Bundespatentgericht:
Beschluss vom 8. Februar 2001
Aktenzeichen: 17 W (pat) 3/00

(BPatG: Beschluss v. 08.02.2001, Az.: 17 W (pat) 3/00)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in dieser Entscheidung eine Patentanmeldung für ein Verfahren zur Planung und Durchführung von Versuchen abgelehnt. Die Anmelderin hatte die Anmeldung auf Basis von zwei Patentansprüchen vorgenommen, wobei der erste Anspruch ein Verfahren auf Basis selbstorganisierender Karten und der zweite Anspruch ein Verfahren auf Basis radialer Basisfunktionen vorsieht. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass beide Verfahren keine technischen Charakter aufweisen und somit nicht patentfähig sind. Es handelt sich bei beiden Verfahren um mathematische Methoden, die keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Gestalt eines Produktes haben. Daher können sie nicht durch ein Patent geschützt werden. Das Gericht wies die Beschwerde der Anmelderin gegen die Ablehnung der Patentanmeldung durch das Deutsche Patentamt zurück. Es sah keine Notwendigkeit, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, da keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorlag.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 08.02.2001, Az: 17 W (pat) 3/00


Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die vorliegende Patentanmeldung ist beim Deutschen Patentamt unter der Bezeichnung:

"Verfahren zur Planung und Durchführung von Versuchen"

angemeldet worden.

Sie wurde von der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patent- und Markenamts im Beschluß vom 12. November 1999 mit der Begründung zurückgewiesen, daß dem Verfahren nach dem Patentanspruch 1 der technische Charakter fehle.

Die Anmelderin verfolgt die Anmeldung weiter auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentansprüche 1 bis 15.

Der Patentanspruch 1 lautet:

"Verfahren zur rechnergestützten Planung und Durchführung von Versuchen eines Versuchsprozesses im Vorfeld oder während einer Produktion von technischen oder chemischen Produkten, bei dema) in einem Datenverarbeitungssystem ausgewählte Versuchsparameterkombinationen aus vorausgegangenen Versuchen des Versuchsprozesses durch eine Daten-Erfassung, -Aufbereitung und -Speicherung für eine nachfolgende automatisierte Analyse zur Verfügung gestellt werden, b) mittels des Datenverarbeitungssystems die Daten durch eine neuronale Analyse auf der Grundlage der Verfahren selbstorganisierender Karten, sogenannter SOM, in Beziehung zueinander ausgewertet werden, wobei eine nichtlineare Projektion der Daten auf die Neuronen und die zugehörigen Gewichtsvektoren einer mehrdimensionalen SOM erfolgt, indem diese Projektion basierend auf einer Ermittlung von Gewinnerraten der Neuronen der SOM mittels eines winnertakesmost Algorithmus erfolgt, und basierend auf den ermittelten Gewinnerraten schon durchgeführte Versuche jeweils als Farbwert, Grauwert oder Höhenwert auf der SOM dargestellt werden, undc) mittels des Datenverarbeitungssystems auf Grundlage der Gewinnerraten von Neuronen potentielle Versuche, die maximalen Informationsgewinn erwarten lassen, als Bereiche zwischen hohen Gewinnerraten (den Stützstellen) liegende Bereiche mit niedrigen Gewinnerraten identifiziert werden, und durch Rücktransformation jeweils der zu einem Neuron aus einem SOM-Bereich mit niedriger Gewinnerrate gehörende Gewichtsvektor bestimmt, und in die physikalischen Versuchsparameter für neue Versuche umgerechnet, visualisiert und/oder an den Versuchsprozeß ausgegeben werden."

Der nebengeordnete Patentanspruch 11 lautet:

"Verfahren zur rechnergestützten Planung und Durchführung von Versuchen eines Versuchsprozesses im Vorfeld oder während einer Produktion von technischen oder chemischen Produkten, bei dema) in einem Datenverarbeitungssystem ausgewählte Versuchsparameterkombinationen aus vorausgegangenen Versuchen des Versuchsprozesses durch eine Daten-Erfassung, -Aufbereitung und -Speicherung für eine nachfolgende automatisierte Analyse zur Verfügung gestellt werden, mittels des Datenverarbeitungssystems die zugrundeliegenden Zusammenhänge aller für einen Versuch relevanten Größen durch eine neuronale Modellierung auf Grundlage Radialer-Basis-Funktionen in Beziehung zueinander gebracht und visualisiert werden, indem ein Security-RBF-Netzwerk verwendet wird, das zusätzlich zum Modellwert die Sicherheit der Aussage angibt, indem die Aktivierungsantwort der Hidden-Neuronen ausgewertet wird".

Wegen der übrigen Patentansprüche wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Die Anmelderin trägt vor, daß mit der Anmeldung ein Verfahren zur Planung von Versuchen vorgeschlagen werde, das universell anwendbar sei, bspw zur Qualitätsbeurteilung bei der Papierherstellung, bei chemischen Prozessen oder auch zur Analyse von Infektionswegen für die Tierkrankheit BSE. Nach dem Patentanspruch 1 würden die Ergebnisse von vorausgegangenen Versuchen analysiert, auf einfache Art Lücken im Versuchsraum sichtbar gemacht und Parameter für neue Versuche gefunden. Mit diesen neuen Parametern könnten dann erfolgversprechende weitere Versuche durchgeführt werden.

Nach dem Patentanspruch 1 erfolge eine Darstellung des Versuchsraums durch eine neuronale Analyse mit selbstorganisierenden Karten, sog. SOM nach Kohonen, während nach dem Patentanspruch 11 die neuronale Modellierung und Visualisierung auf der Grundlage Radialer-Basis-Funktionen erfolge, wobei zusätzlich ein Security-RBF-Netzwerk zur Absicherung der Aussagen verwendet werde.

Den Verfahren nach diesen Ansprüchen sei technischer Charakter zuzugestehen, denn es werde eine technische Zielsetzung verfolgt, nämlich eine zielgerichtete Versuchsplanung, bei der ein Rechner zur Durchführung der Verfahren eingesetzt werde. Auch nach der neueren Rechtsprechung des BGH in "Logikverifikation" komme den beanspruchten Verfahren technischer Charakter zu, weil sie einen Zwischenschritt in einem Prozeß beträfen, der mit der Herstellung von konkreten Produkten ende.

Die Anmelderin stellt den Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche 1 bis 15, überreicht in der mündlichen Verhandlung, ursprünglich eingereichte Beschreibung Seiten 1 bis 27 sowie Einfügung zu Seite 4, eingegangen am 17. November 1998, sowie ursprünglich eingereichte 5 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 bis 9, und regt an, die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

II.

Die in rechter Frist und Form erhobene Beschwerde ist zulässig; sie ist jedoch nicht begründet, da der Gegenstand des nachgesuchten Patents mangels technischen Charakters gemäß § 1 PatG nicht als patentfähige Erfindung anzusehen ist.

1. Zum Patentanspruch 1 1.1 Die Anmelderin führt aus, daß es üblich sei, im Vorfeld der Produktion eines technischen oder chemischen Produkts Versuche durchzuführen, um eine Aussage über zu erwartende Produkteigenschaften zu erhalten und eine gewünschte Produkteigenschaft gezielt verbessern zu können. Zur Vorhersage von Produkteigenschaften seien verschiedene mathematische Modelle bekannt, mit denen näherungsweise ein Zusammenhang zwischen den Einflußgrößen und einer oder mehreren gewünschten Zielgrößen eines Produkts hergestellt werden könne. So sei die Verwendung von Regressionsverfahren oder die Varianz- oder Diskriminanzanalyse zur Beschreibung des Zusammenhangs zwischen den Einflußgrößen und der gewünschten Zielgröße eines Produkts bekannt. Diese bekannten mathematischen Methoden würden aber versagen, wenn zwischen den Einflußgrößen und den Zielgrößen ein beliebiger, nichtlinearer Zusammenhang bestehe und eine Wechselwirkung der Einflußgrößen untereinander auftrete.

Hier schaffe das im Patentanspruch 1 angegebene Verfahren Abhilfe. Das dort vorgeschlagene Verfahren zur Versuchsplanung erlaube eine gleichzeitige und zusammenhängende Anzeige und Bewertung aller relevanten Einfluß- und Zielgrößen eines konstruktiven, technischen oder chemischen Prozesses. Damit sei es auch möglich, die Kombinationen von Einflußgrößen zu ermitteln, die für weitere Versuche den größten Informationsgewinn erbrächten.

Die Ausführungen der Anmelderin zu der von ihr aufgegriffenen Problemstellung und zu den Vorteilen der von ihr angegebenen Lösung sind nach Auffassung des Senats zutreffend.

1.2 Zur Lösung der aufgezeigten Problemstellung lehrt der Anspruch 1 zunächst die Erfassung und Speicherung von Versuchsparameterkombinationen (Einfluß-Größen und Zielgrößen) von vorausgegangenen Versuchen (vgl Merkmal a).

Diese Versuchsparameterkombinationen werden nach Merkmal b) durch eine neuronale Analyse nach der Methode der selbstorganisierenden Karten (SOM) nach Kohonen in Beziehung zueinander ausgewertet.

Dieses Merkmal besagt nichts anderes, als daß die erfaßten Versuchsparameterkombinationen einer mathematischen Abbildung mit bestimmten Eigenschaften unterzogen werden.

Die besonderen Eigenschaften dieser Abbildung sind bspw in dem Aufsatz "Engineering Applications of the Self-Organizing Map" von Teuvo Kohonen ua, veröffentlicht in den Proceedings of the IEEE, Vol 84, Nr. 10, Oktober 1996, S 1358-1383, insb Abstrakt, erläutert. Die selbstorganisierende Karte bewirkt danach eine Abbildung, mit der komplexe, nichtlineare Beziehungen zwischen hochdimensionalen Eingangsdaten in anschaulicher niederdimensionaler Form (zB auf einer zweidimensionalen Karte) dargestellt werden können. Dabei bleiben bei dieser Abbildung - im Unterschied zu den in der Beschreibungseinleitung erwähnten anderen Abbildungsverfahren - die wichtigsten topologischen und metrischen Zusammenhänge zwischen den Eingangsdaten erhalten, so daß aus der Abbildung auf die Eingangsdaten geschlossen werden kann.

Soweit sich die Einzelheiten der Erzeugung oder Anwendung einer solchen selbstorganisierenden Karte nicht in allen Details aus dem Anspruch ergeben, können sie bspw dem Buch "Simulation Neuronaler Netze" von A. Zell, Addison-Wesley Publishing Company, 1994, S 179-187 entnommen werden. Zur Erzeugung einer selbstorganisierenden Karte ist, wie in Merkmal b) angedeutet, zunächst ein Lernverfahren erforderlich, bei dem die Gewichte der einzelnen Neuronen (Koordinaten) der Karte eingestellt werden, wozu nach Kohonen eine Nachbarschaftsfunktion benutzt wird, bei der nicht nur das Gewinnerneuron, sondern auch die benachbarten Neuronen gewinnen, dh bei dem ein "winner takes most" Algorithmus verwendet wird (vgl Abschnitt 15.2 aaO).

Erst nach diesem Lernschritt kann die Karte zur Abbildung der erfaßten Versuchsparameterkombinationen benutzt werden, wobei jeweils eine bestimmte Kombination ein Neuron ansprechen läßt. Die Häufigkeit des Ansprechens eines Neurons (Gewinnerrate) soll auf der Karte als bestimmter Farbwert, Grauwert oder Höhenwert dargestellt werden.

Merkmal c) befaßt sich mit der Interpretation der derart gewonnenen Abbildung der Versuchsparameterkombinationen auf der Karte. Die Abbildung wird in der Weise interpretiert, daß die Neuronen der Karte, die bisher nicht oder nur in geringem Maße von den bisher erfaßten Versuchsparameterkombinationen angesprochen wurden, als Bereiche identifiziert werden, in denen weitere Versuche am erfolgversprechendsten sind. Die Parameterkombinationen für einen neuen Versuch sollen dabei aus den Gewichtsvektoren der Neuronen berechnet werden.

1.3 Das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 ist nicht technisch, sondern eine mathematische Methode als solche und daher nach § 1 Abs 2 u 3 PatG nicht als Erfindung anzusehen.

1.3.1 Insgesamt gesehen, lehrt der Patentanspruch 1, die bisher bei Versuchen aufgetretenen Parameterkombinationen einer mathematischen Abbildung zu unterziehen, die geeignet ist, Kombinationen erkennen zu lassen, die bisher nicht aufgetreten sind und mit diesen weitere Versuche zu unternehmen.

Mit der Lösung des Problems, ein Verfahren (dh eine mathematische Abbildung) zu finden, das eine gleichzeitige und zusammenhängende Bewertung und Anzeige (Abbildung) von Versuchsparameterkombinationen ermöglicht und das auch Rückschlüsse von der Abbildung auf die Eingangsdaten zuläßt, wird nicht ein Techniker betraut, der sich mit dem Entwurf oder der Verbesserung von technischen oder chemischen Produkten befaßt, sondern ein Wissenschaftler, insb. ein Mathematiker, dem die spezifischen Eigenschaften von verschiedenen mathematischen Abbildungsverfahren bekannt sind.

Dieser ist der Fachmann dafür, zu dem genannten Zweck entweder unter den bekannten und in der Beschreibungseinleitung erwähnten mathematischen Abbildungsverfahren eines auszuwählen oder ein neues zu finden, das die gewünschten Eigenschaften hat, nämlich hochdimensionale Eingangsdaten, die in einem nichtlinearen Zusammenhang stehen, niederdimensional abzubilden, wobei die topologischen und metrischen Zusammenhänge im wesentlichen erhalten bleiben und die erzeugte Abbildung eine Rücktransformation auf die Eingangsdaten zuläßt.

Um zu dem Verfahren nach dem Patentanspruch 1 zu gelangen, war sonach eine profunde Kenntnis der Eigenschaften von mathematischen Abbildungen erforderlich. Technische Überlegungen, dh Überlegungen, die auf eine konkrete Anwendung gerichtet sind, sind bei diesem Verfahren nicht notwendig. Das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 beruht sonach nicht auf einer technischen Leistung, sondern auf einer mathematischen Methode.

1.3.2 Danach wird mit dem beanspruchten Verfahren weder - im Sinne der bisherigen Technikdefinition des BGH (vgl. zB BlPMZ 1991, 345, 347 - Seitenpuffer; Busse PatG, 5. Aufl., § 1 Rdn 23 mwN) - ein unter unmittelbarem Einsatz beherrschbarer Naturkräfte kausal übersehbarer Erfolg erzielt noch ergibt sich der technische Charakter aus der modifizierten Technikdefinition im Sinne der BGH-Entscheidung "Logikverifikation" (BlPMZ 2000, 273). So bringt dieses Verfahren keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Gestalt eines Produktes hervor. Es erzeugt aus den erfaßten Versuchsparameterkombinationen lediglich eine Darstellung, auf der die Bereiche identifiziert werden können, die von den eingegebenen Kombinationen noch nicht abgedeckt sind und liefert die dazugehörigen Versuchsparameter. Mit diesen können dann neue Versuche durchgeführt werden. Ob und zu welcher konkreten Verbesserung diese Versuche führen, ist dabei völlig offen. In dieser Weise gesamtheitlich betrachtet, bringt das beanspruchte Verfahren keinen kausal übersehbaren Erfolg zuwege.

In der Entscheidung "Logikverifikation" hat der BGH sinngemäß ausgeführt, daß ein Lösungsvorschlag, der einen Zwischenschritt in einem Prozeß betreffe, der mit der Herstellung eines Chips (bzw eines konkreten Produkts) ende, dann nicht vom Patentschutz ausgeschlossen sei, wenn er "die Möglichkeit der Fertigung tauglicher Erzeugnisse anderweitig durch auf technischen Überlegungen beruhende Erkenntnisse voranzubringen versucht" (vgl Leitsatz 2 u. S 275, aaO). Wie oben ausgeführt, führen zu der Lehre nach dem Patentanspruch 1 jedoch keine technischen Überlegungen, sondern mathematische Erkenntnisse; der insoweit maßgebliche Fachmann ist ein Wissenschaftler, insb. ein Mathematiker, so daß es vorliegend an einer auf technischen Überlegungen beruhenden Erkenntnis mangelt. Zudem betrifft das beanspruchte Verfahren keinen Zwischenschritt in einem Herstellungsprozeß, endet also nicht mit der Herstellung eines konkreten Produkts, sondern betrifft im weitesten Sinn nur ein Konzept, das durch Versuche verbessert werden soll.

Auch eine Betrachtung des beanspruchten Verfahrens in einem engeren Sinne, nämlich als Verfahren, dessen sich der Fachmann zur Berechnung neuer Versuchsparameter unter Zuhilfenahme eines Rechners bedient, vermag die Auffassung nicht zu stützen, daß dem Verfahren technischer Charakter zukommt. Denn dieses Verfahren besteht letztlich darin, eine bestimmte Folge von mathematischen Operationen auszuführen, wie sie oben erläutert sind. Auch wenn dieses Verfahren rechnergestützt ausgeführt wird, so ändert sich doch nichts daran, daß es ein mathematisches Verfahren ist, dessen Größen erst durch die Interpretation einer menschlichen Bedienperson den einen oder anderen Bedeutungsinhalt zugewiesen bekommen.

Ein Schutz für das in einem solchen Sinne verstandene Verfahren würde darauf hinauslaufen, ein für sich anwendungsneutrales mathematisches Abbildungs- oder Berechnungsverfahren jedenfalls beim Ablauf auf einem Rechner generell unter Schutz zu stellen, gleichgültig, welche Bedeutungsinhalte eines beliebigen technischen oder chemischen (oder andersartigen) Versuchs zugrunde gelegt werden. Eine solche auch von der Anmelderin herausgestellte universelle Anwendbarkeit kennzeichnet jedoch gerade abstrakte wissenschaftliche oder mathematische Verfahren.

Auf die Frage, ob der Anwendung des für sich bekannten mathematischen Verfahrens zur Planung von Versuchen erfinderische Tätigkeit zukommt, brauchte bei dieser Sachlage nicht eingegangen zu werden.

Der Patentanspruch 1 ist sonach nicht gewährbar.

2. Zum Patentanspruch 11:

Nach dem im nebengeordneten Anspruch 11 angegebenen Verfahren werden zunächst ebenfalls die Versuchsparameterkombinationen von vorausgegangenen Versuchen erfaßt und gespeichert.

Gemäß Merkmal b) werden die erfaßten Versuchsparameterkombinationen im Unterschied zum Anspruch 1 jedoch nicht einer neuronalen Analyse nach der Methode der selbstorganisierenden Karten unterzogen, sondern ein neuronales Modell auf der Grundlage Radialer-Basis-Funktionen (RBF-Netz) verwendet. Einzelheiten dieser neuronalen Analyse sind bspw beschrieben in dem Aufsatz "Einsatz von Neuronalen Netzen zur technischen Diagnose" von M. Lattasch ua in "atp Automatisierungstechnische Praxis" Heft 8, 1997, S 53-60. Auch diese neuronale Analyse liefert eine nichtlineare mathematische Transformation (Abbildung) eines Eingangsraumes auf einen Abbildungsraum, in dem sie "visualisiert" wird. Nach dem Merkmal b) wird dabei auch noch das mathematische Modell des Security-RBF-Netzwerks verwendet, das zu der eigentlichen Abbildung noch eine Aussage über die Sicherheit der Abbildung liefert.

Über die weitere Verwendung der so erzeugten mathematischen Abbildung enthält der Anspruch 11 keine Angaben. Auch wenn zu Gunsten der Anmelderin unterstellt wird, daß die erzeugte Abbildung zur Planung und Durchführung von neuen Versuchen verwendet wird, so ergibt sich keine andere Wertung als die des Verfahrens nach dem Patentanspruch 1.

Das Verfahren nach dem Patentanspruch 11 ist daher ebenfalls nicht technisch, sondern eine mathematische Methode als solche und daher nach § 1 Abs 2 u 3 PatG nicht als Erfindung anzusehen.

Die Beschwerde der Anmelderin gegen den Zurückweisungsbeschluß der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patent- und Markenamts war daher zurückzuweisen.

3. Für die von der Anmelderin angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde sieht der Senat keine Veranlassung, da die Zulassungsgründe des § 100 Abs 2 PatG nicht vorliegen, insbesondere war im vorliegenden Fall keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden. Denn der technische Charakter ist im vorliegenden Fall unter Würdigung der neueren Rechtsprechung des BGH ("Logikverifikation") beurteilt worden, wobei die Frage, ob vorliegend eine auf technischen Überlegungen beruhende Erkenntnis vorliegt, auf einer dem Gebiet des Tatsächlichen zuzurechnenden Wertung beruhte.

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BPatG:
Beschluss v. 08.02.2001
Az: 17 W (pat) 3/00


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