Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. April 2009
Aktenzeichen: 23 W (pat) 20/03

(BPatG: Beschluss v. 09.04.2009, Az.: 23 W (pat) 20/03)

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe vom 5. Februar 2003 wird abgelehnt.

Gründe

I 1. Tatbestand Die Patentanmeldung DE ... wurde am 18. Juni 1990 unter Inan spruchnahme einer inneren Priorität vom 22. Juli 1989 (Az P .../ vgl. Blatt 27 der Amtsakte) beim Deutschen Patentund Markenamt mit der Bezeichnung "Klangteile" bzw. gemäß Blatt 31 der Amtsakte mit geänderten Bezeichnung "Klangteil (Saitenauflageteil) für elektrische Ganzholz-Body-Gitarren (Bässe)" eingereicht.

Im Prüfungsverfahren wurden als Stand der Technik folgende Druckschriften ermittelt:

1) US 4 625 613 A, 2) DE 30 29 951 A1, 3) US 4 248 126 A, 4) US 4 688 461 A, 5) DE 27 45 636 A1, 6) DE 28 25 051 A1, 7) US 4 506 585 A und 8) US 3 951 031 A.

Nach insgesamt 5 Prüfungsbescheiden, einschließlich eines amtsseitigen Anspruchsvorschlags gemäß Bescheid vom 5. Februar 1996 (Bl. 94f. der Amtsakte), hat die Prüfungsstelle für Klasse G 10 D des Deutschen Patentund Markenamts die Anmeldung mit Beschluss vom 23. Januar 2003 zurückgewiesen, weil der Gegenstand des mit dem Schriftsatz vom 30. September 1996 eingereichten Patentanspruchs 1 (eingegangen am 4. Oktober 1996) gegenüber der ursprünglichen Offenbarung unzulässig erweitert sei.

Hiergegen richtet sich die zulässige Beschwerde des Anmelders vom 5. Februar 2003, mit Unterschrift beim Deutsches Patentund Markenamt am 25. Februar 2003 eingegangen.

Die geltenden Unterlagen wurden mit dem Schriftsatz vom 30. September 1996, eingegangen am 4. Oktober 1996, eingereicht und umfassen Patentansprüche 1 bis 3, Beschreibung Seite 2 bis 5 und eine Teileliste, Zeichnung, Figuren 1 bis 4.

Der geltende Anspruch 1 lautet:

1. Brücke und Steg für gitarrenähnliche Saiteninstrumentez. B. Gitarren und Bässe, die(der) mindestens einen Saitenauflagebereich (2) zur Führung mindestens einer Saite (1) aufweist und die(der) über einen Saitenbefestigungsbereich (B) (3,4,12,6) mit einem Korpus des Saiteninstrumentes verbindbar ist und bei der der Saitenbefestigungsbereich als Saitenhalter, Tremol (B), oder als Bohrungseinhängung (3,4,12,6) ausgebildet ist, wobei der Saitenauflagebereich (2) als ein Formblock (5) ausgebildet ist, der durch eine Presspassung in eine angepasst geformte Ausnehmung des Korpusses auswechselbar einsetzbar ist, und bei der für ein Höhenverstellen (Brücke), bzw. Verspannen des Blockes und der Saiten (Steg) relativ zum Korpus mindestens eine quer zur Korpusoberfläche ausgerichtete Schraube vorgesehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Schraube (14) in einem Gewinde des Blockes (5) geführt ist, das sich relativ zur Korpusoberfläche in lotrechter Richtung durch den Block (5) hindurcherstreckt, und die Schraube

(14) im Bereich ihres, relativ zur Korpusoberfläche, in lotrechter Richtung dem Saitenauflagebereich (2) abgewandten unteren Endes mit einer kugelförmigen Abrundung versehen ist, die den Block (5) relativ zu einer, in die Ausnehmung des Korpus eingesetzte Platte (9) abstützt, und dass die Schraube (14) im Bereich ihres, der kugelförmigen Abrundung abgewandten Endes, mit einem Eingriff zum Drehen versehen ist.

2. Verfahrenskostenhilfe Mit der Patentanmeldung stellte der Anmelder bei dem Deutsches Patentund Markenamt einen Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe (vgl. Blatt 1 der Vorakte zur Amtsakte).

Mit Beschluss vom 18. Oktober 1990 bewilligte die Patentabteilung 51 dem Anmelder Verfahrenskostenhilfe (Blatt 11 der Vorakte) und durch Beschluss vom 23. November 1992 wurde der Patentanwalt K... als Vertreter beigeordnet (Blatt 32 der Vorakte zur Amtsakte).

Die Beiordnung des Patentanwalts K... wurde auf seinen Antrag vom 14. Oktober 1996 aufgrund seiner Begründung, der zufolge gravierende Auffassungsunterschiede bezüglich der Mitwirkungspflicht des Anmelders in Verfahrenskostenhilfe-Verfahren bestanden hätten, durch Beschluss vom 4. November 1996 (Blatt 64 bzw. 75 der Vorakte der Amtsakte) wieder aufgehoben.

Mit Beschluss vom 12. Februar 1998 hat der zuständige Senat (Az 23 W (pat) 15/97 / Blatt 83 ff. der Vorakte zur Amtsakte) festgestellt, dass die in dem ohne Angabe eines bestimmten Aktenzeichens eingereichten Schriftsatz vom 3. Dezember 1996 vorgebrachten Äußerungen des Antragstellers, er sei "nach wie vor" mit der Mandatsniederlegung des Patentanwalts K... nicht einverstanden und es müsse geklärt werden, "ob ein Patentanwalt das Mandat niederlegen kann, wann es ihm passt", nicht als Beschwerde gemäß § 73, Abs. 1 PatG gegen den die Anwaltsbeiordnung aufhebenden Beschluss der Patentabteilung 51 des Deutschen Patentund Markenamts vom 4. November 1996 gewertet werden kann.

Auf den Antrag des Antragstellers vom 11. Juni 2002 auf Stundung von Jahresgebühren, hat die Patentabteilung 51 des Deutschen Patentund Markenamts mit Beschluss vom 16. Juni 2002 (vgl. Blatt 121 der Vorakte zur Amtsakte) weiterhin Verfahrenskostenhilfe bewilligt.

Mit Schriftsatz vom 16. Juni 2004 beantragte der Anmelder nach wie vor beim Deutschen Patentund Markenamt die Beiordnung eines Rechtsanwalts (vgl. Blatt 128 der Vorakte zur Amtsakte). In diesem Zusammenhang bestellte sich der Rechtsanwalt L... mit seinem Schriftsatz vom 23. Februar 2005 (vgl. Blatt 134 der Vorakte der Amtsakte) als Vertreter des Anmelders und reichte eine Vollmacht nach (vgl. Blatt 66 der Gerichtsakte).

Mit Bescheid vom 7. Mai 2003 hat der 23. Senat den Antragsteller darauf hingewiesen, dass die Prüfungsstelle für Klasse G 10 D des Deutschen Patentund Markenamts das Schreiben des Anmelders vom 5. Februar 2003 (vgl. Blatt 5 der Gerichtsakte), mit Unterschrift eingegangen am 25. Februar 2003, als Beschwerde gegen den Beschluss vom 23. Januar 2003 ausgelegt und die Akten dem Bundespatentgericht zugeleitet hat. Darüber hinaus wurde in diesem Bescheid darauf hingewiesen, dass die für das Verfahren vor dem Deutsche Patentund Markenamt bewilligte Verfahrenskostenhilfe das Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht nicht umfasst und somit die Beschwerdegebühr von 200,-€ nicht abdeckt. Das Bundespatentgericht hat weiter das Schreiben des Anmelders vom 5. Februar 2003 als Antrag auf Verfahrenskostenhilfe vor dem Bundespatentgericht ausgelegt und auf die Voraussetzungen für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe hingewiesen, nämlich die Bedürftigkeit des Antragstellers und die Erfolgsaussicht der Beschwerde.

Weiterhin wurde in diesem Bescheid ausgeführt, dass -sofern der Anmelder unabhängig von der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe Beschwerde einlegen wollte -es an der erforderlichen Einzahlung der Beschwerdegebühr fehle, so dass die Beschwerde als nicht eingelegt oder zurückgenommen gilt. Jedoch bestünde die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr.

Daraufhin hat der Anmelder die Beschwerdegebühr mit der Zahlungsanweisung vom 18. Juni 2003 einbezahlt (vgl. Blatt 35 der Gerichtsakte).

Mit dem Beschluss vom 6. November 2003 (vgl. Beschluss 23 W (pat) 20/03) wurde dem Anmelder Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr gewährt, so dass die Beschwerdegebühr rechtzeitig eingezahlt wurde.

Mit Zwischenbescheid vom 22. Oktober 2008 hat der 23. Senat des Bundespatentgerichts den Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass seine Rechtsverfolgung auf Erteilung eines Patents außerhalb der ursprünglichen Offenbarung keine Aussicht auf Erfolg haben könne und somit der Senat Bedenken hinsichtlich der Erfolgsaussichten des Antrags auf Verfahrenskostenhilfe habe (vgl. Blatt 84 ff. der Gerichtsakte).

Der Antragsteller hat sich zum genannten Bescheid nicht geäußert, auch wurden die aufgezeigten Mängel nicht beseitigt. Er hat lediglich in vorausgegangenen Schriftsätzen die schleppende Bearbeitung seiner Anmeldung moniert.

II 1) Der Antrag auf Verfahrenskostenhilfe war gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 PatG zurückzuweisen. Nach dieser Vorschrift ist Verfahrenskostenhilfe nur dann zu gewähren, wenn hinreichende Aussicht auf Erteilung des Patents besteht und diese Rechtsverfolgung nicht mutwillig erscheint (§130 Abs.1 Satz1 i.V.m. § 114 ZPO). Dabei ist davon auszugehen, dass die Verfahrenskostenhilfe für jede Instanz bewilligt werden muss und daher eine Bewilligung vor dem Deutsches Patentund Markenamt nicht für anschließende Verfahren vor dem Bundespatentgericht gilt (Schulte, PatG, 8. Auflage, § 130 Rdn. 5).

Dies bedeutet, dass im Beschwerdeverfahren erneut eine Prüfung des Verfahrenskostenhilfeantrags zu erfolgen hat, falls ein derartiger Antrag gestellt wird. Davon ist im vorliegenden Fall auszugehen. Denn der Beschwerdeführer hat mit Schriftsatz vom 5. Februar 2003 Beschwerde eingelegt und darum gebeten mitzuteilen, ob er "200 Euro für die Beschwerde zahlen muss oder ob diese in der Verfahrenskostenhilfe eingeschlossen sind". Damit bringt er eindeutig zum Ausdruck, dass er auch im Verfahren vor dem Bundespatentgericht einen Antrag auf Verfahrenskostenhilfe stellen möchte.

Allerdings ist in der vorliegenden Sache nicht von einer hinreichenden Erfolgsaussicht der Beschwerde auszugehen, wie nachfolgend ausgeführt wird.

2) Das zentrale Problem dieses Erteilungsbzw. Beschwerdeverfahrens liegt gerade darin, dass der Anmelder den verfahrensleitenden Hinweisen, insbesondere zu unzulässigen Änderungen in den Patentansprüchen, nicht nachkommt.

Für die Zulässigkeit von Patentansprüchen ist der Offenbarungsgehalt der ursprünglichen Anmeldung maßgeblich (vgl. Schulte, PatG, 8. Aufl. § 34 Rdn. 202). Im Hinblick darauf weist der geltende Anspruch 1 (eingegangen am 4. Oktober 1996, vgl. Blatt 108 der Amtsakte) folgende unzulässigen Änderungen auf (vgl. Bescheid vom 18. Januar 2008 bzw. vom 22. Oktober 2008):

Nach der ursprünglichen Beschreibungseinleitung betrifft die vorliegende Anmeldung Klangteile von mehrteiligen oder einteiligen Brücken für elektrische Ganzholz-Body-Gitarren (vgl. ursprüngliche Beschreibung Seite 1, Abs. 1 i. V. m. dem ursprünglichen Anspruch 1 und sämtlichen Ausführungsbeispielen gemäß den ursprünglichen Figuren 2 und 4 bis 6 mit zugehöriger Beschreibung), wodurch rein begrifflich Gitarren mit einem hohlen Resonanzkörper -die der geltenden Anspruch 1 mit umfasst -ausgeschlossen sind.

In den ursprünglichen Patentansprüchen 1 bis 32 und der ursprünglichen Beschreibung ist von einem "Steg" oder "gitarrenähnlichen Saiteninstrumenten" wörtlich nirgends die Rede.

Was der Begriff "gitarrenähnliche Saiteninstrumente" anbetrifft, so muss festgehalten werden, dass die Saiten einer Violine mit einem Resonanzkörper auch "gezupft" (pizzicato) werden können. Daher geht der Begriff "gitarrenähnlicher Saiteninstrumente" weit über den ursprünglichen Offenbarungsgehalt der vorliegenden Anmeldung hinaus.

Weiter ist in den ursprünglichen Unterlagen ein allgemeiner "Saitenbefestigungsbereich (B)" nirgends genannt. Vielmehr ist in der ursprünglichen Beschreibung von einem Klangteil A die Rede, das als "Saitenbefestigungsteil (Extrapatent)" oder mit einer "Tremolovorrichtung (Extrapatent)" eingesetzt wird (vgl. ursprüngliche Beschreibung Seite 4, Abs. 1).

In diesem Zusammenhang ist ursprünglich lediglich offenbart, dass ein Sustainblock (5, 7) mittels einer Presspassung in einen Gitarrenkörper angeordnet wird und in diesen Sustainblock (5, 7) die Saiten eingehängt werden können, wie es anhand der Figur 4 mit zugehöriger Beschreibung offenbart ist.

Ferner ist ursprünglich als technisch viel präziserer Begriff die "Saitenlängenauflage (2)" als punktförmiger Ort oder das "Saitenauflageteil" offenbart (vgl. Anspruch 1 oder Figur 4 mit zugehöriger Beschreibung) und nicht ein "Saitenauflagebereich (2)".

Die verallgemeinerten Begriffe "Formblock (5)" und "Block (5)" sind ursprünglich nicht offenbart und somit nicht zulässig. Vielmehr ist ursprünglich ein "Sustainpassteil (5)" (Seite 7, Z. 25) bzw. ein "Sustainblock (5)" (Seite 10, le. Abs.) offenbart.

Somit ist der geltende Patentanspruch 1, eingegangen am 4. Oktober 1996, nach wie vor unzulässig (vgl. den Bescheid der Prüfungsstelle vom 24. April 2002 sowie den Bescheid des Senats vom 18. Januar 2008 bzw. 22. Oktober 2008).

3) Die Formulierung eines zum Erfolg führenden Patentbegehrens setzt die Mitwirkung des Anmelders voraus. Die geltenden Patentansprüche liegen -wie ausgeführt -nicht im Rahmen der ursprünglichen Offenbarung und weisen somit zwar eventuell behebbare, jedoch der Patenterteilung entgegenstehende Mängel auf, deren Beseitigung nicht von Amts wegen erfolgen kann sondern im Hinblick auf den Antragsgrundsatz die Mitwirkung des Antragstellers erfordert. Dies wurde dem Antragsteller im Beschwerdeverfahren im Zwischenbescheid vom 18. Januar 2008 (direkt) und vom 22. Oktober 2008 (über seinen Anwalt) mitgeteilt. Die dort bezeichneten Mängel sind ohne Einreichung entsprechend überarbeiteter Ansprüche durch den Antragstellers nicht zu beseitigen (Schulte, PatG, 8. Aufl., § 130, Rdn. 42).

Entgegen der Aufforderung im genannten Bescheid hat sich der Antragsteller zu den Ausführungen im genannten Bescheid nicht geäußert, auch wurden die aufgezeigten Mängel nicht beseitigt. Somit ist das geltende Patentbegehren -entsprechend den Ausführungen des oben genannten Zwischenbescheides -nach wie vor unzulässig.

4) Die Fortsetzung des Antrags auf Verfahrenskostenhilfe im Beschwerdeverfahren mit diesem Patentbegehren hat somit keine Aussicht auf Erfolg. Die fortgesetzte Weiterverfolgung des Verfahrens mit unzulässigen Patentansprüchen verletzt ersichtlich die Pflicht des Anmelders zur Verfahrensförderung und ist somit ist als missbräuchlich zu beurteilen, da der Antragsteller -abweichend vom Verhalten eines die Kosten des Verfahrens selbst tragenden Beschwerdeführers -es unterlässt, sein gesamtes innerprozessuales Verhalten auf die Erarbeitung eines die Patenterteilung fördernden Patentbegehrens abzustellen und dem entsprechend in sachdienlicher Weise Unterlagen vorzulegen, die die aufgezeigten Mängel nicht aufweisen (Busse, PatG, 6. Aufl., § 130, Rdn. 37; BPatGE 38, 236). Diese fortgesetzte und damit missbräuchliche Rechtsverfolgung außerhalb der ursprünglichen Offenbarung kann keine Aussicht auf Erfolg haben (vgl. BPatGE 38, 236), so dass im vorliegenden Beschwerdeverfahren Verfahrenskostenhilfe nicht bewilligt werden kann.

5) Daher war die beantragte Verfahrenskostenhilfe abzulehnen.

III Da die Beschwerdegebühr entrichtet worden ist, wird nach Ablehnung der Verfahrenskostenhilfe über die Beschwerde gegen die Zurückweisung der Anmeldung zu entscheiden sein, falls nicht die Rücknahme der Beschwerde erfolgt.

Dr. Tauchert Lokys Dr. Hock Maile Be






BPatG:
Beschluss v. 09.04.2009
Az: 23 W (pat) 20/03


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