit unstreitig noch die Erbengemeinschaft Eigentümerin der streitigen Gegenstände. Eine Übereignung an die Beklagte hat noch nicht stattgefunden. Es kann dahingestellt bleiben, ob sie insoweit im Rahmen der Erfüllung des zu ihren Gunsten bestehenden Vorausvermächtnisses nach den obigen Ausführungen einen Anspruch hat. Eine Teilerfüllung, bezogen nur auf die Herausgabe der Wanne und des Registers zum Zettelkasten kann sie zur Zeit jedenfalls nicht verlangen. Es kommt hinzu, dass die Beklagte auch nicht den Kläger allein auf die Übereignung in Anspruch nehmen kann. Sie kann die Erfüllung des Vorausvermächtnisses gemäß § 2059 Abs. 2 BGB nur von sämtlichen Miterben aus dem ungeteilten Nachlass im Rahmen einer sog. Gesamthandsklage verlangen (s. dazu Palandt-Edenhofer a.a.O. § 2059 Rdnr. 4; Münchner Kommentar-Dütz a.a.O. § 2059 Rdnr. 19 jeweils m.w.N.).

2.)

Der im Wege der Widerklage im Berufungsverfahren erhobene Feststellungsantrag der Beklagten, mit dem sie die Feststellung begehrt, dass ihr mit dem Testament des Erblassers im Wege des Vorausvermächtnisses das gesamte wissenschaftliche Werk Ms einschließlich der Urheberrechte sowie der Eigentumsrechte an sämtlichen Manuskripten und Arbeitsmaterialien einschließlich des Zettelkastens vermacht worden sind, ist zulässig und begründet.

a)

Der in der Berufungsinstanz neue Antrag ist gemäß § 533 ZPO zuzulassen. Er ist sachdienlich und geeignet, den Streit der Parteien über die Auslegung des Vorausvermächtnisses zugunsten der Beklagten in diesem Verfahren abschließend zu entscheiden. Neue Tatsachen, auf die er gestützt werden müßte, sind nicht vorzutragen. Das Ergebnis der bisherigen Prozeßführung kann der Entscheidung zugrunde gelegt werden.

Der Antrag der Beklagten betrifft auch im Verhältnis zu dem Feststellungsantrag des Klägers einen selbständigen Streitgegenstand, der mit der Widerklage geltend gemacht werden kann. Mit der Abweisung der Feststellungsklage steht noch nicht die Berechtigung der Beklagten aus dem Vorausvermächtnis zu Ziffer 1) des Testaments des Erblassers fest (zur Zulässigkeit der Feststellungswiderklage s. Münchner Kommentar-Patzina ZPO § 33 Rdnr. 9; Zöller-Vollkommer ZPO 24. Auflage § 33 Rdnr. 7).

Ein Feststellungsinteresse der Beklagten ist ebenso zu bejahen wie das des Klägers. Auf die obigen Ausführungen wird Bezug genommen.

b)

Die Feststellungswiderklage ist begründet. Aus den obigen Ausführungen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, ergibt sich, dass der Erblasser der Beklagten in Ziffer 1) seines Testaments vom 16.12.1995 im Wege des Vorausvermächtnisses sämtliche Rechte an seinem wissenschaftlichen Nachlass einschließlich der Urheberrechte an seinen Werken sowie der Eigentumsrechte an den Manuskripten und Arbeitsmaterialien einschließlich des Zettelkastens vermacht hat.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 93 ZPO. Der Kläger hat den Herausgabeanspruch der Widerklage sofort anerkannt, nachdem die Beklagte im Senatstermin den Antrag umgestellt und hilfsweise Leistung an die Erbengemeinschaft verlangt hat.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung. Auch erfordern weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).






OLG Hamm:
v. 29.07.2004
Az: 10 U 132/03


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/d6a5b3f42e28/OLG-Hamm__vom_29-Juli-2004_Az_10-U-132-03




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