Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. Juni 2004
Aktenzeichen: 28 W (pat) 390/03

(BPatG: Beschluss v. 23.06.2004, Az.: 28 W (pat) 390/03)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in dem Beschluss vom 23. Juni 2004, Aktenzeichen 28 W (pat) 390/03, die Kostenentscheidungen der Markenstelle für Klasse 29 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 24. Juni 2002 und vom 24. September 2003 aufgehoben. Diese hatten dem Widersprechenden die Kosten des Verfahrens auferlegt. Jedoch wurde der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerde- und Erinnerungsgebühr abgelehnt.

Der Widersprechende hatte Widerspruch gegen die Wort-/Bildmarke eingelegt, die für Waren der Klasse 29 eingetragen war. Die Markenstelle hatte zunächst eine Verwechslungsgefahr bei identischen Waren verneint und dem Widersprechenden die Kosten des Verfahrens auferlegt. Der Widersprechende legte daraufhin Erinnerung gegen die Kostenentscheidung ein, welche jedoch abgelehnt wurde.

In der Beschwerde gegen die Kostenentscheidung argumentierte der Widersprechende, dass er ein berechtigtes Interesse habe, seine Ansprüche geltend zu machen, da es Gemeinsamkeiten zwischen den Marken gebe. Er verwies auch auf eine vorherige Entscheidung des Bundespatentgerichts, die das Zeichen "Farmers" als schutzunfähig zurückgewiesen hatte. Die Markeninhaberin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde, äußerte sich jedoch nicht weiter.

Das Bundespatentgericht kam zu dem Schluss, dass die Kostenentscheidungen der Markenstelle aufgehoben werden sollten. Es wurde festgestellt, dass der Widersprechende ein berechtigtes Interesse hatte, seine Ansprüche durchzusetzen, da es Gemeinsamkeiten zwischen den Marken gab und diese auch grafisch ähnlich dargestellt wurden. Zudem wurde argumentiert, dass die Marke der Markeninhaberin ebenfalls aus schutzunfähigen Bestandteilen bestand, weshalb sie keine schutzwürdigen Interessen hatte.

Jedoch wurde entschieden, dass weder die Erinnerungsgebühr noch die Beschwerdegebühr zurückerstattet werden sollten, da dafür besondere Umstände erforderlich sind, die hier nicht vorlagen. Die Entscheidung des Bundespatentgerichts in Sachen "Farmers" wurde nicht als solcher Umstand angesehen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 23.06.2004, Az: 28 W (pat) 390/03


Tenor

Auf die Beschwerde des Widersprechenden werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 29 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 24. Juni 2002 und vom 24. September 2003 aufgehoben, soweit darin dem Widersprechenden die Kosten des Verfahrens auferlegt worden sind.

Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr und der Erinnerungsgebühr wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die für Waren der Klasse 29 eingetragenen Wort/ Bildmarke 398 32 579 siehe Abb. 1 am Endehat der Inhaber der unter anderem ebenfalls für Waren der Klasse 29 eingetragenen prioritätsälteren Wort/ Bildmarke 394 06 371 siehe Abb. 2 am Ende Widerspruch erhoben.

Die Markenstelle hat mit Erstbeschluss eine Verwechslungsgefahr auch bei identischen Waren verneint und dem Widersprechenden die Kosten des Verfahrens auferlegt. Sein Widerspruch sei von Anfang an aussichtslos und damit willkürlich gewesen, denn das Wort "Farmers" beschreibe die Waren, sei schutzunfähig und damit zur Begründung einer Verwechslungsgefahr ungeeignet.

Der Widersprechende hat gegen die Kostenentscheidung isoliert Erinnerung eingelegt, die von der Markenstelle mit Zweitbeschluss zurückgewiesen worden ist. Die Kostenauferlegung sei rechtens gewesen, denn mit seinem Vorgehen habe der Widersprechende prozessuale Sorgfaltspflichten verletzt.

Mit der Beschwerde wendet sich der Widersprechende weiterhin gegen die Überbürdung der Kosten. Nach anerkannten Beurteilungsgesichtpunkten könne der Gesamteindruck einer Marke auch durch schutzunfähige Bestandteile mitbestimmt werden, von einer von vorneherein aussichtslosen Rechtsposition könne daher keine Rede sein, dies umso weniger, als es bereits eingetragene Wortmarken "Farmer" und "Farmers" gebe. Die Erinnerungs- und Beschwerdegebühr seien zurückzuerstatten, denn in beiden patentamtlichen Beschlüssen seien die Argumente des Widersprechenden unberücksichtigt geblieben.

Die Markeninhaberin hat Zurückweisung der Beschwerde beantragt, sich im übrigen aber nicht sachlich geäußert.

II.

Die Beschwerde ist zulässig (§ 66 Abs 1 MarkenG) und auch begründet, denn dem Widersprechenden sind zu Unrecht die Kosten des Verfahrens auferlegt worden (§ 63 Abs 1 S 1 MarkenG).

Eine Kostenauferlegung findet sowohl im Widerspruchs- als auch im Beschwerdeverfahren nur statt, wenn der Grundsatz, wonach im registerrechtlichen Markenverfahren jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt, der Billigkeit widersprechen würde (§§ 63 Abs 1, 71 Abs 1 Satz 2 MarkenG). Dazu bedarf es stets besonderer Umstände, die zB dann vorliegen können, wenn das Verhalten eines an einem patentamtlichen Markenverfahren Beteiligten derart im Widerspruch zu dessen prozessualen Sorgfaltspflichten steht, dass es unbillig wäre, den anderen Beteiligten mit dessen eigenen Kosten zu belasten. Prozessuale Sorgfaltspflichten dienen dem Schutz des Gegners vor rechtsmissbräuchlichen Angriffen. Bis an diese Grenze ist es jeder Partei erlaubt unter Ausschöpfung aller vom Gesetz eröffneter Rechtswege ihre - auch vermeintlichen - Ansprüche durchzusetzen. Erst wenn dies in einer Weise geschieht, dass der Gegner in einer nicht mehr vertretbaren, von der Norm deutlich abweichenden Art mit einem Verfahren belastet wird, zB weil ein Obsiegen der Partei von Anfang an ausgeschlossen erscheint, letztlich also die Verfolgung verfahrensfremder Ziele im Raum steht, kann die Kostenüberbürdung in einem solchen Maß geboten (und nicht nur erlaubt) sein, dass die nach dem Gesetz vorgesehene Kostentragung beider Parteien dem Rechtsempfinden deutlich widersprechen würde. Davon kann Im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden.

Schon die identische Warensituation und die in ihrem Klang nach identischen Marken (soweit der beschreibende Teil "American Barbecue House" unberücksichtigt bleibt) begründen ein deutliches Rechtsinteresse des Widersprechenden an der Durchsetzung seiner Ansprüche. Hinzu kommt die grafische Nähe beider Worte sowohl im Schrifttyp als auch insbesondere in der perspektivischen, das Oval der Umrandung aufnehmenden Schreibweise. Die Abbildungen sind jeweils verschieden, unterstützen aber doch die Wortbestandteile, so dass sie eher in den Hintergrund treten. Es ist damit nicht unverständlich, dass der Widersprechende die Durchsetzung seines Rechts versucht und (zunächst) auch daran festgehalten hat, nachdem in einer Entscheidung des Bundespatentgerichts das Zeichen "Farmers" als schutzunfähig zurückgewiesen worden ist. Anders als die Markenstelle meint, stellt dies nicht das in der Kommentierung von Ströbele/Hacker (MarkenG 7. Auflage § 71 Rdz 30) zitierte Vorgehen aus einem unzweideutig schutzunfähigen Bestandteil einer Marke dar. Gemeint sind damit Fallgestaltungen, bei denen sich Marken gegenüberstehen, die zwar übereinstimmende beschreibende Bestandteile haben, im übrigen aber (zum Teil erheblich) voneinander abweichen (zB BPatG, PAVIS, DERMA QUICK ./. DERMA COLOR KRYOLAN GMBH oder WORDL CUP STRIKER ./. FIFA WORLD CUP, wo die Widersprüche auf die Bestandteile "DERMA" bzw "WORLD CUP" gestützt waren), was hier aber gerade nicht der Fall ist. Zuletzt fehlt es auch an einem schützenswerten Interesse der Markeninhaberin, denn ihre Marke ist in eben solcher Weise wie die Widerspruchsmarke im wesentlichen aus schutzunfähigen Bestandteilen zusammengesetzt, so dass Angriffe aus solch "schwachen" Marken zu erwarten waren.

Die Markenstelle hat bei der Kostenauferlegung deshalb die Grenzen der Ermessensausübung überschritten, so dass die Beschlüsse insoweit aufzuheben waren.

Es war aber weder die Rückerstattung der Erinnerungsgebühr (§ 64 Abs 5 MarkenG), noch der Beschwerdegebühr (§§ 66 Abs 5 S 3, 71 MarkenG) veranlasst. Auch hier bedarf es besonderer Umstände, die das Einbehalten der Gebühr unbillig erscheinen lassen, wofür jedoch materiell unrichtige Entscheidungen allein nicht ausreichen, solange sie nicht völlig unhaltbar sind, oder anerkannten Rechtsgrundsätzen widersprechen. Insbesondere auf Grund der während des Verfahrens ergangenen Bundespatengerichts - Entscheidung in Sachen "Farmers" kann hier nicht davon ausgegangen werden.

Stoppelv. Schwichow Schwarz-Angele Bb Abb. 1 Grafik der Marke 39832579.0 Abb. 2 Grafik der Marke 39406371.6






BPatG:
Beschluss v. 23.06.2004
Az: 28 W (pat) 390/03


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