Verwaltungsgericht Köln:
Beschluss vom 1. Dezember 2011
Aktenzeichen: 21 L 335/11

(VG Köln: Beschluss v. 01.12.2011, Az.: 21 L 335/11)

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens, einschließlich der

außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 6); außergerichtliche Kosten der

übrigen Beigeladenen werden nicht erstattet.

2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Der Antrag,

die vorläufige Zahlung eines Entgelts für Terminierungsleistungen im Mobilfunknetz der Antragstellerin durch die Beigeladenen in Höhe von 14,20 Cent/Minute rückwirkend ab dem 01. Dezember 2010 anzuordnen,

bleibt ohne Erfolg.

Vorliegend kann offen bleiben, ob der Antrag der Antragstellerin im Hinblick auf den Wortlaut des § 35 Abs. 5 Satz 1 TKG bereits insoweit (teilweise) unzulässig ist, als das beantragte Entgelt die vertraglich vereinbarten Entgelte übersteigt. Denn der Antrag ist jedenfalls unbegründet.

Aufgrund der Ausführungen der Antragstellerin ist im Óbrigen davon auszugehen, dass diese nicht nur die Anordnung eines Entgeltes in Höhe von (genau) 14,20 Cent/Minute anstrebt, sondern ihr Antrag auch die Anordnung eines Entgelts umfasst, das jedenfalls höher als die genehmigten 0,00 Cent/Minute liegt.

Nach § 35 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 1 Telekommunikationsgesetz - TKG - kann das Gericht im Verfahren nach § 123 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - die vorläufige Zahlung eines beantragten höheren (als des genehmigten) Entgelts anordnen, wenn überwiegend wahrscheinlich ist, dass der Anspruch auf die Genehmigung des höheren Entgelts besteht.

Eine in diesem Sinne überwiegende Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn eine höhere Wahrscheinlichkeit für das Bestehen des behaupteten Anspruchs spricht als für dessen Nichtbestehen. Dabei obliegt es der Antragstellerin, die tatsächlichen Umstände glaubhaft zu machen, aus denen sich eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Bestehen des geltend gemachten Anspruchs ergibt, § 35 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 1 TKG i. V. m. § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung.

Die von der Antragstellerin erhobenen Terminierungsentgelte unterliegen einer Vorab-Genehmigungspflicht nach §§ 30 Abs. 1 Satz 1, 31 TKG (sofort vollziehbare Regulierungsverfügung der Bundesnetzagentur vom 05. Dezember 2008 - BK 3b-08/019 -). Nach § 35 Abs. 3 Satz 1 TKG ist die Genehmigung ganz oder teilweise zu erteilen, soweit das Entgelt den Anforderungen der §§ 28 und 31 nach Maßgabe des Absatzes 2 (des § 35 TKG) entspricht und keine Versagungsgründe nach Satz 2 oder 3 (des § 35 Abs. 3 TKG) vorliegen. Voraussetzung der Genehmigungsfähigkeit eines vorab genehmigungsbedürftigen Entgelts ist nach § 31 Abs. 1 Satz 1 TKG namentlich, dass das Entgelt die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung nicht überschreitet.

Die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung ergeben sich gemäß § 31 Abs. 2 Satz 1 TKG aus den langfristigen zusätzlichen Kosten der Leistungsbereitstellung und einem angemessenen Zuschlag für leistungsmengenneutrale Gemeinkosten, einschließlich einer angemessenen Verzinsung des eingesetzten Kapitals, soweit diese Kosten jeweils für die Leistungsbereitstellung notwendig sind.

Die Antragstellerin hat in Anwendung der vorgenannten Maßstäbe keinen Sachverhalt glaubhaft gemacht, der die Annahme einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit für das Bestehen des behaupteten Anspruchs auf Genehmigung von Terminierungsentgelten in der beantragten Höhe oder auch über die genehmigte Höhe von 0,00 Cent/Minute hinaus tragen könnte. Es ist (allenfalls) als offen zu bezeichnen, ob der Antragstellerin für die Zeit ab 01. Dezember 2010 bis 30. November 2012 ein Anspruch auf Genehmigung eines Terminierungsentgeltes zusteht, das über den für diesen Zeitraum genehmigten Betrag von 0,00 Cent/Minute hinausgeht.

Ein solcher Anspruch folgt zunächst nicht daraus, dass die Antragsgegnerin vor Erlass des streitgegenständlichen Beschlusses ein Konsultations- und Konsolidierungsverfahren durchgeführt hat und während des Laufs dieses Verfahrens eine vorläufige Entgeltgenehmigung erlassen hatte. Zwar vertritt die Antragstellerin die Auffassung, dass es für die Durchführung des Konsultations- und Konsolidierungsverfahrens an einer gesetzlichen Ermächtigung im Telekommunikationsgesetz mangele. Sie hat jedoch nicht substantiiert dargelegt, inwiefern dieser Umstand zu einem höherer Entgeltgenehmigungsanspruch führen könnte. Hiergegen spricht schon, dass die Antragsgegnerin aufgrund der seitens der Europäischen Kommission erhobenen Einwendungen im Rahmen des durchgeführten Konsultations- und Konsolidierungsverfahrens im streitgegenständlichen Beschluss das vorläufig genehmigte Entgelt von 0,00 Cent/Minute auf 0,00 Cent/Minute rückwirkend ab dem 01. Dezember 2010 erhöht hat. Es ist in diesem Zusammenhang auch nicht der Auffassung der Antragstellerin zu folgen, aufgrund des rechtswidrig durchgeführtem Konsultations- und Konsolidierungsverfahrens sei zumindest für den Zeitraum bis zum Erlass der endgültigen - hier streitgegenständlichen - Genehmigung die Befristung der bisherigen Entgeltgenehmigung (Az. 00 00-00/000) zwingend zu verlängern, so dass ihr bis zum Erlass der hier streitgegenständlichen Genehmigung jedenfalls ein Terminierungsentgelt in Höhe von 7,14 Cent/Minute zustehe. Denn selbst wenn die Durchführung des Konsultations- und Konsolidierungsverfahrens rechtswidrig gewesen wäre, folgte hieraus nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit, dass dann ein Entgelt in Höhe von 7,14 Cent/Minute anzuordnen gewesen wäre. Da mit der Durchführung des Konsultations- und Konsolidierungsverfahren eine Verzögerung des Erlasses der (endgültigen) Genehmigungserteilungen verbunden war, erforderten die dadurch mit Ablauf des bisherigen Genehmigungszeitraums zum 30. November 2011 ab dem 01. Dezember 2010 drohenden Genehmigungslücken zwar ein Tätigwerden der Antragsgegnerin, da ansonsten die Mobilfunknetzbetreiber für den Óbergangszeitraum wegen der Regelung des § 37 Abs. 3 Satz 1 TKG das Insolvenz- und Zwischenfinanzierungsrisiko hätten tragen müssen. Hieraus folgt jedoch nicht zwingend, dass die drohende Genehmigungslücke durch die Verlängerung der bisherigen Entgeltgenehmigung hätte geschlossen werden müssen.

Darüber hinaus ist auch nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der von der Antragstellerin geltend gemachte Anspruch auf Verlängerung der zuletzt genehmigten Mobilfunkterminierungsentgelte in Höhe von 7,14 Cent/Minute aus einer möglichen Verletzung der in § 31 Abs. 6 Satz 3 TKG normierten Zehnwochenfrist folgt. Insoweit spricht schon nichts Óberwiegendes dafür, dass diese Vorschrift mehr als eine reine Formvorschrift mit Ordnungsfunktion darstellt. Dafür spricht insbesondere, dass das TKG grundsätzlich - anders als z.B. § 116 Abs. 2, 2. Hs GWB oder § 40 Abs. 2 Satz 1 GWB - keine Bestimmung zu der Frage enthält, welche Konsequenzen daraus folgen, wenn die Regulierungsbehörde eine (endgültige) Entscheidung nicht in der vorgesehenen Frist von zehn Wochen trifft.

Selbst wenn man aber der von der Antragstellerin bevorzugten Auslegung des § 31 Abs. 6 Satz 3 TKG folgen würde und annähme, dass § 31 Abs. 6 Satz 3 TKG materieller Charakter zukommt und daher eine abschließende Entgeltgenehmigung innerhalb der Zehnwochenfrist zum Schutz der Interessen der Zusammenschaltungspartner hätte ergehen müssen, besagt dies allein nicht, dass diese Genehmigung dann zu einem höheren Entgeltanspruch geführt hätte.

Soweit die Antragstellerin rügt, der streitgegenständliche Beschluss sei schon deshalb rechtswidrig, da die Antragsgegnerin ihrer Genehmigung ein rechtswidriges elektronisches Kalkulationsschema zugrunde gelegt habe, ist nicht erkennbar, inwiefern dies allein zu dem von der Antragstellerin beanspruchten höheren Terminierungsentgelt führen könnte. Denn das Bestehen des von der Antragstellerin geltend gemachten Anspruches auf ein höheres als das genehmigte Entgelt hängt weder von der Frage ab, ob für die Anordnung zur Ausgestaltung der Kostenrechnung, die die Antragsgegnerin durch Beschluss vom 30. April 2010 - BK 31-10/032 - gegenüber der Antragstellerin erlassen hat, allgemein eine tragfähige Rechtsgrundlage vorhanden ist oder nicht, noch von der Frage, ob sich diese Anordnung im Einzelfall als rechtswidrig erweist oder nicht. Im übrigen hat sich die Kammer im Beschluss vom 13. Juli 2010 in dem Verfahren 21 L 797/10 mit der Frage der Rechtmäßigkeit der Anordnung zur Ausgestaltung der Kostenrechnung befasst und ist hier zu dem Ergebnis gekommen, dass die Antragstellerin im vorläufigen Rechtsschutzverfahren keine Suspendierung der Anordnung zur Ausgestaltung der Kostenrechnung verlangen kann. Im Beschluss vom 13. Juli 2010 hat sich die Kammer dabei u.a. vertieft mit der Frage der zutreffenden Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung der Verwendung eines elektronischen Kostennachweises befasst. Soweit die Antragstellerin daher auch im hier streitgegenständlichen Verfahren (wiederholt) vorträgt, es mangele an einer Ermächtigungsgrundlage, verbleibt es bei den diesbezüglichen Feststellungen im Beschluss vom 13. Juli 2010, wonach zwar offen ist, ob die Antragsgegnerin ihre Anordnung zur Ausgestaltung der Kostenrechnung auf § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 TKG rechtmäßig stützen konnte, ihr es aber unter Abwägung der gegenüberstehenden Interessen nicht verwehrt ist, entsprechende elektronische Kostennachweise einzufordern und sie für die nunmehr erfolgte Entgeltgenehmigung zu verwenden.

Ebenso wenig kann der geltend gemachte Anordnungsanspruch durch das Aufzeigen von nach Meinung der Antragstellerin gegebenen methodischen Fehlern des elektronischen Kostennachweises glaubhaft gemacht werden. So folgt aus den von der Antragstellerin in diesem Zusammenhang geltend gemachten Umständen, Grund für die Einführung des elektronischen Kostennachweises sei die Einführung eines unternehmensübergreifenden Effizienzmaßstabes gewesen, jetzt aber lege die Antragsgegnerin bei der streitgegenständlichen Entgeltgenehmigung im vorliegenden Bescheid teilweise auch einen unternehmensindividuellen Effizienzmaßstab zugrunde bzw. wechsele unzulässigerweise zwischen unterschiedlichen Effizienzmaßstäben, was sie beispielhaft an den Positionen Kalkulationszinssatz, Funktionskosten und Datennormierung nachzuweisen versucht, selbst bei unterstellter Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Genehmigung in diesen Punkten nicht, dass der von der Antragstellerin erhobene Anspruch auf ein höheres Terminierungsentgelt mit überwiegender Wahrscheinlichkeit besteht.

Die Antragstellerin kann den von ihr geltend gemachten Anspruch auf ein höheres Terminierungsentgelt auch nicht darauf stützen, dass die Antragsgegnerin im Rahmen des streitgegenständlichen Bescheides einen entgegen § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 TKG unzulässigen Kostenvergleich angestellt habe. Denn selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, folgte hieraus allein nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein höherer Entgeltgenehmigungsanspruch. Unabhängig hiervon dürfte der Annahme eines unzulässigen "Kostenvergleichs" bereits entgegenstehen, dass die Antragsgegnerin einen solchen gar nicht vorgenommen hat. Vielmehr spricht Óberwiegendes dafür, dass die Antragsgegnerin das in den elektronischen Kostennachweis seitens der Unternehmen eingegebene Datenmaterial nur dazu benutzt hat, um auf dieser Grundlage die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung in dem jeweiligen Entgeltgenehmigungsverfahren zu ermitteln.

Soweit den Ausführungen der Antragstellerin im Rahmen ihrer Ausführungen zum elektronischen Kostennachweis, namentlich der Rüge, die Antragsgegnerin verwende nicht einen unternehmensindividuellen Zinssatz, sondern entwickele einen allgemeinen, für alle vier regulierten Mobilfunknetzbetreiber geltenden Zinssatz, entnommen werden kann, sie rüge auch die Höhe des in der angegriffenen Entscheidung verwendeten Zinssatzes von 7,88 %, führt auch dies nicht zu einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit des Bestehens eines Anspruchs auf Genehmigung eines höheren Terminierungsentgelts. Denn unabhängig von den diesbezüglichen Einwendungen der Antragstellerin gegen die Rechtmäßigkeit der angewandten Methode ist zu berücksichtigen, dass nach der bisherigen Rechtsprechung der erkennenden Kammer und der 1. Kammer des Gerichtes der Regulierungsbehörde bei der Ermittlung des kalkulatorischen Zinssatzes ein Beurteilungsspielraum zukommt und zwar auch hinsichtlich der Wahl der Methodik.

Zum TKG 1996: Urteil vom 22. Oktober 2008 - 21 K 417/07 -; Urteil vom 13. Februar 2003 - 1 K 8003/98 -, MMR 2003, 814; zum TKG 2004: Beschlüsse vom 19. Dezember 2005 - 1 L 1586/05 -, vom 21. August 2007 - 1 L 911/07 -, vom 28. April 2008 - 1 L 259/08 - und vom 26. Oktober 2009 - 1 L 961/09 und vom 13. Juli 2010 - 21 L 963/03 -; a. A. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen - OVG NRW -, Beschluss vom 19. August 2005 - 13 A 1521/03 -, CR 2006, 101 (zum TKG 1996).

Dass für den vorliegenden Fall anderes zu gelten hätte, insbesondere angenommen werden müsste, dass dem Netzbetreiber eine von der Regulierungsbehörde zu beachtende Einschätzungsprärogative hinsichtlich der Methodik der Ermittlung der Kapitalverzinsung zusteht, ist nicht überwiegend wahrscheinlich. Wenn aber der Bundesnetzagentur ein Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Auswahl der Methodik der Ermittlung der angemessenen Verzinsung des eingesetzten Kapitals zuzubilligen ist, schließt das ein die Bundesnetzagentur bindendes entsprechendes Bestimmungsrecht des regulierten Unternehmens aus.

Selbst wenn der Einwand der Antragstellerin daher berechtigt wäre, führte dieser nicht zu der begehrten Anordnung eines höheren Entgelts. Vielmehr würde die Entgeltgenehmigung in diesem Falle wegen des der Bundesnetzagentur von der Rechtsprechung des Gerichtes zugebilligten Beurteilungsspielraums voraussichtlich aufzuheben und die Bundesnetzagentur zur erneuten Bescheidung des Entgeltgenehmigungsantrages der Antragstellerin zu verpflichten sein. Dass der Beurteilungsspielraum der Regulierungsbehörde vorliegend zu Gunsten der Antragstellerin auf Null reduziert wäre, d.h. die Antragsgegnerin zur Erteilung einer Entgeltgenehmigung in der von der Antragstellerin beantragten Höhe oder zumindest in einer über das genehmigte Entgelt hinausgehenden Höhe verpflichtet wäre, ist nicht ersichtlich und nicht glaubhaft gemacht. Die der Bundesnetzagentur eingeräumte Beurteilungsermächtigung dürfte es sogar erlauben, statt der nunmehr angewandten CAPM-Methode zur Bestimmung der angemessenen Kapitalverzinsung auf die (noch für die vorangegangenen Genehmigungsperioden herangezogene) Bilanzwertmethode zurückzugreifen. In diesem Zusammenhang ist im Óbrigen darauf hinzuweisen, dass auch die Beibehaltung der "Bilanzmethode" bei gebotener Aktualisierung und erforderlicher Anpassung der Eingangsparameter für die Zinssatzermittlung unter Beibehaltung der im Vorverfahren verwendeten Methodik nach den unwidersprochenen Ausführungen der Antragsgegnerin zu einem der Höhe nach nahezu identischem Wert geführt hätte (so Seite 51 des angefochtenen Bescheides).

Was den Vortrag der Antragstellerin zur fehlerhaften Berücksichtigung der von ihr ausgewiesenen Funktionskosten anbetrifft, beschränken sich ihre Ausführungen ebenfalls darauf, dass die Antragsgegnerin bei der Bestimmung dieser Kosten von einem betreiberübergreifenden Ansatz ausgehe und aus diesem Grunde die von der Antragstellerin vorgenommenen betreiberspezifischen Modifikationen eliminiere. Auch diese Vorgehensweise widerspreche dem von der Antragsgegnerin nunmehr im angefochtenen Bescheid postulierten grundlegenden betreiberspezifischen Ansatz.

Die Antragstellerin verkennt auch bei dieser Argumentation, dass es für den Erfolg des vorliegenden Verfahrens nicht (allein) darauf ankommt, dass sich der streitgegenständliche Bescheid in einigen Punkten als (offensichtlich) rechtswidrig erweist. Vielmehr obliegt ihr die Darlegungslast, dass die Vermeidung dieser Rechtsfehler auch zur Festlegung eines höheren Entgelts geführt hätte. Dies ist jedoch nicht glaubhaft gemacht. Es fehlt insbesondere auch eine Auseinandersetzung mit den Ausführungen der Antragsgegnerin zu den von der Antragstellerin im Genehmigungsverfahren vorgelegten Werten. Die seitens der Antragstellerin vorgenommenen Modifikationen der Allokationsfaktoren im elektronischen Kostennachweis wurden nämlich ausweislich der Ausführungen der Antragsgegnerin im Rahmen der Antragserwiderung unter Bezugnahme auf die Seiten 34-36 des Prüfberichts (Beiakte 3 S. 1102 ff.) vom 29. November 2009 von der Fachabteilung unternehmensspezifisch eingehend daraufhin geprüft, ob sie geeignet sind, die betreffenden Funktionskosten der Antragstellerin hinreichend auf die Dienste zu allokieren. Wegen der dabei festgestellten - zum Teil gravierenden - Mängel empfahl die Fachabteilung, diese nicht anzuerkennen. Statt dessen sollte auf die im elektronischen Kostennachweis voreingetragenen Faktoren zurückgegriffen werden.

Der geltend gemachte Anordnungsanspruch erweist sich auch nicht deshalb als begründet, weil es überwiegend wahrscheinlich wäre, dass die Bundesnetzagentur für die Ermittlung der UMTS-Kosten der Antragstellerin auf die historischen Anschaffungskosten in Höhe von ca. 8,455 Mrd. Euro als Bemessungsgrundlage hätte abstellen müssen. Die Antragstellerin macht in diesem Zusammenhang geltend, dass es an der Feststellbarkeit eines tatsächlichen Wiederbeschaffungswertes (Tagesneupreis) der UMTS-Lizenzen mangele und daher die tatsächlich aufgewendeten Kosten für die UMTS-Lizenz zu berücksichtigen seien. Dies gelte im Óbrigen selbst dann, wenn man dem grundsätzlichen Ansatz der Antragsgegnerin folge und von einer Entgeltgenehmigung rein auf Basis von Wiederbeschaffungskosten ausgehe. Unzulässig sei jedenfalls der von der Antragsgegnerin nunmehr gewählte Ansatz, auf die Versteigerungsergebnisse der LTE-Frequenzen aus dem Jahre 2010 zurück zu greifen.

Was die Argumentation der Antragstellerin anbetrifft, dass bei der Ermittlung der für die Terminierungsleistung maßgebenden KeL grundsätzlich die historischen Kosten der Beschaffung zu berücksichtigen seien, ist darauf hinzuweisen, dass es die Kammer bereits in der Vergangenheit wiederholt für nicht überwiegend wahrscheinlich gehalten hat, dass die historischen Anschaffungskosten der Frequenzausstattung uneingeschränkt zu berücksichtigen seien,

vgl. Beschlüsse vom 20. Juni 2007 - 21 L 170/07 -, Juris, Rn. 38; Beschluss vom 13. Juli 2010 - 21 L 963/09 -, Juris, Rn. 30 ff.; ebenso: Beschluss der 1. Kammer des erkennenden Gerichts vom 26. Oktober 2009 - 1 L 961/09 -, S. 6 f. des Beschlussabdrucks (soweit ersichtlich nicht veröffentlicht).

Daran ist auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Antragstellerin festzuhalten. Insbesondere folgt entgegen der Auffassung der Antragstellerin aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften - EuGH -,

Urteil vom 24. April 2008 - Rs. C-55/06 -, MMR 2008, 523,

nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit, dass als historische Kosten die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten im Jahr der Beschaffung des betreffenden Frequenzspektrums uneingeschränkt zu berücksichtigen und unvermindert als Ausgangspunkt der Ermittlung der KeL zugrunde zu legen seien. Denn unter den historischen Kosten werden in der genannten Entscheidung die "tatsächlich entstandenen Kosten unter Berücksichtigung der bereits erfolgten Abschreibungen" verstanden,

EuGH, Urteil vom 24. April 2008 - Rs. C-55/06 -, a.a.O., Rn. 86.

Angesichts dieses Begriffsverständnisses ist es nicht überwiegend wahrscheinlich, dass namentlich der von der Antragstellerin für die Ersteigerung von UMTS-Frequenzen im Jahre 2000 aufgewendete Betrag von mehr als 8,4 Mrd. Euro in voller Höhe, d.h. ohne Berücksichtigung bereits erfolgter Abschreibungen, in die Ermittlung der KeL eingestellt werden kann.

Für diese Annahme spricht zudem, dass das Bundesverwaltungsgericht,

Urteile vom 23. November 2011 - 6 C 11, 12 und 13.10 -, vgl. Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts Nr.99/2011 vom 23. November 2011,

nunmehr entschieden hat, dass es im Beurteilungsspielraum der Regulierungsbehörde liege, sich zwischen einer Berechnung des Investitionswertes nach den tatsächlich entstandenen Anschaffungs- und Herstellungskosten und einer solchen nach Wiederbeschaffungskosten zu entscheiden. Sie müsse beide Berechnungsmethoden in ihre Óberlegungen einbeziehen, ohne dass sie aber verpflichtet wäre, stets sowohl die eine wie die andere Methode im Sinne eines gemischten Kostenansatzes in ihre konkrete Berechnung einfließen zu lassen. Die Regulierungsbehörde habe jedoch die widerstreitenden Interessen abzuwägen und zu prüfen, welcher Kostenmaßstab - erstens - den Nutzerinteressen, - zweitens - dem Ziel der Sicherstellung eines chancengleichen Wettbewerbs sowie - drittens - dem Ziel, effiziente Infrastrukturinvestitionen und Innovationen sicherzustellen, jeweils am ehesten gerecht wird. Die genannten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts betreffen allerdings die Ermittlung und Beurteilung der KeL nach Maßgabe des § 24 Abs. 1 TKG 1996. Diese Vorschrift findet wegen ihrer zwischenzeitlichen Aufhebung für den vorliegenden Fall ebenso keine Anwendung mehr wie die ihr zugrunde liegenden, ebenfalls bereits außer Kraft getretenen gemeinschaftsrechtlichen Normen [Richtlinien 97/33/EG und 98/10/EG sowie die Verordnung (EG) Nr. 2887/2000], zu denen das zitierte Urteil des EuGH ergangen ist. Obwohl die unionsrechtlichen Vorgaben, die für die hier in Rede stehende Entgeltgenehmigung einschlägig sind, namentlich Art. 13 der Richtlinie 2002/19/EG vom 07. März 2002 - Zugangsrichtline - in der Fassung des Art. 2 Nr. 9 der Richtlinie 2009/140/EG vom 25. November 2009, nach Wortlaut und Systematik mit den außer Kraft getretenen gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften nicht deckungsgleich sind, liegt es nahe, die in den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. November 2011 getroffenen rechtlichen Feststellungen und aufgestellten Maßgaben auf den hier anzuwendenden Begriff der KeL zu übertragen. Dafür spricht nicht zuletzt auch der Umstand, dass das Bundesverwaltungsgericht in den genannten Verfahren unter ausdrücklicher Bezugnahme (auch) auf § 31 Abs. 1 TKG (2004) die Revision mit der Begründung zugelassen hat, diese könne zur Klärung des Verhältnisses von "historischen" Kosten zu "aktuellen" Kosten bei der Ermittlung und Beurteilung der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung beitragen.

BVerwG, Beschlüsse vom 16. Juni 2010 - 6 B 81, 82 und 83.09 -,

jeweils Juris, Rn. 1.

Auf diesem Hintergrund ist es nicht überwiegend wahrscheinlich, dass bei der Ermittlung der effizienten Kosten der Terminierungsleistung die Kosten der Frequenzausstattung der Antragstellerin in Höhe der von ihr hierfür tatsächlich aufgewendeten Beträge zu berücksichtigen sind.

Soweit die Antragstellerin darüber hinaus in diesem Zusammenhang vorträgt, dass selbst für den Fall, dass die historischen Kosten nicht berücksichtigungsfähig seien, jedenfalls die von der Antragsgegnerin ermittelten Wiederbeschaffungswerte anhand der Auktionsergebnisse der "LTE-Frequenzen" aus dem Jahre 2010 fehlerbehaftet seien, führt auch dies nicht zum Erfolg. Insoweit erscheint es zunächst nicht schlechterdings ausgeschlossen, der Argumentation der Antragstellerin gegenüber mit Erfolg einwenden zu können, dass der Umstand, dass ein tatsächlicher Wiederbeschaffungswert wegen der derzeit nicht gegebenen Handelbarkeit der UMTS-Lizenzen nicht feststellbar ist, die Ermittlung eines fiktiven Wiederbeschaffungswertes nicht hindert,

vgl. VG Köln, Beschluss vom 20. Juni 2007 - 21 L 170/07 -, Juris, Rn. 38; so auch schon Beschluss vom - 21 L 963/09 -, S. 10 f..

Auch unter Berücksichtigung der gegenüber den Vorgängerentscheidungen veränderten Berechnungsmethode der Wiederbeschaffungswerte der UMTS-Lizenzen ist nicht zu Gunsten der Antragstellerin davon auszugehen, dass ein Erfolg ihres Begehrens überwiegend wahrscheinlich ist. Denn selbst wenn die Ermittlung der fiktiven Wiederbeschaffungswerte seitens der Antragsgegnerin in den von der Antragstellerin bemängelten Punkten - mangelnde Vergleichbarkeit der LTE-Frequenzen mit den im Jahre 2000 ersteigerten UMTS-Lizenzen und mangelnde Vergleichbarkeit der den Versteigerungen zugrunde liegenden Ausgangs- und Bedarfssituationen - fehlerbehaftet wäre, führte dies entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht zwingend dazu, dass die historischen Kosten anzusetzen wären. Denn selbst wenn sich die der hier in Rede stehenden Entgeltgenehmigung zugrunde liegende Vorgehensweise der Bundesnetzagentur als rechtswidrig erweisen würde, ergäbe sich hieraus nach den vorstehenden Ausführungen nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit die rechtliche Notwendigkeit, die Kosten der Frequenzausstattung der Antragstellerin in Höhe der von ihr hierfür tatsächlich aufgewendeten Beträge zu berücksichtigen. Es spricht vielmehr Vieles für die Annahme, dass der Bundesnetzagentur auch unter der derzeit geltenden Rechtslage bei der Frage der Ermittlung der Kosten der Frequenzausstattung ein Beurteilungsspielraum zuzuerkennen ist, und es ist nicht dargetan oder sonst ersichtlich, dass die in diesem Falle gebotene Abwägung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu dem von der Antragstellerin geforderten Kostenansatz führen musste. Wenn die Antragstellerin des Weiteren in ihrer Argumentation auf die zentralen Erkenntnisse des von ihr vorgelegten WIK-Gutachtens verweist, hat die Antragsgegnerin dazu bereits im streitgegenständlichen Bescheid (dort S. 37 f.) dahingehend Stellung genommen, dass sie sich bei der Bestimmung der relevanten Wiederbeschaffungswerte für die betreiberindividuell erworbenen Lizenzen nicht dem WIK-Gutachten zugrunde gelegten Konzept des Deprival Value anschließe. Ob und welchem Ansatz bei Würdigung der sich gegenüber stehenden Ansichten zu folgen ist, ist eine Frage, die aus den vorstehenden Erwägungen nicht im vorliegenden Verfahren zu klären ist.

Darüber hinaus ist die Antragstellerin der Auffassung, dass ihre Kapitalbindungskosten in Bezug auf die UMTS-Lizenz 2000 vom Zeitpunkt ihrer Beschaffung im August 2000 bis zu deren kommerziellen Nutzbarkeit im Mai 2005 zu berücksichtigen und werterhöhend in die Berechnung der KeL einzustellen seien. Bei diesen Kapitalbindungskosten handele es sich um anrechenbare Kosten im Sinne des § 31 Abs. 2 TKG, da diese Kosten zwingend erforderlich gewesen seien, um die streitgegenständlichen Terminierungsleistungen zur Verfügung stellen zu können. Insbesondere sei es falsch, die Kosten als bereits in den bezahlten Auktionspreisen enthalten zu sehen, zumal hier nur deutlich reduzierte Frequenzausstattungskosten Berücksichtigung fänden. Auch diese Argumentation führt nicht zum Erfolg.

Der Auffassung der Antragstellerin lässt sich zunächst entgegenhalten, dass hinsichtlich der kostenmäßigen Bewertung der UMTS-Lizenz seitens der Antragsgegnerin bereits der relevante Zeitabschnitt zwischen Erwerb und ökonomischer Nutzungsmöglichkeit durch eine verkürzte ökonomische Nutzungsdauer mit daraus resultierenden höheren berücksichtigungsfähigen Kapitalkosten explizit berücksichtigt wurde. Darüber hinaus könnte gegen die Berücksichtigung der Kapitalkosten in der von der Antragstellerin vorgeschlagenen Weise auch eingewendet werden, dass es sich bei den Kapitalbindungskosten um Kosten handelt, die typischerweise der unternehmerischen Risikosphäre unterfallen, und es deshalb nicht gerechtfertigt erscheint, diese kostenerhöhend bei den Terminierungsentgelten zu Lasten der Wettbewerber zu berücksichtigen. Es ist in diesem Zusammenhang insbesondere auch davon auszugehen, dass zum Zeitpunkt des Erwerbs einer Lizenzausstattung die Auktionsgebote der Mobilfunknetzbetreiber zwar mit der Erwartung verbunden sind, dass sich die Investitionen innerhalb der Laufzeit der Lizenz amortisieren werden, es den Bietern aber auch gleichzeitig bewusst ist, dass eine geschäftsmäßige Rentabilität dieser Lizenz ggf. erst nach einigen Jahren - bedingt durch die Notwendigkeit des Aufbaus einer entsprechenden Netzinfrastruktur - möglich sein dürfte. Diese Erwartungen müssen aus unternehmerischer Sicht bereits in die jeweiligen Auktionspreise einfließen und sind - selbst wenn die Auktionsergebnisse ggf. überhöht sein sollten - insoweit nicht zusätzlich bei der Höhe der Terminierungsentgelte zu berücksichtigen. Schließlich spricht gegen eine ausdrückliche Berücksichtigung der Kapitalkosten auch, dass sich der höchste ökonomische Wert für eine UMTS-Lizenz immer dann ergeben würde, wenn eine ökonomische Nutzung erst kurz vor Ablauf der Lizenzdauer erfolgen würde. Dies würde zu einer Aufzinsung der Investition über die fast komplette Lizenzlaufzeit führen, ohne dass sich die gezahlten Kosten tatsächlich entsprechend amortisiert hätten. Ein solches Vorgehen würde zu irrealen Wertansätzen für Frequenzausstattungen führen, die sich in besonders hohen Entgelten zum Nachteil der Wettbewerber niederschlügen.

Soweit die Antragstellerin ferner darauf verweist, es sei fehlerhaft, die Kapitalbindungskosten über den Kapitalzinssatz abdecken zu wollen und des Weiteren auch die von der Antragsgegnerin gewählte CAPM-Methode für die explizite Berücksichtigung von Kapitalbindungskosten spreche, bleibt festzustellen, dass das entsprechende "Brachliege-Risiko" der Lizenzen für die ersten Jahre nach dem Lizenzbezug letztlich ein unternehmerisches Risiko darstellt, dass grundsätzlich über den Kalkulationszinssatz abzudecken ist.

Die Antragstellerin hat auch nicht glaubhaft gemacht, dass es überwiegend wahrscheinlich ist, dass die von ihr geübte Kritik im Rahmen der von der Antragsgegnerin im angegriffenen Bescheid vorgenommenen Datennormierung zu einem höheren Terminierungsentgelt führt. Nach Auffassung der Antragstellerin geht namentlich die durch die Antragsgegnerin vorgenommene Datennormierung von einem fehlerhaften Normierungsansatz aus. Statt des im elektronischen Kostennachweis angeordneten Ansatzes "Kosten geteilt durch Menge" sei richtigerweise von dem Ansatz "Kosten geteilt durch Kapazitätsbedarf" auszugehen, da nur dieser letztlich eine verursachungsgerechte Allokation der Netzkosten auf die jeweiligen Datendienste ermögliche, was im Óbrigen auch durch das vorgelegte Gutachten der Universität Aalborg "Verursachungsgerechte Allokation von Netzwerkkosten im Rahmen der Berechnung der Kosten der Mobilfunkterminierung" bestätigt werde. Die Antragstellerin hat jedoch nicht glaubhaft gemacht, dass es überwiegend wahrscheinlich ist, dass nur der von ihr verfolgte Ansatz letztlich eine verursachungsgerechte Allokation der Netzkosten auf die jeweiligen Dienste ermöglicht, insbesondere aber auch zu höheren als den genehmigten Entgelten führt. Es spricht viel dafür, dass der Antragsgegnerin - vergleichbar den Ausführungen zum kalkulatorischen Zinssatz - auch im Rahmen der Wahl der Methodik bei der hier notwendigen Datennormierung ein Beurteilungsspielraum zukommt. Insoweit hat die Antragstellerin nicht dargelegt, dass sich das Beurteilungsermessen der Antragsgegnerin darauf verdichtet hat, dass nur der von ihr gewählte Ansatz zu vertretbaren Ergebnissen führt. Dem stehen insbesondere schon die nachvollziehbaren Ausführungen der Antragsgegnerin entgegen, dass es bei den Verkehrsanteilen zur Hauptverkehrszeit starke Schwankungen geben könne, das Abstellen auf diese Verkehrsanteile daher unzuverlässig sei und insbesondere auch nicht die reale Belastung der einzelnen Netzelemente über den gesamten zu betrachtenden Zeitverlauf wiederspiegele. Insofern dürfte sich häufig ein typisches Nutzungsverhalten zur Hauptverkehrsstunde auch nicht feststellen lassen. Die Verkehrsspitze ist zwar für die Dimensionierung des Netzes und damit für die Höhe der Investitionen maßgebend. Berücksichtigt man jedoch die bei der von der Antragstellerin bevorzugten Methodik feststellbaren Unwägbarkeiten bleibt nachvollziehbar, dass die Antragsgegnerin bei der notwendigen Datennormierung - Verteilung der Kapitalkosten auf die einzelnen Dienste - der "Zeitraumbetrachtung" statt der von der Antragstellerin favorisierten "Zeitpunktbetrachtung" den Vorzug gibt.

Was die Heranziehung des von der Antragstellerin vorgelegten "Aalborg-Gutachtens" anbetrifft, hat die Antragsgegnerin in ihrer Antragserwiderung nachvollziehbar ausgeführt, dass dieses in seiner Anwendung dazu führen würde, dass das in Sprachminuten umgerechnete Datenvolumen nicht unerheblich höher läge als das, das bei der Umrechnung durch die Verwendung ihres, der Antragsgegnerin, im elektronischen Kostennachweis vorgesehenen Kostentools zugrunde gelegt wurde. Mithin wäre der auf die Datendienste entfallende Kostenanteil höher und folglich die Kosten der Sprachterminierung entsprechend niedriger. Im Ergebnis würde sich somit die Verwendung dieses Gutachtens nachteilig für die Antragstellerin auswirken.

Soweit die Antragstellerin schließlich auch im vorliegenden Verfahren darauf verweist, Vertriebs- und Marketingkosten hätten Berücksichtigung finden müssen, spricht nichts Óberwiegendes dafür, dass die Vertriebs- und Marketingaufwendungen der Antragstellerin für die Bereitstellung der hier in Rede stehenden Terminierungsleistung im Sinne von § 31 Abs. 2 Satz 1 TKG notwendig sind. So hat das Gericht bereits in seinen Beschlüssen, die vorangegangene Genehmigungszeiträume betrafen, ausgeführt, dass nichts Óberwiegendes dafür spricht, dass Marketingkosten der Antragstellerin für die Bereitstellung der hier in Rede stehenden Terminierungsleistung notwendig sind, da Marketingkosten entweder auf die Akquisition neuer Kunden oder auf eine Bestandspflege bzw. die Erhöhung der Inanspruchnahme von Unternehmensleistungen durch Bestandskunden abzielten. Sie seien typischerweise darauf gerichtet, das Verhalten der Kunden anderer Netzbetreiber (in Richtung auf einen Betreiberwechsel) oder das Verhalten ihrer eigenen Kunden (im Hinblick auf eine verstärkte Nutzung von Unternehmensleistungen) zu beeinflussen, und beträfen daher allein den Endkundenbereich, nicht hingegen den Vorleistungsbereich, zu dem auch die vorliegend in Rede stehenden Terminierungsleistungen gehörten. Andere Netzbetreiber könnten nämlich durch die in Rede stehenden Marketingaufwendungen in ihrem Verhalten in Bezug auf die Inanspruchnahme der Terminierungsleistung schon deshalb nicht beeinflusst werden, weil sie insoweit keine Auswahlentscheidung treffen könnten. Entscheide sich ein Endkunde eines anderen Netzbetreibers, einen Gesprächspartner mit Anschluss im Netz der Antragstellerin anzurufen, so habe der andere Netzbetreiber bei der Herstellung der Verbindung nicht die Möglichkeit einer Auswahl zwischen den Netzen bzw. zwischen Terminierungsleistungen unterschiedlicher Betreiber. Er sei vielmehr auf die Inanspruchnahme des Netzes bzw. der Terminierungsleistung der Antragstellerin zwingend angewiesen, weil der Gesprächspartner seines Kunden bei dieser seinen Anschluss habe. Dies zeige, dass Marketingaufwendungen für die Bereitstellung der Terminierungsleistung nicht notwendig seien und damit nicht zu den Kosten einer effizienten Leistungsbereitstellung zählten,

so insbesondere bereits die 1. Kammer des erkennenden Gerichts in ihrem die Genehmigung der Terminierungsentgelte der Antragstellerin in der Zeit vom 01. Dezember 2007 bis zum 31. März 2009 betreffenden Beschluss vom 28. April 2008 - 1 L 259/08 - (Juris Rn. 19); im Ergebnis ebenso VG Köln, Beschluss vom 13. Juli 2010 - 21 L 963/09 -.

Dem schließt sich die Kammer auch für das vorliegende Verfahren an. Das Vorbringen der Antragstellerin enthält keine neuen Gesichtspunkte, die es rechtfertigen könnten, von einem hinreichenden Verursachungs- bzw. Zurechnungszusammenhang zwischen den durch Vertriebs- und Marketingaufwendungen nach Meinung der Antragstellerin bewirkten Effekten und der Bereitstellung der Terminierungsleistung auszugehen. Vielmehr spricht Óberwiegendes für die Vertretbarkeit der ausführlich und plausibel begründeten Annahme der Bundesnetzagentur im angegriffenen Beschluss (S. 56), dass derartige Kosten weder hinreichend ursächlich mit den Terminierungsleistungen verbunden sind, noch ihre Berücksichtigung auf der Vorleistungsebene erforderlich bzw. angemessen ist, um den Wettbewerb auf dem Mobilfunkendkundenmarkt zu stärken bzw. zu stabilisieren und/oder um positive externe Effekte bezüglich Terminierungsmöglichkeiten und Terminierungsentgelten zu internalisieren.

Wenn die Antragstellerin im Óbrigen meint, allein aus dem Umstand eines aus den von ihr genannten Gründen (offensichtlich) rechtswidrigen Bescheides folge zwingend, dass auch für den hier streitgegenständlichen Zeitraum die bis zum 30. November 2010 genehmigten Entgelte von 7,14 Cent/Minute weiterhin Gültigkeit besitzen müssten, folgt dem die Kammer bereits aus den eingangs genannten Gründen nicht. Darüber hinaus ist ungeachtet der von der Antragstellerin als rechtswidrig beanstandeten Óberlegungen und Berechnungen der Antragsgegnerin nicht überwiegend wahrscheinlich, dass für die hier in Rede stehende Zeit ab dem 01. Dezember 2010 die Ermittlung der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung zu einem Entgelt von 7,14 Cent/Minute führen würde. Vielmehr ist mit hoher Wahrscheinlichkeit von einer Veränderung der Parameter auszugehen, die für die Bestimmung der zu genehmigten Entgelthöhe maßgebend sind. Dies gilt beispielsweise für das Volumen des über das Mobilfunknetz der Antragstellerin abgewickelten Sprachverkehrs und das Verhältnis der Menge des Sprachverkehrs zur Menge der über das Mobilfunknetz der Antragstellerin abgewickelten Verkehre, für die "Angemessenheit" der Verzinsung des eingesetzten Kapitals oder für die in Ansatz zu bringenden Investitionswerte. Im Óbrigen spricht - wie bereits erwähnt - Vieles dafür, dass der Bundesnetzagentur im Rahmen der Ermittlung der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung in mancher Hinsicht ein Beurteilungsspielraum zusteht, was zur Folge haben kann, dass die Gewichtung der hierbei in die vorzunehmende Abwägung einzustellenden Belange für verschiedene Genehmigungszeiträume zu unterschiedlichen Ergebnissen führt.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 6) für erstattungsfähig zu erklären, weil diese Beteiligte sich durch eigene Antragstellung einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO). Da die übrigen Beigeladenen keinen eigenen Antrag gestellt haben, waren deren außergerichtlichen Kosten nicht für erstattungsfähig zu erklären.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz. Der festgesetzte Wert entspricht der Hälfte des Wertes, der für ein im Hauptsacheverfahren verfolgtes entsprechendes Verpflichtungsbegehren anzusetzen wäre. Hinsichtlich des wirtschaftlichen Interesses an der Führung des vorliegenden Verfahrens hat die Antragstellerin in ihrer Antragsbegründung darauf hingewiesen, dass sie allein für das Jahr 2011 einen zweistelligen Millionenbetrag an Mindereinnahmen befürchte, wenn die von ihr beantragte Entgelthöhe nicht angeordnet werde.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 137 Abs. 3 Satz 1 TKG.






VG Köln:
Beschluss v. 01.12.2011
Az: 21 L 335/11


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/d1466ecf2de5/VG-Koeln_Beschluss_vom_1-Dezember-2011_Az_21-L-335-11




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