Oberlandesgericht Hamm:
Urteil vom 5. Juni 2012
Aktenzeichen: I-4 U 188/11

(OLG Hamm: Urteil v. 05.06.2012, Az.: I-4 U 188/11)

Tenor

Auf die Berufung des Antragsgegners wird das am 18. Oktober 2011 verkündete Urteil der 6. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bielefeld abgeändert:

Das Versäumnisurteil des Landgerichts vom 19. August 2011 wird aufgehoben.

Der Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der durch die Säumnis des Antragsgegners im Kammertermin vom 19. August 2011 entstandenen Kosten. Diese trägt der Antragsgegner.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Die Antragstellerin nimmt den Antragsgegner als Verwaltungsrat der M AG, mit der sie im Wettbewerb im Bereich der bundesweiten Anhängervermietung steht und mit der sie zahlreiche Rechtsstreite führt, hier persönlich auf Unterlassung einer wettbewerbswidrigen Werbung in Anspruch. Gegenstand des Verbots ist die Versendung des Schreibens eines freien Anhängermietsystems in Form der Anlage KP 11 an Betreiber von bestimmten Anhängermietstationen mit der Aussage „Somit droht kein Markenverstoß durch die evtl. nicht genehmigte Nutzung einer Marke, welche sich evtl. zur Zt. auf Ihren Planen befindet“, insbesondere wenn die Betreiber der Anhängermietstationen zuvor wegen der Benutzung der in Bezug genommenen Bildmarke abgemahnt wurden, weil eine Benutzung des Symbols ® für eine nicht eingetragene Bildmarke regelmäßig irreführend sei.

Da sich der Antragsgegner im Termin vom 19. August 2011 versäumen ließ, hat das Landgericht ihn durch Versäumnisurteil (Bl.42 ff.) zur Unterlassung verurteilt.

Der Antragsgegner hat dagegen fristgerecht Einspruch eingelegt.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 18. Oktober 2011 das Versäumnisurteil aufrechterhalten.

Wegen des Parteivortrags im Einzelnen und des genauen Wortlauts des im Versäumnisurteil ausgesprochenen Verbots wird gemäß § 540 Abs. 2 ZPO auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils (Bl. 148 ff., 151 ff.) Bezug genommen.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass es auch international zuständig sei. Für die Rechtsbeziehungen der Parteien gelte das deutsche Wettbewerbsrecht. Das Werbeschreiben der sog. „Gemeinschaft Freier Anhängerbetriebe“ (Anlage KP 11), das an den U-Franchisenehmer B L versandt worden sei, sei wettbewerbswidrig im Sinne von § 4 Nr. 10 UWG, weil darin eine gezielte Behinderung eines Mitbewerbers zu sehen sei. Es gehe darin um eine Abwerbung anderweitig gebundener Franchisenehmer, die zu der „Gemeinschaft Freier Anhängerbetriebe“ wechseln sollten. Zwar sei ein Abwerben von Kunden grundsätzlich wettbewerbskonform, aber hier gelte Anderes, weil bei der Abwerbung mit einer Verunsicherung der Abgeworbenen unlautere Mittel und Methoden eingesetzt worden seien. Der Hinweis auf einen drohenden Markenverstoß durch eine eventuell nicht genehmigte Nutzung einer zur Zeit auf den Planen befindlichen Marke erwecke zu Unrecht den Eindruck, der angesprochene Franchisenehmer bewege sich von vorneherein auf unsicherem Terrain, wenn er die ihm überlassene Marke des Franchisegebers nutze. Das sei aber nicht der Fall, da bei einem intakten Franchiseverhältnis regelmäßig eine Zustimmung des Markeninhabers vorliege.

Die ebenfalls an B L gerichtete Abmahnung vom 27. Juli 2011 sei gleichfalls unberechtigt und geeignet gewesen, Verunsicherung über eine weitere Verwendung der in bestimmter Weise gekennzeichneten Anhängerplanen zu schüren. Zwar dürfe mit dem einer Marke beigefügten Symbol ® nur geworben werden, wenn es sich um eine eingetragene Marke handele. Das hier verwendete Zeichen weise zwar Abweichungen von der eingetragenen Marke auf. Die Unterschiede veränderten den kennzeichnenden Charakter der Marke aber nicht so, dass der Verkehr im abgewandelten Zeichen das Ursprungszeichen nicht mehr erkenne. Auch der abweichend verwendete Buchstabe „M“, der sich in einem Kreis auf der Plane befinde, werde im Zusammenhang der Anhängerbeschriftung als Größenangabe angesehen, der keine kennzeichnende Eigenschaft zukomme.

Es sei trotz der entgegenstehenden eidesstattlichen Versicherung des Antragsgegners hinreichend glaubhaft gemacht, dass diesem die angegriffenen Handlungen zuzurechnen seien. Dafür spreche, das die Werbung der „Gemeinschaft Freier Anhän­gerbetriebe“ (Anlage KP 11) auf die Internetadresse C com. Bezug nehme, deren Inhaberin die vom Antragsgegner geführte M AG sei. Es werde auch auf die Telefax-Nummer ...1-3221000 verwiesen, die in der Werbung für das I-Mietsystem in der Anlage KP 23 angegeben sei, in der der Antragsgegner als „Direktkontakt“ benannt sei. Zudem werde in der Anlage KP 11 Herr F als Ansprechpartner genannt, der auch als Ansprechpartner im Rahmen der Werbung der N GmbH für das I-Mietsystem auftauche (Anlage KP 14). Unter diesen Umständen sei die Angabe des Antragsgegners nicht glaubhaft, F habe die Werbung eigenständig ohne sein Zutun veranlasst. Die Umstände deuteten vielmehr zwangslos darauf hin, dass der Antragsgegner (mit) verantwortlich sei. Dasselbe gelte auch wegen der Abmahnung der Anlage KP 9, auch wenn der Antragsgegner und der abmahnende Herr W eidesstattlich versichert hätten, der Antragsgegner sei lediglich darüber informiert worden, dass von Elling möglicherweise wettbewerbsrechtlich gegen die Antragstellerin vorgehen wollte, ohne dass im Einzelnen eine Abstimmung mit dem Antragsgegner erfolgt sei. Dagegen spreche die zeitliche Koinzidenz zwischen der Abmahnung und der Versendung des Rundschreibens. Es wäre ein übergroßer Zufall gewesen, wenn Axel L Abmahnung und Werbung der „Gemeinschaft Freier Anhängerbetriebe“ ohne eine Abstimmung nahezu zeitgleich erhalten hätte. Angesichts der Beziehungen des Antragsgegners zu Herrn W sei es naheliegend, dass der Antragsgegner auch für die Abmahnung (mit) verantwortlich sei. Im Übrigen bestünden nach der eidestattlichen Versicherung des X C1 (Anlage KP 12) Anhaltspunkte dafür, dass es eine ähnliche Abstimmung von Abmahnung und Werbung auch in anderen Fällen gegeben habe. Schließlich hat das Landgericht auch die Mitbewerbereigenschaft der Antragstellerin und die Dringlichkeit bejaht.

Der Antragsgegner greift das Urteil mit der Berufung an. Er hält den Tenor des Urteil für zu weitgehend, weil sich darin das Wort „insbesondere“ befinde mit der Folge, dass nicht nur die angebliche konkrete Verletzungsform untersagt werde, sofern die angesprochene Abmahnung ausgesprochen werde, sondern die Verletzungsform auch ohne eine solche Abmahnung. Ohne eine solche vorherige Abmahnung sei die Werbung für das freie Anhängermietsystem der Firma C aber schon gar nicht zu untersagen gewesen. Er meint, das Landgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass ihm die Abmahnung des Herrn W zuzurechnen sei, dass die streitgegenständliche Werbung von ihm stamme oder ihm jedenfalls zuzurechnen sei und dass er das Vorgehen Dritter zeitlich koordiniert habe. Bei dieser Einschätzung habe das Landgericht die zwei vorliegenden eidesstattlichen Versicherungen des Herrn W und des Antragsgegners (Anlagen B 2 und B 3) als geeignete Mittel zur Glaubhaftmachung nicht ausreichend berücksichtigt. Es hätte an den inhaltlich eindeutigen Erklärungen nicht vorbeigehen dürfen. Angesichts derer bestehe gerade keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass ihm, dem Antragsgegner, die beanstandeten Handlungen zuzurechnen seien. Er habe ebenso wie Herr W eindeutig erklärt, dass letzterer unabhängig von ihm gehandelt habe. Außerdem habe er klar erklärt, dass ihm das Rundschreiben der „Gemeinschaft Freier Anhängerbetriebe“ nicht bekannt gewesen sei. Die Antragstellerin habe ihre angebliche Befürchtung, es sollten koordiniert 200 Franchisepartner abgemahnt und angeschrieben werden, nicht wahrhalten können. Tatsächlich seien nur zwei Franchisenehmer abgemahnt worden und auch die Antragstellerin, die als Kunde der Firmen des Antragsgegners nicht in Betracht komme. Die Tatsache, dass die streitgegenständliche Werbung auf die Internetadresse „Internetadresse“ Bezug nehme, sei nicht von ihm herbeigeführt worden. Die „Gemeinschaft Freier Anhängerbetriebe“ habe die Adresse von sich aus genannt, offenbar um das Projekt „C“ als kostenloses Mietsystem zu fördern. Die Gemeinschaft hätte auch die entsprechende Telefaxnummer angegeben. Herr F habe in eigener Verantwortung die streitgegenständliche Werbung koordiniert und von sich aus die neutralen Planen angeboten. Diese Tatsache mache deutlich, dass der Antragsgegner insoweit nicht verantwortlich zu machen sei. Die gemeinsame Nutzung von Markenlogos, Internetadressen oder Telekommunikationseinrichtungen durch unterschiedliche Rechtspersonen sei so ungewöhnlich nicht und könne noch keine wechselseitige Haftungssituation und auch kein zwingendes Indiz für ein Zusammenwirken bedeuten. Insoweit hat der Antragsgegner nunmehr eine eidesstattliche Versicherung des Herrn F vom 16.01.2012 (Bl.246 ff.) vorgelegt, die dieser erst jetzt ungeachtet einer möglichen Inanspruchnahme durch die Antragstellerin zur Verfügung gestellt habe, nachdem er erfahren habe, dass der Antragsgegner für die streitgegenständliche Werbung verantwortlich gemacht worden sei.

Mit näheren Ausführungen macht der Antragsgegner dann noch deutlich, dass und warum die an B L gerichtete Abmahnung berechtigt gewesen sei. Der Schutzbereich des geschützten Bildzeichens sei denkbar gering und werde jedenfalls dann verlassen, wenn mitprägende Wortzeichen wie das „M“ im Kreis hinzugefügt würden. Er weist darauf hin, dass die Antragstellerin das Zeichen mit der Anhängerskizze offensichtlich willkürlich verwende.

Der Antragsgegner meint ferner, das Rundschreiben sei auch inhaltlich nicht wettbewerbswidrig. Es sei nicht nachvollziehbar, warum der Hinweis darauf, dass ein Markenverstoß vorliegen könne, sofern die Nutzung der Marke nicht genehmigt sei, unlauter sein sollte. Ein solcher Markenverstoß sei grundsätzlich nie auszuschließen. Nur wenn stattdessen eine neutral weiße Anhängerplane verwendet werde wie bei den freien Anhängerbetrieben, drohe auch kein Markenverstoß mehr. Es komme hinzu, dass die Antragstellerin verschweige, dass sie aufgrund der Übernahme des Franchisesystems der U GmbH erhebliche Schwierigkeiten mit den angeblichen Franchisepartnern habe. Viele davon wollten sich von „U“ lösen und keine feste Geschäftsbeziehung mehr eingehen. Dadurch werde die weitere Markenbenutzung zu einem Problem, auf das die Antragstellerin in einem Schreiben an die Firma F2 selber hingewiesen habe. Diese Firma habe im Übrigen inzwischen ihre Planen auf den Anhängern neutralisiert. Es komme hinzu, dass die Abmahnung nicht wegen einer Markenverletzung, sondern wegen einer wettbewerbswidrigen Schutzrechts­berühmung ausgesprochen worden sei. Die Werbung nehme -an versteckter Stelle und klein gedruckt- allein auf Markenrechtsverstöße Bezug; es handele sich somit um rechtlich unterschiedliche Angelegenheiten.

Der Antragsgegner beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern, das Versäumnisurteil

vom 19. August 2011 aufzuheben und den Antrag auf Erlass

der einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Sie stellt zunächst in Abrede, dass sie erhebliche Schwierigkeiten mit ihren Franchise-Partnern habe. Sie würden insbesondere nicht massenhaft die Zusammenarbeit mit ihr verweigern. Es gebe auch keine rechtlichen Probleme mit der U GmbH nach der vollständigen Übertragung aller Rechte und Pflichten aus dem Franchisevertrag in Zusammenhang mit der Verwendung der Marke mit dem U-Logo auf den Planen der Anhänger. Im Hinblick auf weitere unlautere Abwerbeversuche der M AG in Bezug auf Kunden der X2 AG verweist die Antragstellerin mit näheren Ausführungen auf einen Rechtsstreit, der abschließend von dem OLG L2 zu ihren Gunsten entschieden worden sei (Anlage KP 28). Im vorliegenden Fall habe das Landgericht Bielefeld die Ausführungen des Antragsgegners und des Herrn W richtig eingeordnet. Entscheidend sei insoweit, dass der Antragsgegner von den Abmahnungen des Herrn W Kenntnis gehabt habe, und zwar vor dem Versand der Anlage KP 11. Interessant sei in diesem Zusammenhang auch, dass die M AG die Eintragung des Kennzeichens „C“ als Marke durch die Rechtsanwälte veranlasst hätte, die Herrn W bei der Abmahnung der Anlage KP 9 vertreten hätten. Der Antragsgegner und Herr W hätten im Juli 2010 ein gemeinsames Schreiben bezüglich der Erneuerung im I-System verfasst (Anlage KP 32). Für die Antragstellerin ergibt sich auch durch die eidesstattliche Versicherung von Herrn F keine neue Sachlage. Dadurch, dass sie erst jetzt vorgelegt werde, wirke sie konstruiert und unglaubhaft. Sie sei im Stil der anderen eidesstattlichen Versicherungen geschrieben, die offensichtlich die Prozessbevollmächtigten vorgeschrieben hätten. Die Antragstellerin bestreitet, dass Herr F über einen eigenen Anhängervertrieb verfüge. Herr F erkläre auch nur, dass er wüsste, dass die Gemeinschaft Freier Anhängerbetriebe existiere. Wer tatsächlich hinter dieser Gemeinschaft stecke, lasse er offen. Auf dem Markt sei eine solche Gemeinschaft nur über die Webseite „C.com“ in Erscheinung getreten. Die aktuelle Bewerbung auf dieser Seite belege nunmehr endgültig, dass es keine „Gemeinschaft Freier Anhängerbetriebe“ gebe. Denn eine solche werde dort nicht mehr erwähnt. Stattdessen werde im Impressum die N GmbH angegeben (Anlage KP 33). Auch die Aussage des Herrn F, dass das Werbeschreiben nicht an Herrn L gegangen sei, treffe nicht zu, da sie das Schreiben von diesem persönlich gefaxt erhalten habe. Es sei auch unglaubhaft, dass die Faxnummer der Firma des Antragsgegners auch noch von anderen verwendet werden durfte und dass dieser trotzdem keine Kenntnis von der Werbung gehabt haben wolle. Die Erklärung von Herrn y dem Gespräch mit Herrn W stehe im Widerspruch zu der Erklärung von Herrn W in dessen eidesstattlicher Versicherung, er habe die Rechtsverstöße auf der Internetseite von Herrn E selbst festgestellt. Denn nun solle es so gewesen sein, dass Herr F auf die Verstöße hingewiesen habe.

Mit näheren Ausführungen, wegen derer auf Seiten 7 und 8 der Berufungserwiderung verwiesen wird, verteidigt die Antragstellerin die Auffassung des Landgerichts, dass das Schreiben gemäß der Anlage KP 11 wettbewerbswidrig sei, und zwar unabhängig vom Schreiben gemäß Anlage K 9, aber erst recht in Zusammenhang mit diesem. Hinsichtlich der Zurechnung verweist die Antragstellerin erneut darauf, dass die M AG Inhaberin der Domain sei, auf die im Schreiben KP 11 mehrfach Bezug genommen werde. Es sei die Faxnummer der I GmbH verwendet worden. Der im Schreiben genannte Ansprechpartner F sei Mitarbeiter der M GmbH, für die er sogar zusammen mit dem Antragsgegner ausgewiesener Ansprechpartner sei (Anlage KP 39). Außerdem sei er Mitarbeiter der I, für die er Kündigungserklärungen formuliere (Anlage KP 34).

Der Antragsgegner hat die Berufungserwiderung zum Anlass genommen, darauf mit Schriftsatz vom 4. Juni 2012 zu erwidern. Er nimmt zu den geführten Rechtsstreitigkeiten Stellung und betont, dass diese mit dem vorliegenden Streitgegenstand nichts zu tun hätten. Das gelte insbesondere für den Rechtsstreit vor dem LG C4, an dem zudem andere Parteien beteiligt gewesen seien. Der Antragsgegner trägt ferner vor, dass er nicht erkennen könne, was die von der Antragstellerin vorgelegte Anlage KP 32 belegen solle. Auch diese Anlage sei nicht geeignet, ihm, dem Antragsgegner, das streitgegenständliche Werbeschreiben zuzurechnen.

Der Antragsgegner bestreitet, dass die Antragstellerin nicht wegen Markenrechtsverstößen gegen „eigene“ Personen vorgehe. Dazu legt der Antragsgegner eine eidesstattliche Versicherung des Herrn X vor.

Im Übrigen wiederholt der Antragsgegner unter Hinweis auf die von ihm vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen, dass ihm weder die Abmahnung noch das Werbeschreiben zuzurechnen sei. Die Werbung mit dem Hinweis, dass Markenrechtsverstöße vorliegen könnten, sei nicht rechtswidrig. Auch sei die an Herrn L gerichtete Abmahnung berechtigt gewesen. Dazu wiederholt der Antragsgegner seine Rechtsauffassung zum „M“ im Kreis. Was das M angeht, bestreitet er weiterhin, dass es im Bereich der Anhängervermietung üblich sei, diese wie bei Textilien mit Großbuchstaben im Sinne von Größenangaben zu versehen.

II.

Die Berufung ist begründet. Das Versäumnisurteil ist aufzuheben und der Verfügungsantrag zurückzuweisen, weil eine Verantwortlichkeit des Antragsgegners für die gerügte Verletzungshandlung nicht festgestellt werden kann.

1) Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass und warum hier die internationale Zuständigkeit auch angesichts der Tatsache, dass der Antragsgegner seinen Wohnsitz in der Schweiz hat, unzweifelhaft gegeben ist. Das ist auch in zweiter Instanz noch zu prüfen, weil § 513 Abs. 2 ZPO nach höchstrichterlicher Rechtsprechung insoweit nicht gilt. Der Antragsgegner erhebt insoweit aber auch keine Einwände.

2) Das Rechtsschutzziel der Antragstellerin ist es nach dem Antragswortlaut und der Begründung, zu Zwecken des Wettbewerbs erfolgenden Herabsetzungen und Behinderungen durch den Antragsgegner im Rahmen einer scheinbar groß angelegten Abwerbemaßnahme entgegenzuwirken. Kern des Vorgehens sollte es dabei sein, an Betreiber von Anmietstationen, die U-Rental-Anhänger verwenden, ein Schreiben mit der Aufforderung, von der bisherigen Franchisegeberin zur „Gemeinschaft Freier Anbieter“ zu wechseln, unter Bezugnahme auf eine eventuell drohende Markenrechtsverletzung zu versenden, nachdem diese zuvor wegen einer wettbewerbswidrigen Werbung wegen einer unzulässigen Benutzung des Symbols ® für eine nicht eingetragene Marke abgemahnt worden seien. Es erschien der Antragstellerin insoweit als besonders bedrohlich, dass die Abmahnungen mit dem anschließenden Abwerbeschreiben verbunden wurden, wobei alles durch den Antragsgegner koordiniert worden sein sollte, um die Übernahme des U-Franchisesystems durch die Antragstellerin zu torpedieren.

3) Der angekündigte Unterlassungsantrag könnte unabhängig davon, dass sein Anfang sprachlich wenig geglückt ist, auch angesichts des obigen Rechtsschutzzieles nicht bestimmt genug im Sinne des § 253 Abs.2 Nr.2 ZPO sein. Gerade durch den „insbesondere-Zusatz“ wird nicht klar genug, welchen Umfang das Verbot haben soll und wie der Antragsgegner daraus herauskommen soll. Die Antragstellerin hat auf diesem Wege die Werbung mit dem Anschreiben und die vorhergehende Abmahnung nicht klar verknüpft mit der Folge, dass das Verbot zwei gleichberechtigte Voraussetzungen haben sollte, auch wenn das ihrem Klageziel entsprochen haben könnte. Die im „insbesondere-Zusatz“ enthaltene zusätzliche Voraussetzung stellt nämlich gerade keinen Beispielsfall dar, der das zuvor beschriebene weitergehende Verbot näher beschreiben könnte. Er enthält einen neben der Versendung des Rundschreibens in der konkreten Verletzungsform eigenständigen zusätzlichen Lebenssachverhalt. Dadurch wird unklar, ob das durch die Einbeziehung der konkreten Verletzungshandlung charakterisierte Verbot nur zusammen mit diesem zusätzlichen Lebenssachverhalt gelten soll oder alternativ auch ohne ihn. Wäre letzteres der Fall, so müsste zwischen diesen unterschiedlichen Streitgegenständen mit einem engeren und weiteren Verbot eine Reihenfolge bestimmt werden, wobei es naheläge, auf das engere Verbot nur hilfsweise zurückzugreifen, wenn das weitere Verbot nicht greifen sollte. Das ist aber mit der Antragsbegründung kaum in Einklang zu bringen. Der Senat hat aber insoweit von der Empfehlung einer klarstellenden Antragsänderung abgesehen, weil der Unterlassungsanspruch aus anderen Gründen ohnehin nicht gerechtfertigt ist.

4) Bedenken gegen das Vorliegen eines Verfügungsgrundes bestehen hier nicht. Angesichts des geltend gemachten Wettbewerbsverstoßes ist die Dringlichkeit nach § 12 Abs. 2 UWG zu vermuten. Die Vermutung ist hier auch nicht widerlegt. Von der Verletzungshandlung in Form des auch an Herrn L übersandten Rundschreibens will die Antragstellerin am 29. Juli 2011 erfahren haben. Der Antragsgegner hat eine frühere Kenntnis nicht darlegen können; eine solche ergibt sich insbesondere auch nicht aus dem Schreiben vom 8. Juli 2011 (Anlage B 1). Eine Kenntniserlangung durch dieses Schreiben läge ohnehin noch innerhalb der Monatsfrist, weil der Verfügungsantrag am 5. August 2011 anhängig gemacht worden ist.

5) Der Antragstellerin steht aber kein Anspruch auf Unterlassung der Versendung des streitgegenständlichen Rundschreibens an zuvor abgemahnte Franchisenehmer nach §§ 8 Abs.1, 3, 4 Nr. 10 UWG gegen den Antragsgegner zu. Der Antragsgegner hat weder selbst einen Wettbewerbsverstoß der gerügten Art begangen noch ist ihm ein solches Handeln nach § 8 Abs. 2 UWG zuzurechnen.

a) Die Versendung des Rundschreibens zu Abwerbungszwecken stellt eine geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Nr. 1 UWG dar. Sie diente der Absatzförderung für Konkurrenzunternehmen der Antragstellerin, insbesondere auch der M AG, deren Organ der Antragsgegner ist. Wenn der Antragsgegner gehandelt hätte, so hätte er damit jedenfalls fremden Wettbewerb zu Gunsten seines Unternehmens und zu Lasten der Antragstellerin fördern können.

b) Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Antragstellerin jedenfalls seit Übernahme des im Franchisesystem aufgebauten Geschäftsbetriebs der U GmbH Mitbewerberin der M AG ist, deren Wettbewerb der Antragsgegner bei einem wettbewerbswidrigen Handeln gefördert hätte.

c) Jedenfalls in der Versendung eines Rundschreibens zum Zwecke der Abwerbung von (ehemaligen) Franchisenehmern der U-Rental mit dem dargelegten Inhalt, insbesonders dem Hinweis auf einen drohenden Markenrechtsverstoß durch die nicht genehmigte Nutzung der auf den Planen befindlichen Marken, dürfte eine gezielte Behinderung im Sinne des § 4 Nr. 10 UWG zu sehen sein. Die Abwerbung wird mit dem unlauteren Mittel der gezielten Verunsicherung der umworbenen Kunden verbunden, die die Umstände des Falles nicht erforderten.

d) Auch ein solcher Wettbewerbsverstoß wäre dem Antragsgegner aber nicht zuzurechnen. Der Antragsgegner hat insoweit nicht selbst gehandelt, sodass er nicht als Täter oder Teilnehmer der gerügten Verletzungshandlung haftet.

aa) Die Antragstellerin hat auch unter Berücksichtigung der vom Landgericht herangezogenen Indizien schon nicht glaubhaft gemacht, dass der Antragsgegner selbst gehandelt hat, soweit es um die beiden in Rede stehenden Verletzungshandlungen geht.

(1) Die Abmahnung des Herrn L stammt unstreitig nicht vom Antragsgegner, sie hat Herr W ausgesprochen. Streitig ist insoweit nur, inwieweit der Antragsgegner die Abmahnung veranlasst hat. Insoweit kommt man an den beiden eidesstattlichen Versicherungen des Herrn W und des Antragsgegners nicht vorbei, die übereinstimmend eine solche Einflussnahme in Abrede stellen. Weder die vom Antragsgegner als zufällig bezeichnete Erreichbarkeit über Herrn W zum Zwecke der Zustellung noch die zeitliche Koinzidenz von Abmahnung und Abwerbeschreiben sind so gewichtige Indizien, dass sie es mangels irgendwelcher Erkenntnisse zu den persönlichen Verhältnissen der beiden Betroffenen hinreichend wahrscheinlich machen, dass beide eidesstattlichen Versicherungen -dann auch vorsätzlich- falsch wären. Davon ist aber nach den Gesamtumständen nicht auszugehen.

(2) Letztlich kann die Veranlassung der Abmahnung aber sogar noch dahinstehen, weil insoweit die Kenntnis von einer möglichen Abmahnung schon ausreichen könnte. Entscheidend ist, dass für eine Handlung des Antragsgegners in Zusammenhang mit der Versendung des Abwerbeschreibens keine hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht. Seine eigene eidesstattliche Versicherung steht auch insoweit ausdrücklich entgegen. Dagegen spricht nunmehr auch die eidesstattliche Versicherung des Herrn F, der schildert, dass er selbst insoweit eigenverantwortlich tätig geworden ist. Der Verwertung der eidesstattlichen Versicherung vom 16. Januar 2012 steht nicht § 531 Abs. 2 ZPO entgegen. Dem Antragsgegner stand sie erstinstanzlich noch nicht zur Verfügung. Es spricht auch nichts dafür, dass es Folge grober Fahrlässigkeit gewesen ist, dass der Antragsgegner ein solches Mittel der Glaubhaftmachung vorher nicht erlangt hat. Er trägt vor, dass Herr F, für den die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung mit einem solchen Inhalt nicht ohne Risiko gewesen sei, zuvor -nämlich vor der Verurteilung des Antragsgegners- dazu nicht bereit gewesen sei. Das ist dem Antragsgegner auch angesichts des Vortrags der Antragstellerin dazu nicht zu widerlegen. Ist die eidesstattliche Versicherung aber zu berücksichtigen, sind es nunmehr drei eidesstattliche Versicherungen, die falsch sein müssten, wenn der indiziengestützte Vortrag der Antragstellerin richtig wäre. Davon ist nicht auszugehen, auch wenn es die Internetadresse und die Faxnummer gibt, die auf Unternehmen hindeuten, deren Organ der Antragsgegner ist. Das sind keine Indizien, die auf eine Täterschaft oder Teilnahme des Antragsgegners zwingend hindeuten, zumal gerade Herr F als Vertriebsbeauftragter auch eine Position hat, die ihn wiederholt als eigenständigen Ansprechpartner in Zusammenhang mit bestimmten Werbungen auswies. Soweit die Indizien für ein Einbeziehen der M AG in eine bestimmte Vertriebsstrategie sprechen könnten, heißt das noch nicht, dass der Antragsgegner gerade bei der Formulierung und Versendung des streitgegenständlichen Schreibens, bei dem er nicht in Erscheinung tritt, mitgewirkt hat oder von der vorgesehenen Versendung in einer Weise und zu einer Zeit erfahren hätte, dass er diese hätte verhindern können. Nach der eidesstattlichen Versicherung des Herrn F war das gerade nicht der Fall.

bb) Wenn ein Dritter gehandelt hätte und dieser Dritte wie etwa Herr F ein Vertreter oder Beauftragter des Unternehmens sein könnte, dessen Organ der Antragsgegner ist, so würde auch dann eine Haftung des Antragsgegners nach § 8 Abs. 2 UWG ausscheiden. Denn verantwortlicher Unternehmensinhaber wäre im Falle einer Kapitalgesellschaft wie der schweizerischen AG die Gesellschaft, nicht deren Verwaltungsrat als Organ der Gesellschaft (Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Auflage, § 2 Rdn. 125, § 8 Rdn. 248, 250). So wie der einzelne Gesellschafter wettbewerbsrechtliche Ansprüche mangels seiner eigenen Mitbewerbereigenschaft nur im Namen der Gesellschaft geltend machen kann, kann er auch nicht für das Handeln von Vertretern und Beauftragten des Unternehmens, hinter denen sich das Unternehmen nicht verstecken können soll, persönlich in Anspruch genommen werden. Es ist insoweit problemlos und dem Geschädigten ohne Weiteres zumutbar, die begünstigte Gesellschaft in Anspruch zu nehmen. Wie oben schon ausgeführt worden ist, könnte das Organ der Gesellschaft allenfalls den Wettbewerb seines Unternehmens als fremden Wettbewerb fördern. Dafür müsste er aber gehandelt haben; er darf dann nicht nur als Organ in Anspruch genommen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 344 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.






OLG Hamm:
Urteil v. 05.06.2012
Az: I-4 U 188/11


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