Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. Dezember 2009
Aktenzeichen: 33 W (pat) 1/08

(BPatG: Beschluss v. 15.12.2009, Az.: 33 W (pat) 1/08)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Gegen die am 15. November 2005 erfolgte Eintragung der Marke 304 58 154 Wurzellockstofffür Klasse 1: Düngemittel für land-, gartenund forstwirtschaftliche Zwecke;

Klasse 31: land-, gartenund forstwirtschaftliche Erzeugnisse sowie Samenkörner und Substrate und Rasen, soweit in Klasse 31 enthalten; Sämereien, lebende Pflanzen;

Klasse 44: landschaftsgärtnerische Arbeiten ist Antrag auf Löschung nach §§ 54, 50 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 8 MarkenG erhoben worden. Dem ihr am 30. Januar 2007 zugestellten Löschungsantrag hat die Markeninhaberin am 1. Februar 2007 widersprochen.

Mit Beschluss vom 22. Oktober 2007 hat die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patentund Markenamts unter Zurückweisung des Löschungsantrags im Übrigen die teilweise Löschung der angegriffenen Marke angeordnet, nämlich für die Waren und Dienstleistungen:

Klasse 1: Düngemittel für land-, gartenund forstwirtschaftliche Zwecke;

Klasse 31: land-, gartenund forstwirtschaftliche Erzeugnisse sowie Substrate und Rasen, soweit in Klasse 31 enthalten;

Klasse 44: landschaftsgärtnerische Arbeiten.

Nach Auffassung der Markenabteilung ist die angegriffene Marke für die von der Löschungsanordnung erfassten Waren und Dienstleistungen entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG eingetragen worden und unterliegt nach wie vor diesen Schutzhindernissen. Sie stelle eine nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG freihaltungsbedürftige Angabe dar. Das Wort "Wurzellockstoff" sei sprachüblich gebildet und beschreibe in verständlicher Weise die Eigenschaft bzw. den Einsatzzweck bestimmter Düngemittel oder sonstiger land-, gartenund forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die das Wurzelwachstum von Pflanzen in Richtung von in den Boden eingebrachter Stoffe stimulierten. Auch landschaftsgärtnerische Arbeiten, deren Leistung in der Konzeption und Einbringung von Wurzellockstoffen bestehen könne, würden durch die Marke nach ihrem Gegenstand beschrieben.

Die angegriffene Marke stelle eine Bezeichnung dar, die ein neuartiges Mittel zur Lösung von Durchwurzelungsschäden treffend, kompakt und sinnfällig bezeichne. Trotz einer naturgemäß immer verbleibenden inhaltlichen Präzisierbarkeit handele es sich um eine reine Sachangabe, deren Sinngehalt nicht nur isoliert, sondern gerade auch bei der Zusammenschau von Kennzeichnung und Produkt ohne weiteres verständlich sei. Insbesondere stelle die Verwendung des bereits in anderen Zusammenhängen bekannten Begriffs "Lockstoff" eine nahe liegende Wortwahl dar. Es drücke eine gezielt vom Einbringungsort des so bezeichneten Stoffes ausgehende Beeinflussung des Wurzelwachstums aus. Damit werde auch ein ohnehin für die Wurzelausbreitung verwendetes Sprachbild aufgegriffen. Dabei komme es nicht darauf an, wer die Bezeichnung erstmals benutzt habe, da dies keine Sonderrechte bei der Beurteilung der markenrechtlichen Schutzfähigkeit schaffe. Abgesehen davon dass die Eigenschaft einer produktbeschreibenden Sachangabe schon aus ihrer bloßen Eignung als solche folge, ließen sich vorliegend beschreibende Verwendungen -auch vor der Zeit der Eintragung der angegriffenen Marke -belegen, bei denen der Begriff "Wurzellockstoff" innerhalb beschreibender Fließtexte, in Aufzählungen oder in deklinierter oder Pluralform als Sachangabe verwendet werde.

Es sei unerheblich, ob das so bezeichnete Produkt neu sei oder sogar auf die Markeninhaberin zurückgehe. Allein von der Neuheit einer Produktidee könne nicht schon auf die markenrechtliche Schutzfähigkeit ihrer Bezeichnung geschlossen werden. Selbst Wortneuschöpfungen seien nicht schutzfähig, solange sie nur ein Beschreibungsmittel für wesentliche Merkmale eines (neuen) Konzepts darstellten. Zu berücksichtigen sei das Bedürfnis der konkurrierenden Anbieter entsprechender Materialien und Dienstleistungen, den fachbegrifflichen Ausdruck "Wurzellockstoff" schlagwortartig und ohne Beschränkungen durch bestehende Markenrechte zur Bezeichnung von Merkmalen ihrer Waren und Dienstleistungen verwenden zu können.

Darüber hinaus fehle der angegriffenen Marke jegliche Unterscheidungskrafti. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Mit der Marke werde, wie aufgezeigt, in beschreibender Form eine Sachinformation vermittelt. Dementsprechend sei die angegriffene Marke teilweise zu löschen.

Für die weiteren Waren der Klasse 31 (Samenkörner, soweit in Klasse 31 enthalten, Sämereien, lebende Pflanzen) habe sich der beschreibende Charakter der angegriffenen Marke hingegen nicht eindeutig feststellen lassen. Es habe nicht festgestellt werden können, dass von diesen Waren eine Lockwirkung auf Wurzeln ausgeübt werde.

Gegen diese Entscheidung richtet sich im Umfang der Teillöschungsanordnung die Beschwerde der Markeninhaberin. Zur Begründung führt sie aus, dass die angegriffene Bezeichnung "Wurzellockstoff" zwar sprachüblich zusammengesetzt sei, jedoch sei der Bestandteil "lock" (von "locken") ein nicht genau definierbarer Begriff. In Bezug auf Wurzeln (locken) sage er nichts darüber aus, in welcher Form bzw. Stärke, Richtung, Ausbildung, Verbreitung, Zurückbildung, Hemmung usw. "gelockt" werde. Dies bedürfe einiger Überlegungen. Der frühere Geschäftsführer der Markeninhaberin, Dr. H..., habe zusammen mit dem weiteren Geschäftsführer K..., in dieser Eigenschaft bei den 14. Nordischen Baumtagen in Rostock (16. bis 18. Juni 2004) den Begriff "Wurzellockstoff" geprägt, indem er über Maßnahmen zur Vermeidung von Durchwurzelungen referiert habe. Bei den Praxisvorführungen sei ein Baumsubstrat vorgestellt worden, das er als Vegetationstragschicht bezeichnet habe, wobei er den Einbau eines aus Humusstoffen bestehenden speziellen "Wurzellockstoff" zur zusätzlichen Lenkung des Wurzelwachstums in die Tiefe empfohlen habe. Dabei habe Dr. H... die Substratform, die zur Lenkung des Wurzelwachstums beitrage, nicht etwa mit dem rein beschreibenden Begriff "Wurzellenkstoff", sondern (fantasievoll) "Wurzellockstoff" bezeichnet. Durch ihren anklingenden Fantasiegehalt weise die angegriffene Bezeichnung eben keinen rein beschreibenden Aussagegehalt auf, der deutlich und unmissverständlich sei. Vielmehr gebe der Begriff "Wurzellockstoff" Anlass zuÜberlegungen, in welcher Form Wurzeln "gelenkt" bzw. "gelockt" werden sollten. Somit könne es sich nur um die Bezeichnung eines Produkts handeln.

Für die Dienstleistung "landschaftsgärtnerische Arbeiten" liege ein beschreibender Sinngehalt ohnehin nicht vor, denn diese Dienstleistungen seien nicht durch "Wurzellockstoffe" sondern eine Vielzahl von Einzeldienstleistungen geprägt. Selbst wenn bei dieser Dienstleistung Wurzellenkstoffe verwendet würden, werde damit keine Eigenschaft oder ein sonstiges Merkmal der Dienstleistungen bezeichnet.

Entsprechendes gelte für die Waren der Klasse 31. Hier sei unklar, inwieweit die angegriffene Marke irgendeinen beschreibenden Bezug zu Düngemitteln, land-, gartenund forstwirtschaftlichen Erzeugnissen sowie Samenkörnern, Substraten und Rasen haben solle. Solche Waren könnten nicht mit darin eingebrachten Lockstoffen hergestellt und vertrieben werden, zumal der Begriff "locken" ohnehin nicht zutreffend sei. Die Wurzeln von Pflanzen könnten nicht gelockt, sondern nur gelenkt werden, wobei das Prinzip der Lenkung von Wurzeln ausschließlich auf dem Prinzip des geringsten Widerstandes beruhe, dem die Wurzelspitze unterliege und der im allgemeinen durch Dichteunterschiede im Boden hervorgerufen werde. Chemische Prozesse bestünden dagegen nicht, so dass ein gerichtetes Wachstum einer Wurzel nicht mit der angegriffenen Marke beschrieben werden könne.

Im Übrigen handele es sich bei der angegriffenen Marke nicht um eine konkrete Sachinformation, so dass kein Freihaltebedürfnis an dieser Bezeichnung vorliege. Sie finde daher nur als Marke Anwendung. Das Produkt könne dem Oberoder Gattungsbegriff "Bodenhilfsstoff" zugeordnet werden. Es gebe daher keinen Anlass, einen neuen Oberbegriff zu schaffen. Wurzellockstoff (gemeint offenbar: das Produkt der Markeninhaberin) stelle keine Ware dar, mit der man Wurzeln locken könne und sei auch kein Dünger im herkömmlichen Sinne, sondern ein Ionentauscher auf Huminstoffbasis. Dünger würden als Nährstoffe verbraucht, Wurzellockstoff als Ionentauscher (Adsorber) könne hingegen im Wesentlichen nicht verbraucht werden und er könne auch keinen Lockimpuls ausüben. Die Beschreibung des Produkts in Produktwarenblättern enthalte daher auch keinen Hinweis auf eine Eigenschaft "Wurzeln zu locken". Der Begriff "Wurzellockstoff" werde im Wesentlichen auch nur von der Markeninhaberin benutzt.

Zu den Anlagen, die dem angefochtenen Beschluss als Belege beigefügt worden sind, trägt die Markeninhaberin vor, dass diese überwiegend auf Bemühungen der Markeninhaberin bei der Beratung, Vermarktung und Lieferung ihres Produkts Wurzellockstoff zurückgingen oder das Markenwort darin mit Anführungszeichen oder aber "falsch" verwendet worden sei. Ergänzend verweist die Markeninhaberin auf die Ergebnisse von Internetrecherchen zu verschiedenen Suchbegriffen wie insbesondere "Wurzel", "Lockstoff", " Wurzelstimulator", "Wurzellenkstoff" u. Ä. Dabei hätten sich zum Suchbegriff "Lockstoff" keine Einträge für Pflanzen, außer als Pflanzenschutzmittel gegen Tiere, ergeben. Beim Suchwort "Wurzellockstoff" seien 18 Einträge angezeigt worden, die nahezu sämtlich auf Produkte der Markeninhaberin verwiesen oder auf die Beratung durch sie oder ihren Geschäftsführer zurückzuführen seien. Die Übersicht zeige, dass der Begriff "Wurzellockstoff" in der Branche keine Bedeutung habe. Insofern sei die Annahme der Markenabteilung unrichtig, dass die angegriffene Marke der Begriffsbildung entspreche, die ein Sachverständiger zur möglichst treffenden, kompakten und sinnfälligen Bezeichnung eines neuartigen Mittels zur Lösung von Durchwurzelungsschäden verwende. Ein Sachverständiger werde wohl eher den Begriff "Wurzellenkstoff" verwenden. Eben dies gehe auch aus der Entstehungsgeschichte der angegriffenen Marke hervor. Daher werde sich der Verkehr bei der Begegnung mit der angegriffenen Marke als Kennzeichnung des Produkts fragen, wieso "Wurzellockstoff" und nicht etwa Begriffe wie "Wurzellenkstoff", "Wurzelaktivator" usw. benutzt würden.

Zudem sei angesichts der genannten Google-Recherche anzunehmen, dass "Wurzellockstoff" keinen Bekanntheitsgrad habe und somit kein starkes Indiz für die Feststellung der Schutzunfähigkeit darstelle. Im übrigen sei die im angefochtenen Beschluss anklingende Auffassung zweifelhaft, dass die "Wurzeln zum Wachstum angelockt werden sollen". Abgesehen von der Frage, was man bei Pflanzen unter "Locken" verstehen solle, sei es auch möglich, den Begriff anders zu deuten, wie Stärke, Richtung, Ausbildung, Verbreitung, Zurückbildung, Hemmung usw., was jedoch zu einer analysierenden und zergliedernden Betrachtungsweise führe. Dies sei wiederum ein Indiz für das Vorliegen von Unterscheidungskraft und mangelnder Eignung zur reinen Beschreibung.

Ergänzend verweist die Markeninhaberin auf eine gutachterliche Stellungnahme ihres (ehemaligen) Geschäftsführers Dr. H... mit dem Titel "Vegetationstechnische Stellungnahme zur Markenbezeichnung "Wurzellockstoff" als rein und unmittelbar beschreibender Begriff mit Bezug zum Gartenund Landschaftsbau". Darin komme dieser zu dem Schluss, dass es sich bei der angegriffenen Marke um keinen beschreibenden Begriff, sondern um eine neue fantasievolle Wortschöpfung handele, die sachlich nicht geeignet sei, um im Gartenund Landschaftsbau als Gattungsbegriff eine Bedeutung zu gewinnen. Soweit die Antragstellerin die Verwertbarkeit des Gutachtens in Frage stelle, trägt die Markeninhaberin vor, dass die Tätigkeit von Dr. H... als Gesellschafter und ehemaliger Geschäftsführer der Markeninhaberin dem Gericht und den Beteiligten bekannt sei, so dass dies auch nicht habe erwähnt werden müssen. Dr. H... sei öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger und lediglich bei der Gründung der Markeninhaberin bis zum 2. Dezember 2003 kurzzeitig Geschäftsführer, jedoch nie operativ tätig gewesen.

Das von der Antragstellerin angeführte Gebrauchsmuster DE 20 2004 015 958 habe mit dem Marken-Löschungsverfahren nichts zu tun. Soweit darin die Formulierung "dient quasi als Wurzellockstoff" verwendet worden sei, habe die Markenund Gebrauchsmusterinhaberin mit dem Wort "quasi" den beschreibenden Inhalt der Bezeichnung "Wurzellockstoff" in Frage gestellt. Zudem stehe es ihr frei, wie sie ihre Marke verwende. Auch sei das Gebrauchsmuster vier Tage nach Einreichung der Markenanmeldung angemeldet worden. Daher sei der Kostenauferlegungsantrag der Antragstellerin unbegründet, zumal diese eine Mitwirkungspflicht bei der Erforschung des Sachverhalts treffe, die die Ermittlung des Gebrauchsmusters mit einschließe. Im Übrigen sei das Löschungsbegehren durch das schriftsätzliche Vorbringen der Markeninhaberin und das Gutachten, auf das die Antragstellerin inhaltlich nicht eingegangen sei, widerlegt. Die Markeninhaberin beantragt sinngemäß, den angegriffenen Beschluss im Umfang der Löschungsanordnung aufzuheben und den Löschungsantrag insgesamt zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen, der Markeninhaberin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Nach ihrer Auffassung handelt es sich bei dem von der Markeninhaberin vorgelegten Text entgegen seiner Bezeichnung offensichtlich nicht um ein Gutachten. Dies folge schon daraus, dass der Verfasser, Dr. H..., zum einen seine Eigenschaft als Gesellschafter und ehemaliger Geschäftsführer der Markeninhaberin und damit ein enges Näheverhältnis zu ihr bzw. einen Interessenkonflikt, zum anderen das für die Markeninhaberin eingetragene Gebrauchsmuster DE 20 2004 015 958 verschwiegen habe. In der Anmeldung dieses Gebrauchsmusters habe die Markeninhaberin selbst das Wort "Wurzellockstoff" mehrfach eindeutig beschreibend benutzt, etwa mit der Formulierung "dient quasi als Wurzellockstoff" oder "der wurzellockende Mineralstoff". Der enge zeitliche Zusammenhang zwischen der am 11. Oktober 2004 eingereichten Markenanmeldung und der am 15. Oktober 2004 eingereichten Gebrauchsmusteranmeldung offenbare, dass die beschreibende Wirkung der angegriffenen Marke bereits zum Zeitpunkt der Markenanmeldung vorgelegen habe.

Da die Markeninhaberin vorsätzlich die nahezu zeitgleich mit der Markenanmeldung vorgenommene Gebrauchsmusteranmeldung "unterschlagen" habe und die Gebrauchsmusterrecherche durch einen Rechtsanwalt zur Sachverhaltsaufklärung für die Antragstellerin erforderlich gewesen sei, entspreche es der Billigkeit, ihr die entstandenen Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

Mit Bescheid vom 22. September 2009 hat der Senat den Beteiligten das Ergebnis der Senatsrecherche übermittelt und seine vorläufige Rechtsauffassung mitgeteilt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die zulässige Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke ist nicht begründet. Zu Recht hat die Markenabteilung nach § 50 Abs. 1 MarkenG die teilweise Löschung der angegriffenen Marke angeordnet, weil sie insoweit entgegen § 8 MarkenG eingetragen worden ist und das Schutzhindernis auch heute noch besteht (§ 50 Abs. 1 und 2 MarkenG).

Die angegriffene Marke ist bereits zum Zeitpunkt ihrer Eintragung nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen gewesen, so dass sie entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG registriert worden ist. Nach dieser Vorschrift sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistung dienen können.

Eine solche Merkmalsbezeichnung stellt das Markenwort "Wurzellockstoff" in Bezug auf die streitgegenständlichen Waren dar, wobei als Verkehrskreise sowohl die mit Land-, Gartenund Forstwirtschaft beruflich befassten Betriebe und deren fachlich geschultes Personal wie auch deren Kunden und ebenso Privatpersonen zugrunde zu legen sind, insbesondere soweit sie eigene Gärten pflegen. Bereits nach der Bedeutung ihrer Einzelelemente "Wurzel-", "-lock-" und "-stoff", und der Art und Reihenfolge der Zusammensetzung dieser Wortelemente entspricht die angegriffene Bezeichnung typischen Sachbezeichnungen wie "Pheromonlockstoff", "Insektenlockstoff", "Nematodenlockstoff" o. Ä., die im Bereich des Pflanzenschutzes, der eng mit den streitgegenständlichen Waren und Dienstleistungen zusammenhängt, verwendet werden bzw. nach den deutschen Sprachregeln ad hoc gebildet werden können. Auch das von der Markeninhaberin als Beispiel einer beschreibenden Angabe genannte Wort "Wurzellenkstoff" würde hierzu gehören. Bereits die Art der Wortbildung der angegriffenen Marke spricht daher für ein Verständnis des Verkehrs nicht als Marke sondern als Sachbegriff, mit dem nicht auf die betriebliche Herkunft von Waren oder Dienstleistungen hingewiesen wird, sondern mit dem Sachverhalte kurz bezeichnet werden sollen. Dies zeigt auch die Verwendung durch die Anmelderin oder ihr nahestehende Personen, etwa in der Beschreibung des Gebrauchsmusters DE 20 2004 015 958. Insbesondere ist die darin enthaltene Formulierung "dient quasi als Wurzellockstoff" entgegen der Auffassung der Markeninhaberin gerade typisch für eine Umschreibung mit einem Sachwort.

Die angegriffene Marke bezeichnet bei natürlichem Wortverständnis einen Stoff, der das Wachstum von Wurzeln (an-)lockt. Damit stellt sie für die Waren "Düngemittel für land-, gartenund forstwirtschaftliche Zwecke" sowie für "land-, gartenund forstwirtschaftliche Erzeugnisse sowie Substrate und Rasen" eine Angabe darüber dar, dass diese Waren Stoffe zum Locken bzw. Stimulieren des Wurzelwachstums sind bzw. diese enthalten. Für die Dienstleistung "landschaftsgärtnerische Arbeiten" handelt es sich dahingehend um eine Beschreibung, dass diese Arbeiten unter Verwendung entsprechender Stoffe durchgeführt werden.

Dabei mag offen bleiben, ob hierbei nur das Wachstum von Wurzeln überhaupt angeregt bzw. stimuliert wird, oder ob es um ein gerichtetes Lenken des Wurzelwachstums geht. Der Begriff deckt in oberbegrifflicher Weite beides ab und lässt insoweit Spielraum für weitere Präzisierungen. Insoweit entspricht er anderen oberbegrifflichen Angaben, was aber nichts am Charakter einer Merkmalsbezeichnung ändert. Selbst das reduzierte Wort "Lockstoff", das über eine noch größere begriffliche Weite verfügt, wäre (sogar erst recht) eine Merkmalsangabei. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

Zudem hat sich die angegriffene Marke auch mehrfach in offensichtlich beschreibender Funktion belegen lassen. Dazu wird zunächst auf die bereits durch die Markenabteilung und die Antragstellerin in das Verfahren eingeführten Belege, insbesondere die Anlagen zum angefochtenen Beschluss verwiesen. Ergänzend dazu bezieht der Senat auch das Ergebnis seiner Recherche in eine Gesamtbetrachtung aller tatsächlichen Anhaltspunkte mit ein, die Aufschluss über das Verkehrsverständnis geben können. Hierbei deuten, wovon auch die Markenabteilung ausgegangen ist, insbesondere Verwendungen in der Pluralform oder mit unbestimmtem Artikel auf ein vorrangig beschreibendes Verständnis hin. Soweit in einzelnen Fundstellen Anführungszeichen oder Formulierungen wie "ein so genannter Wurzellockstoff" verwendet werden, kann dies für einen neu oder ad hoc gebildeten Sachbegriff sprechen, ändert aber nichts an einer sachlichbeschreibenden und somit gerade nicht markenmäßigen Verwendung. Als Beispiele seien aus dem Ergebnis der Senatsrecherche zitiert:

www.gplus.ch/fileadmin/pdffiles/...:

"... spezielle Substratmischungen dirigieren als Wurzellockstoff das Wurzelwachstum und ... Wurzellockstoffe auf der Sohle der Pflanzgrube fördern das Einwurzeln in den umgebenden Unterboden ...";

www.ivzonline.de/:

"... Allerdings musste Paul einräumen, dass die Wurzeln der Platanen mit den Jahren das Pflaster hochdrücken könnten, auch wenn man dem mittels Belüftung und "Wurzellockstoffen" im Boden entgegenwirken wolle ...";

http://owl.newsblog24.com/€p=1463:

"... Ein so genannter Wurzellockstoff und ein zusätzliches Nährstoffdepot im Pflanzsubstrat verhelfen dem Baum zum verbesserten Wurzelwachstum. ...";

www.hortus.de/pdffiles/2006_03a:

"... zu denen Dr. J. Kutscheidt sprach und in diesem Zusammenhang auch über Mykorrhiza und deren Impfmethode sowie über Wurzellockstoffe und den Einsatz verschiedener Huminstoffe in Problembereichen informierte. ...";

www.flensburgonline.de/blog/2009-03/...:

" ... Die Wurzeln suchen sich ihren Weg, und das kann mitunter zu Problemen für anliegende Hausbesitzer führen, betont Brickwedde. ... Die Pflanzung neuer Ahornbäume ging mit dem Bau von durchlüfteten Wurzeltunneln einher, die mit Lockstoffen für den gelenkten Wurzelaustrieb versehen wurden. Eine Methode, die ...";

NEUE LANDSCHAFT, Jan. 2005, S. 43: "Bodenhilfsstoffe zur Wasserspeicherung, Wurzellockstoffe und Mykorrhiza -Vitalpilze für die Baumwurzeln -erleichtern den Sauerstofflieferanten das Leben im engen städtischen Bereich.".

Unter Berücksichtigung aller in das Verfahren eingeführten Belege, auch soweit sie oben nicht zitiert sind, geht der Senat davon aus, dass die angegriffene Marke bereits zum Zeitpunkt ihrer Eintragung eine nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossene Angabe über die o. g. Merkmale der streitgegenständlichen Waren und Dienstleistungen darstellte und dass dies auch heute nochder Fall ist. Hierfür spricht bereits, dass die angegriffene Marke erst Ende 2005, also vor relativ kurzer Zeit eingetragen worden ist. Da sie, wie oben dargelegt, nach ihrem Wortaufbau wie ein typischer Fachbegriff gebildet ist, muss sie ebenso wie etwa das Wort "Insektenlockstoff" sowohl 2005 wie auch heute noch als Sachbegriff verstanden werden. Hinzu kommt, dass viele der in das Verfahren eingeführten Verwendungsbeispiele zum Wort "Wurzellockstoff" aus der Zeit vor oder um die Eintragung im Jahr 2005 stammen, während andere Belege wiederum aus aktueller Zeit entstammen. Das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG lag daher zum Zeitpunkt der Eintragung der Marke vor und ist auch heute noch gegeben.

Die hiergegen gerichteten Ausführungen der Markeninhaberin vermögen nicht zu überzeugen. Für die Beurteilung der Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 MarkenG spielt es zunächst keine Rolle, ob das fragliche Markenwort naturwissenschaftlich "korrekt" ist, insbesondere ob es von Journalisten, Kunden oder Konkurrenten "richtig" oder "falsch" verwendet wird. So stellt etwa das Wort "handy" zur Bezeichnung eines Mobiltelefons einen "falschen" Anglizismus dar, was aber nichts an seiner Eigenschaft als deutsches Sachwort ändert. Aus biologischer Sicht ist es selbstverständlich, dass Wurzeln oder Bäume nicht in dem Sinne angelockt werden können, dass sie einen (und sei es instinktoder triebgesteuerten) Entschluss oder Impuls zur Bewegung bzw. dem Wachsen in eine bestimmte Richtung fassen. Dennoch lassen sich in fachlichen Texten bei Pflanzen oder vergleichbaren Lebewesen (z. B. Bakterien, Tiersamen) Umschreibungen feststellen, die Begriffe wie "(An-)Locken" oder "Lockstoff" verwenden oder jedenfalls als sinnvoll und damit verständlich erscheinen lassen. Allein hierauf kommt es bei der markenrechtlichen Beurteilung an. Dies zeigen sogar die Anlagen zur gutachterlichen Stellungnahme von Dr. Heidger, die die Markeninhaberin als Anlage zum Schriftsatz vom 24. April 2008 eingereicht hat. Als Beispiele von Verwendungen, in denen Vorgänge des Wurzelwachstums umschrieben werden, als würde ein willensgesteuertes, "anlockbares" Verhalten von Bäumen vorliegen, werden folgende Passagen der dort in Bezug genommenen Anlagen zitiert:

-DAS TASPO MAGAZIN 8/2003, S. 40, li. Sp.: "... Im Kampf ums Überleben nutzen die Straßenbäume jede nur denkbare Strategie. ..."; -a. a. O., mi. Sp.: "... , dass fast jeder Straßenbaum die Tendenz aufweist, sein Wurzelwerk in Oberflächennähe anzulegen ..."; -a. a. O., Folgeseite, mi. Sp.: "... Es ist der Mangel an Bodenluft, der den Baum dazu zwingt, in die oberflächennahen und damit besser durchlüfteten Bodenzonen vorzudringen, um überhaupt überleben zu können. ..."; -a. a. O., letzte Seite oben, unter der Zwischenüberschrift "Huminstoffgabe" -Die Stimulans beruht auf einer Huminstoffgabe, die den Baum zur Wurzelneubildung animiert ...";

-Baumwurzelwachstum in Oberflächennähe, S. 7, 1. Absatz: "... In diesem Fall sind es statische Gründe, die den Baum veranlassen, sich den Rohrleitungen wieder zuzuwenden. ... Diese werden mit Humaten dünn abgedeckt (0,5 -1 cm), um die Wurzeln "anzulocken";

-PRO BAUM, 2/2005 (Baumstandorte und unterirdische Verund Entsorgungsanlagen), S. 9, re. Sp.: "... Um an diese zu gelangen, müssen Wurzeln Mittel und Wege finden. Grundsätzlich haben Baumwurzeln das Bestreben, aus Pflanzgruben herauszuwurzeln. ...";

-a. a. O., S. 10, re. Sp.: "... Da der durchwurzelbare Bodenraum für den Baum zu klein geworden ist und für ein ungestörtes Wachstum nicht mehr ausreicht, sucht der Baum nach solchen Alternativen ..."; -a. a. O., S. 11, li. Sp. unten: "... Positives Ergebnis der Untersuchung war jedoch, dass ..., da die meisten Baumarten zwar ... nutzen, sich jedoch nicht im geringsten für ihre "Nachbarschaft", die Leitungen, interessieren. ...".

Dies zeigt, dass ein Begriff wie "Wurzellenkstoff" auf dem Gebiet der streitgegenständlichen Waren und Dienstleistungen sprachlich einen Sinn ergibt, nämlich den eines Stoffs, der Wurzeln (im übertragenen Sinne) anlockt, also ein gerichtetes Wurzelwachstum ermöglicht oder fördert und/oder Wurzelwachstum als solches stimuliert. Soweit hierbei mehrere variierende Wortbedeutungen möglich sind, wird auf die Entscheidung EuGH GRUR 2044, 146 -Doublemint hingewiesen, wonach ein Wortzeichen eine beschreibende Angabe darstellt, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen bezeichnet. Als Fantasiebegriff wird die angegriffene Marke hingegen nicht aufgefasst werden. Vielmehr bezeichnet "Wurzellockstoff" die streitgegenständlichen Waren der Klassen 1 und 31 als solche, die Wurzellockstoffe imo. g. Sinn sind oder sie enthalten und die Dienstleistungen der Klasse 44 als solche, die speziell mit bzw. unter Anwendung solcher Wurzellockstoffe erbracht werden.

Weiter spielt es keine Rolle, wie das konkrete Produkt der Markeninhaberin beschaffen ist, ob es selbst -so die gutachterliche Stellungnahme von Dr. H... eine Wurzellenkung nicht (allein) bewirken kann, ob die angegriffene Marke speziell hierfür sprachlich passend erscheint und ob Konkurrenten oder Journalisten das Wort insoweit "falsch" verwenden. Markenrechtlich kommt es nicht auf die Bedeutung der Marke in Bezug auf das konkrete Produkt der Markeninhaberin an, sondern auf die Bedeutung in Bezug auf die streitgegenständlichen Waren und Dienstleistungen "Düngemittel für land-, gartenund forstwirtschaftliche Zwecke; land-, gartenund forstwirtschaftliche Erzeugnisse sowie Substrate und Rasen, soweit in Klasse 31 enthalten; landschaftsgärtnerische Arbeiten". Unerheblich ist auch, ob es nach Auffassung der Markeninhaberin passendere Begriffe gibt, solange die angegriffene Marke selbst als beschreibende Angabe im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG "dienen kann", was hier belegbar der Fall ist.

Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.

2. Für die von der Antragstellerin beantragte Kostenauferlegung nach § 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG sieht der Senat auch unter Berücksichtigung ihres Vorbringens keinen zureichenden Grund. Die Eigenschaft von Dr. H... als ehemaliger Geschäftsführer der Markeninhaberin geht mehrfach aus dem schriftsätzlichen Vorbringen der Markeninhaberin hervor und ist von ihr sogar betont worden (z. B. Schriftsatz vom 26. März 2007, S. 3 f.; Beschwerdebegründung vom 24. April 2008, S. 2). Der Senat hat dies bei seiner Entscheidung berücksichtigt.

Die Markeninhaberin trifft auch keine Pflicht, von sich aus auf das Gebrauchsmuster DE 20 2004 015 958 hinzuweisen. Im Rahmen einer Internetrecherche nach dem Suchbegriff "Wurzellockstoff" ist der Senat im Übrigen bereits auf der zweiten Google-Trefferseite auf den entsprechenden Link zu www.patentde.com/... gestoßen, unter dem das Gebrauchsmuster im Volltext ersichtlich ist. Hierzu bedarf es keines nennenswerten Aufwands. Der Senat hat daher von einer Auferlegung der Kosten abgesehen.

Bender Dr. Hoppe Kätker Cl






BPatG:
Beschluss v. 15.12.2009
Az: 33 W (pat) 1/08


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