Oberlandesgericht Hamm:
Beschluss vom 26. März 1999
Aktenzeichen: 23 W 573/98

(OLG Hamm: Beschluss v. 26.03.1999, Az.: 23 W 573/98)

Tenor

Der angefochtene Beschluß wird abgeändert.

Der von den Beklagten an die Klägerin zu erstattende Betrag wird anderweitig auf 4.578,80 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 4. September 1998 festgesetzt.

Der weitergehende Kostenfestsetzungsantrag der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin nach einem Wert von bis zu 1.800,00 DM.

Gründe

Die sofortige Beschwerde ist zulässig und begründet.

I.

Zu Recht beanstanden die Beklagten, daß der Rechtspfleger der Klägerin die Erstattung einer Verhandlungs- und Beweisgebühr nach einem Streitwert von 49.688,51 DM zuerkannt hat.

1)

Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß der Klageantrag zu 2/II auf Zahlung von 3.757,60 DM nach § 4 ZPO bei der Wertberechnung unberücksichtigt bleibt, weil der Kläger insoweit Verzugszinsen auf die mit dem Klageantrag zu 1/I verfolgten Mietrückstände verlangt. Der Einordnung der Zinsforderung als Nebenforderung steht nicht entgegen, daß der Kläger die Zinsen ausgerechnet und als Summe neben der Hauptforderung mit dem Klageantrag 2/II selbständig verfolgt hat (vgl. Zöller/Herget, Zivilprozeßordnung, 21. Aufl., § 4 ZPO Rdn. 11).

Gleichwohl wirkt sich dies auf die vom Rechtspfleger nach einem Wert von 49.688,51 DM in Ansatz gebrachte Prozeßgebühr von 1.425,00 DM nicht mindernd aus, weil derselbe Gebührensatz auch für den geringeren Wert von 45.930,91 DM gilt (Stufe von 45.000,00 DM bis 50.000,00 DM).

2)

Im übrigen hat sich der danach maßgebliche Streitwert von 45.930,91 DM dadurch verringert, daß die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 13. August 1998 die Anträge aus ihrem im Termin überreichten Schriftsatz vom selben Tage gestellt hat, in dem sie den Klageantrag zu 3/III für erledigt erklärt hat. Da der Beklagte sich der Erledigungserklärung zunächst nicht angeschlossen, sondern weiter auch insoweit Klageabweisung beantragt hat, stellt sich die Frage, welche Auswirkungen die einseitige Erledigungserklärung des Klägers auf den Streitwert hat (vgl. zum Meinungsstand Zöller/Herget, a.a.O., § 3 ZPO Rdn. 16 zum Stichwort "Erledigung der Hauptsache" sowie Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 91 a ZPO Rdn. 48). Der Senat schließt sich nunmehr der insbesondere vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertretenen Auffassung an, daß nach einseitiger Erledigungserklärung des Klägers regelmäßig insoweit nur noch das Kosteninteresse den Streitwert bestimmt (vgl. BGH NJW - RR 1996, 1210). Seine frühere abweichende Ansicht (vgl. OLG Hamm JurBüro 1973, 442) gibt der Senat auf, und zwar aus folgenden Gründen:

Erklärt der Kläger sein Klagebegehren einseitig für erledigt, so beschränkt sich sein Klageziel regelmäßig auf ein entsprechendes Feststellungsbegehren, das nach § 3 ZPO zu bewerten ist. Soweit - wie im vorliegenden Fall - kein besonderes weitergehendes Interesse des Klägers ersichtlich ist, geht es ihm regelmäßig allein darum, seine Kostenlast abzuwehren. Daher erscheint es gerechtfertigt, den Wert normalerweise nach den bis zur einseitigen Erledigungserklärung entstandenen Kosten zu bemessen und nicht mehr nach dem aufgegebenen ursprünglichen Klageziel.

Liegt - wie hier - eine teilweise einseitige Erledigungserklärung vor, so ist der auf den für erledigt erklärten Teil entfallende Kostenwert durch eine Differenzrechnung zu ermitteln, die ergibt, um welchen Betrag diejenigen Kosten überschritten worden sind, die angefallen wären, wenn der Kläger den Rechtsstreit von Anfang an nur über den nicht für erledigt erklärten Teil der Hauptsache geführt hätte (BGH a.a.O. m. w. N.).

Danach sind hier die nach einem Streitwert von 45.930,91 DM (38.730,91 DM für den Klageantrag zu I und 7.200,00 DM für den Klageantrag zu III) angefallenen Gerichtskosten und Prozeßgebühren der Anwälte mit den entsprechenden Kosten zu vergleichen, die - bei Nichtberücksichtigung des Klageantrags zu III) nach einem Streitwert von 38.730,91 DM entstanden wären; zu beachten ist insoweit, daß dem Beklagtenvertreter eine 3/10 Erhöhungsgebühr nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO zusteht. Es ergibt sich einschließlich der anteiligen Mehrwertsteuer auf Seiten der Beklagten - die Klägerin ist vorsteuerabzugsberechtigt - ein Mehrbetrag von 270,00 DM an Gerichtskosten und von 401,28 DM Anwaltsgebühren. Insgesamt beschränkt sich danach der Wert des für erledigt erklärten Klageanspruchs auf 671,28 DM.

Für die Verhandlungsgebühr gilt danach folgendes:

Hinsichtlich des von den Beklagten anerkannten Betrages von 10.152,76 DM hat keine streitige Verhandlung stattgefunden. Nach §§ 13 Abs. 3, 33 Abs. 1, 35 BRAGO kann insoweit nur eine 5/10-Verhandlungsgebühr in Höhe von 332,50 DM Berücksichtigung finden. Hinzu kommt eine 10/10-Verhandlungsgebühr nach dem verbleibenden Wert des Klageantrags zu I in Höhe von 28.578,15 DM (38.730,91 DM abzüglich 10.152,76 DM) zuzüglich des nach einseitiger Erledigung durch den Kläger verbleibenden Wertes für den Klageantrag zu III in Höhe von 671,28 DM; nach einem Wert von bis zu 30.000,00 DM ergibt sich eine 10/10-Verhandlungsgebühr von 1.105,00 DM. Unter Berücksichtigung der "Höchstgrenze" nach § 13 Abs. 3 BRAGO ist die erstattungsfähige Verhandlungsgebühr aber auf eine 10/10-Gebühr nach einem Wert von 39.402,19 DM begrenzt, die 1.265,00 DM beträgt. Das sind 160,00 DM weniger als von der Rechtspflegerin berücksichtigt.

3)

Für die Beweisgebühr gilt:

Die Beweisaufnahme betraf von Anfang an nur den Klageantrag zu 3/III nach einem Wert von 671,28 DM. Eine Beweisgebühr ist daher nur in Höhe von 90,00 DM angefallen. Das sind 1.335,00 DM weniger als von der Rechtspflegerin zuerkannt.

II.

Ingesamt vermindert sich der von dem Beklagten an die Klägerin zu erstattende Betrag um 1.495,00 DM (1.335,00 DM zuzüglich 160,00 DM) von 6.073,80 DM auf 4.578,80 DM.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Wertfestsetzung beruht auf § 12 GKG, § 3 ZPO.






OLG Hamm:
Beschluss v. 26.03.1999
Az: 23 W 573/98


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