Amtsgericht Wiesbaden:
Beschluss vom 17. August 2010
Aktenzeichen: 91 C 4018/10

(AG Wiesbaden: Beschluss v. 17.08.2010, Az.: 91 C 4018/10)

Gemeinschaftseinrichtungen der kreditgebenden Wirtschaft sind berechtigt, im Falle der Privatinsolvenz die Erteilung der Restschuldbefreiung in ihrem Datenbestand bis zum Ablauf der Drei-Jahres-Frist zu speichern

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.

Gründe

Die Antragsgegnerin ist eine Gemeinschaftseinrichtung der kreditgebenden deutschen Wirtschaft. Sie sammelt und speichert Daten, um ihren Vertragspartnern Informationen zu einer Kreditentscheidung geben zu können. Zur Antragstellerin ist im Datenbestand der Antragsgegnerin gespeichert wird, dass der Antragstellerin am 09.07.2008 Restschuldbefreiung erteilt wurde. Mit der Behauptung, aufgrund dieser Eintragung habe sie weder Konto noch Strom- und Telefonanbieter wechseln oder bei Warenhäusern Bestellungen vornehmen können, begehrt die Antragstellerin Löschung ihrer über die Erteilung der Restschuldbefreiung gespeicherten Daten.

Der Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war zurückzuweisen, da die Voraussetzungen der §§ 114, 115 ZPO nicht vorliegen.

Die Rechtverfolgung der Antragstellerin in diesem Rechtsstreit hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der Vortrag der Antragstellerin, mit dem sie die Löschung eines Negativeintrags der Klägerin begehrt, ist unschlüssig.

Die Antragstellerin hat aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Löschung der Eintragung der Restschuldbefreiung nach § 35 Abs. 2 BDSG. Nach § 35 Abs. 2 Nr. 1 BDSG sind personenbezogene Daten zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig ist. Nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 BDSG ist eine Speicherung zum Zwecke der (späteren) Übermittlung zulässig, wenn kein Grund zu der Annahme besteht, dass der Betroffene ein schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Speicherung hat.

Insoweit genügt allerdings nicht jedes denkbare Interesse des Betroffenen. Vielmehr sind die Interessen des Betroffenen mit den Interessen der speichernden Stelle abzuwägen. Hierbei ist auf Seiten der Antragsgegnerin zu berücksichtigen, dass das von ihr aufgebaute Informationssystem sowohl den Interessen der Kreditinstitute und der kreditgebenden gewerblichen Wirtschaft als auch dem Interesse des einzelnen Kreditnehmers dient. Aufgrund der Meldungen der Antragsgegnerin können deren Kunden ohne wesentliche Risiken arbeiten, was auch dazu führt, dass Kreditgeschäft schnell und reibungslos abgewickelt und vielfach ohne übermäßige Sicherheitsleistung des Kreditnehmers gewährt werden können (vergleiche BGH NJW 1978 2151). Für das Kreditwesen sind im Rahmen des Abschlusses eines Kreditvertrages aller Umstände von Bedeutung, die Rückschlüsse auf die Zahlungsbereitschaft und die Zahlungsfähigkeit des Schuldners zulassen. Auskünfte, die geeignet sind, etwaige Kreditgeber zu einer sorgfältigen Bonitätsprüfung zu veranlassen und die für Kreditgewerbe erforderlich sind, müssen regelmäßig vom betroffenen Kreditnehmer hingenommen werden. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Speicherung der Eintragung über die der Antragstellerin erteilte Restschuldbefreiung zulässig. Die Erteilung der Restschuldbefreiung lässt Rückschlüsse auf die Zahlungsfähigkeit des Schuldners zu. Dieser war nachweislich über Jahre hinweg nicht in der Lage, die bestehenden in die Insolvenztabelle eingestellten Verbindlichkeiten vollständig auszugleichen. Diese Information ist selbstverständlich für die Kreditwirtschaft von wesentlicher Bedeutung. Der Umstand, dass der Antragstellerin durch die Speicherung der Restschuldbefreiung nicht in unbeschränktem Maße der Weg zu jeder Art von neuen Kreditverträgen eröffnet wird, ist insoweit hinzunehmen. Der Zweck des Insolvenzverfahrens, dem Schuldner einen Neuanfang ohne die zuvor bestehende Verschuldung zu ermöglichen, steht dem nicht entgegen. Zweck dieser Regelung ist es nicht, dem Schuldner eine unbeschränkte Inanspruchnahme weiterer Kredite mit der Folge einer möglichen weiteren Verschuldung zu ermöglichen. Insoweit treten die Interessen der Antragstellerin vorliegend gegenüber den Interessen der Antragsgegnerin zurück. Die auf die gesetzliche Frist von drei Jahren beschränkte Eintragung der Restschuldbefreiung ist nicht zu beanstanden. Prozesskostenhilfe war daher nicht zu bewilligen.






AG Wiesbaden:
Beschluss v. 17.08.2010
Az: 91 C 4018/10


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