Verwaltungsgericht Gießen:
Beschluss vom 23. Juli 1996
Aktenzeichen: 9 J 32475/96

(VG Gießen: Beschluss v. 23.07.1996, Az.: 9 J 32475/96)

Gründe

Im vorliegenden Verfahren kann durch den Einzelrichter entschieden werden, nachdem die Kammer diesem das Ausgangsverfahren (Az.: 9 E 11654/93) gemäß § 76 Abs.1 Asylverfahrensgesetz in der Fassung vom 30.6.1993 (BGBl. I, S.1062) - AsylVfG - durch Beschluß übertragen hat. Die nach §§ 151, 165 VwGO zulässige Erinnerung ist nicht begründet. Der Kostenfestsetzungsbeschluß vom 03.05.1996 ist nicht zu beanstanden. Der Erinnerungsführer hat keinen Anspruch auf die begehrte Festsetzung einer Beweisgebühr nach § 31 Abs. 1 Ziff. 3 BRAGO. Eine Beweisgebühr ist nicht entstanden, denn ein förmliches Beweisaufnahmeverfahren hat nicht stattgefunden. Die informatorische Anhörung des Asylbewerbers in der mündlichen Verhandlung hat nicht die Entstehung einer Beweisgebühr gem. § 31 Abs. 1 Ziff. 3 BRAGO ausgelöst (vgl. Hess. VGH, Beschluß v. 17.03.1995 -4 TJ 487/95-). Die Beweisgebühr ist auch nicht durch die Beiziehung und Verwertung der Erkenntnisquellen über die Situation im Kosovo, auf die das Gericht die Beteiligten mit der Ladung vom 12.08.1994 hingewiesen hat, entstanden (§§ 31 Abs. 1 Ziff. 3, 34 Abs. 2 BRAGO). Zwar kann grundsätzlich ein Ersuchen des Gerichts um Mitteilung einer amtlichen Auskunft gemäß § 87 VwGO i.v.m. § 273 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO auf eine Beweisaufnahme abzielen, wenn es nicht lediglich zur Vorbereitung weiterer Maßnahmen, sondern der Feststellung entscheidungserheblicher Tatsachen dient. Im vorliegenden Fall hat das Gericht im Urteil zwar tragend auf mehrere der in der an die Beteiligten übersandten Quellenliste enthaltenen Dokumente abgestellt. Die entsprechende Informationen durch Auskünfte, Gutachten, Zeugen- und Sachverständigenvernehmungen waren jedoch an andere Stellen und Gerichte erteilt worden. Keines der in der Erkenntnisquellenliste aufgeführten Dokumente wurde speziell für das Verfahren des Erinnerungsführers angefordert. Diese befanden sich vielmehr unabhängig von dem Verfahren bereits bei Gericht und wurden in dessen Dokumentationsstelle aufbewahrt. Das Gericht hat somit die in der Dokumentationsstelle des Verwaltungsgerichts bereits vorhandenen Unterlagen beigezogen und die Bevollmächtigte des Erinnerungsführers hierüber informiert. Aus dieser Mitteilung kann nicht entnommen werden, daß das Gericht eine Beweisaufnahme durchführen wollte. Die Mitteilung diente vielmehr der Gewährung rechtlichen Gehörs. Die in der übersandten Quellenliste enthalten Dokumente betreffen Tatsachen, die beim Verwaltungsgericht offenkundig waren und somit gemäß § 173 VwGO, § 291 ZPO keines Beweises bedurften. Offenkundig in diesem Sinne sind neben den allgemeinkundigen auch die gerichtskundigen Tatsachen. Die Verwaltungsgerichte führen insbesondere bei Herkunftsländern mit einer Vielzahl von Asylbewerbern fortlaufend aktualisierte Sammlungen von Auskunftsmaterial, das aus verschiedensten Quellen herrührt (u.a. Auskünfte des Auswärtigen Amtes, Berichte humanitärer und sonstiger Organisationen, gutachtliche Äußerungen sachkundiger Einzelpersonen, Pressemitteilungen usw.). Diese Sammlungen werden verfahrensunabhängig geführt und ergänzt. Das so erworbene Wissen ist seiner Art nach nicht anders zu werten als Kenntnisse aufgrund der Zeitungslektüre oder Erkenntnisse aus früheren Verfahren; die Besonderheiten liegen lediglich im häufig großen Umfang dieses Materials und in der Vielfalt seiner Herkunft und Beschaffung (vgl. Hess.VGH, Beschl. v. 06.11.1984 - 10 TI 2609/84 - KostRsp. BRAGO § 34, Nr. 58; Hess.VGH Beschl.v.23.10.1986 - 10 TJ 1585/86 - KostRsp. BRAGO § 31 Ziff. 3, Nr.145; VGH München, Beschl. v. 22.06.1992 - 24 C 91.30114 - NVwZ-RR 1993, S. 223). Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Beschwerde gegen diesen Beschluß ist gemäß § 80 AsylVfG ausgeschlossen.






VG Gießen:
Beschluss v. 23.07.1996
Az: 9 J 32475/96


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