Oberlandesgericht Karlsruhe:
Beschluss vom 12. März 2015
Aktenzeichen: 12a W 3/15

(OLG Karlsruhe: Beschluss v. 12.03.2015, Az.: 12a W 3/15)

Ein Spruchverfahren zur Bestimmung einer angemessenen Abfindung nach einem regulären Delisting ist auch dann unstatthaft, wenn das Verfahren vor der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 8. Oktober 2013 (II ZB 26/12 - "Frosta") eingeleitet wurde. Gründe des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit stehen der Zurückweisung des Antrags als unzulässig nicht entgegen.

Tenor

1. Die Beschwerden der Antragsteller Ziffern 30, 33, 34, 35 und 44 werden zurückgewiesen.

2. Die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.

3. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die Vergütung des gemeinsamen Vertreters.

4. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet im Beschwerdeverfahren im Übrigen nicht statt.

5. Der Gegenstandswert wird auf 200.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Frage, ob die Überprüfung einer nach einem regulären Delisting angebotenen Barabfindung im Spruchverfahren auch nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 08.10.2013 - II ZB 26/12 - (€Frosta€ = NJW 2014, 146) noch fortzuführen ist.

Die Aktien der GeneScan Europe AG (im Folgenden: GeneScan) waren im geregelten Markt der Frankfurter Wertpapierbörse notiert. Die Antragsteller waren und sind Minderheitsaktionäre, die Antragsgegnerin Mehrheitsaktionärin mit über 90 % der Aktien. Mit Einladung zur Hauptversammlung vom 04.06.2009 schlug die Verwaltung der GeneScan gemäß vorheriger Ad-hoc-Ankündigung vom 20.05.2009 den Aktionären vor, die Ermächtigung des Vorstands zum Antrag auf Widerruf der Zulassung der Aktien der Gesellschaft zum geregelten Markt an der Frankfurter Wertpapierbörse (reguläres Delisting) zu beschließen. Der Einladung beigefügt war das Angebot der Antragsgegnerin, die Aktien der übrigen Aktionäre zu einem Stückpreis von 577,19 EUR zu erwerben. Die Hauptversammlung stimmte dem Beschlussvorschlag am 16.07.2009 zu. Auf Antrag des Vorstands der GeneScan widerrief die Frankfurter Wertpapierbörse mit am 11.11.2009 bekannt gemachter Entscheidung die Börsenzulassung der GeneScan mit Wirkung vom 11.02.2010 und stellte den amtlichen Handel ein. In der Folge fand nurmehr sporadischer Handel mit Aktien der GeneScan im allgemeinen Freiverkehr der Börse Stuttgart statt.

Die Antragsteller halten die angebotene Barabfindung in Höhe von 577,19 EUR für unangemessen niedrig und haben ein Spruchverfahren angestrengt. Das Landgericht hat die Anträge mit angegriffenem Beschluss vom 02.04.2014 als unzulässig abgewiesen. Nach der Frosta-Entscheidung des Bundesgerichtshofs sei für eine Fortführung des Spruchverfahrens kein Raum. Der Widerruf der Börsenzulassung zum regulären Handel führe nicht zu einer Beeinträchtigung des Aktieneigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 GG (BVerfGE 132, 99). Seine frühere Rechtsprechung (BGHZ 153, 47 - €Macrotron€) habe der Bundesgerichtshof aufgegeben. Die Kosten des Verfahrens und die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller hat das Landgericht der Antragsgegnerin auferlegt, weil diese durch ihr Abfindungsangebot den Anlass für das von den Antragstellern eingeleitete Spruchverfahren geschaffen habe.

Die Beschwerdeführer halten die Fortführung des Spruchverfahrens für geboten. Die - zu einem bloßen Downgrading ergangene - Frosta-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei auf den Streitfall eines regulären Delisting nicht anwendbar. Jedenfalls bereits laufende Spruchverfahren seien aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht erfasst. Vorliegend habe zudem die Antragsgegnerin selbst ein Abfindungsgebot unterbreitet und auf die Möglichkeit der Überprüfung im Spruchverfahren hingewiesen, sie habe sich damit (vertraglich) selbst gebunden. Schließlich sei die kapitalmarktrechtliche Frist für den Widerruf der Börsenzulassung namentlich im Hinblick auf die Möglichkeit der Überprüfung des Abfindungsangebots im Spruchverfahren von sechs auf drei Monate verkürzt worden (§ 39 Abs. 2 Satz 5 BörsG i.V.m. § 61 Abs. 3 Börsenordnung für die Frankfurter Wertpapierbörse in der zum Zeitpunkt des Widerrufs geltenden Fassung, im Folgenden: § 61 BörsO Frankfurt aF). Diese Vorschriften wirkten anlegerschützend (§ 39 Abs. 2 Satz 2 BörsG).

Die Antragsgegnerin verteidigt die Entscheidung des Landgerichts in der Hauptsache unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Hinsichtlich der ihr auferlegten außergerichtlichen Kosten der Beschwerdeführer erhebt sie Anschlussbeschwerde. Ihre Belastung sei insoweit unbillig, nachdem sie erstinstanzlich vollumfänglich obsiegt habe und bereits die Kosten des Verfahrens trage. Die Beschwerdeführer beantragen die Zurückweisung der Anschlussbeschwerde.

Das Landgericht hat den Beschwerden mit Beschluss vom 07.05.2014 nicht abgeholfen. Der Vertreter der außenstehenden Aktionäre hat sich den Beschwerden der Antragsteller angeschlossen.II.

Die Beschwerden der Antragsteller Ziffern 30, 33, 34, 35 und 44 sind gem. §§ 12 Abs. 1, 17 Abs. 1 SpruchG i.V.m. §§ 58 ff. FamFG zulässig, insbesondere binnen Monatsfrist erhoben worden. In der Sache bleiben sie jedoch ohne Erfolg.

Das Spruchverfahren ist unstatthaft. Der freiwillige Rückzug einer Aktiengesellschaft von der Börse durch den Widerruf der Zulassung ihrer Aktien zum Börsenhandel (Delisting) eröffnet kein Spruchverfahren zur Überprüfung der Angemessenheit einer angebotenen Abfindung (BGH NJW 2014, 146 - €Frosta€). Dies gilt auch für - wie hier - bereits vor dem Zeitpunkt der Frosta-Entscheidung des Bundesgerichtshofs (08.10.2013) rechtshängig gemachte Spruchverfahren (OLG Düsseldorf, ZIP 2015, 123; OLG München, ZIP 2015, 270; Kocher/Widder, NJW 2014, 127, 129; Paschos/Klaaßen, AG 2014, 33, 36; Rosskopf, ZGR 2014, 487, 502 f.; Schockenhoff, ZIP 2014, 2429, 2433; Wasmann/Glock, DB 2014, 105, 108; Wieneke, NZG 2014, 22, 25; aA LG Stuttgart, ZIP 2014, 2346; Lochner/Schmitz, AG 2014, 489). Zur Begründung verweist der Senat zunächst zur Vermeidung bloßer Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungen der Oberlandesgerichte Düsseldorf (ZIP 2015, 123) und München (ZIP 2015, 270). Lediglich zusammenfassend und ergänzend bemerkt der Senat:

1. Der Widerruf der Börsenzulassung für den regulierten Markt auf Antrag des Emittenten berührt grundsätzlich nicht den Schutzbereich der Eigentumsfreiheit des Aktionärs aus Art. 14 Abs. 1 GG. Ein - im Spruchverfahren auf seine Angemessenheit überprüfbares - Abfindungsangebot des Mehrheitsaktionärs an die Minderheitsaktionäre zum Erwerb ihrer Aktien ist für diesen Fall daher verfassungsrechtlich nicht geboten (BVerfGE 132, 99). Eine solche Verpflichtung ergibt sich auch nicht aus einfachem Recht (BGH, NJW 2014, 146 - €Frosta€ unter Aufgabe von BGHZ 153, 47 - €Macrotron€). Die vom Bundesgerichtshof in der Frosta-Entscheidung zum Downgrading angeführten Erwägungen (a.a.O., Rn. 5 ff.) greifen unterschiedslos auch für den Fall des regulären Delistings; eine Unterscheidung wäre insoweit nach den Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 132, 99 Rn. 51 ff.) verfassungsrechtlich auch nicht veranlasst. Der Anwendungsbereich des Spruchverfahrensgesetzes ist beim Delisting daher nicht eröffnet.

2. Auch bereits vor der Frosta-Entscheidung des Bundesgerichtshofs rechtshängige Spruchverfahren sind unstatthaft und nicht fortzuführen. Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes stehen nicht entgegen.

a. Die Zulässigkeit eines Spruchverfahrens als einem Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (§ 17 Abs. 1 SpruchG; KölnKomm/Rosskopf, AktG, 3. Aufl., § 17 SpruchG Rn. 1) ist jederzeit von Amts wegen zu prüfen. Der Disposition der Streitparteien ist sie entzogen. Für die Statthaftigkeit des Spruchverfahrens ist es daher unerheblich, dass die Antragsgegnerin sich erstinstanzlich zunächst auf das Spruchverfahren eingelassen und zuvor die Antragsteller mit ihrem Abfindungsangebot vom 04.06.2009 darauf hingewiesen hat, dass bei Überprüfung der Angemessenheit der angebotenen Abfindung in analoger Anwendung des Spruchverfahrensgesetzes die Möglichkeit der Festsetzung eines höheren Angebotspreises bestehe. Soweit die Antragsgegnerin hierdurch die Ursache für die Einleitung des Spruchverfahrens durch die Antragsteller gesetzt hat, hat das Landgericht dem im Rahmen der Kostenentscheidung hinreichend Rechnung getragen (unten III.).

b. Die Grundsätze des verfassungsrechtlichen Rückwirkungsverbots sind nicht verletzt. Die verfassungsrechtlichen Grenzen für eine rückwirkende Rechtsetzung (vgl. zuletzt BVerfGE 135, 1 Rn. 40) sind nicht ohne weiteres auf eine Aufgabe früherer Rechtsprechung zu übertragen.

Höchstrichterliche Rechtsprechung ist kein Gesetzesrecht und erzeugt keine damit vergleichbare Rechtsbindung. Eine in der Rechtsprechung bislang vertretene Gesetzesauslegung aufzugeben verstößt daher nicht als solches gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes aus Art. 20 Abs. 3 GG. Die über den Einzelfall hinausreichende Geltung fachgerichtlicher Gesetzesauslegung beruht allein auf der Überzeugungskraft ihrer Gründe sowie der Autorität und den Kompetenzen des Gerichts. Es bedarf nicht des Nachweises wesentlicher Änderungen der Verhältnisse oder der allgemeinen Anschauungen, damit ein Gericht ohne Verstoß gegen Art. 20 Abs. 3 GG von seiner früheren Rechtsprechung abweichen kann. Die Änderung einer ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung ist auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes grundsätzlich dann unbedenklich, wenn sie hinreichend begründet ist und sich im Rahmen einer vorhersehbaren Entwicklung hält. Soweit durch gefestigte Rechtsprechung ein Vertrauenstatbestand begründet wurde, kann diesem erforderlichenfalls durch Bestimmungen zur zeitlichen Anwendbarkeit oder Billigkeitserwägungen im Einzelfall Rechnung getragen werden (BVerfGE 122, 248 Rn. 85).

Nach diesem Maßstab stehen Gründe des Vertrauensschutzes der Zurückweisung der Beschwerden nicht entgegen. Die Aufgabe der früheren Macrotron-Rechtsprechung (BGHZ 153, 47) durch die Frosta-Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist unmittelbare Folge der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11.07.2012 (BVerfGE 132, 99) und findet in ihr eine hinreichende Begründung (BGH, NJW 2014, 146 Rn. 3). Sie hält sich im Rahmen einer vorhersehbaren Entwicklung, nachdem die Reichweite der Macrotron-Rechtsprechung bereits zuvor obergerichtlich umstritten war (vgl. nur die im Verfahren 1 BvR 1569/08 zur Entscheidung BVerfGE 132, 99 führende Entscheidung OLG München, ZIP 2008, 1137). Die Offenheit der Rechtsprechungsentwicklung nach der Macrotron-Entscheidung spiegelt sich in der abwartenden Gegenäußerung der Bundesregierung zu einer diese Rechtsprechung durch Änderung des Spruchverfahrensgesetzes nachzeichnen wollenden Initiative des Bundesrates vom 22.09.2006. Die Bundesregierung führte insoweit aus: €Die Diskussion in Wissenschaft und Praxis über Voraussetzungen und Rechtsfolgen des Delisting dauert an. Der Gesetzgeber sollte hier keine vorschnelle Antwort geben€ (BT-Drs. 16/2919, 28).

Soweit die Beschwerdeführer im Vertrauen auf die bestehende höchstrichterliche Rechtsprechung schützenswerte Dispositionen getroffen haben, beschränken sich diese im Streitfall auf die Verauslagung von Rechtsverfolgungskosten zur Bestreitung des Spruchverfahrens. Diesem Vertrauen hat das Landgericht durch seine Billigkeitserwägungen im Rahmen der Kostenentscheidung hinreichend Rechnung getragen (unten III.). Die Entscheidung der Beschwerdeführer, das Delistings-Abfindungsangebot im Vertrauen auf die Möglichkeit der Überprüfung in einem gerichtlichen Spruchverfahren verstreichen zu lassen (vgl. hierzu LG Stuttgart, ZIP 2014, 2346, 2347 f.; Lochner/Schmitz, AG 2014, 489, 492), ist dagegen jedenfalls im vorliegenden Fall nicht schutzbedürftig: Die Antragsgegnerin hat im Anschluss an das Delisting ein Squeeze-Out durchgeführt, das am 12.05.2011 wirksam wurde. Durch den Squeeze-Out erlangten alle verbleibenden Aktionäre erneut einen Anspruch auf eine angemessene Barabfindung, deren Höhe derzeit in einem Spruchverfahren überprüft wird (LG Mannheim, 24 AktE 1/11). Sämtliche Beschwerdeführer sind als Antragsteller an diesem Spruchverfahren beteiligt.

Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass vorliegend auch bei vollständiger Übertragung der Grundsätze des verfassungsrechtlichen Rückwirkungsverbots auf eine bloße Änderung oder Aufgabe der Rechtsprechung deren Zulässigkeit im Streitfall nicht in Frage stünde. Es handelte sich dann nämlich (entgegen Lochner/Schmitz, AG 2014, 489, 490) um eine lediglich unechte Rückwirkung, da die mit der Frosta-Entscheidung vorgenommene Rechtsprechungsänderung im Streitfall auf einen gegenwärtigen, noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt und damit zusammenhängende Rechtsbeziehungen für die Zukunft eingewirkt und zugleich die betroffene Rechtsposition der Antragsteller entwertet hat ("tatbestandliche Rückanknüpfung"; vgl. BVerfGE 63, 343, 356; 101, 239, 263; 123, 186, 257). Der maßgebliche Sachverhalt endet nämlich nicht mit dem Widerruf der Börsenzulassung der GeneScan zum 11.02.2010, sondern umfasst die Bestimmung eines angemessenen Barabfindungsgebots, die gerade Gegenstand des vorliegenden Spruchverfahrens ist (OLG München, ZIP 2015, 270). Als unechte Rückwirkung wäre sie grundsätzlich zulässig (vgl. BVerfGE 132, 302, 318); Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit stünden auch insoweit nicht entgegen.

c. Schließlich ist die Fortführung des Spruchverfahrens auch nicht im Hinblick auf die im Streitfall nach § 39 Abs. 2 Satz 5 BörsG i.V.m. § 61 Abs. 3 BörsO Frankfurt aF erfolgte Verkürzung der Frist zwischen Bekanntgabe und Wirksamkeit des Widerrufs der Börsenzulassung geboten. Nach § 61 Abs. 3 BörsO Frankfurt aF war eine Fristverkürzung möglich, wenn den übrigen Aktionären €ein Kaufangebot unterbreitet wird, dessen Höhe im Wege eines gesonderten Verfahrens (z.B. Spruchverfahren) überprüft werden kann€. Von dieser Möglichkeit wurde durch die Geschäftsführung der Frankfurter Börse Gebrauch gemacht, die Frist wurde von sechs auf drei Monate verkürzt.

Auswirkungen auf die Statthaftigkeit des vorliegenden Spruchverfahrens hat diese kapitalmarktrechtliche Entscheidung nicht. Soweit den in § 39 Abs. 2 Satz 5 BörsO in Bezug genommenen Bestimmungen der Börsenordnungen über § 39 Abs. 2 Satz 2 BörsO überhaupt drittschützende Wirkung zugunsten des einzelnen Anlegers zukommt und sie nicht allein - Geschäftsführung und Aufsicht der Börse adressierend - dem öffentlichen Interesse und damit der Gesamtheit der Anleger dienen (zum Streit VG Frankfurt/M., ZIP 2013, 1886; Rosskopf, ZGR 2014, 487, 506), ist der Anlegerschutz insoweit jedenfalls abschließend verwaltungsrechtlich ausgestaltet und mit Widerspruch und Anfechtungsklage gegen den Widerruf der Börsenzulassung durchzusetzen. Ein zivilrechtlicher Schutzmechanismus in Gestalt des Spruchverfahrens wird hierdurch gerade nicht eröffnet (BGH, NJW 2014, 146 Rn. 16; Rosskopf, ZGR 2014, 487, 499, 506 f.; Auer, JZ 2015, 71, 76).III.

Ebenfalls in der Sache ohne Erfolg bleibt die gem. § 17 Abs. 1 SpruchG i.V.m. § 66 FamFG zulässig erhobene Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin. Das Landgericht hat die in erster Instanz entstandenen außergerichtlichen Kosten der Beschwerdeführer zu Recht aus Gründen der Billigkeit der Antragsgegnerin auferlegt (§ 15 Abs. 4 SpruchG in der bis zum 01.08.2013 geltenden Fassung; § 134 Abs. 1 Satz 1 GNotKG). Die Antragsgegnerin ist zunächst selbst von der Zulässigkeit des Spruchverfahrens ausgegangen und hat die Antragsteller im Rahmen ihres Abfindungsangebots auf die Möglichkeit der Überprüfung im Spruchverfahren hingewiesen (Paschos/Klaaßen, AG 2014, 33, 36; Rosskopf, ZGR 2014, 487, 503). Da dieser Hinweis dem Stand der damals geltenden höchstrichterlichen Rechtsprechung entsprach, kann er der Antragsgegnerin zwar nur bedingt entgegen gehalten werden. Doch entspricht es angesichts der in ihrem unternehmerischen Interesse liegenden Unternehmensmaßnahme billigem Ermessen, der Antragsgegnerin das Risiko zuzuweisen, dass die rechtliche Grundlage für ein Spruchverfahren während der Dauer des Verfahrens entfällt.IV.

Die Entscheidung hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 23 Nr. 14 i.V.m. § 134 Abs. 1 Satz 2 GNotKG. Gründe der Billigkeit, die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach § 15 Abs. 1 SpruchG in der seit dem 01.08.2013 geltenden Fassung (im Folgenden: nF) ausnahmsweise den Beschwerdeführern aufzuerlegen, liegen nicht vor (vgl. Hüffer/Koch, AktG, 11. Aufl., § 15 SpruchG Rn. 4). Die Auswirkungen der Frosta-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf laufende Spruchverfahren waren zum Zeitpunkt der Erhebung der vorliegenden Beschwerden obergerichtlich noch nicht geklärt. Die Erstattungspflicht der Antragsgegnerin hinsichtlich der Vergütung des gesetzlichen Vertreters beruht auf § 6 Abs. 2 Satz 1 SpruchG.

Gründe der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beschwerdeführer der Antragsgegnerin aufzuerlegen, liegen unter Berücksichtigung der Erfolglosigkeit der Beschwerden umgekehrt ebenfalls nicht vor (§ 15 Abs. 2 SpruchG nF). Ausscheidbare Kosten der Beschwerdeführer hinsichtlich der ebenfalls erfolglosen Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin sind nicht ersichtlich.

Die Festsetzung des Geschäftswerts für das Beschwerdeverfahren folgt aus §§ 74 Satz 1, 134 Abs. 1 Satz 2 GNotKG (KölnKomm/Rosskopf, AktG, 3. Aufl., § 15 SpruchG Rn. 18; Hüffer/Koch, AktG, 11. Aufl., § 15 SpruchG Rn. 3)

Gründe, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, liegen nicht vor (§ 17 Abs. 1 SpruchG i.V.m. § 70 Abs. 2 FamFG).






OLG Karlsruhe:
Beschluss v. 12.03.2015
Az: 12a W 3/15


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