Bundespatentgericht:
Beschluss vom 8. September 2004
Aktenzeichen: 28 W (pat) 65/04

(BPatG: Beschluss v. 08.09.2004, Az.: 28 W (pat) 65/04)

Tenor

1. Der Antrag der Markeninhaberin ihr gegen die Versäumung der Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wird zurückgewiesen.

2. Die Beschwerde gilt als nicht eingelegt.

Gründe

I.

Die Markenstelle für Klasse 12 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Erstprüferbeschluss vom 25. März 2003 die Löschung der angegriffenen Marke wegen des Widerspruchs aus der Marke 396 06 354 angeordnet und mit Beschluss vom 7. Januar 2004 die hiergegen erhobene Erinnerung der Markeninhaberin zurückgewiesen. Dieser Beschluss ist am 16. Januar 2004 der Verfahrensbevollmächtigten der Markeninhaberin zugestellt worden.

Mit Telefax vom 16. Februar 2004 hat die Markeninhaberin gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdegebühr wurde erst im Juli 2004 bezahlt.

Mit am 7. Juni 2004 zugestelltem Bescheid des Bundespatentgerichts vom 3. Juni 2004 wurde mitgeteilt, dass die Beschwerdegebühr nicht gezahlt worden sei, weshalb festzustellen sein werde, dass die Beschwerde als nicht eingelegt gelte. Daraufhin hat die Markeninhaberin mit Schriftsatz vom 13. Juli 2004 Wiedereinsetzung in die Versäumung der Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr beantragt und ausgeführt, die Zahlung sei deshalb unterblieben, weil der rechtzeitig verschickte Überweisungsauftrag an die Bank offensichtlich auf dem Postweg verloren gegangen sei.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr ist statthaft, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Die Beschwerde der Anmelderin gilt als nicht eingelegt.

Wiedereinsetzung in eine versäumte Frist erhält gemäß § 91 Abs 1 Satz 1 MarkenG auf Antrag, wer ohne Verschulden verhindert war, dem Patentamt oder dem Patentgericht gegenüber eine Frist einzuhalten, deren Versäumung nach gesetzlicher Vorschrift einen Rechtsnachteil zur Folge hat. Der Antrag muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten, die gleichzeitig oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen sind (§ 91 Abs 2, Abs 3 MarkenG). Das betrifft alle wesentlichen Umstände, die für die Frage von Bedeutung sind, auf welche Weise und durch wessen Verschulden es zur Fristversäumung gekommen ist; dazu gehören vor allem auch die Umstände, aus denen sich ergibt, dass der Säumige oder sein Vertreter (vgl §§ 51 Abs 2, 85 Abs 2 ZPO) frei von Verschulden ist (vgl Stein/Jonas ZPO 21. Aufl § 236 Rdn 6 mwN). Ohne Verschulden ist eine Frist versäumt, wenn die übliche Sorgfalt aufgewendet worden ist, deren Beachtung im Einzelfall zumutbar war (vgl Ströbele/Hacker MarkenG 7. Aufl § 91 Rdn 16 mwN).

Die Anmelderin hat die innerhalb der Beschwerdefrist (§ 66 Abs 2 MarkenG) zu zahlende Gebühr für die Beschwerde nicht bezahlt und damit die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr versäumt (vgl § 82 Abs 1 Satz 3 MarkenG iVm § 6 Abs 1 Satz 1 PatKostG). Die Beschwerde gilt als nicht eingelegt (§ 82 Abs 1 Satz 3 MarkenG iVm § 6 Abs 2 PatKostG).

Der gegen die Versäumung dieser Frist gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung ist nicht begründet. Der Sachvortrag der Anmelderin ist nicht geeignet, die Feststellung zu erlauben, dass die notwendige Sorgfalt vorliegend aufgewandt worden und die Fristversäumung unverschuldet ist.

Die sehr lückenhafte Sachdarstellung gibt zunächst Anlass zu der Frage, wie die Zahlung der Beschwerdegebühr zwischen Verfahrensbevollmächtigter und Markeninhaberin geplant war, nachdem die Erinnerungsgebühr noch von der Anwältin selbst eingezahlt worden und der Erinnerungsbeschluss nur ihr zugestellt worden war. Insoweit muss eine Kommunikation stattgefunden haben mit der Anweisung an die Markeninhaberin, die Beschwerdegebühr selbst einzuzahlen. Das ist nach dem Vorbringen durch postalischen Überweisungsauftrag an die Bank (welche€) erfolgt, der am 23. Januar 2004 auf den Postweg gebracht worden, aber bei der Bank nicht angekommen ist. Ein Doppel dieses Auftrags oder eine Buchungsbestätigung der Buchhaltung ist nicht zu den Akten gereicht worden. Genauso wenig ist der Sachvortrag glaubhaft gemacht, da die eingereichte eidesstattliche Versicherung des Prokuristen Böhme nicht persönlich strafbewehrt, sondern rein firmenmäßig (in der "Eigenschaft als Prokurist" und gezeichnet "ppa") abgegeben worden ist. Auch die Beschwerdeeinlegung erwähnt mit keinem Wort die Zahlung einer Beschwerdegebühr.

Zwar ist durchaus denkbar, dass sich diese Umstände und Ungereimtheiten im einzelnen noch aufklären lassen, wovon der Senat aber abgesehen hat, da auf jeden Fall die fehlende Kontrolle des Überweisungsauftrags durch die Markeninhaberin wie ihrer Verfahrensbevollmächtigten nicht mit den zu erwartenden und zumutbaren Sorgfaltspflichten zu vereinbaren ist. Wird der im Geschäftsverkehr inzwischen eher unübliche Weg der postalischen Beauftragung einer Bank gewählt, so obliegt es dem Auftraggeber, dafür Sorge zu tragen, dass der Auftrag auch wirklich ausgeführt worden ist. Das gilt umsomehr, wenn wie vorliegend durch die Zahlung eine wichtige Frist gewahrt werden soll, deren Versäumung erhebliche Rechtsnachteile mit sich zieht, denn immerhin ist die Markeninhaberin im Verfahren vor der Markenstelle unterlegen. Für eine solche Überwachung des Zahlungsvorgangs bestand mithin nicht nur Veranlassung, sondern auch ausreichend Zeit, da der Auftrag vom 23. Januar 2004 datiert, also rund 3 Wochen vor Fristablauf erteilt worden ist. Die Beschwerde selbst ist allerdings erst am letzten Tag der Beschwerdefrist eingelegt worden, so dass auch die Verfahrensbevollmächtigte ausreichend Gelegenheit hatte, sich über die - offensichtlich anders als bei der Erinnerung - von ihr auf die Markeninhaberin delegierte Zahlung der Beschwerdegebühr zu vergewissern. Auch das ist nicht geschehen, vielmehr wird die Zahlung der Gebühr im Beschwerdeschriftsatz überhaupt nicht erwähnt. Bei dieser Sachlage drängt sich der Eindruck auf, dass die Gebührenzahlung zwar geplant war, dann aber schlicht vergessen wurde. Zumindest ist die Fristbindung der Zahlung weder von der Verfahrensbevollmächtigten noch der Markeninhaberin in irgendeiner Weise notiert und verfolgt worden. Ein solches Verhalten entspricht nicht der üblichen und bei der Führung eines Rechtsverfahrens zumutbaren Sorgfalt und kann daher nicht als unverschuldet angesehen werden, wenn hierdurch die Versäumung einer Frist verursacht wird. Damit sind die tatbestandlichen Vorausset-

zungen für die Gewährung der Wiedereinsetzung nicht gegeben und der Antrag musste als unbegründet zurückgewiesen werden.

Stoppel Schwarz-Angele Paetzold Ko






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Beschluss v. 08.09.2004
Az: 28 W (pat) 65/04


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