Bundespatentgericht:
Beschluss vom 3. Mai 2011
Aktenzeichen: 17 W (pat) 8/07

(BPatG: Beschluss v. 03.05.2011, Az.: 17 W (pat) 8/07)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patentund Markenamts vom 27. Oktober 2006 aufgehoben und das Patent mit folgenden Unterlagen erteilt:

Patentansprüche 1 -4 und Beschreibung Seiten 1, 1a, 2 -8, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung, 5 Blatt Zeichnungen mit 11 Figuren vom Anmeldetag.

Gründe

I.

Die vorliegende Patentanmeldung wurde am 21. Januar 1998 beim Deutschen Patentund Markenamt eingereicht. Sie trägt inzwischen die Bezeichnung:

"Taktmodulator für ein Digitalsystem".

Die Anmeldung wurde durch Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patentund Markenamts mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Gegenstand des damals geltenden Patentanspruchs 1 ohne die für die Patentfähigkeit erforderliche erfinderische Tätigkeit zu erlangen sei. Druckschrift 2 (s. u.) offenbare bereits einen entsprechenden Taktmodulator, und der einzige Unterschied stelle für einen auf diesem Gebiet tätigen Fachmann eine Maßnahme dar, die zu seiner täglichen Praxis gehöre.

Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde der Anmelderin gerichtet. Sie stellt den Antrag, den angegriffenen Beschluss aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche 1 -4 und Beschreibung Seiten 1, 1a, 2 -8, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung, 5 Blatt Zeichnungen mit 11 Figuren vom Anmeldetag.

Dazu trägt sie vor, dass der Gegenstand jedenfalls des nunmehr geltenden Hauptanspruchs neu sei und auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe, weil das kennzeichnende Merkmal aus keiner Entgegenhaltung vorbekannt und auch nicht anderweitig nahegelegt sei.

Die geltenden Patentansprüche lauten:

"1. Taktmodulator zur Modulation eines Grundtaktsignals zu einem Systemtakt für ein Digitalsystem, welches mindestens einen Mikroprozessor und/oder sonstigen digitalen Baustein enthält, wobei der Systemtakt in dem Digitalsystem ein Störspektrum mit Störspitzen erzeugt, wobei der Taktmodulator (11) in Abhängigkeit des Störspektrums des Systemtaktes (4) in dem Digitalsystem (5) derart anpassbar ist, dass die Amplituden der Störspitzen reduziert werden, und wobei der Taktmodulator einen Zufallszahlengenerator (13) aufweist, durch dessen Ausgangssignal die Lage der Ausgangsimpulse direkt oder indirekt bestimmbar ist, wobei ein Codewandler (14) vorhanden ist, der in Abhängigkeit der durch den Zufallszahlengenerator (13) erzeugten Zahl eine Anzahl von Verzögerungsgliedern (181 bis 18L) zubzw. wegschaltet, dadurch gekennzeichnet, dass die Kriterien des Codewandlers (14) zur Zuordnung einer Zufallszahl zu einer Anzahl von Verzögerungsgliedern (181 bis 18L) veränderbar sind.

2.

Taktmodulator nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Verzögerungsglieder (181 bis 18L) in Reihe geschaltet sind und vor und hinter den Verzögerungsgliedern (181 bis 18L) Abgriffe (190 bis 19L) zum Abgreifen des Systemtakts (4) angeordnet sind.

3.

Taktmodulator nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Verzögerungszeiten der Verzögerungsglieder (181 bis 18L) verstellbar sind.

4.

Taktmodulator nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass durch den Zufallszahlengenerator (13) mehrere verschiedene Zahlenfolgen erzeugbar sind, die einzeln über eine Steuerleitung (17) auswählbar sind."

Ihnen soll die Aufgabe zugrunde liegen, einen Taktmodulator anzugeben, mit dem ein Überschreiten der erlaubten maximalen Störwerte durch einen Systemtakt in einem Digitalsystem besser als bisher verhindert werden kann, siehe geltende (geänderte) Beschreibung Seite 2 Absatz 2.

II.

Die Beschwerde ist fristund formgerecht eingereicht. Sie hat auch Erfolg, da der im Verfahren zitierte Stand der Technik dem geltenden Patentbegehren nicht entgegensteht und auch sonst die Kriterien für eine Patenterteilung erfüllt sind (PatG §§ 1bis 5, §34).

1. Die vorliegende Patentanmeldung bezieht sich auf getaktete Digitalsysteme, insbesondere mit einem Mikroprozessor, und die Problematik des Störspektrums, das durch den Systemtakt erzeugt wird.

Der Systemtakt ist typischerweise quarzgesteuert und möglichst genau, was einen relativ hohen Störpegel bei der Taktfrequenz und ihren Vielfachen zur Folge hat. Zur Verringerung dieser Störspitzen war es prinzipiell bekannt, aufeinanderfolgende Taktflanken gegeneinander zu verschieben, so dass sich die Taktfrequenz leicht verändert und die Störungen dadurch über einen gewissen Frequenzbereich verteilt werden. Der Fachmann spricht in diesem Zusammenhang von einer "Modulation" des Taktsignals.

Nach geltendem Patentanspruch 1 schlägt die Anmeldung vor, die Modulation durch einen Zufallsgenerator zu steuern. Ferner ist ein Codewandler vorgesehen, der in Abhängigkeit von der durch den Zufallszahlengenerator erzeugten Zahl eine Anzahl von Verzögerungsgliedern zubzw. wegschaltet, welche die gewünschte Verschiebung der Taktflanken bewirken.

Im Weiteren geht die Anmeldung aus von der Erkenntnis, dass sich das Störspektrum des Taktgenerators bei Anschluss an eine konkrete Digitalschaltung, z. B. durch schaltungsspezifische Resonanzfrequenzen deutlich ändern kann (vgl. dazu Figur 2: Störspektrum des modulierten Taktgenerators, mit Figur 3: Störspektrum bei angeschlossener Schaltung); auch bei nachträglichen Schaltungsänderungen kann sich das Störspektrum merkbar verschieben. Um möglichst in jedem Fall ein Störspektrum zu erreichen, das eine vorgegebene Grenzlinie (8) nicht überschreitet, soll der Taktmodulator daher so anpassbar ausgelegt sein, dass eine Optimierung möglich wird durch Einstellen von Parametern und anschließendes Messen des Störpegels (siehe geltende Beschreibung Seite 2 / Seite 3 oben).

Die Anmeldung nennt als Möglichkeiten zur Anpassung des Taktmodulators an eine spezifische Schaltung vor allem die Art der Erzeugung von Zufallszahlen, die Einstellung der Verzögerungszeiten der Verzögerungsglieder, sowie die Änderung der Zuordnungsvorschriften im Codewandler (siehe Beschreibung insbesondere Seite 8 letzter Absatz). Auf die letztgenannte Maßnahme ist das kennzeichnende Merkmal des geltenden Hauptanspruchs gerichtet.

Als Fachmann, der mit der Aufgabe betraut wird, einen Taktmodulator so auszulegen, dass eine Überschreitung erlaubter maximaler Störwerte besser verhindert werden kann, ist hier ein Ingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik oder Digitaltechnik mit Fachhochschulabschluss und mehrjähriger praktischer Berufserfahrung anzusehen.

2. Der Erteilungsantrag liegt im Rahmen der ursprünglichen Offenbarung, das geltende Patentbegehren ist zulässig.

Der Hauptanspruch entspricht dem ursprünglichen Anspruch 10, unter Einbeziehung von dessen Rückbezug auf die ursprünglichen Ansprüche 9, 3 und 1.

Die Unteransprüche 2 und 3 stimmen mit den ursprünglichen Unteransprüchen 7 und 8 überein.

Unteranspruch 4 entspricht dem ursprünglichen Unteranspruch 4, noch zusätzlich ergänzt um die Verdeutlichung, dass die verschiedenen Zahlenfolgen über eine Steuerleitung (17) auswählbar sind. Dies ist beispielsweise der Beschreibung Seite 7 unten / Seite 8 oben ohne weiteres entnehmbar.

Die Beschreibung wurde in zulässiger Weise an das geltende Patentbegehren angepasst.

3. Das nunmehr vorliegende Patentbegehren ist gewährbar. Der Gegenstand des geltenden Hauptanspruchs ist aus dem Stand der Technik weder vorbekannt, noch wird er durch ihn nahegelegt.

3.1 Im Prüfungsverfahren wurden entgegengehalten:

D1 DE 28 15 895 A1 D2 EP 0 715 408 A1 D1 beschreibt einen Taktmodulator für Digitalsysteme, der einen zufällig schwankenden Abstand der Taktimpulse erzeugt (siehe dortige Ansprüche 1 und 2). Als Zufallsgenerator wird beispielsweise ein rückgekoppeltes Schieberegister vorgeschlagen (Seite 4 vorletzter Satz). Dass der Taktmodulator "anpassbar" wäre, lässt sich D1 jedoch nicht entnehmen -der Fachmann wird hier eher verstehen, dass jede Zufallszahlenfolge gleichermaßen geeignet ist. Ein Codewandler zum Zuund Abschalten einer Anzahl von Verzögerungsgliedern ist ebenfalls nicht beschrieben.

D2 betrifft ebenfalls einen störstrahlungsarmen Taktmodulator (2; 20; 25) für Digitalsysteme, der von einer Zufallszahlenfolge (Spalte 6 Zeile 43 ff.) angesteuert wird. Geeignete Parameter werden vorab durch Rechnersimulation ermittelt, wobei die Übereinstimmung zwischen der tatsächlichen Entstörwirkung und der Simulation sehr hoch sein soll (Spalte 8 Zeile 34 -41). Somit kann man den hier beschriebenen Taktmodulator als (in einer Design-Phase) derart anpassbar verstehen, dass das Störspektrum reduziert wird. Die in Figur 4 gezeigte Schalteinrichtung 55 stellt einen Codewandler dar, der in Abhängigkeit der durch den Zufallszahlengenerator (30) erzeugten Zahl eine Anzahl von Verzögerungsgliedern (4d) zubzw. wegschaltet (Spalte 7 Zeile 1 -35). Dass allerdings die Kriterien des Codewandlers (55) veränderbar sein könnten, ist weder in D2 direkt beschrieben, noch erhält der Fachmann irgendeinen Hinweis in dieser Richtung.

3.2 Weiterer Stand der Technik ist aus parallelen Prüfungsverfahren in den USA, in Japan, und vor dem Europäischen Patentamt bekannt geworden. Die dort über D1 und D2 hinaus genannten Druckschriften liegen jedoch weiter ab, insbesondere ein Hinweis auf veränderbare Kriterien des Codewandlers lässt sich ihnen nicht entnehmen.

3.3 Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 ist sonach neu und beruht auf einer erfinderischer Tätigkeit, weil der Durchschnittsfachmann nirgendwo eine Anregung erhielt, zum Zwecke der Anpassbarkeit des Taktmodulators die Kriterien des Codewandlers zur Zuordnung einer Zufallszahl zu einer Anzahl von Verzögerungsgliedern veränderbar auszulegen. Der Patentanspruch 1 ist gewährbar.

Die Unteransprüche 2, 3 und 4 betreffen zweckmäßige, nicht selbstverständliche Ausgestaltung der Erfindung und sind in Verbindung mit Anspruch 1 ebenfalls gewährbar.

III.

Der Beschwerde war daher stattzugeben, das Patent war so wie nunmehr beantragt zu erteilen.

Dr. Fritsch Eder Baumgardt Dr. Thum-Rung Fa






BPatG:
Beschluss v. 03.05.2011
Az: 17 W (pat) 8/07


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