Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 20. Januar 2014
Aktenzeichen: 1 O 189/09

(LG Düsseldorf: Urteil v. 20.01.2014, Az.: 1 O 189/09)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der E (i. F. Schuldnerin). Das Amtsgericht Düsseldorf hat durch Beschluss vom 01.09.2009 (Az. 505 IN 159/06) das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und den Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.

Die im Jahre 1997 gegründete Schuldnerin befasste sich mit dem An- und Verkauf sowie der Verwaltung von Immobilien und Beteiligungsmodellen. Die Finanzierung des Beteiligungs- und Immobilienerwerbs der Schuldnerin erfolgte über die Ausgabe von Inhaberschuldverschreibungen. Ausgegeben wurden diese Inhaberschuldverschreibungen vornehmlich an Privatpersonen. Alleinige Aktionärin der Schuldnerin war Frau B, Ehefrau des bei Gründung der Schuldnerin eingesetzten Aufsichtsrates N. Alleiniger Vorstand der Schuldnerin war seit dem 21.09.2001 Herr H.

Die Beklagten sind Wirtschaftsprüfer. Sie erstellten Gutachten zur Bewertung der E1. Im Einzelnen:

Beklagter zu 1) (S)

- Bewertungsgutachten vom 19.01.2004 (Anlage TW 8),

- Auftraggeber: K, vertreten durch den Geschäftsführer T,

- Stichtag: 01.0.12003,

- Unternehmenswert: 13.1 TEUR.

Der Beklagte zu 2) (Q)

- Bewertungsgutachten vom 25.10.2004 (Anlage TW 14),

- Auftraggeber: Q1, vertreten durch den Geschäftsführer Q2,

- Stichtag: 31.12.2003,

- Unternehmenswert: 12.302 TEUR.

Beklagte zu 3) (N1)

- Bewertungsgutachten vom 09.08.2004 (Anlage TW 13),

- Auftraggeber: Schuldnerin,

- Stichtag: 01.01.2004,

- Unternehmenswert: 13.5 TEUR.

Die E1 war Ende 2002 in Vollzug einer Ausgliederung eines Teils des Vermögens der Q1, Nürnberg, mit einem Stammkapital von EUR 25.000,00 gegründet worden. Geschäftsgegenstand der E1 ist die Erstellung photorealistischer Objekt-Animationen zum Zwecke der 3-D-Werbung. Seit dem 17.04.2003 hielt die Q1 einen Geschäftsanteil von EUR 22.500,00 am Stammkapital der E1. Weiterer Gesellschafter war Herr L. Dieser hielt einen weiteren Geschäftsanteil von EUR 2.500,00. Der Geschäftsführer der E1 war Herr Q2.

Der Kläger nimmt die Beklagten aus unerlaubter Handlung wegen eines Teilbetrages von 3.000.000 EUR mit der Begründung in Anspruch, die Beklagten hätten im Interesse der Schuldnerin, teils auch in deren Auftrag, eine Beteiligung an der E1 bewertet; die Beklagten hätten vorsätzlich einen weit überzogenen Unternehmenswert in ihren Gutachten ausgewiesen, welche wiederum den Vorstand der Schuldnerin zum Erwerb der E1 zu einem weit überhöhten Kaufpreis veranlasst hätten.

Er behauptet:

a) Der als Anstifter Tatbeteiligte T sei zentraler Entscheidungsträger in einem vielschichtigen Geflecht von Unternehmen gewesen, die in ihrer Gesamtheit von ihm dazu ausgestaltet worden seien, die eingezahlten Kapitalanlagen privater Anleger zweckwidrig zu verwenden, zwischen den einzelnen Unternehmen zum Zwecke der Verschleierung zu verschieben und dabei maßgeblich sich selbst zu bereichern. Eine wesentliche Stellung im Rahmen dieses Beteiligungskonglomerats hätten neben der Schuldnerin sowie der ebenfalls insolventen X (im Folgenden: X) auch die E1 sowie die Q1 eingenommen, deren Gesellschafter und Geschäftsführer der Zeuge Q2 gewesen sei.

Der Tatbeteiligte T sei (unter der Geschäftsbezeichnung K) mehrheitlich an der X beteiligt und darüber hinaus auch deren faktischer Vorstand gewesen. Durch die persönliche Verbundenheit und Abhängigkeit von Frau B und N zu Herrn T sei es Herrn T gelungen, auch ohne eigene Organstellung, die Geschäfte der Schuldnerin zu führen und zu bestimmen. Außerdem sei Frau B selbst Beteiligte der Veruntreuung, ihre Gehilfenhaftung sei Gegenstand des Rechtsstreits vor der 11. Zivilkammer (-11 0 593/09 -).

Die Schuldnerin und die X hätten Gewinne durch karussellartige Verkäufe von Beteiligungen mit exorbitant steigenden Kaufpreisen generiert: Sei für eine Beteiligung etwa bei dem erstmaligen Erwerb ein Kaufpreis von 100.000 EUR vereinbart gewesen, so sei diese Beteiligung nur wenige Tage später (gelegentlich sogar noch am gleichen Tage) zu einem Kaufpreis von 5 Mio. EUR weiterveräußert worden, anschließend für 10 Mio. EUR u. s. w. Diese Erwerbe und Veräußerungen seien regelmäßig durch Bewertungsgutachten, unter anderem der Beklagten, unterlegt worden, die das Papier nicht wert gewesen seien, auf dem sie gedruckt worden seien. Denn die Gutachter hätten ihre Gutachten auf der Grundlage von Vorgaben des Herrn T erstellt und unrealistisch überhöhte Werte ausgewiesen, welche die Schuldnerin beim Erwerb schließlich mit den Finanzmitteln aus den Inhaberschuldverschreibungen bezahlt habe. Da das Geschäft der Schuldnerin keinen sonstigen Vermögenszuwachs gebracht habe, hätten Zins und Tilgung für die bereits eingeworbenen Inhaberschuldverschreibungen nur aus der weiteren Ausgabe von Schuldverschreibungen bedient werden können. Weil jedoch auch diese Zeichnungseingänge seit Ende 2005 rückläufig gewesen seien, sei das €Schneeballsystem" im Juni 2006 schließlich zusammengebrochen, welches wiederum den Insolvenzantrag der Schuldnerin zur Folge gehabt habe. Betroffen hiervon seien annähernd 9.000 Kapitalanleger gewesen.

In diesem Umfeld hätten der Tatbeteiligte T und der Zeuge Q2 im Jahr 2003 den Tatplan entwickelt, die Schuldnerin zu veranlassen, Geschäftsanteile an der E1 mit Sitz in Nürnberg zu erwerben. Den Geschäftsgegenstand habe die E1 als unbedeutendes Unternehmen in einem Hinterhof-Atelier ausgeübt. Das Interesse an der Akquisition habe darauf beruht, dass vorbezeichnete Herren selbst an der damaligen Gesellschafterin der E1, der Q1, mittelbar und unmittelbar beteiligt gewesen seien und durch die Buchgewinne einer Beteiligungsveräußerung als Gesellschafter unmittelbar profitiert hätten.

c) Auf Veranlassung und Mitwirkung des Tatbeteiligten T sowie des Herrn Q2 sei am 31.12.2003 sowie am 08.11.2004 vereinbart worden, auf der Grundlage weit überzogener Wertermittlungen der Beklagten aus dem Vermögen der Schuldnerin einen jeweils wertunangemessenen Kaufpreis für den Erwerb der Anteile an der E1 zu Gunsten des Tatbeteiligten T zu zahlen. Durch diese Veruntreuungen sei das Vermögen der Schuldnerin insgesamt in Höhe von EUR 9.550.000,00 geschädigt worden.

In Umsetzung des Tatplanes sei im Einzelnen wie folgt verfahren worden:

Im Mai 2003 habe der Tatbeteiligte T einen Sachverständigen gesucht, der sich bereit erklärt habe, die E1 überhöht werthaltig zu prüfen, um die Anteile zu einem späteren Zeitpunkt auf der Grundlage dieser Prüfung zu einem überhöhten Kaufpreis an die Schuldnerin zu veräußern. Dazu habe er sich unter anderem an den Zeugen W gewandt. Der Zeuge W habe schon zuvor ein Gutachten im Sinne des Herrn T erstellt im Zusammenhang mit dem Anteilserwerb von 17,5 % der X1 durch die Schuldnerin. Diesmal habe der Zeuge W zwar die Erstellung eines Gutachtens verweigert, aber Herrn T zu diesem Zweck an seinen guten Bekannten, den Beklagten zu 1) vermittelt. Herr T habe schließlich den Beklagten zu 1) am 30.05.2003 mit der Erstellung des gewünschten Gutachtens beauftragt. Zur weiteren Vorbereitung des von Herrn T initiierten Anteilserwerbs sei eine Kapitalerhöhung vereinbart worden (s.o.). Zu diesem Zeitpunkt sei die E1 ein Sanierungsfall gewesen. Die Finanzmittel aus der Kapitalerhöhung und dem Agio seien notwendig gewesen, um die E1 überhaupt zahlungsfähig zu erhalten. Andernfalls hätte das Unternehmen noch im Jahr 2003 Insolvenz anmelden müssen. Ein langfristiges strategisches Engagement von Herrn T und/oder seiner Lebensgefährtin, welches eine Kapitalerhöhung hätte rechtfertigen können, habe es jedoch nicht gegeben. Zweck der Kapitalerhöhung sei allein die Vorbereitung der Untreue zum Nachteil der Schuldnerin gewesen. Der Beklagte zu 1) habe sich daraufhin zunächst geweigert, ein vorgefertigtes Bewertungsgutachten für die E1 mit einem Unternehmenswert von 20 Mio. EUR zu testieren (Anlage TW 7). Wie daraufhin mit seinem Auftraggeber T vereinbart, habe der Beklagte zu 1) sodann in seinem Gutachten den Wert der E1 in diesem Zeitraum auf immer noch völlig unrealistische 13.100.000 EUR beziffert.

Durch notariell beurkundeten Beschluss vom 12.06.2003 (Anlage TW 5) hätten die beiden Gesellschafter der E1 (Q1 und Herr L) eine Kapitalerhöhung um EUR 25.000,00 auf EUR 50.000,00 beschlossen. Diese neuen Geschäftsanteile seien mit notariell beurkundetem Vertrag vom 31.10.2003 (Anlage TW 6) übernommen durch

- die K, Nürnberg, mit einem Stammkapitalanteil von EUR 20.000,00. Geschäftsführender Alleingesellschafter der K sei Herr T (vgl. Anlage TW 2),

- die L1, Fürth, mit einem Stammkapitalanteil von EUR 5.000,00.

Geschäftsführerin dieser Gesellschaft sei T1, die damalige Lebensgefährtin des Herrn T. Als Entgelt für die übernommenen Stammeinlagen hätten die beiden neuen Gesellschafter den Nominalbetrag der Einlage zuzüglich eines Agios in gleicher Höhe gezahlt (vgl. Anlage TW 6).

Mit notarieller Urkunde vom 31.12.2003 (Anlage TW 9) habe die Schuldnerin von der K deren Geschäftsanteil an der E1 im Nennbetrag von EUR 20.000,00 (40 %) zu einem Preis von EUR 5.240.000,00 gekauft. In dem Vertrag werde auf die Wertfindung im Gutachten des Beklagten zu 1) Bezug genommen.

Mit notarieller Urkunde vom 31.12.2003 (Anlage TW 10) habe die Schuldnerin von der L1 deren Geschäftsanteil an der E1 im Nennbetrag von EUR 5.000,00 zu einem Preis von EUR 1.310.000,00 gekauft. Auch dieser Kaufpreis nehme ebenfalls ausdrücklich Bezug auf das Gutachten des Beklagten zu 1).

Die K (Herr T) und die L1 (T1) hätten ihre am 31.10.2003 für 50.000,00 EUR erworbenen Geschäftsanteile an der E1 am 31.12.2003 zu einem Kaufpreis von insgesamt 6.550.000,00 EUR an die Schuldnerin übertragen, worauf die Schuldnerin am 22.03.2004 eine Teilzahlung von 655.000 EUR geleistet habe (Anlage TW 11).

Am 08.11.2004 habe die Q1 ihre Geschäftsanteile an der E1 im Nennwert von EUR 12.500,00 (entspricht 55 % ihrer Geschäftsanteile an E1 zu einem Kaufpreis von EUR 3.000.000,00 an die Schuldnerin (UR-Nr. 1776/2004 des Notars M, Nürnberg, Anlage TW 15) veräußert. Die Schuldnerin habe zwischen dem 17.12.2004 und 29.12.2004 auch den streitgegenständlichen Kaufpreis von 3.000.000 EUR an die Q1 gezahlt (Kontoauszüge Anlage TW 1). Entsprechend der Vereinbarung im Nachtrag zum Gesellschafterbeschluss vom 08.11.2004 (Anlage TW 17) hätten Herr T und seine Lebensgefährtin über ihre Unternehmungen K und L1 insgesamt 90 % des von der Schuldnerin an die Q1 gezahlten Kaufpreises entnommen.

d) Nachdem der Aufsichtsrat der Schuldnerin über den Erwerb der E1 in Kenntnis gesetzt worden sei, sei es zwischen Vorstand und Aufsichtsrat der Schuldnerin zu Unstimmigkeiten über die Wertbemessung des Erwerbs gekommen:

Im Frühjahr 2004 sei der Aufsichtsrat der Schuldnerin, bestehend aus den Aufsichtsratmitgliedern W1, C und L2 zu der Einschätzung gelangt, dass die Informationspolitik des Vorstandes desolat und der erstellte Jahresabschlusses 2003 fehlerhaft sei. In der Aufsichtsratssitzung am 21.05.2004 habe der Aufsichtsrat der Schuldnerin eine Tischvorlage über wesentliche Eckpunkte des Jahresabschlusses erhalten. Darin sei ausgeführt gewesen, dass die Erhöhung der Beteiligungen auf einen Erwerb von Geschäftsanteilen der E1 zurückzuführen sei. Obwohl es in dieser Aufsichtsratssitzung zu erheblichen und wortreich ausgetragenen Meinungsdifferenzen zwischen den Aufsichtsratsmitgliedern und den als Gäste anwesenden Herren H, T und N (als Vertreter für die Alleinaktionärin) gekommen sei, weil für die Beteiligung an der E1 keine Genehmigung des Aufsichtsrates eingeholt worden sei, habe der Vorstand H (auf Weisung des Tatbeteiligten T) keine Veranlassung gesehen, von dem Anteilserwerb der E1 abzurücken. Der Aufsichtsrat habe nach der Aufsichtsratssitzung am 21.05.2004 seine Aufgabe darin gesehen, die Genehmigung des Geschäftsanteilserwerbs an der E1 durch die Alleinaktionärin, Frau B, €am Aufsichtsrat vorbei" zu verhindern. Im Anschluss an die Aufsichtsratssitzung habe der Vorstand H dem Aufsichtsrat die Kaufverträge vom 31.12.2003 sowie das Gutachten des Beklagten zu 1) überreicht. Die Vorlage des Gutachtens des Beklagten zu 1) habe bewirkt, dass die begründete Skepsis des Aufsichtsrates gegenüber der Werthaltigkeit des Beteiligungserwerbes nicht bestätigt oder und erst recht nicht bekräftigt worden sei, was bei einem wahrheitsgemäß erstellten Gutachten der Fall gewesen wäre. Vielmehr habe die Vorlage des Gutachtens dazu geführt, dass den Aufsichtsratsmitgliedern die (angebliche) Unbegründetheit ihrer Skepsis vor Augen geführt worden sei, dass sie ihre Bedenken weniger stark artikuliert und keine Gegenmaßnahmen ergriffen hätten. So seien die Aufsichtsratsmitglieder durch das Gutachten des Beklagten zu 1) davon abgehalten worden, auf der Auswechslung des Vorstandes H zu bestehen oder eine Anzeige gegen den Vorstand der Schuldnerin wegen Veruntreuung von Gesellschaftsvermögen zu stellen.

Diese Maßnahmen hätten nämlich verhindert, dass der Vorstand der Schuldnerin am 17.12.2004 mit der Auszahlung der Teilzahlungen habe beginnen können und den Schaden verursacht habe.

Aber das Gutachten des Beklagten zu 1) sei auch haftungsausfüllend kausal dafür, dass die ab dem 12. August 2004 amtierenden Aufsichtsratsmitglieder I, P und T2 die Zahlungen ebenfalls nicht verhindert hätten:

Aufgrund der Zweifel an dem Bewertungsgutachten des Beklagten zu 1) habe der Aufsichtsrat im Juli 2004 die G mit der Beurteilung dieses Gutachtens beauftragt. Schon dieses insgesamt kollegial vorsichtig formulierte Gutachten sei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Stellungnahme als gutachtliche Wertfindung zum Zwecke der Bemessung eines Kaufpreises als ungeeignet bezeichnet werden müsse und dass die Mängel im vorliegenden Gutachten als so schwerwiegend anzusehen seien, dass die Stellungnahme nicht als €neutral" im Sinne der Grundsätze des IDW S1 angesehen werden könne.

Daraufhin seien die weiteren Beklagten auf Initiative von Herrn T mit der Erstellung von weiteren Wertgutachten für die E1 beauftragt worden. Wiederum habe Herr T einen Gutachter gesucht, um die überzogene Wertbemessung gegenüber dem Aufsichtsrat zu rechtfertigen und habe ihn diesmal in dem Beklagten zu 3) gefunden. Herr T habe sodann den Zeugen H angewiesen, den ihm völlig unbekannten Beklagten zu 3) zu beauftragen. Das Bewertungsgutachten des Beklagten zu 3) habe die gleichen Planzahlen wie der Beklagte zu 1) zugrunde gelegt mit der Begründung, die Zahlen seien in seiner Prüfung nicht zu plausibilisieren, da die Geschäftsführung der Schuldnerin diese Erwartungen teile.

Der Beklagte zu 2) habe schließlich im Oktober 2004 ein als neutral ausgewiesenes Gutachten über den Wert der E1 verfasst. Mit Herrn T sei der Beklagte zu 2) gut bekannt. Nachdem der Steuerberater des Herrn T, Herr L, die beiden bekannt gemacht habe, habe der Beklagte zu 2) für Herrn T mehrere Bewertungsgutachten erstellt, unter anderem im Jahr 2001 ein weit überhöhtes Wertgutachten für die Beteiligung der Schuldnerin an der X1. Nur durch eine allein einem Sachkundigen erkennbare Manipulation der Prämisse einer Eintrittswahrscheinlichkeit für explosionsartige Umsatzerlössteigerungen habe der Beklagte zu 2) in seiner Bewertung zu einem vergleichbar überhöhten Unternehmenswert wie der Beklagte zu 1) gelangen können.

e) Die Bewertungsgutachten für die E1 hätten bewusst elementare Grundsätze ordnungsgemäßer Unternehmensbewertung außer Acht gelassen, um dadurch als Unternehmenswerte jeweils Beträge auszuweisen, die nur unwesentlich vom veruntreuend vereinbarten Kaufpreis abwichen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Klagebegründung Teile A bis C verwiesen. Hierdurch hätten die Beklagten wissentlich dazu beigetragen, dass dem Vorstand der Schuldnerin eine Untreue zu deren Lasten erst möglich gewesen sei.

Der Kläger beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, an ihn EUR 3.000.000,00 nebst Zinsen in Höhe von 4 Prozent p. a. seit dem 29. Dezember 2004 bis zur Rechtshängigkeit sowie weitere Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p. a. seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie erheben die Einrede der Verjährung und rügen die Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf. Im Übrigen treten sie dem Vorwurf des Klägers entgegen.

Die Kammer hat nach Maßgabe des Beweisbeschlusses vom 08.10.2010 (Bl.545 d. A.) Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird verwiesen auf das Sitzungsprotokoll vom 15.02.2011 (Bl.662 d. A.).

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Gründe

Die Klage ist zulässig. Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf folgt aus dem Gerichtsstand der unerlaubten Handlung, § 32 ZPO. Nach den Behauptungen des Klägers fand die sittenwidrige Schädigung bzw. die Untreuehandlung, zu der Behilfe geleistet worden sein soll, auch am Geschäftssitz der Schulderin, mithin in Düsseldorf statt.

Die Klage ist aber unbegründet. Aus dem Tatsachenvortrag des Klägers € allein auf diesen wird im Folgenden eingegangen € lassen sich gegen die Beklagten keine Ansprüche herleiten.

Dem Insolvenzverwalter stehen keine eigenen Ansprüche zu. Er tritt in die Rechte und Pflichten des Schuldners ein und handelt, soweit er als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Schuldners auftritt, im Rahmen der auf ihn übergegangenen vermögensrechtlichen Stellung des Schuldners. Daher kann er für die Masse nicht mehr und keine anderen Rechte ausüben als dem Schuldner zustehen (Ott/Vuia in Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, Band 2, 3. Auflage, § 80, Übergang des Verwaltungs- und Verfügungsrechts). Gemäß § 92 InsO ist er auch zur Geltendmachung des sog. Gesamtschadens € basierend auf Ansprüchen der Insolvenzgläubiger - befugt. Es ist daher zu differenzieren:

1. Ansprüche der Schuldnerin

a. Vertragliche Ansprüche

Soweit die Schuldnerin selbst als Auftraggeberin in Erscheinung getreten ist (Beklagter zu 3 - Bewertungsgutachten vom 09.08.2004 (Anlage TW 13)), kommen vertragliche Ansprüche aus §§ 611 Abs.1, 280 BGB in Betracht. Da nach dem Vortrag des Klägers die Beauftragung des Beklagten zu 3 dem ausschließlichen Zweck diente, die vom Aufsichtsrat geäußerten Verdachtsmomente auszuräumen, sind der €Auftrag€ und die daraufhin erbrachte €Leistung€ als Tatbeiträge bei der Erfüllung des Betrugstatbestände zum Nachteil der Anleger anzusehen. Die Absprache krimineller Handlungen (§§ 25 Abs.2, 27 StGB) in Form sogenannter Verträge unterfällt dem § 134 BGB (Palandt, BGB, 73. Aufl., § 134, RNr.24 m. w. N.).

b. Ansprüche aus §§ 823 Abs. 2, 830 BGB i.V.m. §§ 266 Abs. 1 Var. 2, 27 Abs. 1 StGB

sind nicht gegeben. Der Schuldnerin ist kein Schaden entstanden.

aa)

Wie unten (bb) näher auszuführen ist, verfolgte die Schuldnerin ausschließlich einen kriminellen €Geschäftszweck€; die Verfassung der Gesellschaft (§§ 76 ff. AktG) und die Stellung der Frau B als Alleinaktionärin waren rein formaler Natur und hatten nur den Zweck, durch Vorspiegelung legaler Geschäfte Kapitalanleger zu betrügen. Frau B war an dem von der Schuldnerin betriebenen Schneeballsystem beteiligt, indem sie auf die Ausübung ihrer Gesellschafterrechte (§§ 118 ff. AktG) verzichtete und dem Tatbeteiligten T als zentralem Entscheidungsträger die Geschicke der Schuldnerin zur Ausübung von Betrugshandlungen überließ.

aa)

Es kann dahinstehen, ob auf eine Gesellschaft, welche € wie vorliegend der Fall € die Plattform zur organisierten Begehung von Straftaten bildet und eher einem Verband im Sinne des § 129 StGB ähnelt als einer juristischen Person die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zum tatbestandsausschließenden Einverständnis begrifflich anzuwenden sind. Jedenfalls ist das Verhalten der Frau B als solches zu werten.

Geschädigter im Sinne des § 266 StGB kann nur ein mit dem Täter nicht identischer Träger fremden Vermögens sein; Schutzzweck des § 266 StGB ist - bezogen auf juristische Personen € deren Vermögen, nicht der Gläubiger oder die Allgemeinheit (Fischer, StGB, 61 A.,§ 266, RNr.99, 113). Dementsprechend ist es in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt, dass die Vermögensbetreuungspflicht des § 266 Abs. 1 StGB in der Regel nicht verletzt ist, wenn der Vermögensinhaber sein Einverständnis mit der Vermögensschädigung erklärt hat, da der Untreuetatbestand den Zweck hat, das dem Treuepflichtigen anvertraute fremde Vermögen zu schützen. Bei einer juristischen Person sind bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise Inhaber des Vermögens der Gesellschaft die Gesellschafter, weshalb es allein auf deren Zustimmung ankommt. Dies ist € für die GmbH - unstreitig (z. B: BGHSt 49, 147-166).

Ob allerdings Anteilseignern einer Aktiengesellschaft eine Kompetenz zu einer tatbestandsausschließenden Einwilligung in gesellschaftsschädigende Vermögensverfügungen des Vorstands in gleicher Weise zukommt wie den Gesellschaftern einer GmbH ist höchst zweifelhaft (bejahend: BGHSt 50, 331-346; 3. Strafsenat (€N1€), offengelassen BGHSt 55, 266-287, 2. Strafsenat, (€Q3€), mit weiteren Verweisen auf die Literatur). Die Kammer folgt insoweit der erstgenannten Entscheidung, da es € jedenfalls aus zivilrechtlicher Sicht € keinen Unterschied macht, ob das Vermögen in Form von Geschäftsanteilen oder in Form von Aktien den Anteilseignern/Gesellschaftern zugeordnet ist; bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise stellt sich ein Schaden zum Nachteil der Gesellschaft denknotwendig als Schaden der Anteilseigner/Gesellschafter dar, egal ob die Gesellschaft als AG oder GmbH konstruiert ist.

Die Rechtsprechung hat von der Regel, wonach die Zustimmung der Gesellschafter tatbestandsauschließend ist, Ausnahmen gemacht. In BGHSt 50, 331-346 (€N1€) heißt es hierzu:

€.. Bei einer Aktiengesellschaft ist Voraussetzung für ein strafrechtlich bedeutsames Einverständnis mit einer kompensationslosen Anerkennungsprämie, dass es entweder von dem Alleinaktionär oder von der Gesamtheit der Aktionäre durch einen Beschluss der Hauptversammlung über die Verwendung des Bilanzgewinns (§ 58 Abs. 3 Satz 1, § 174 Abs. 1 Satz 1 AktG, vgl. Kropff in MünchKomm-AktG 2. Aufl. § 174 Rdn. 32) erteilt worden ist, nicht gegen Rechtsvorschriften verstößt oder aus sonstigen Gründen ausnahmsweise als unwirksam zu bewerten ist...€

Was unter €Verstoß gegen Rechtsvorschriften€ und €sonstigen Gründen€ zu verstehen ist, wird in anderen Entscheidungen vertieft.

5. Strafsenat, Urteil vom 13. Mai 2004 € 5 StR 73/03 €, BGHSt 49, 147-166:

€..... In der zivil- wie auch strafgerichtlichen Rechtsprechung ist jedoch anerkannt, dass es Fallkonstellationen gibt, in denen der Geschäftsführer als der für das Vermögen einer Gesellschaft Treupflichtige seine Pflichten nach § 266 Abs. 1 StGB auch dann verletzt, wenn er mit Zustimmung sämtlicher Gesellschafter handelt. Insoweit gibt es einen Bereich, der einer Dispositionsmöglichkeit der Gesellschafter entzogen ist, weil Interessen anderer oder öffentliche Interessen berührt sind.

Der Zweck einer Kapitalgesellschaft erschöpft sich nämlich nicht in einer bloßen Vermögensanlage für die Gesellschafter. Jedenfalls wenn die Gesellschaft eine eigene wirtschaftliche Tätigkeit aufgenommen hat, handelt sie unter eigener Rechtspersönlichkeit als Wirtschaftssubjekt im Geschäftsverkehr und wird Träger von Rechten und Pflichten. Dies läßt gleichzeitig Schutzerfordernisse entstehen, die sicherstellen, dass die Gesellschaft die Essentialien einhält, die für das Funktionieren des Wirtschaftskreislaufs unerlässlich sind und auf die der Rechtsverkehr vertrauen können muss. Dementsprechend hat die Rechtsprechung eine Vermögensverfügung dann gegenüber der Gesellschaft als treuwidrig und wirkungslos angesehen, wenn die Verfügung geeignet ist, das Stammkapital der Gesellschaft zu beeinträchtigen. Gleiches gilt, wenn durch die Vermögensverfügung eine konkrete und unmittelbare Existenzgefährdung einträte, weil der GmbH ihre Produktionsgrundlagen entzogen würden oder ihre Liquidität gefährdet wäre.€

3. Strafsenat, Beschluss vom 30. August 2011 € 3 StR 228/11 €, juris

€Ein Einverständnis der Gesellschafter ist allerdings unwirksam und die Vermögensverfügung des Geschäftsführers deshalb missbräuchlich, wenn unter Verstoß gegen Gesellschaftsrecht die wirtschaftliche Existenz der Gesellschaft gefährdet wird, etwa durch Beeinträchtigung des Stammkapitals entgegen § 30 GmbHG, durch Herbeiführung oder Vertiefung einer Überschuldung oder durch Gefährdung der Liquidität.€

Im Beschluss vom 30. August 2011, 2. Strafsenat, BGH,€ 2 StR 652/10 €, juris, heißt es allerdings:

€Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Insolvenzverschleppung in zwei Fällen, Bankrotts in sechs Fällen, Vorenthaltens von Arbeitsentgelt in 30 Fällen, Betrugs sowie Untreue in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt...

Nach den Urteilsfeststellungen hielt der Angeklagte über Familienangehörige, die ihm Generalvollmachten erteilt hatten, sowohl die Kommanditanteile an der H als auch sämtliche Anteile an deren Komplementär-GmbH, der H1. Zugleich war er Geschäftsführer beider Gesellschaften. Sowohl die H als auch die B1 hatten ab dem Jahr 2003 mit massiven finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen. Eine Zeit lang gelang es dem Angeklagten, kurzfristige Liquiditätsengpässe mittels Hin- und Herschiebens von Geldern zwischen den beiden Unternehmen, aber auch seinem Privatvermögen auszugleichen.

...

. Das Landgericht hat den Angeklagten insoweit wegen Untreue gemäß § 266 Abs. 1, 1. Alt. StGB verurteilt. Durch die Nichtabführung der Mietzahlungen habe er die ihm durch den Geschäftsbesorgungsvertrag eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, missbraucht und dadurch dem Vermögen der J einen Nachteil zugefügt.

2. Dies begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Zutreffend weist die Revision darauf hin, dass im Rahmen des § 266 StGB eine Schädigung des Gesamthandvermögens einer Kommanditgesellschaft nur insoweit bedeutsam sein kann, als sie gleichzeitig das Vermögen der Gesellschafter berührt. Für die Frage des Nachteilseintritts ist demnach nicht allein auf die Gesellschaft, sondern auf das Vermögen der einzelnen Gesellschafter abzustellen (vgl. BGHSt 34, 221, 223; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 25; E. Schramm, Untreue und Konsens, 2005, S. 85; Tiedemann, GmbH-Strafrecht, 5. Aufl. 2010, vor §§ 82 ff. Rn. 22).

a) Soweit der Gesellschaftsanteil des Angeklagten betroffen ist, schließt sein Einverständnis die Annahme eines Vermögensschadens aus (BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 25; BGH NStZ 1987, 279; Fischer, aaO, § 266 Rn. 113)...€

In der letztgenannten Entscheidung wird auf die Wirksamkeit des Einverständnisses nicht eingegangen, obwohl es nach dem mitgeteilten Sachverhalt nahelag, die dem dortigen Angeklagten vorgeworfene Nichtabführung der Mietzahlungen als existenzgefährdend im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung anzusehen.

Die augenscheinlich nicht einheitliche Rechtsprechung der verschiedenen Senate des BGH wird in der Literatur kritisch gesehen: Der Untreue-Tatbestand werde unter Verlagerung des Schutzzwecks (s.o.) zur Verfolgung von Gläubigerinteressen eingesetzt (vgl. Fischer, StGB, 61 Aufl., § 266, RNr.99, m. w. N.). Ob die von der Rechtsprechung betriebene Auslegung noch mit dem Bestimmtheitsgrundsatz nach Art. 103 Abs. 2 GG (nulla poena sine lege certa) zu vereinbaren ist (der Wortlaut des § 266 StGB gibt nach Auffassung der Kammer nichts dafür her, dass auf die Vermögensinteressen der Gläubiger oder die Interessen der Allgemeinheit (Funktionieren des Wirtschaftskreislaufs) abzustellen ist), muss bezweifelt werden.

Erst recht begegnet es Bedenken, dem Insolvenzverwalter durch ergänzende Auslegung des § 266 Abs.1 StGB ein Mittel zur Geltendmachung von Schäden an die Hand zu geben, die € wirtschaftlich betrachtet- nicht bei der juristischen Person sondern den Anlegern entstanden sind. Die Schuldnerin war - wie unten auszuführen sein wird €Tatwerkzeug, indem sie einerseits von T und seinen Mittätern benutzt wurde, Anlegern Gewinnaussichten vorzugaukeln und andererseits dazu diente, die angelegten Gelder (m. a. W. die Beute) unauffällig an die Initiatoren des Betrugssystems abfließen zu lassen. Die ergaunerten Gelder, welche in Form des €Kaufpreises€ für die E1 an T und seine Mittäter abgeflossen sind, mögen zivilrechtlich der Schuldnerin zugestanden haben. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise handelt es sich um das Vermögen der betrogenen Anleger. Wäre die Schuldnerin keine juristische sondern eine natürliche Person und damit für ihr Treiben strafrechtlich verantwortlich zu machen, wäre der Gedanke, ihr könne ein Schaden dadurch entstanden sein, dass sie die Beute weitergeleitet hat, reichlich absurd. Der Umstand, dass vorliegend zwischen den Handlungen der Schuldnerin den hinter dieser stehenden (natürlichen) Person zu differenzieren ist, weil T und seine Mittäter im Geschäftsverkehr nicht selbst aufgetreten sind, sondern sich dazu einer AG bedient haben, kann nicht zu anderen Ergebnissen führen. Die Zuerkennung von Ansprüchen der juristischen Person mag Sinn machen, wenn ein Auseinanderfallen von Anspruch und Schaden festzustellen wäre. Das ist aber nicht der Fall. Denn die geprellten Anleger können die Beklagten selbst aus unerlaubter Handlung in Anspruch nehmen. Überdies ermöglicht § 92 InsO die Bündelung der Gläubigerinteressen in der Person des Insolvenzverwalters (s.u.). Dementsprechend ist jedenfalls aus zivilrechtlicher Sicht keine Veranlassung gegeben, auch die Verfolgung von Gläubigerinteressen zum Schutzzweck des § 266 StGB zu erklären; diese sind durch die eigenen Ansprüche und § 92 InsO hinreichend geschützt.

Hinzukommt, dass der vorliegende Fall Besonderheiten aufweist, welche relevant von den Konstellationen abweichen, die der oben zitierten Rechtsprechung zugrunde lagen. Begriffe wie Herbeiführung oder Vertiefung einer Überschuldung, Entziehen der Produktionsgrundlagen, Liquiditätsgefährdung setzen denknotwendig voraus, dass die juristische Person einen legalen Zweck verfolgt; nur dann kann ernsthaft ein öffentliches Interesse am Erhalt der €Essentialien einer Gesellschaft€ angenommen werden. Dementsprechend gleichen sich die Sachverhalte aus den oben wiedergegeben Tatbeständen darin, dass die Tatbeteiligten die (legalen) Geschäftszwecke von juristischen Personen dazu missbraucht haben, Straftaten (etwa Zahlung von Schmiergeldern) zu begehen. Im vorliegenden Fall wurde aber ein legaler Geschäftszweck nur zu Betrugszwecken vorgespiegelt. Ein auf Gewinnerzielung gerichteter Handel mit Geschäftsanteilen hat nie stattgefunden. Wie schon ausgeführt, war die Schuldnerin nur die Bühne für die Tatbeteiligten (T und Helfer), Anlegern eine Unternehmensperformance vorzuspielen, die € wie die Tatbeteiligten wussten - niemals realisiert werden sollte. Sie war zugleich €Zahlstelle€ in dem Sinne, dass die Anleger dort ihr Geld abzugeben hatten, damit es anschließend durch manipulierten An- und Verkauf von Unternehmensanteilen €geräuschlos€ in den Taschen der Tatbeteiligten verschwinden konnte. Die Funktion der Schuldnerin war ausschließlich krimineller Natur, weshalb nicht ernsthaft von einer als Wirtschaftssubjekt am Geschäftsverkehr teilnehmenden Rechtspersönlichkeit gesprochen werden kann. Begriffe wie €Entziehen der Produktionsgrundlagen€, €Liquiditätsgefährdung€ gehen bei der hier in Rede stehenden Konstellation ins Leere.

Daran ändert nichts der Umstand, dass die Schuldnerin vor ihrer €Übernahme€ durch den Tatbeteiligten T legale Geschäfte betrieben hat. Mit der Übernahme der Schuldnerin durch Herrn T war deren legale operative Geschäftstätigkeit und damit deren Existenz als legale Organisationsform beendet. Sie war eine bloße Mantelgesellschaft, deren Organisationsform zur Begehung von Straftaten missbraucht wurde.

Belanglos ist ferner, dass Frau B die Aktien mit eigenen Kapitalmitteln erworben hat. Sie war € nach dem Klägervortrag- mit der vorstehend dargestellten €Umwidmung€ einverstanden. Hierbei kann dahinstehen, ob ihr Kenntnisstand soweit reichte, dass ihr der Vorwurf einer Beteiligung an den Straftaten des Tatbeteiligten T zu machen ist. Jedenfalls hat sie mit der Duldung der €Übernahme€ der Schuldnerin zu erkennen gegeben, dass ihr deren Geschicke gleichgültig waren.

Auf Grundlage vorzitierter Rechtsprechung kommt es nicht darauf an, dass der Aufsichtsrat der Schuldnerin in die hier in Rede stehenden Manipulationen nicht eingebunden war und diese auch nicht wollte. Der Aufsichtsrat hat Kontrollfunktion; er ist nicht Träger des Gesellschaftsvermögens. Es mag sein, dass die hier in Rede stehenden Manipulationen nicht zuletzt dem Zweck dienten, die Erfüllung der dem Aufsichtsrat zugewiesenen Aufgaben zu erschweren/unmöglich zu machen. Es mag ferner angenommen werden, dass die bezweckte Aushebelung der Aufsichtsratsfunktion ein relevanter Verstoß gegen Rechtsvorschriften im Sinne des Beschlusses BGHSt 50, 331-346 darstellt. Da der €Geschäftszweck€ der Schuldnerin rein krimineller Natur war, waren die Aufsichtsratmitglieder undolos handelnde Tatwerkzeuge. Demgemäß gehen die gesetzlichen Bestimmungen über die Aufgaben eines Aufsichtsrates (§ 111 Abs.1 AktG: €Der Aufsichtsrat hat die Geschäftsführung zu überwachen.€) ins Leere, weil es keine (legalen) Geschäfte gibt. Auch wenn es in den Aufgabenkreis eines als Tatwerkzeug missbrauchten Aufsichtsrates fiele, den kriminellen €Geschäftszweck€ der AG zu unterbinden, führt das nicht zu einer Haftung aus § 823 Abs.2 i.V.m. § 266 StGB. Das Interesse der Allgemeinheit an der Unterbindung €krimineller Gesellschaften€ hat mit dem Schutzzweck des § 266 StGB evident nichts mehr zu tun.

bb)

Die Tatsachen, welche die Grundlage für vorstehende Bewertung bilden, entsprechen dem Klägervortrag in Verbindung mit den Sachverhalten, welche sich aus den der Ermittlungsakten zu 130 Js 27/06 ergeben. Auf die Ermittlungsakten hat der Kläger ausdrücklich Bezug genommen (Schriftsatz vom 29.4.10, S.2). Im Einzelnen:

Geschäftszweck

Ausschließlicher €Geschäftszweck€ der Schuldnerin war die Begehung von Straftaten, nachdem es T €durch die persönliche Verbundenheit und Abhängigkeit von Frau B und N ... zu Herrn T gelungen ist, auch ohne eigene Organstellung, die Geschäfte der Schuldnerin zu führen und zu bestimmen€.

Dass die Schuldnerin neben dem Anlegerbetrug noch anderen (legalen) Tätigkeiten nachging, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Der Kläger führt selbst aus, dass €das Geschäft der Schuldnerin keinen sonstigen Vermögenszuwachs gebracht€ habe, weshalb €Zins und Tilgung für die bereits eingeworbenen Inhaberschuldverschreibungen nur aus der weiteren Ausgabe von Schuldverschreibungen bedient werden konnten€. Dazu passend heißt es im Gutachten des Klägers vom 29.08.2006, Bd.2 Bl. 448 der Strafakten:

€Die Finanzierung des Beteiligungs- und Immobilienenvertriebs der Schuldnerin erfolgte über die Ausgabe von Inhaberschuldverschreibungen. ... Insgesamt wurden von der Schuldnerin Schuldverschreibungen in 17 Tranchen mit einem Volumen von insgesamt rd. € 145 MIO. ausgegeben. Davon waren zum Zeitpunkt der Antragstellung € 93 Wo. Noch nicht zurückgezahlt.

Der Vertrieb dieser Inhaberschuldverschreibungen erfolgte durch die Beilage der Verkaufsprospekte in Zeitschriften. Der Vertrieb erfolgte zunächst ausschließlich in Deutschland und seit 2002 durch ein eigenes Vertriebsbüro auch in Österreich... Nach Übersendung dieses Angebotsschreibens an die Schuldnerin wurde das Angebot von dieser angenommen und dem entsprechenden Schuldverschreibungsgläubiger die Kontonummer mitgeteilt, auf der der Zeichnungsbetrag einzuzahlen war. Nach Eingang des Zeichnungsbetrages wurde dem Schuldverschreibungsgläubiger eine entsprechende Urkunde nebst Zinscoupon übersandt... Die genaue Verwendung der eingesammelten Gelder bedarf der weiteren Aufklärung im eröffneten Verfahren. Bereits jetzt ist jedoch schon absehbar, dass ein Großteil dieser Gelder für administrativen Aufwand (Werbung, Gehälter, Spesen) verbraucht worden ist. Darüber hinaus wurden wesentliche Beträge zum Erwerb der Beteiligungen verwandt. Ob und in welchem Umfang der Erwerb der Beteiligungen zu angemessenen Kaufpreisen erfolgt und ob sich gegebenenfalls dritte Personen an diesen Geschäften bereichert haben, bedarf der weiteren Ermittlung im eröffneten Verfahren.

Festzustellen ist jedoch, dass die Schuldnerin operativ jedenfalls seit 2002 keine Gewinne aufgebaut hat. Eine eventuelle Begleichung der fälligen Zinsen und Rückführung der fälligen Inhaberschuldverschreibungen ist zu keinem Zeitpunkt aus erwirtschafteten Überschüssen, sondern stets aus der weiteren Ausgabe von Schuldverschreibungen erfolgt. Als in Folge des Rückganges von Zeichnungs- und damit Zahlungseingängen Ende 2005lAnfang 2006 die im April bzw. Juni 2006 fälligen Schuldverschreibungen nicht zurückgezahlt werden konnten, wurde vom Vorstand der Schuldnerinsolvenzantrag gestellt."

Diese Ausführungen stehen in Übereinstimmung mit dem Gutachten der L1 vom 29. Juni 2007 (SB. 15 der Strafakten):

Es entsteht der Eindruck, dass das tatsächlich gelebte Geschäftsmodell neben der Verursachung von nach der Dimension des Geschäftsbetriebs unüblichen Verwaltungskosten darauf ausgelegt war, kontinuierlich Finanzmittel von Anlegern einzusammeln, um Beteiligungen ohne dokumentiert erkennbare Erfolgsaussicht und aufgrund fehlender Wertgutachten zu für uns nicht nachvollziehbaren Kaufpreisen zu erwerben und diese gewinnrealisierend wieder zu veräußern, ohne jedoch dabei einen Liquiditätszufluss an den Veräußerer zu realisieren. Ohne diese Verkäufe der Beteiligungen und der damit verbundenen Realisierung von Buchgewinnen hätten sich bei den betreffenden E möglicherweise zum damaligen Zeitpunkt insolvenzrechtliche Konsequenzen ergeben, mindestens hätte ein Überschuldungsstatus erstellt werden müssen. ..."

Die Kammer hat ihre Sichtweise mit Beschluss vom 28.12.2012 zum Ausdruck gebracht. Tatsachen, die darauf hindeuten würden, dass die Schuldnerin noch irgendwelchen legalen Geschäften nachging, hat der Kläger nicht vorgetragen.

Herkunft der Gelder zur Bezahlung des Kaufpreises

Aus dem klägerischen Vortrag herzuleiten ist ferner, dass die Schuldnerin über kein legal erworbenes Vermögen mehr verfügte, mithin der Kaufpreis aus Anlegergeldern aufgebracht wurde. Hierzu heißt es im Schriftsatz vom 17.02.2010, Seite 5:

€Gerade diese besondere Sachkunde missbrauchten die Beklagten, indem sie es den weiteren Tatbeteiligten erst ermöglichten, sich durch die inszenierte Veräußerung eines wertlosen Unternehmens zu einem weit überzogenen Kaufpreis an den Einlagen zahlreicher Kleinanleger zu bereichern€

Rolle der Frau B

Wie sich aus der Anklage erschließt (Anklageband, S.110 der Anklage), verfolgte die Schuldnerin urspründlich legale Ziele; Frau B hatte eigenes Geld in Aktien der Schuldnerin investiert:

"Im Jahre 1998 beabsichtigte die Zeugin B Geld aus einer Erbschaft steueroptimiert anzulegen. Zu diesem Zweck schloss sie auf Anraten des Angeschuldigten T sowie ihres Ehemannes, dem Zeugen N, am 17.11.1998 mit der E einen Vertrag über eine Beteiligung an der E als atypische stille Gesellschafterin. In dem Vertrag verpflichtete sich die Zeugin B zur Erbringung einer Einlage in Höhe von 6 Mio. DM. Hiervon war ein Geldbetrag in Höhe von 3 Mio. DM spätestens 4 Wochen nach Vertragsunterzeichnung zu leisten, den sie vertragsgemäß erbrachte. Ende des Jahres 1998/Anfang des Jahres 1999 kaufte die Zeugin B alle Aktien der E; sie wurde Alleinaktionärin der E. Bereits im Jahre 1999 konnte die E aufgrund von Änderungen in der Gesetzgebung nicht mehr zur Einsparung von Steuern Verwendung finden. Bedingt hierdurch kam das operative Geschäft der E zum Erliegen."

Jedenfalls zu dem hier in Rede stehenden Zeitpunkt war Frau B nur noch formal Gesellschafterin; sie sollte und wollte keinen Einfluss auf die Geschicke der Schuldnerin nehmen.

Der Kläger hat hierzu wörtlich vorgetragen (Schriftsatz vom 13. August 2010, Seite 6)

€Außerdem ist Frau B selbst Beteiligte der Veruntreuung, ihre Gehilfenhaftung ist Gegenstand des Rechtsstreits vor der 11. Zivilkammer€.

Ob sie Gehilfin im strafrechtlichen Sinne ist, ist € wie ausgeführt € rechtlich belanglos. Es reicht aus, dass sie €wie der Kläger unmissverständlich vorträgt € den Tatbeteiligten freie Hand gegeben hat, woraus die Schlussfolgerung zu ziehen ist, dass sie nur noch formal die Gesellschafterrechte wahrgenommen hat (etwa die Genehmigung des Geschäftsanteilserwerbs an der E1, vgl. Schriftsatz vom 10. Juni 2010 Seite 7), ohne ein eigenes Interesse an der Schuldnerin zu verfolgen. Anders ist der oben zitierte Satz (€T ...gelungen ist, auch ohne eigene Organstellung, die Geschäfte der Schuldnerin zu führen und zu bestimmen€) nicht zu verstehen.

Diese Sichtweise entspricht dem Bild, dass sich aus der Strafakte ergibt. Dort heißt es im Abschlussbericht unter Ziff. 1.2.7 zu Frau B:

€1.2.7

Am 28. September 2001 wurden 118.125 Aktien der X1 in Höhe von 17,5 % des Stammkapitals zum Verkehrswert von rd. Mio. EUR 8,68 im Wege der Sacheinlage durch B in die E eingebracht. Aus einem vertraulichen Aktenvermerk von Günter von Riegen, Aufsichtsrat der E, vom 2. Juni 2004 geht hervor, dass das aus der Einbringung der Aktien entstandene Genusskapital i. H. v. Mio. EUR 4,2 zugunsten von B zu einem nicht bekannten Zeitpunkt an T abgetreten wurde...Die Einbringung der Sacheinlage führte auf Grund einer dem tatsächlichen Markt nicht zu entnehmenden Begutachtung des Unternehmenswertes der X1 mit Mio. EUR 49,6 zu einer drastischen Überbewertung des Grundkapitals und einer damit einhergehenden Täuschung der potentiell interessierten Anleger der E, welche in dem Grundkapital von Mio. EUR 6,11 eine Sicherung des Unternehmens und somit ihrer Anlagegelder sahen.

Auf Grund etwa einem ZWISCHENSCHEIN (v. 07.09.2001) ausgestellt/erteilt von der X1 an die U ...ist davon auszugehen, dass, Frau B die Sacheinlage nur treuhänderisch für den die U beherrschenden Herrn T vorgenommen hat. Die Gründe dafür sind derzeit nicht bekannt.

..

Es ist davon auszugehen, dass Herrn N durch

- seine frühere AR-Funktion bei der E

- die treuhänderische GS-Funktion seiner Ehefrau bei der E für Herrn T,

- die regelmäßige Vertretung seiner Ehefrau als Alleingesellschafterin der E

- die intensiv vom AR an ihn herangetragenen Kritikpunkte des AR zur E

- das langjährige persönliche Vertrauensverhältnis zu T

die tatsächliche finanzielle Situation der E voll bekannt war und er die vom AR angesprochenen Missstände nicht im Sinne der Anleger der E lösen wollte, sondern in seinem persönlichen Verhältnis zu dem Beschuldigten T bestrebt war, dessen Vorstellungen hinsichtlich des Ablaufes in der E weiter umzusetzen. Es ist davon auszugehen, dass Frau B diese Situation ebenfalls voll umfänglich bekannt war und sie durch ihre Mitarbeit als Treuhänderin von Herrn T die Umsetzung der Vorstellungen des Herrn T unterstützt hat.€

Aus den hier nicht streitgegenständlichen Vorgängen betreffend die X1 erschließt sich anschaulich, dass sich die Rolle der Frau B augenscheinlich nicht darauf beschränkte, die Handlungen des Tatbeteiligten T zuzulassen. Sie war an dem betrügerischen Handel mit Geschäftsanteilen aktiv beteiligt (so ausdrücklich Schriftsatz vom 13. August 2010, Seite 6, s.o.), indem sie treuhänderisch für Herrn T die Anteile an der X1 als Sacheinlage in die Schuldnerin eingebracht hat.

Wenn € was nach dem oben wiedergegebenen Ermittlungsergebnis nicht fernliegend ist € Frau B trotzdem die Machenschaften unbekannt geblieben waren, weil ihr Ehemann für sie auftrat, so hatte er dazu auch die Vollmacht (so wörtlich der Abschlussbericht:€die regelmäßige Vertretung seiner Ehefrau als Alleingesellschafterin der E€). Vor diesem Hintergrund kann der Kläger nicht ernsthaft vortragen, der Ehemann sei nicht bevollmächtigter Stellvertreter der Gesellschafterin (Schriftsatz vom 1. Februar 2013 Seile 2). Auch wenn € so der Kläger - der Beklagte zu 1) Gegenteiliges nicht behauptet, ist zu konstatieren, dass sich aus der Strafakte (welche der Kläger ausdrücklich in Bezug nimmt) das exakte Gegenteil dessen ergibt, was er vorträgt.

Soweit der Kläger auf den rechtlichen Hinweis vorträgt, Frau B sei nicht an den streitgegenständlichen Untreuehandlungen beteiligt gewesen, diese habe nichts davon gewusst, dass Anteile an der drehmomente. de GmbH zu Kaufpreisen erworben werden sollten, die dem tatsächlichen Unternehmenswert dieser Zielgesellschaft nicht entsprochen hätten und habe keine Vorstellung davon gehabt, dass der Zeuge H Anlegerkapital in dem Bewusstsein eingeworben hat, dieses bei Fälligkeit nicht zurückzahlen zu können (Schriftsatz vom 1. Februar 2013 Seile 2 ff.), setzt sich der Kläger in diametralen Widerspruch zu der Aussage, Frau B sei selbst Beteiligte der Veruntreuung. Denknotwendig kann Frau B nur dann €Beteiligte der Veruntreuung€ gewesen sein, wenn ihr die Überhöhung des Kaufpreises bekannt war. War ihr diese bekannt, war ihr auch der Grund der Überhöhung bekannt.

Der Wechsel des Vortrags hätte eingehender Begründung bedurft. Auch wenn der Insolvenzverwalter gerade in Fällen mit kriminellem Hintergrund häufig gezwungen ist, auf dünner Tatsachengrundlage zu argumentieren, ist es ihm nicht freigestellt Sachvortrag auszutauschen, je nachdem welche rechtlichen Hinweise erteilt werden. Das Geschehen im Zusammenhang mit der Schuldnerin ist ergiebig ausermittelt; die Strafakte umfasst Dutzende von Bänden. Es muss von dem Kläger als Insolvenzverwalter erwartet werden, dass er aus diesem Ermittlungsergebnis einen Sachvortrag ableitet, der in sich konsequent ist und mit der Strafakte, auf die er Bezug nimmt, in Einklang steht. Diesen Anforderungen genügt der Kläger nicht: Es mag durchaus sein, dass Frau B €von nichts gewusst€ hat, weil ihr Ehemann für sie aufgetreten ist. Die vom Kläger offenbar verfolgte Alternative, Frau B habe €von nichts gewusst€ und ihr Ehemann sei ohne/gegen ihren Willen als ihr Vertreter aufgetreten, ist eine bloß abstrakt-theoretische Überlegung, für die weder die Lebenserfahrung noch die Strafakte etwas hergibt. In Band 2 Bl. 551 heißt es in der Vernehmung H vom 26.09.2006:

€Herr N trat immer als Vertreter mit Vollmacht seiner Frau B auf. Diese war in das operative Geschäft nicht eingebunden. Auch bei den Hauptversammlungen hat immer Herr N für sie abgestimmt. Lediglich bei der Hauptversammlung 2004, als es um die Ablösung des alten Aufsichtsrates ging, war Frau B anwesend. Ich fasse es genauer: Frau B war bei der Aufsichtsratssitzung in Wien anwesend, da ging es noch nicht um die Auflösung des alten Aufsichtsrates.€

(vgl auch Schreiben von Rechtsanwalt L3 vom 12. Februar 2008, Band 6 Bl. 1571: Mein Mandant hat, wie bereits erwähnt, mit Frau B selbst während seiner Zeit als Aufsichtsratmitglied außer der Begegnung am 21.05.2004 in Wien (Frau B nahm an der Sitzung am 21.05.2004 in Wien als Gast teil, ohne allerdings selbst das Wort zu ergreifen) niemals gesprochen.)

War der Ehemann ihr Vertreter, so ist denkbar, dass der Ehemann diese Vollmacht missbraucht hat, was u. U. dazu führen würde, dass Frau B als Opfer der Machenschaften ihres Ehemanns anzusehen wäre. Für diese Sichtweise gibt weder der Klägervortrag noch, soweit ersichtlich, die Ermittlungsakte etwas her.

Vorstehende Überlegungen zeigen, dass das Ermittlungsergebnis in Bezug auf Frau B eine Vielzahl von Sachverhaltsalternativen zulässt. Da es sich um einen Zivilrechtsstreit und keinen Strafprozess handelt, ist es nicht Aufgabe der Kammer durch Befragung der Frau B und anderen Zeugen den Sachverhalt herauszuarbeiten, aus dem der Kläger verfolgten Anspruch herleiten kann.

c. Ansprüche aus § 826 BGB

Auch mit Hilfe dieser deliktsrechtlichen Generalklausel lässt sich nicht begründen, dass das Einverständnis der Alleinaktionärin gegenstandslos war. Die Sittenwidrigkeit muss sich gegen die Geschädigte, hier die Schuldnerin, richten (Palandt, BGB, 73. Aufl., § 826, RNr.12), weshalb es nicht ausreicht, dass sich das Verhalten gegenüber den betrogenen Anlegern bzw. der auf die Redlichkeit der Schuldnerin vertrauenden Allgemeinheit als sittenwidrig erscheinen mag. Von einer Sittenwidrigkeit gegenüber der Schuldnerin kann aber denklogisch nicht die Rede sein, da diese € wie ausgeführt € einen ausschließlich kriminellen Geschäftszweck hatte und das tatbestandsauschließende Einverständnis Teil des Tatplans war.

2. Ansprüche der Insolvenzgläubiger aus § 92 InsO

§ 92 InsO ist keine Anspruchsgrundlage; er regelt die Einziehung anderweitig begründeter Ersatzansprüche der Insolvenzgläubiger (Brandes/Gehrlein in Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, Band 2, 3. Auflage, InsO § 92 Gesamtschaden Randnummer 4). Solche hat der Kläger nicht geltend gemacht. Er hat die Klage ausdrücklich auf Ansprüche der Schuldnerin gestützt. Dies kann nicht mit der Verfolgung von Ansprüchen der Insolvenzgläubiger gleichgesetzt werden. Zwar ist der Insolvenzverwalter berechtigt, im eigenen Namen Ansprüche der Schuldnerin wie der Insolvenzgläubiger einzuklagen (§§ 80, 92 InsO). Das ändert jedoch nichts daran, dass es sich originär um Rechtspositionen verschiedener Rechtssubjekte (Schuldner/Gläubiger) handelt. Demgemäß ist es dem Gericht versagt, unter Anwendung des Grundsatzes der richterlichen Rechtsanwendung (da mihi factum, dabo tibi ius) dem Kläger den eingeklagten Betrag als Ersatzanspruch der Insolvenzgläubiger zuzusprechen, obwohl er ausdrücklich (nur) als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin auftritt (vgl. Rubrum). Auf Ersatzansprüche der Insolvenzgläubiger wäre demgemäß nur einzugehen, wenn der Kläger unmissverständlich klargestellt hätte, dass er (auch) von seinem Einziehungsrecht aus § 92 InsO Gebrauch machen will. Das ist trotz Hinweises nicht geschehen.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs.1, 709 ZPO.

Streitwert: 3 Mio. €.






LG Düsseldorf:
Urteil v. 20.01.2014
Az: 1 O 189/09


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