Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. September 2004
Aktenzeichen: 15 W (pat) 29/03

(BPatG: Beschluss v. 16.09.2004, Az.: 15 W (pat) 29/03)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Prüfungsstelle für Klasse B 32 B des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. November 2002 aufgehoben und das Patent erteilt.

Bezeichnung: Verfahren zur Herstellung von beschichteten Formteilen und ihre Verwendung Anmeldetag: 24. März 2001 Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:

Patentansprüche 1 - 6, und Beschreibung Seiten 1 - 12, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 16. September 2004 sowie 1 Blatt Zeichnung mit Figur 1, gemäß DE 101 14 468 A1.

Gründe

I.

Die am 24. März 2001 eingereichte Patentanmeldung 101 14 468.7-16 betrifft ein:

"Korrosionsstabiles Laminat, Verfahren zu seiner Herstellung und seine Verwendung".

Sie wurde von der Prüfungsstelle für die Klasse B 32 B des Deutschen Patent- und Markenamts mit Beschluß vom 7. November 2002 aus den Gründen des Bescheids vom 22. Januar 2002 zurückgewiesen. In dem genannten Bescheid war darauf hingewiesen worden, daß die Entwicklung der Gegenstände der Patentansprüche 1, 7, 8 und 12 bei Kenntnis des Standes der Technik, wie er in den Druckschriften

(1) EP 619 847 B1,

(2) DE 43 28 767 A1,

(3) DE 195 35 934 A1, beschrieben ist, auf keiner erfinderischen Tätigkeit beruhten und damit nicht patentfähig seien. Die abhängigen Patentansprüche 2 bis 6 und 9 bis 11 würden mit diesen fallen.

Dem Beschluß lagen die ursprünglichen Patentansprüche 1 bis 12 zugrunde. Die Patentansprüche 1, 7, 8 und 12 haben folgenden Wortlaut:

"1. Laminat, welches die folgenden Schichten in der angegebenen Reihenfolge übereinanderliegend enthält:

A) mindestens eine Schicht, welche mindestens ein Metall enthält oder hieraus besteht, B) mindestens eine Schicht aus einem Plasmapolymer und C) mindestens eine Folie aus einem organischen Material.

7. Verfahren zur Herstellung des Laminats gemäß einem der Ansprüche 1 bis 6 durch I) Bereitstellen einer mindestens ein Metall enthaltenden oder hieraus bestehenden Schicht A), II) Herstellen einer Schicht B) aus einem Plasmapolymer auf mindestens einer der Oberflächen der Schicht A) und III) Aufbringen mindestens einer Folie C) aus organischem Material auf der Schicht oder den Schichten B).

8. Vorrichtung (1) zur Durchführung des Verfahrens gemäß Anspruch 7, umfassend 1. mindestens ein erstes Walzenpaar (2) mit einem Walzenspalt (2a), 2. mindestens ein zweites Walzenpaar (3) mit einem Walzenspalt (3a), 3. mindestens ein drittes Walzenpaar (4) mit einem Walzenspalt (4a), 4. mindestens eine Zufuhrwalze (8), die mit einer Walze des Walzenpaars (4) gekoppelt ist und mit dieser den Walzenspalt (4b) bildet, wobei 5. die Walzenpaare (2), (3) und (4) so hintereinander angeordnet sind, daß eine Schicht A) (10) durch die Walzenspalte (2a), (3a) und (4a) gefördert werden kann, 6. die Walze (8) zum Walzenpaar (4) so angeordnet ist, daß eine Folie C) (9) durch den Walzenspalt (4b) zum Walzenspalt (4a) gefördert werden kann, worin sie mit der Schicht A) zum Laminat verbunden wird und 7. die Walzenpaare (2), (3) und (4) zusammen mit Wandelementen (5) abgeschlossene Reaktionsräume (6) und (7) bilden, wobei der Reaktionsraum (6) der Reinigung der Oberfläche (10a) und/oder dem Aufbau einer oxidischen Deckschicht auf der Oberfläche (10a) dient und der Reaktionsraum (7) der Bildung des Plasmapolymeren (B) auf der Oberfläche (10a) dient.

12. Verwendung des Laminats gemäß einem der Ansprüche 1 bis 6, des gemäß Anspruch 7 hergestellten Laminats oder des mit Hilfe der Vorrichtung (1) gemäß einem der Ansprüche 8 bis 11 hergestellten Laminats für die Herstellung von Formteilen, insbesondere von Automobilkarosserieteilen.

Gegen diesen Beschluß der Prüfungsstelle hat die Patentanmelderin Beschwerde eingelegt und beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten:

Ansprüche 1 bis 6 und Beschreibung Seiten 1 bis 12, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung sowie 1 Blatt Zeichnung mit Figur 1 gemäß DE 101 14 468 A1.

Die geltenden, in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentansprüche 1 bis 6 lauten:

"1. Verfahren zur Herstellung von beschichteten Formteilen, welche aus den folgenden Schichten in der angegebenen Reihenfolge übereinanderliegend bestehen:

A) mindestens einer Schicht, welche aus einem Metall oder einer Metalllegierung besteht und eine Stärke von 0,05 bis 10 mm hat, B) mindestens einer Schicht aus einem Plasmapolymer und C) mindestens einer Schicht aus einer aus einem organischen Material bestehenden Folie, wobei sich ggf zwischen der Schicht (B) und der Schicht (C) eine Klebschicht befindet, durch I) Bereitstellen einer aus einem Metall oder einer Metalllegierung bestehenden planaren Schicht A), II) Herstellen einer Schicht B) aus einem Plasmapolymer auf mindestens einer der Oberflächen der Schicht A) und III) Aufbringen mindestens einer ggf eine Klebschicht enthaltenden Folie C) aus organischem Material auf der Schicht oder den Schichten B) und IV) Formen der resultierenden planaren Laminate zu Formteilen.

2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Schichten haftfest miteinander verbunden sind.

3. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 2, dadurch gekennzeichnet, daß es sich bei der Folie C) um eine einschichtige oder mehrschichtige, pigmentierte oder unpigmentierte, gefärbte oder ungefärbte, matte oder klare, transparente oder opake Lackfolie mit glatter, rauher oder strukturierter Oberfläche handelt.

4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß sich auf der freien Oberfläche der Folie C) zusätzlich eine kratzfeste Beschichtung befindet.

5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Schicht aus einem Gradienten-Plasmapolymer B) eine Stärke von 5 bis 40 nm, vorzugsweise 10 bis 30 nm und insbesondere 15 bis 25 nm hat.

6. Verwendung der nach dem Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 5 hergestellten Formteile als Automobilkarosserieteile".

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

1. Die Beschwerde ist frist- und formgerecht eingelegt worden und zulässig (PatG § 73). Sie ist mit den nun geltenden Unterlagen auch erfolgreich.

2. Bezüglich der Offenbarung der Gegenstände der geltenden Patentansprüche bestehen keine Bedenken, da deren Merkmale aus den ursprünglichen Unterlagen herleitbar sind. Die Merkmale des Patentanspruchs 1 befinden sich in den ursprünglichen Ansprüchen 1, 3, 7 und 12 in Verbindung mit der ursprünglichen Beschreibung, Seite 3, Zeile 19 bis 24, Seite 4 Absätze 1 und 2, Seite 8/9 Brückenabsatz und Seite 9, Absatz 4. Die Patentansprüche 2 bis 6 entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen 2, 4 bis 6 und 12.

3. Das beanspruchte Verfahren ist neu, da in keiner der entgegengehaltenen Druckschriften alle Merkmale des beanspruchten Verfahrens insgesamt beschrieben sind, wie es sich auch aus der nachfolgenden Erörterung zur erfinderischen Tätigkeit ergibt.

4. Die Entwicklung des beanspruchten Verfahrens beruht auch auf der erforderlichen erfinderischen Tätigkeit.

Mit der Erfindung soll die Aufgabe gelöst werden, ein Verfahren zur Herstellung von beschichteten Formteilen zur Verfügung zu stellen, das insbesondere Formteile liefert, die eine hohe Korrosionsstabilität und eine hervorragende Zwischenschichthaftung aufweisen und in einfacher Weise hergestellt werden können.

Gelöst werden soll diese Aufgabe durch folgende Merkmale:

1. Die Formteile bestehen aus folgenden übereinanderliegenden Schichten in der angegebenen Reihenfolge:

2. Mindestens einer Schicht A aus Metall oder einer Metalllegierung mit einer Stärke von 0,05 bis 10 mm, 3. mindestens einer Schicht B aus einem Plasmapolymer, 4. mindestens einer Schicht C aus einer aus einem organischen Material bestehenden Folie.

5. Dazu werden auf mindestens einer Oberfläche der Schicht A eine Schicht B aus einem Plasmapolymer hergestellt.

6. Auf der oder den Schichten B werden mindestens eine Folie C aus organischem Material aufgebracht.

7. aus den so erhaltenen planaren Laminaten werden Formteile geformt.

5. Aus (1) EP 619 847 B1 ist bekannt, im Bereich des Automobilbaus Formteile aus Metall dadurch korrosionsstabil zu machen, daß man Metallteile mit einer Dicke, die in den anspruchsgemäßen Bereich fallen, einem Reinigungsschritt mittels einer Plasmabehandlung unterwirft und dann auf diesem gereinigten Metallteil ein Plasmapolymer herstellt (Merkmale 1) bis 3) und 5); vgl (1) S 2 Z 32/33, S 3 Z 11 bis 14 und S 5 Z 46). Auch dort wird auf die Schicht B aus einem Plasmapolymer eine Schicht C aus einem organischen Material, (zB Epoxiamin) hergestellt (Teile der Merkmale 4) und 6); vgl (1) S 5 Z 30 bis 33). Der wesentliche Unterschied vom Beanspruchten zum Bekannten liegt jedoch darin, daß gemäß der Erfindung die Schicht C als Folie oder Film auf die Schicht B aufgebracht wird (Merkmal 6) und ursprüngliche Beschreibung S 5 Abs 3) und daß die Schichten nicht wie beim Stand der Technik auf bereits geformte Stahlbleche aufgetragen werden (vgl (1) Anspruch 1: kathodische elektroforetische Beschichtung), sondern auf Stahlbleche oder -bänder und diese planaren Laminate nach der Beschichtung, zB im Tiefziehverfahren geformt werden (Merkmal 7) und ursprüngliche Beschreibung S 9 Abs 4). Auf diese völlig andere Art lackierte Teile herzustellen, gibt es in (1) keine Hinweise.

In (2) DE 43 28 767 A1 wird ein Verfahren zum Herstellen von Verbundfolien beschrieben, bei der zwischen zwei Folien eine Funktionsschicht, die auch aus Metall bestehen kann, eingebracht wird. Dabei wird weder auf die verbesserte Korrosionsstabilität von Metallblechen mittels Plasmapolymerisatbeschichtung eingegangen, noch auf die Beschichtung von Stahlblechen, insbesondere die Herstellung von Formteilen für die Automobilherstellung aus lackierten planaren Stahlblechen.

(3) DE 19 535 934 A1 betrifft haftfähige Lackfilme. Dabei wird in der Beschreibungseinleitung auf die Vor- und Nachteile der Verwendung von Lackfolien eingegangen. Zur Anwendung solcher Lackfilme wird zwar erwähnt, daß auch Metalle damit beschichtet werden können (vgl (3) Anspruch 15). Jedoch wird dort weder auf den Korrosionsschutz von Metallschichten mit Hilfe von Plasmapolymerisaten eingegangen, noch auf die Herstellung von lackierten planaren Laminaten mit dem beanspruchten Schichtenaufbau, aus denen dann Formteile, insbesondere für die Automobilherstellung, hergestellt werden.

Damit legen diese drei Druckschriften weder einzeln, noch in einer Zusammenschau das beanspruchte Verfahren nahe. Dies gilt auch unter Einbeziehung der in der Beschreibungseinleitung zitierten Druckschriften, da diese nicht über den oben erörterten Stand der Technik hinausgehen.

Das Verfahren gemäß Patentanspruch 1 ist daher patentfähig, mit ihm die Verfahrensmerkmale der Patentansprüche 2 bis 5, die vorteilhafte Ausgestaltungen des beanspruchten Verfahrens betreffen, bzw seine Verwendung (Anspruch 6).

Vorsitzender Richter Dr. Kahr ist wegen Urlaubs an der Unterschriftsleistung verhindert.

Jordan Niklas Jordan Klantebr/Ko






BPatG:
Beschluss v. 16.09.2004
Az: 15 W (pat) 29/03


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