Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. Oktober 2004
Aktenzeichen: 21 W (pat) 301/04

(BPatG: Beschluss v. 19.10.2004, Az.: 21 W (pat) 301/04)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in diesem Beschluss vom 19. Oktober 2004 entschieden, dass das Patent mit dem Aktenzeichen 21 W (pat) 301/04 aufrechterhalten bleibt. Allerdings wurde die Patentschrift teilweise geändert. Konkret wurde die Patentschrift in Bezug auf Spalte 1 Zeile 3 bis Spalte 2 Zeile 8 durch die in der Verhandlung vorgelegten Beschreibungsseiten 1 und 2 ersetzt.

Der Einspruch wurde gegen das Patent eingelegt. Der Gegenstand des Einspruchs wurde auf den erteilten Patentanspruch 1 gestützt. Der Patentanspruch 1 beschreibt eine Aufzugsvorrichtung für einen Raffvorhang mit verschiedenen Merkmalen wie uförmig geführten Zugschnüren, einer Vorhangleiste, einer Wickelwelle und einer Mitnehmerscheibe.

Die Einsprechende argumentierte, dass das Patent nicht patentfähig sei und verwies dabei auf Entgegenhaltungen (D1) und (D2). Sie behauptete, dass die Mitnehmerscheibe und deren Funktion bereits in der D1 offenbart sei und dass die konkrete Ausgestaltung der Mitnehmerscheibe im Patent keine erfinderische Tätigkeit darstelle.

Der Patentinhaber beantragte hingegen, das Patent aufrechtzuerhalten. Er betonte, dass die Zugschnur immer gespannt sein müsse und dass die spezielle Ausgestaltung der Mitnehmerscheibe im Patent eine bessere Führung der Zugschnur ermögliche.

Das Gericht entschied, dass der Einspruch keinen Erfolg hat und der Gegenstand des Patentanspruchs 1 patentfähig ist. Es stellte fest, dass die D1 eine Aufzugsvorrichtung mit einigen ähnlichen Merkmalen zeige, jedoch fehle dort eine genauere Ausgestaltung der Mitnehmerscheibe wie im Patent beschrieben. Daher könne die D1 keinen Hinweis auf die konkrete Lösung des Patents geben.

Die D2 wurde ebenfalls geprüft, konnte aber keinen Anstoß für die Lösung des Patents geben. Das Gericht kam daher zu dem Schluss, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 aufgrund seiner erfinderischen Tätigkeit bestand hat. Dies gilt auch für die auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 und 3, die weitere vorteilhafte Ausgestaltungen der Aufzugsvorrichtung betreffen.

Dieser Beschluss bedeutet, dass das Patent bezüglich des erteilten Patentanspruchs 1 aufrechterhalten bleibt, jedoch mit Änderungen an der Patentschrift.

Hinweis: Diese Inhaltsangabe umfasst etwa ein Drittel der Textlänge der Gerichtsentscheidung. Die Komplexität des Textes wurde vereinfacht und mehrere Absätze wurden verwendet, um den Text leichter lesen zu können.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 19.10.2004, Az: 21 W (pat) 301/04


Tenor

Das Patent 102 07 021 wird aufrechterhalten mit der Maßgabe, dass die Patentschrift Spalte 1 Zeile 3 bis Spalte 2 Zeile 8 ersetzt wird durch die in der Verhandlung vorgelegten Beschreibungsseiten 1 und 2.

Gründe

I.

Auf die am 20. Februar 2002 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte Patentanmeldung ist das Patent mit der Bezeichnung "Aufzugsvorrichtung für einen Raffvorhang" erteilt worden. Die Veröffentlichung der Patenterteilung ist am 27. März 2003 erfolgt.

Gegen das Patent ist Einspruch erhoben worden.

Dem Einspruchsverfahren liegt der erteilte Patentanspruch 1 zugrunde.

Der Patentanspruch 1 lautet:

"Aufzugsvorrichtung für einen Raffvorhang mit uförmig über Ösen, in Umlenkelementen (5) geführte Zugschnüre (6), mit einer Vorhangleiste (1), an der der Vorhang (7) befestigt ist, und einer Wickelwelle (2), die die Zugschnüre (6) beim Raffen des Vorhangs (7) aufwickelt, dadurch gekennzeichnet, dass auf der Wickelwelle (2) mindestens eine Mitnehmerscheibe (4) für eine oder mehrere Zugschnüre (6) fest angeordnet ist, dass die Mitnehmerscheibe (4) eine Aussparung (10) zur Aufnahme der Zugschnüre (6) besitzt, dass die Ösen der Umlenkelemente (5) von dem Vorhang (79 abgewinkelt sind, dass die Wickelwelle (2) so über Abstandselemente (3) an der Vorhangleiste (1) angeordnet ist, dass die Zugschnüre (6) im gespannten Zustand in der Aussparung (10) der Mitnehmerscheibe (4) liegen."

Zu den rückbezogenen Patentansprüchen 2 und 3 wird auf die Patentschrift verwiesen.

Dem Patent liegt die Aufgabe zugrunde, eine Aufzugsvorrichtung für einen Raffvorhang bereitzustellen, bei dem der Vorhangstoff auch bei breiten Raffvorhängen gleichmäßig gerafft wird (in der mündlichen Verhandlung vom 19. Oktober 2004 vorgelegte Beschreibungsseite 2, Abs 2).

Zur Begründung des Einspruchs stützt sich die Einsprechende auf die folgenden Entgegenhaltungen:

(D1) DE 44 39 423 C1

(D2) EP 0 282 957 B1.

Nach Auffassung der Einsprechenden ist die Vorrichtung gemäß dem Patentanspruch 1 gegenüber dem in der D1 offenbarten Stand der Technik nicht patentfähig. So sei in der D1 ein Mitnehmer beschrieben, dessen Aufgabe es sei, die Zugschnur mitzunehmen. Der Fachmann entnehme diesem Stand der Technik, dass die Spannung der Zugschnur vom Eigengewicht des Vorhanges herrühre und dass er zum Raffen lediglich einen Mitnehmer auf der Wickelwelle anzuordnen habe. Dieser Mitnehmer sei sowohl bei der D1 als auch beim Patent fester Bestandteil der Welle und habe in beiden Fällen die gleiche Funktion. Dabei komme es nicht darauf an, wie diese Funktion erfüllt werde. Somit sei es egal, ob ein Haken wie bei der D1 oder eine Scheibe mit Einschnitt wie beim Patent verwendet werde. Schließlich seien auch bei der D1 im Bereich der Welle Ösen vorhanden.

Die Einsprechende stellt den Antrag, das Patent zu widerrufen.

Der Patentinhaber stellt den Antrag, das Patent aufrechtzuerhalten mit der Maßgabe, dass die Patentschrift Sp 1 Z 3 bis Sp 2 Z 8 ersetzt wird, durch die in der Verhandlung vorgelegten Beschreibungsseiten 1 und 2.

Er führt aus, dass die Zugschnur stets gespannt sein müsse, da ein Raffvorhang sonst nicht funktioniere. Bei der D1 seien zwar Führungsringe vorhanden, diese stünden jedoch nicht ab, sondern hingen schlaff herunter. Somit hänge auch die Zugschnur durch, weshalb zu deren Mitnahme ein Fanghaken erforderlich sei. Demgegenüber sei beim Patentgegenstand durch die abgewinkelten Ösen iVm den Abstandshaltern sichergestellt, dass die Zugschnur in die Aussparung der Scheibe gelange. Im Gegensatz zur D1, nach der die Zugschnur im heruntergelassenen Zustand außer Eingriff mit dem Haken stehe, habe die Zugschnur beim Patent immer Kontakt mit der Mitnehmerscheibe und werde so geführt, dass sie stets in die Aussparung eingreifen könne.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Der rechtzeitig und formgerecht eingelegte Einspruch ist zulässig, denn es sind innerhalb der Einspruchsfrist die den Einspruch rechtfertigenden Tatsachen im Einzelnen dargelegt worden, so dass die Patentinhaber und der Senat daraus abschließende Folgerungen für das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Widerrufsgrundes ziehen können.

Der Einspruch hat keinen Erfolg, denn der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist patentfähig. Das Patent war deshalb in dem vom Patentinhaber beantragten Umfang aufrechtzuerhalten, § 61 PatG.

Der - erteilte - Patentanspruch 1 sowie die darauf rückbezogenen Ansprüche 2 und 3 sind formal zulässig, denn sie stimmen mit den am Anmeldetag eingereichten Ansprüchen überein.

Mit Gliederungspunkten versehen lautet der Patentanspruch 1:

Aufzugsvorrichtung für einen Raffvorhanga) mit uförmig über Ösen in Umlenkelementen (5) geführte Zugschnüre (6), b) mit einer Vorhangleiste (1), an der der Vorhang (7) befestigt ist, c) und einer Wickelwelle (2), die die Zugschnüre (6) beim Raffen des Vorhangs (7) aufwickelt, dadurch gekennzeichnet, d) dass auf der Wickelwelle (2) mindestens eine Mitnehmerscheibe (4) für eine oder mehrere Zugschnüre (6) fest angeordnet ist, e) dass die Mitnehmerscheibe (4) eine Aussparung (10) zur Aufnahme der Zugschnüre (6) besitzt, f) dass die Ösen der Umlenkelemente (5) von dem Vorhang (7) abgewinkelt sind, g) dass die Wickelwelle (2) so über Abstandselemente (3) an der Vorhangleiste (1) angeordnet ist, h) dass die Zugschnüre (6) im gespannten Zustand in der Aussparung (10) der Mitnehmerscheibe (4) liegen.

Die Aufzugsvorrichtung gemäß dem Patentanspruch 1 ist neu, denn im Stand der Technik fehlt es allein schon an der auf der Wickelwelle fest angeordneten Mitnehmerscheibe. Nähere Einzelheiten hierzu ergeben sich aus den Ausführungen zur erfinderischen Tätigkeit.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die D1 betrifft einen Raffvorhang mit einer Aufzugsvorrichtung (Anspruch 1, Figur 2). Wie aus der Figur 2 iVm der zugehörigen Beschreibung hervorgeht, werden Zugschnüre (20, 120, 220) U-förmig über Ösen in Umlenkelementen (Führungsringe (30, 31, 130, 131)) geführt (Sp 5 Zn 25ff) (Merkmal a)).

Es ist eine Vorhangleiste (Befestigungsschiene (40)), vorhanden, an der der Vorhang (100) befestigt ist (Figur 2 in Verbindung mit S 6 Zn 16ff) (Merkmal b)).

Mit einer Aufwickelwelle (50) werden die Zugschnüre beim Raffen des Vorhangs aufgewickelt (Sp 6 Zn 23 bis 62 (Merkmal c)).

Damit ist die D1 gattungsbildend.

Außerdem ist dort beschrieben, dass die Wickelwelle (50) auf ihrem Umfang mindestens einen mit seinem Umlaufbereich im Bereich des waagrecht verlaufenden Abschnitts (24) der Zugschnur liegenden nocken- oder hakenförmigen Zugschnurmitnehmer (60) trägt, der im entrafften Zustand des Vorhanges außer Eingriff mit der Zugschnur steht und der zum Aufwickeln einer oder mehrerer Zugschnüre bei umlaufender Aufwickelwelle die Zugschnüre ergreift (Sp 6 Zn 39 ff).

Es ist dort auch ausgeführt, dass der Zugschnurmitnehmer die verschiedenstartigen Ausgestaltungen aufweisen kann, und es wird auf die in den Figuren 9a bis 9d und 10 dargestellten Ausführungsformen hingewiesen (Sp 6 Z 63 bis Sp 7 Z 34). Es wird auch erwähnt, dass die Möglichkeit besteht, den Wellenkörper der Aufwickelwelle mit einem Zugschnurmitnehmer zu versehen, der am Außenumfang der Aufwickelwelle so angeformt ist, dass eine hakenförmige Ausgestaltung sich ergibt (Sp 7 Zn 35 ff). Insgesamt ist jedoch stets nur ein Formkörper mit aus dem Außenmantel der Wickelwelle herausragendem haken- oder nockenförmigem Abschnitt beschrieben.

Selbst wenn dem Fachmann - wie von der Einsprechenden vorgetragen - zugebilligt wird, dass die Wirkung des Hakens nach der D1 die gleiche ist wie diejenige der Mitnehmerscheibe mit Aussparung, ergibt sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 erst nach Kenntnis der Lehre des Patents. Denn in der D1 fehlt jegliche Anregung zu einer speziellen Ausgestaltung des Zugschnurmitnehmers als Mitnehmerscheibe mit einer Aussparung, wie es in den im Patentanspruch 1 angegebenen Merkmalen d) und e) beschrieben ist, bei der die Zugschnur permanent anliegt und somit besser geführt ist.

Infolgedessen kann die D1 erst recht keinen Hinweis darauf geben, die Ösen der Umlenkelemente abzuwinkeln (Merkmal f) und die Wickelwelle so über Abstandselemente an der Vorhangleiste anzuordnen (Merkmal g), dass die Zugschnüre im gespannten Zustand in der Aussparung der Mitnehmerscheibe liegen, wie es im Merkmal h angegeben ist.

Die sonst noch im Verfahren befindliche D2 betrifft einen Raffvorhang mit Zugschnüren (Anspruch 1). Dort sind die Zugschnüre nicht uförmig geführt und es ist auch keine Wickelwelle vorhanden, die die Zugschnüre beim Raffen des Vorhangs aufwickelt. Somit kann die D2 keinen Anstoß in Richtung der patentgemäßen Lösung geben.

Da in dem in Betracht gezogenen Stand der Technik die Gesamtheit der die Mitnehmerscheibe sowie die Ösen und Abstandselemente betreffenden, im kennzeichnenden Teil des Patentanspruchs 1 angegebenen Merkmale nicht nachgewiesen werden konnte, führt auch eine zusammenschauende Betrachtung der beiden Entgegenhaltungen zu keinem anderen Ergebnis.

Bestand haben mit dem Patentanspruch 1 auch die auf diesen rückbezogenen Patentansprüche 2 und 3, die vorteilhafte und nicht selbstverständliche Ausgestaltungen der Aufzugsvorrichtung nach Patentanspruch 1 betreffen.

Dr. Winterfeldt Klosterhuber Schuster Dr. Maksymiw Pr






BPatG:
Beschluss v. 19.10.2004
Az: 21 W (pat) 301/04


Link zum Urteil:
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