Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 27. September 2001
Aktenzeichen: 18 U 49/01

(OLG Köln: Urteil v. 27.09.2001, Az.: 18 U 49/01)

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 31.1.2001 - 91 O 120/00 - wird zurückgewiesenDie Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klä-ger zu je 1/2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 6.500,-- DM abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet. Die Sicherheitsleistungen können auch durch eine selbstschuldnerische, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines als Zoll- oder Steuerbürgen im Inland zugelassenen Kreditinstituts erbracht werden.

Tatbestand

Die Parteien streiten um auf der Hauptversammlung der Beklagten vom 16.6.2000 getroffene Beschlüsse, mit denen dem Vorstand wie auch dem Aufsichtsrat Entlastung erteilt wurde. Die Beklagte ist der umsatz- und ertragstärkste Produzent von Fliesen und Platten in Deutschland mit Sitz in F.. Mit einem Grundkapital von 53,8 Mio. Euro erzielte sie im Geschäftsjahr 1999 im Konzern ein Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit von 59,4 Mio. DM bei Umsatzerlösen von rund 1 Milliarde DM. Die Beklagte ist börsennotiert; ihre Aktien werden u.a. in F./M. und B. gehandelt, befinden sich allerdings überwiegend in Familienbesitz.

Maßgeblichen Einfluss auf die Beklagte hat ein Stimmrechtskonsortium mit einem Gesamtanteil an den Aktien von über 50 %, dem - ausweislich einer Mitteilung des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel vom 17.04.2000 - folgende Personen mit dem entsprechenden Aktienanteilen angehören:

Frau C. 5,98 %

Frau W. 9,29 %

7,36 %

Frau C.

Herr W., treuhänderisch für Frau C. 7,54 %

Familienpool mit weiteren 76 Mitgliedern 22,79 %

Herr W. 5,91 %

Frau H. 6,02 %.

Das 1993 gegründete Konsortium hat die Aufgabe, durch gemeinschaftliche Ausübung des Stimmrechts in der Hauptversammlung der Beklagten ihren maßgeblichen Einfluss zu sichern. Das Eigentum an den Aktien verbleibt bei den entsprechenden Personen. Das Stimmverhalten des Konsortiums wird zuvor in einer Konsortialversammlung festgelegt, wobei die einfache Mehrheit der anwesenden Stimmen entscheidet. Der Geschäftsführer des Konsortiums, Herr W., der bis Anfang 1998 Vorstandsvorsitzender der Beklagten war und nunmehr Aufsichtsratsmitglied ist, ist bei der Stimmabgabe in der Hauptversammlung an die vorherige Entscheidung des Konsortiums gebunden. Die Mitglieder des Konsortiums werden z.T. in der Konsortialversammlung durch einen "Stammesvertreter" vertreten, dessen Stimmverhalten wiederum vorher festgelegt wird. Wegen der auf den "Stamm J. C." entfallenden Stimmen mit einem %-Anteil von knapp 50 % des Konsortiums, handelt es sich um die "Schutzgemeinschaft J. C." (im folgenden: SG). Der Anteil des Herrn W. an der SG beträgt 16,64 %; der Anteil seiner Ehefrau 21,1 %. Weder das Konsortium noch die SG selber betreiben anderweitige unternehmerische Tätigkeiten. Allerdings sind die einzelnen Mitglieder des Konsortiums wie auch der SG an anderen Unternehmen beteiligt, so Herr W. mit seiner Ehefrau an einer Holding in der S..

Das Konsortium kommt seiner Mitteilungspflicht nach § 21 ff. WpHG nach.

Die Beklagte selber hält eine 95,4 %-ige Beteiligung an der R. a.s., einer in der T. Republik börsennotierten Aktiengesellschaft, die wiederum zu 100% an der G. spol. s.r.c., T., beteiligt ist. Am 30.1.1998 veräußerte die R. & S. Chemisch-Keramisches Werk GmbH mit Sitz in K., einem Zulieferer der Beklagten, an der Herr W. über eine S. Holding-Gesellschaft beteiligt ist, der G. ihr gesamtes weltweites Geschäft einschließlich Produktion und Vertrieb von Rezepten, Know-How, den Vertrieb vor Glasurfritten, eine Lizenzgewährung sowie die Nutzung der Marke "R. & S.". Arbeitnehmer oder Verbindlichkeiten wurden nicht übernommen. Der vereinbarte Kaufpreis betrug 3,5 Mil. DM, d.h. rund 0,35 % des Konzernumsatzes bzw. etwa 0,39 % der Bilanzsumme der Beklagten zum 31.12.1998.

Die Beklagte verfügt über nicht betriebsnotwendige Grundstücke im Außenbereich, aus deren Verpachtung sie Erlöse erwirtschaftet.

Die Kläger sind Aktionäre der Beklagten und waren auf der Hauptversammlung vom 16.6.2000 anwesend. Die Klägerin zu 2) stellte in der Hauptversammlung zwei Fragen:

"a) Wie hoch ist das nicht betriebsnotwendige Vermögen, insbesondere Immobilienvermögen und wie hoch waren die Einnahmen 1999 hieraus €"

Der Vorstand antwortete:

"Das nicht betriebsnotwendige Vermögen beträgt ca. 1/3 des Betriebsvermögens; die Erträge daraus decken in etwa die Grundsteuern."

"b) Warum steht der Verkauf eines Unternehmens des Aufsichtsratsmitglieds W. nicht auf der Tagesordnung der heutigen Hauptversammlung, warum nicht im Geschäftsbericht € Nennen Sie uns den Kaufpreis, den Unternehmenswert und nach welchem Verfahren dieser ermittelt wurde, den Goodwill, den ausschüttbaren Überschuss in der Zukunft, den Kapitalisierungszinssatz und den Risikoabschlag; wer hat die Due Diligence erstellt € Wer hat die Berechnung durchgeführt, wer hat geprüft €"

Der Vorstand antwortete:

Im Jahre 1999 gab es keine derartigen Geschäfte zwischen Herrn W. und einem Unternehmen der D.S. Gruppe oder zwischen einem Unternehmen, an dem Herr W. beteiligt ist und einem Unternehmen der D.S. Gruppe."

Unter Tagesordnungspunkt Nr. 4 wurde mit großer Mehrheit die Entlastung des Vorstandes, unter Tagesordnungspunkt Nr. 5 diejenige des Aufsichtsrates beschlossen, jeweils bezogen auf das Geschäftsjahr 1999. Ein Abhängigkeitsbericht nach § 312 AktG hat nicht vorgelegen. Nach der Beschlussfassung übergab die Klägerin dem beurkundenden Notar eine Visitenkarte des Aktionärinnen e.V., auf deren Rückseite folgendes notiert war:

"Widerspruch

zu Prot. d. Notars

Top 4-7

Sti.K.Nr. 12, 13, 14, 100, 151, 152, 153

A. H."

Ausweislich der Präsenzliste handelt es sich bei den Nrn. 151-153 um diejenigen des Klägers zu 1), der persönlich keinen Widerspruch eingelegte.

Die seit Montag, den 17.7.2000, anhängige Anfechtungsklage wurde dem Aufsichtsrat am 3.8., dem Vorstand am 3. und am 15.8.2000 zugestellt.

Die Kläger haben die Auffassung vertreten, dass die Beklagte verpflichtet gewesen sei, einen Abhängigkeitsbericht nach § 312 AktG vorzulegen, da sie ein durch das Stimmrechtskonsortium beherrschtes Unternehmen sei. Die gestellten Fragen seien nicht vollständig beantwortet worden.

Sie haben beantragt,

die Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten vom 16.6.2000 zu den Punkten 4. und 5. der Tagesordnung

4. Beschlussfassung über die Entlastung des Vorstandes für das Geschäftsjahr 1999 "Den Mitgliedern des Vorstandes wird für das Geschäftsjahr 1999 Entlastung erteilt"

sowie

5. Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrates für das Geschäftsjahr 1999 "Den Mitglieder des Aufsichtsrats wird für das Geschäftsjahr 1999 Entlastung erteilt",

die beide mit Mehrheit beschlossen wurden,

für nichtig zu erklären.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, die Klage des Klägers zu 1 sei schon deshalb unbegründet, weil die Klägerin zu 2) keine schriftliche Vollmacht des Klägers zu 1) nach § 134 AktG vorgelegt habe. Ein Abhängigkeitsbericht sei nicht erforderlich gewesen, weil das Konsortium kein Unternehmen im Sinne des § 312 AktG sei.

Die Fragen der Klägerin zu 2) seien vollständig und wahrheitsgemäß beantwortet worden. Das Geschäft zwischen der G. und der R. & S. GmbH sei bereits 1998 vollständig abgeschlossen gewesen.

Das Landgericht hat die Klage mit am 31.1.2001 verkündetem Urteil abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, ein Abhängigkeitsbericht sei nicht erforderlich gewesen, weil das Stimmrechtskonsortium kein Unternehmen im Sinne des § 312 AktG sei. Einzelne Mitglieder des Konsortiums seien zwar unternehmerisch tätig, hätten aber wegen der Mehrheitsverhältnisse keine Möglichkeit, die Beklagte zu beherrschen. Eine Auskunftspflichtverletzung habe nicht vorgelegen.

Gegen das den Klägern am 13.2.2001 zugestellte Urteil haben diese am 13.3.2001 Berufung eingelegt und rechtzeitig begründet.

Sie wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie sind der Ansicht, aus § 23 WpHG ergebe sich, dass ein kontrolliertes Unternehmen im Sinne des Wertpapierhandelsgesetzes auch als beherrschtes Unternehmen nach § 312 AktG zu behandeln sei. Dies habe der Gesetzgeber durch § 20 Abs. 8 AktG anerkannt. Sie sind weiter der Ansicht, die Fragen seien nicht ausreichend beantwortet worden. Die Kläger behaupten, Herr W. habe seinen Einfluss auf die Beklagte dazu genutzt, die ihm gehörende R. & S. GmbH als nahezu Alleinlieferant für Glasuren zu etablieren. Der Vorstand habe die Pflicht gehabt, auf Befragen über den Verkauf der Firma R. & S. GmbH Auskunft zu geben.

Die Kläger beantragen,

die nachstehenden Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten vom 16.6.2000 zu den Punkten 4. und 5. des Tagesordnung, und zwar die Beschlüsse 2.1. zu Punkt 4. der Tagesordnung

4. Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Vorstandes für das Geschäftsjahr 1999 "Den Mitgliedern des Vorstandes wird für das Geschäftsjahr 1999 Entlastung erteilt"

sowie 2.2. zu Punkt 5 der Tagesordnung

5. Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 1999 "Den Mitgliedern des Aufsichtsrates wird für das Geschäftsjahr 1999 Entlastung erteilt",

für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, das 3. Finanzmarktförderungsgesetz habe nur die Mitteilungspflicht nach dem Wertpapierhandelsgesetz ausgeweitet, aber keine Veränderungen an dem Recht der verbundenen Unternehmen vorgenommen. Sie behauptet, kein Mitglied des Konsortiums habe maßgeblichen Einfluss auf dessen Willensbildung und damit auf die Beklagte selber. Der Vorstand habe die Fragen der Klägerin zu 2) zutreffend beantwortet. Das Geschäft sei bereits am 30.6.1998 vollständig abgewickelt gewesen. Die Frage der Klägerin zu 2) nach dem nicht betriebsnotwendigen Vermögen habe man sprachlich durchaus auf den Anteil am Gesamtvermögen beziehen können. Der Widerspruch der Klägerin zu 2) entbinde nicht von ihrer Verpflichtung, auf vermeintlich nicht vollständig beantwortete Fragen aufmerksam zu machen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt des angefochten Urteils sowie die Schriftsätze der Parteien nebst eingereichten Unterlagen Bezug genommen.

Gründe

Die formell unbedenkliche Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht die Anfechtungsklage abgewiesen.

Die Entlastungsbeschlüsse verstoßen nicht gegen gesetzliche Vorschriften. Es hat weder ein notwendiger Abhängigkeitsbericht gefehlt, noch wurde in der Hauptversammlung auf eine Frage der Klägerin zu 2) eine fehlerhafte Auskunft erteilt.

1.

Zwar ist in Rechtsprechung und Schrifttum anerkannt, dass ein Entlastungsschluss erfolgreich mit der Begründung angefochten werden kann, ein notwendiger Abhängigkeitsbericht habe nicht vorgelegen (BGHZ 62, 193, 194; OLG Karlsruhe, ZIP 1999, 1176, 1177; Münchner Kommentar/Kropff, AktG, § 312 Rd. 74). Weder das Stimmrechtskonsortium noch die Schutzgemeinschaft oder Herr W. selber sind die Beklagte beherrschende Unternehmen im Sinne des §§ 311 ff., 15 ff. AktG, so dass ein entsprechender Bericht nicht erforderlich war.

a) Stimmrechtskonsortien, die keine anderweitigen wirtschaftlichen Interessen als die Einflussnahme auf ein bestimmtes Unternehmen verfolgen, sind im Regelfall keine herrschenden Unternehmen im Sinne des Konzernrechts (Hüffer, AktG, 4. Aufl., § 15 Rd. 10). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist ein Aktionär erst dann Unternehmen im konzernrechtlichen Sinne, wenn er neben der Beteiligung an der Aktiengesellschaft anderweitige wirtschaftliche Interessenbindungen hat, die nach Art und Intensität die ernsthafte Sorge begründen, er könne wegen dieser Bindung seinen aus der Mitgliedschaft folgenden Einfluss auf die Aktiengesellschaft zu deren Nachteil ausüben (BGHZ 69, 334, 346). Konsortien haben lediglich die Aufgabe, die Stimmen mehrerer Aktionäre zu bündeln. Sie sind von ihrer Bedeutung her mit einem Mehrheitsaktionär vergleichbar, der weder ein anderes Unternehmen betreibt noch an einem solchen beteiligt ist. Weder Mehrheitsaktionäre noch Stimmrechtskonsortien sind ohne anderweitige wirtschaftliche Tätigkeit vom Wortlaut her Unternehmen im Sinne der §§ 311 ff. AktG, weil - wie der Bundesgerichtshof in dem Urteil vom 18.6.2001 - II ZR 212/99 -, Seite 8 UA, für den vergleichbaren Fall des § 16 Abs. 4 AktG festgestellt hat - die Norm die Eigenschaft als Unternehmen voraussetzt und sie nicht begründet. Konsortien unterliegen auch keinem Interessenkonflikt zwischen Abstimmungsverhalten in der Hauptversammlung und wirtschaftlicher Außentätigkeit. Von daher wäre auch ein Abhängigkeitsbericht nicht sinnvoll, sondern würde sich in einem überflüssigen Negativattest beschränken, also in der Angabe, dass keine Geschäfte mit der Gesellschaft getätigt wurden (OLG Hamm, AG 2001, 146, 147; Münchener Kommentar/Bayer, a.a.O., § 15 Rd. 14). Auch § 20 AktG verhält sich alleine über die Mitteilungspflicht eines Unternehmens als Aktionär. Absatz 8 der Vorschrift bezieht sich demnach nur auf Mitteilungspflichten von Unternehmen in einer börsenorientierten Aktiengesellschaft, regelt aber die Fragestellung nicht, unter welchen Voraussetzungen ein herrschendes Unternehmen vorliegt, das die Erstellung eines Abhängigkeitsberichts erfordert.

An dieser Rechtslage hat das Wertpapierhandelsgesetz nichts geändert (so ausdrücklich: OLG Hamm, AG 2001, 146, 147). § 21 WpHG wendet sich nicht nur an Unternehmen, sondern entsprechend seinem Schutzzweck an jedermann, mithin auch an Privataktionäre und Konsortien (Assmann/Schneider, WpHG, 2. Aufl., § 21 Rd. 5). Im übrigen wollte der Gesetzgeber die ihm bekannte konzernrechtliche Lage auch nicht verändern (vgl. BT-Drucksache 13/8933, S. 147 f.). §§ 22 f. WpHG enthalten lediglich Ausweitungen bzw. Einschränkungen der Mitteilungspflicht des § 21 WpHG.

Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass Konsortium oder Schutzgemeinschaft anderweitig wirtschaftlich tätig sind oder waren. Unwidersprochen trägt die Beklagte vor, die Aufgabe der Gremien beschränke sich in der Bündelung von Interessen einzelner Aktionäre. Entgegen der Ansicht der Kläger reicht ihre Institutionalisierung durch Verträge, Versammlungen oder eine Geschäftsführung nicht für die Annahme eines wirtschaftlichen Unternehmens aus. Die genannten Organisationsstrukturen betreffen das Verhältnis der Mitglieder untereinander und nicht das Außenverhältnis zu anderen. Sie stellen mithin kein Merkmal gerade für ein wirtschaftliches Unternehmen dar.

b) Ein Abhängigkeitsbericht musste auch nicht in bezug auf den Einfluss des Herrn F.-E. W. erstellt werden. Allenfalls wenn ein wirtschaftlich anderweitig tätiger Aktionär mittels eines Stimmrechtskonsortiums, auf das er beherrschenden Einfluss hat, die Aktiengesellschaft selber kontrolliert, ergibt sich daraus die Notwendigkeit eines Abhängigkeitsberichtes (vgl. LG Heidelberg, AG 1998, 47, 48; LG Bielfeld, AG 2000, 329, 330). Unstreitig ist Herr W. an einer S. Holding beteiligt, die ihrerseits an der R. & S. GmbH beteiligt ist. Allerdings ist weder vorgetragen noch ersichtlich, auf welche Weise W. das Konsortium oder die SG beherrscht. In beiden Gremien hat er keine Mehrheit. Im Konsortium hat er nicht einmal 8 % der Stimmen; in der SG rund 17 %, selbst gemeinsam mit seiner Frau nur § 38 %. Er ist zwar Geschäftsführer, aber an die in den Versammlungen betroffenen Mehrheitsbeschlüsse gebunden.

War daher ein Anhängigkeitsbericht nicht erforderlich, so sind die Entlastungsbeschlüsse auch nicht mit Begründung aufzuheben, ein solcher habe gefehlt.

2.

Auch §§ 243 Abs. 4, 131 AktG begründet keinen zur Aufhebung der Beschlüsse rechtfertigenden Grund.

Die Frage a) nach der Höhe des nicht betriebsnotwendigen Vermögens und dem Ertrag daraus, wurde durch die Angabe eines bestimmten Anteils am Betriebsvermögen beantwortet, ohne dass der Vorstand bestimmte Beträge nannte. Selbst wenn man darin überhaupt ein Informationsdefizit sieht, begründet dies ein Anfechtungsgrund erst, wenn wenigstens potentielle Kausalität zum gefassten Beschluss besteht (Münchener Kommentar/Hüffer, a.a.O., § 243 Rd. 112.) Eine Beantwortung der Frage nach dem nicht betriebsnotwendigen Vermögen durch die Angabe eines bestimmten Anteils vom Betriebsvermögen dürfte für einen Aktionär - insbesondere für die Frage, ob Organen Entlastung erteilt wird oder nicht - genauso informativ sein wie eine Nennung absoluter Beträge. Wenn es aber den Klägern gerade darum ging, den genauen Betrag des nicht betriebsnotwendigen Vermögens zu erfahren, hätten sie in der Hauptversammlung nachfragen oder wenigstens im Prozess darlegen müssen, dass eine solche Information für die Frage der Entlastung Bedeutung gehabt hätte.

Die Frage b) ist nach Auffassung des Senates zutreffend beantwortet. Das Geschäft der "Enkelgesellschaft" G. war nach dem jedenfalls nicht substantiiert bestrittenen Vortrag der Beklagten bereits am 30.6.1998 abgeschlossen, wie sich aus dem vorgelegten Vertrag ergibt, vgl. Bl. 57 f. GA. Somit war die Antwort des Vorstandes, in 1999 habe es kein Geschäft zwischen Herrn W. und einem Unternehmen der D.S. gegeben, richtig.

Der Vorstand war auch nicht verpflichtet, auf die Frage der Klägerin zu 2) das 1998 getätigte Geschäft von sich aus zu offenbaren. Nach § 131 Abs. 1 Satz 2 AktG erstreckt sich die Auskunftspflicht auf Angelegenheiten verbundener Unternehmen nur in dem Umfang, in dem sie wegen ihrer Bedeutung zu Angelegenheiten der Gesellschaft selbst werden (OLG Düsseldorf, NJW 1988, 1033, 1034; Hüffer, a.a.O., § 131 Rd. 16). Der Verkauf hatte für die Beklagte keine wirtschaftlich große Bedeutung, sondern betrug nur 0,35 % des Konzernumsatzes.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 2, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Streitwert und Beschwer für die Kläger: 100.000,- DM, § 247 Abs. 1 AktG






OLG Köln:
Urteil v. 27.09.2001
Az: 18 U 49/01


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