Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. April 2005
Aktenzeichen: 26 W (pat) 188/03

(BPatG: Beschluss v. 06.04.2005, Az.: 26 W (pat) 188/03)

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 10. April 2003 aufgehoben, soweit der angemeldeten Marke die Eintragung für die Waren und Dienstleistungen "Schutzvorrichtungen für Beleuchtungen, Beleuchtungsapparate und -anlagen, Fassungen für elektrische Lampen, Glühbirnen (elektrisch), Glühbirnen für Beleuchtungszwecke, Heizgeräte (elektrisch), Aktualisierung von Werbematerial, Fernsehwerbung, Herausgabe von Werbetexten, Marketing (Absatzforschung), Marktforschung, Plakatanschlagwerbung, Veranstaltung von Messen zu gewerblichen oder zu Werbezwecken, Verbreitung von Werbeanzeigen, Verkaufsförderung (Sales Promotion für andere), Versandwerbung, Verteilung von Warenproben zu Werbezwecken, Verteilung von Werbematerial (Flugblätter, Prospekte, Drucksachen, Warenproben), Vorführung von Waren für Werbezwecke, Werbung durch Werbeschriften, Werbung, Betrieb eines Clubs (Unterhaltung oder Unterricht), Herausgabe von Texten (ausgenommen Werbetexte), Veranstaltung von sportlichen Wettkämpfen" versagt worden ist.

Im übrigen, d.h. im Umfang der Waren "Hautpflegemittel (kosmetisch), Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Kosmetika, Kosmetiknecessaires (gefüllt), Parfums, Toilettenmittel (Körperpflege)" wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist die Bezeichnung ROLLER für eine Fülle von Waren und Dienstleistungen der Klassen 1-42 zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 20 hat diese Anmeldung für eine große Zahl dieser Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Wortmarke "ROLLER" sie hierfür von der Eintragung ausgeschlossen, weil ihr insoweit jegliche Unterscheidungskraft fehle. Die angemeldete Bezeichnung verfüge im Hinblick auf diese Waren und Dienstleistungen über einen ohne weiteres im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt. Der Begriff "Roller" bezeichne zum einen ein Fahrzeug für Kinder oder Erwachsene, das aus einem Brett mit zwei Rädern und einer Lenkstange bestehe und mit einem Bein entweder durch Abstoßen am Boden oder durch eine Trethebel vorwärts bewegt werde. Zum anderen werde der Begriff auch als Kurzbezeichnung für Motorroller verwendet. Darüber hinaus sei der Begriff "Roller" auch im Zusammenhang insbesondere mit Mitteln zur Körper- und Schönheitspflege im weiteren Sinne gebräuchlich, die eine Rollfunktion beispielsweise zum Auftragen eines Mittels auf die Haut aufwiesen. Soweit eine Zurückweisung der Anmeldung auf dem Sektor der Körper- und Schönheitspflege erfolgt sei, sei die angemeldete Bezeichnung also als Hinweis auf solche Waren zu verstehen, die sich durch eine Rollfunktion der beschriebenen Art auszeichneten oder für Artikel mit Rollfunktion bestimmt seien. Im Zusammenhang mit den übrigen versagten Waren und Dienstleistungen weise die angemeldete Bezeichnung auf die Art bzw Bestimmung und auf den Gegenstand dieser Waren und Dienstleistungen hin. Das Bestehen eines Freihaltebedürfnisses könne dahingestellt bleiben.

Die Anmelderin wendet sich mit der Beschwerde gegen die Versagung für alle Waren und Dienstleistungen, die im Tenor genannt sind. Diesen wohne eine unmittelbare Roll-Funktion nicht inne. Deshalb sei es hier nicht nachvollziehbar, weshalb es sich bei der Bezeichnung "ROLLER" um eine unmittelbare Sachangabe handeln solle. Kosmetika, Kosmetiknecessaires, Parfums und Toilettenmittel (Körperpflege) besäßen regelmäßig keine Rollfunktion. Das einzige Produkt, welches im Bereich der Körperpflege üblicherweise auch in Rollform angeboten werde, sei der Deo-Roller. Alle übrigen Produkte würden zum Schütten oder Sprühen bzw zum Auftragen in Tiegelform angeboten. Hinsichtlich der weiteren Waren enthalte die Entscheidung der Markenstelle keinerlei Begründung dafür, weshalb der angemeldeten Bezeichnung hier ein ohne weiteres im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt zugeordnet werden könne. Ein solcher sei auch nicht ersichtlich. Eine Rollfunktion besitze keine dieser Waren und Dienstleistungen. Im übrigen werde die Unterscheidungskraft einer Marke nicht schon dadurch ausgeschlossen, daß dem Zeichen zugleich ein beschreibender Begriffsgehalt für die rechtserheblichen Waren und Dienstleistungen zukomme. Der beschreibende Begriffsgehalt dürfe lediglich den Aussagegehalt der Marke nicht derart dominieren, daß der Marke im Verkehr eine kennzeichnende Funktion nicht mehr zukomme.

II.

Die zulässige Beschwerde ist teilweise, nämlich im Umfang der im ersten Absatz des Tenors genannten Waren und Dienstleistungen begründet, hinsichtlich der übrigen (in die Klasse 3 fallenden) Waren dagegen unbegründet; insoweit fehlt der angemeldeten Marke jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG.

Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als betriebliches Herkunfts- und Unterscheidungsmittel für die betreffenden Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden und damit die betriebliche Zuordnung dieser Waren und Dienstleistungen zu ermöglichen (BGH GRUR 2001, 1153, 1154 - antiKALK; BlPMZ 2004, 30 f - Cityservice). Auch dieses Eintragungshindernis ist im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, das ihm zugrunde liegt, und das darin besteht, den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr zu gewährleisten (EuGH GRUR 2002, 804, 805 und 809 - Philips; MarkenR 2003, 227, 231 f - Orange). Für kennzeichnungsrechtliche Monopole ist damit nur Raum, soweit diese geeignet sind, dem Verbraucher die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu garantieren und damit die Herkunftsfunktion der Marke zu erfüllen (EuGH GRUR 2001, 1148, 1149 - BRAVO). Kann demnach einer Wortmarke ein für die fraglichen Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden oder handelt es sich sonst um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so ergibt sich daraus ein tatsächlicher Anhalt dafür, dass ihr jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH aaO - Cityservice).

Der angemeldeten Bezeichnung kommt für die Waren "Hautpflegemittel (kosmetisch), Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Kosmetika, Kosmetiknecessaires (gefüllt), Parfums, Toilettenmittel (Körperpflege)" ein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zu. Wie die Markenstelle in dem angegriffenen Beschluss zutreffend dargelegt hat, wird der mit der angemeldeten Bezeichnung im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren konfrontierte Verkehr in dieser nur einen allgemeinen Sachhinweis darauf sehen, dass sie mit einer kugelförmigen Vorrichtung ausgestattet sein können, die mittels einer Rollbewegung den zu verteilenden Stoff auf die Haut aufbringen. Die Markenstelle hat zutreffend darauf hingewiesen, daß dieses Funktionsprinzip bereits bei "Deo-Rollern" angewendet wird. Die Anwendung dieses Prinzips ist bei allen diesen Waren möglich, wenn sie ein Mindestmaß an stofflicher Geschmeidigkeit aufweisen. Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, daß es mittlerweile sogar einen Puder-Rollon-Lidschatten von Jade Maybelline mit der Bezeichnung Roller Color gibt. Die gefüllten Kosmetiknecessaires können ohne weiteres Produkte mit Roll-Funktion enthalten.

Entgegen der Ansicht der Anmelderin kann von einer schutzbegründenden Mehrdeutigkeit der angemeldeten Bezeichnung nicht ausgegangen werden. Im Zusammenhang mit den oben genannten Waren wird der angesprochene Verkehr ohnehin nicht an das gleichnamige Fortbewegungsmittel denken, sondern ausschließlich an eine bestimmte Darreichungs- und Verwendungsart. Damit fehlt der angemeldeten Bezeichnung im Hinblick auf die vorgenannten Waren jegliche Eignung, diese ihrer betrieblichen Herkunft nach zu kennzeichnen, so daß der Beschwerde in diesem Umfang der Erfolg versagt bleiben musste.

Dagegen kann der angemeldeten Bezeichnung für die Waren und Dienstleistungen "Schutzvorrichtungen für Beleuchtungen, Beleuchtungsapparate und -anlagen, Fassungen für elektrische Lampen, Glühbirnen (elektrisch), Glühbirnen für Beleuchtungszwecke, Heizgeräte (elektrisch), Aktualisierung von Werbematerial, Fernsehwerbung, Herausgabe von Werbetexten, Marketing (Absatzforschung), Marktforschung, Plakatanschlagwerbung, Veranstaltung von Messen zu gewerblichen oder zu Werbezwecken, Verbreitung von Werbeanzeigen, Verkaufsförderung (Sales Promotion für andere), Versandwerbung, Verteilung von Warenproben zu Werbezwecken, Verteilung von Werbematerial (Flugblätter, Prospekte, Drucksachen, Warenproben), Vorführung von Waren für Werbezwecke, Werbung durch Werbeschriften, Werbung, Betrieb eines Clubs (Unterhaltung oder Unterricht), Herausgabe von Texten (ausgenommen Werbetexte) und Veranstaltung von sportlichen Wettkämpfen" üblicherweise kein beschreibender Sachhinweis entnommen werden, vielmehr vermag sie in diesem Umfang regelmäßig als herkunftskennzeichnender Hinweis zu fungieren. Diesen Waren und Dienstleistungen wohnt keine unmittelbare Roll-Funktion oder ein unmittelbarer Bezug zu dem "Roller" genannten Fortbewegungsmittel inne.

Albert Reker Eder Bb






BPatG:
Beschluss v. 06.04.2005
Az: 26 W (pat) 188/03


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