Bundespatentgericht:
Beschluss vom 1. März 2000
Aktenzeichen: 28 W (pat) 141/99

(BPatG: Beschluss v. 01.03.2000, Az.: 28 W (pat) 141/99)

Tenor

Auf die Beschwerde werden die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamtes - Markenstelle für Klasse 4 - vom 4. Mai 1998 und vom 1. Juli 1999 aufgehoben.

Gründe

I.

Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist das Wort-Bild-Zeichensiehe Abb. 1 am Endefür die Waren

"Generator- bzw Erzeugergas; flüssige und gasförmige Brennstoffe; Öle und Schmiermittel"

und die Dienstleistungen

"Versorgung, Verteilung, Transport und Lagerung von Gasen; Vermietung von Tanks, Flaschen und Containern für den Transport und die Versorgung sowie Lagerung von Gasen; Vermietung von Fahrzeugen für den Transport von Gasen".

Die Markenstelle für Klasse 4 hat die Anmeldung zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, daß "In Salah" der Name einer algerischen Oasenstadt im Zentrum der Sahara sei. Für die Bekanntheit des Ortsnamens spreche, daß er in deutsche Nachschlagewerke aufgenommen sei. Algerien sei einer der bedeutendsten Erdgasexporteure der Welt und trage mit einem Anteil von 8 % zum Weltgashandel bei. Das Gas komme per Pipeline und Tanker nach Europa. Die Marke sei freihaltebedürftig, da es den Wettbewerbern freistehen müsse, die geographische Bezeichnung der zu den Gasfeldern nächstgelegenen Stadt im geschäftlichen Verkehr zu verwenden. Im übrigen sei die Marke auch in üblicher Weise, wie etwa "Nordseegas" gebildet. Die graphische Gestaltung sei nicht so eigenartig und phantasievoll, um allein als Unternehmenshinweis zu dienen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie weist darauf hin, daß das angemeldete Zeichen nicht ausschließlich aus Angaben bestehe, die zur Bezeichnung einer geographischen Herkunftsangabe dienen könnten, sondern zusätzlich ein graphisches Element enthalte, das sich nicht in einer einfachen geometrischen Form erschöpfe, zusätzlich interpretationsfähig in Richtung "Schirm", "Sichel" oder auch "Sanddüne" sei und letztlich sogar eine integrierende Wirkung auf die Wortfolge habe. Von einem Freihaltebedürfnis oder davon, daß dem angemeldeten Zeichen jegliche Unterscheidungskraft fehle, könne keine Rede sein.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Das angemeldete Zeichen ist für die beanspruchten Waren weder unter dem Gesichtspunkt eines Freihaltebedürfnisses noch wegen fehlender Unterscheidungskraft von der Eintragung ausgeschlossen.

Das angemeldete Zeichen besteht nicht ausschließlich aus der Bezeichnung der geographischen Herkunft (§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG). Zwar handelt es sich nach den (mit der Anmelderin in der mündlichen Verhandlung erörterten) Feststellungen des Senats bei dem Wort "In Salah" um eine algerische Oasenstadt in der zentralen Sahara mit rund 18.800 Einwohner, in deren Umland 1997 bedeutende Erdgasfelder entdeckt worden sind, die in Medienberichten herkunftsmäßig mit "In Salah Fields" bezeichnet werden. Ferner muß davon ausgegangen werden, daß den angesprochenen Verkehrskreisen (hier: Erdgasimporteure) diese Herkunftsangabe bekannt ist als Hinweis auf neue große Erdgasvorkommen. Daß vor diesem Hintergrund sowohl die Orts- wie auch die Produktangabe hochgradig freihaltebedürftig sind, wird auch von der Anmelderin nicht in Abrede gestellt. Allerdings wird eine solche, allein am Wortlaut orientierte Betrachtungsweise weder der Marke in ihrer Gesamtheit noch dem Gesetzeswortlaut gerecht, da der graphische Bestandteil nicht vernachlässigt werden darf. Hierbei handelt es sich um einen speziell gestalteten, sichelförmigen Bogen, der sich von der Mitte des ersten Wortbestandteils bis zur Mitte des letzten Wortbestandteils der Marke erstreckt und verschiedenste gedankliche Assoziationen und Interpretationen erlaubt (z.B. Schirm, Mondsichel, Sanddüne in der Wüste, Gasblase). Damit kommt dem graphischen Element aber eine gewisse kennzeichnende Eigenständigkeit zu, zumal es den bildlichen Eindruck einer Klammer um die Wortbestandteile der Marke vermittelt. Da dem Bildelement jeglicher Sachbezug zu den beanspruchten Waren und Dienstleistungen fehlt, kann für die Marke als Ganzes nicht mehr von einem Freihaltebedürfnis ausgegangen werden, da insoweit die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG ("ausschließlich") nicht erfüllt sind.

Bei dieser Sachlage fehlt dem angemeldeten Zeichen auch nicht jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG). Den insoweit auch im Hinblick auf den Eintragungsanspruch nach § 33 MarkenG, zu erfüllenden geringen Anforderungen genügt die Marke durch ihren Bildbestandteil, da diesem, wie ausgeführt, kein für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann und es sich auch nicht um einfachste und übliche Werbegraphik handelt. Demzufolge läßt sich nicht mehr mit Sicherheit sagen, daß dem angemeldeten Zeichen zumindest in seinen Gesamtheit und mit dem allein darauf gerichteten Schutzumfang jegliche Eignung betriebskennzeichnend zu wirken, abgesprochen werden kann, so daß der angefochtene Beschluß aufzuheben war.

Stoppel Richterin Martens hat Urlaub und kann daher nicht selbst unterschreiben Stoppel Sekretaruk Mü/prö

Abb. 1 http://agora/bpatg2/docs/28W(pat)141-99.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 01.03.2000
Az: 28 W (pat) 141/99


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