Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. November 2000
Aktenzeichen: 30 W (pat) 54/00

(BPatG: Beschluss v. 13.11.2000, Az.: 30 W (pat) 54/00)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Schutz begehrt die international registrierte Marke 654 914 ROFLEX für die Waren

"C‰bles isoles avec du caoutchouc d'ethylènepropylène (EPR) et avec du polyurethane (PUR) avec conducteur en cuivre pour la transmission d'energie electrique."

Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der rangälteren, seit 1991 für die Waren

"Metall- und Kunststoffschläuche, insbesondere Kabelschutzschläuche"

eingetragenen Marke 2006567 ROHRFLEX.

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, eine Verwechslungsgefahr verneint und den Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, es liege zwar eine hohe Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen vor. Jedoch fehle es an einer ausreichenden Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren. Diese seien vor allem in Funktion und technischem Aufbau verschieden. Der wesentliche und zentrale Bestandteil der für die angegriffene Marke eingetragenen Kabel sei das stromleitende Metall. Demgegenüber erfüllten die für die Widersprechenden eingetragenen Schläuche einen Schutzzweck, so daß die beiderseitigen Waren sich schon nach Kriterien wie Art und Zweck der Verwendung der Waren und stofflich konstruktiver Beschaffenheit deutlich voneinander unterschieden.

Die Widersprechende hat Beschwerde erhoben. Sie stützt diese im wesentlichen darauf, daß elektrische Kabel und Kabelschutzschläuche als eng zusammengehörig anzusehen und beide Waren demselben Vertriebsweg zuzuordnen seien. Darüber hinaus ergänzten sich die genannten Produkte.

Die Widersprechende beantragt (sinngemäß), die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben und der angegriffenen Marke den Schutz in Deutschland zu verweigern.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus, eine ausreichende Warenähnlichkeit liege nicht vor, da es sich bei den gegenüberstehenen Waren um völlig voneinander unabhängige Produkte handele. Bei der Herstellung bestünden keine Gemeinsamkeiten. Während eine elektrische Isolierung ein wesentliches Merkmal eines Kabels sei, spiele diese beim Schutzschlauch keine Rolle. Die unterschiedlichen Produkte würden erst beim Verwender zusammengeführt. Eine Gemeinsamkeit der Vertriebswege liege nur im Kleinmengenbereich vor.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Eine Verwechslungsgefahr nach § 9 Absatz 1 Nr 2 Markengesetz ist nicht gegeben.

Da Benutzungsfragen nicht angesprochen worden sind, ist von der Registerlage auszugehen.

Auf dieser Grundlage besteht zwischen den sich gegenüberstehenden Produkten eine allenfalls entfernte Warenähnlichkeit.

Bei der Beurteilung der Warenähnlichkeit sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren kennzeichnen. Hierzu gehören insbesondere die Art der Waren, ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren (EuGH GRUR 1998, 922, 923 - CANON). Daneben kommt nach wie vor der regelmäßigen betrieblichen Herkunft ein sehr starkes Gewicht zu (Althammer/Ströbele, § 9 Rdn 53). Insoweit ergeben sich bei den sich gegenüberstehenden Waren keine Berührungspunkte. So ist für den maßgeblichen deutschen Markt festzustellen, daß Hersteller von Kabelschutzschläuchen - soweit ersichtlich - in keinem Fall auch elektrische Kabel herstellen (Wer liefert was€ S 2 435 f). Dies wird von der Widersprechenden auch nicht in Frage gestellt.

Zwar ist in der jüngsten höchstrichterlichen Rechtsprechung vermehrt auf die Erwartung des Verkehrs von einer Verantwortlichkeit desselben Unternehmens für die Qualität der Waren abgestellt worden (BGH GRUR 1999, 731 - CANON II). Diese Betrachtungsweise läßt die tatsächliche betriebliche Herkunft in den Hintergrund treten und eine - nicht notwendigerweise zutreffende - Vorstellung des Verkehrs über eine Produktverantwortung desselben Unternehmens entscheiden.

Im vorliegenden Fall könnte sich eine derartige Annahme auf den Umstand stützen, daß die in Rede stehenden Waren sich gegenseitig ergänzen und sogar eine Wechselwirkung zwischen der Beständigkeit der Isolierung von Elektrokabel und dem Erfordernis eines darüber hinausgehenden Kabelschutzes besteht. Eine derartige Betrachtungsweise würde jedoch die im konkreten Fall angesprochenen Verkehrskreise außer acht lassen. Sowohl Kabel als auch Kabelschutzschläuche werden im relevanten Umfang nur von Fachleuten und technisch interessierten Laien nachgefragt. Damit sind gerade nicht die allgemeinen Verkehrskreise angesprochen. Fachlich versierten Erwerbern ist aber eine Herkunft der in Streit stehenden Waren von unterschiedlichen Herstellern sehr wohl bewußt. Sie ist auch vom unterschiedlichen technischen Aufbau der Waren nahegelegt (BPatG, Beschluß vom 25. Februar 1985, 24 W (pat) 224/82 - HYTRAN-HYDRA). Aus diesem Grund hat eine mögliche Fehlvorstellung des Verkehrs kaum nennenswertes Gewicht.

Der Senat geht von einer eher unterdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft und damit von einem eingeschränkten Schutzumfang der Widerspruchsmarke aus. Das Widerspruchszeichen weist beschreibend auf ein "flexibles Rohr" hin. Dabei ist eine Abgrenzung zwischen einem Rohr, das in vielen Fällen eher starr sein wird, aber durchaus auch flexibel sein kann (zB Leerrohre zur Verlegung von Kabeln unter Putz) und einem (eher flexiblen) Schlauch nur schwer möglich. Somit weist "ROHRFLEX" auf ein Produkt hin, das in seinen Eigenschaften einem Schlauch ähnelt und damit den Widerspruchswaren entspricht.

Der unter diesen Umständen nur noch eingeschränkt gebotene zeichenrechtliche Abstand ist vorliegend eingehalten.

In klanglicher Hinsicht kommt der gemeinsamen Endung "FLEX" wegen ihres warenbeschreibenden Charakters nur eine eingeschränkte Bedeutung zu. Die danach im Vordergrund stehenden Abweichungen zwischen "RO" und "ROHR" sind in Anbetracht der allenfalls entfernten Warenähnlichkeit und der eingeschränkten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke noch ausreichend, um eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr ausschließen zu können.

Eine schriftbildiche Verwechslungsgefahr liegt angesicht der noch ausreichend unterschiedlichen Wortlänge nicht vor.

Eine Kostenauferlegung (§ 71 Abs 1 MarkenG) ist nicht veranlaßt.

Dr. Buchetmann Schwarz-Angele Schrammbr/Hu






BPatG:
Beschluss v. 13.11.2000
Az: 30 W (pat) 54/00


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