Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. April 2001
Aktenzeichen: 10 W (pat) 711/00

(BPatG: Beschluss v. 23.04.2001, Az.: 10 W (pat) 711/00)

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Musterregister - vom 10. Mai 2000 wird zurückgewiesen.

Dem Antragsteller werden die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt.

Gründe

I.

Beim Deutschen Patentamt ist am 18. August 1994 Musterschutz für eine Sammelanmeldung mit der Bezeichnung "Poller" beantragt worden, deren Eintragung am 15. November 1994 bekanntgemacht worden ist.

Nachdem die Musterinhaberin und Antragsgegnerin am 30. September 1999 beim Patentamt beantragt hatte, im Fall des Eingangs eines Umschreibungsantrags des Antragstellers von der Umschreibung abzusehen, ging am 4. Oktober 1999 unter Zahlung der tarifmäßigen Gebühr der Antrag des Antragstellers auf Umschreibung des Geschmacksmusters ein. Zur Glaubhaftmachung der Übertragung reichte der Antragsteller die Kopie einer notariell beglaubigten Urkunde mit der - nicht datierten - Übertragungserklärung der Antragsgegnerin und der Annahmeerklärung des Antragstellers vom 28. Juni 1999 ein. Beide Erklärungen sind jeweils mit dem Antrag auf Umschreibung verbunden.

Die Antragsgegnerin machte geltend, die Übertragung des Musters auf den Antragsteller beruhe auf einem Vertriebslizenzvertrag vom 1. April 1998, in dem sie sich als Lizenznehmerin des Antragstellers verpflichtet habe, diesem bis 1. Januar 2000 alle Schutzrechte zu übertragen bzw rückzuübertragen. Der Vertrag sei wegen zahlreicher Verstöße gegen kartellrechtliche Bestimmungen insgesamt nichtig mit der Folge, daß auch die Übertragung ohne Rechtsgrund erfolgt sei.

Durch Beschluß vom 10. Mai 2000 wies das Musterregister des Deutschen Patent- und Markenamts den Umschreibungsantrag gemäß § 8 GeschmMG iVm § 5 Abs. 1 und 2 MusterRegV zurück. Zur Begründung führte es aus, daß die Antragsgegnerin bereits vor dem Eingang des Umschreibungsantrags des Antragstellers ihre Einwilligung in die Umschreibung widerrufen habe. Damit fehle es an einer formellen Voraussetzung für die Umschreibung, denn das Patentamt sei nicht befugt, ein Schutzrecht bei erheblichen Zweifeln an der materiellrechtlichen Inhaberschaft des Rechtsnachfolgers auf diesen umzuschreiben und ihm durch die Registeränderung eine formelle Legitimation zu verschaffen, die ihm möglicherweise nicht zustehe. Die Einwilligung in die Umschreibung könne in diesem Fall nur im Klagewege erreicht werden.

Mit der hiergegen erhobenen Beschwerde macht der Antragsteller geltend, die von ihm vorgelegte notarielle beglaubigte Urkunde lasse keinen Zweifel an der Wirksamkeit der Übertragungserklärung der Antragsgegnerin und der von ihm abgegebenen Annahmeerklärung zu. Die Antragsgegnerin habe die Übertragung auch niemals bestritten, so daß dem Patentamt keinerlei Ermessenspielraum bei der Würdigung des Nachweises des Rechtsübergangs bleibe. Die Antragsgegnerin habe die dem Antragsteller bereits zugegangene Umschreibungsbewilligung auch nicht widerrufen können. Schließlich werde die Wirksamkeit der Übertragung des Geschmacksmusters auch nicht durch die angebliche Nichtigkeit des Lizenzvertrags berührt, denn Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft seien voneinander unabhängig. Schwierige Fragen, die das Musterregister nicht abschließend beurteilen könne, lägen daher nicht vor.

Der Antragsteller beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und den Umschreibungsantrag zu vollziehen.

Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Beschluß für zutreffend und macht sich im wesentlichen dessen Begründung zu eigen. Ergänzend trägt sie vor, daß der Antragsteller bereits am 28. März 2000 beim Landgericht Düsseldorf Klage auf Feststellung der Inhaberschaft an dem Geschmacksmuster erhoben habe. Gegen das der Klage stattgebende Urteil vom 8. Februar 2001 habe sie Berufung eingelegt. Schon zur Vermeidung widersprüchlicher Entscheidungen sei es geboten, entweder den Umschreibungsantrag zurückzuweisen oder zumindest das Beschwerdeverfahren auszusetzen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Musterregister hat den Umschreibungsantrag zu Recht zurückgewiesen.

1. Nach § 8 Abs. 1 GeschmMG iVm § 5 Abs. 2 wird eine Änderung in der Person des Anmelders oder Inhabers eines Musters auf Antrag in das Musterregister eingetragen. Dem Antrag sind schriftliche Nachweise des Rechtsübergangs beizufügen. Nach den für die Umschreibung von Schutzrechten und Schutzrechtsanmeldungen geltenden Richtlinien (BlPMZ 1996, 426 ff) erfolgt der Nachweis des Inhaberwechsels im Falle der rechtsgeschäftlichen Übertragung des Musters durch Verfahrenserklärungen (Umschreibungsantrag/Umschreibungsbewilligung) des eingetragenen Inhabers und seines Rechtsnachfolgers oder durch sonstige Unterlagen, aus denen sich die Übertragung ergibt, zB Vertragsurkunden (vgl BlPMZ aaO, S 427, 428, Richtlinien Lfd. Nr. 1.4 iVm Ziff 1.1.1 und 1.1.2). In dem auf die Erledigung einer Vielzahl von Fällen ausgerichteten registerrechtlichen Umschreibungsverfahren beschränkt sich das Patentamt grundsätzlich auf eine formale, summarische Prüfung der von den Beteiligten vorgelegten Nachweise, ohne über die materiellrechtliche Wirksamkeit der Übertragung abschließend zu entscheiden (vgl BGH GRUR 1969, 43 "Marpin"; BPatGE 41, 150, 152). Bei berechtigten Zweifeln an der Rechtswirksamkeit der Übertragung des Schutzrechts hat das Patentamt die Umschreibung allerdings zu versagen. Im Interesse sowohl des eingetragenen Schutzrechtsinhabers als auch der Allgemeinheit, die auf Rechtsbeständigkeit von Eintragungen in einem öffentlichen Register wie dem Musterregister vertraut, unterliegt das Patentamt keinem Umschreibungszwang. Begegnet die materielle Rechtsinhaberschaft des Antragstellers von vorneherein Bedenken, ist es nicht gerechtfertigt, dem eingetragenen Inhaber die mit der Registereintragung erworbene formelle Legitimation als Inhaber des Schutzrechts bzw als Urheber oder Berechtigter des Musters (vgl Nirk/Kurtze, GeschmMG, 1989, § 13 Rdn 1) durch den Vollzug der Umschreibung zu entziehen und ihn zur Wiedererlangung seiner tatsächlichen Rechtsposition auf den Zivilrechtsweg zu verweisen. Es ist vielmehr Sache des Antragstellers, die für die formale Prüfung einer wirksamen Rechtsübertragung ausreichenden Nachweise beizubringen. Gelingt ihm dies nicht, muß er seinerseits gegen den eingetragenen Inhaber auf Einwilligung in die Umschreibung klagen und dem Patentamt einen rechtskräftigen Titel gemäß § 894 ZPO vorlegen.

2. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Patentamt die Umschreibung zu Recht versagt.

a.) Der Antragsteller hat dem Patentamt zwar eine am 8. Juli 1999 notariell beglaubigte Urkunde vorgelegt, in der die Musterinhaberin und Antragsgegnerin erklärt, das Muster auf den Antragsteller zu übertragen, und der Antragsteller erklärt, die Übertragung anzunehmen. Beide Erklärungen sind jeweils mit dem Antrag auf Umschreibung im Musterregister verbunden. Die Antragsgegnerin hat das Patentamt jedoch bereits am 30. September 1999 und damit vor dem Eingang des Umschreibungsantrags am 4. Oktober 1999 gebeten, die Umschreibung nicht vorzunehmen, falls sie von dem Antragsteller beantragt würde. Mit dieser Erklärung hat die Antragsgegnerin ihren Umschreibungsantrag widerrufen. Der Auffassung des Antragstellers, der Umschreibungsantrag sei ihm zugegangen und habe von der Antragsgegnerin daher gemäß § 130 BGB nicht wirksam widerrufen werden können, vermag der Senat nicht zu folgen. Bei dem Umschreibungsantrag handelt es sich um eine verfahrensrechtliche Erklärung, die nicht an den Antragsteller, sondern an das Patentamt gerichtet ist und die Grundlage für die Vornahme der Umschreibung bildet. Dementsprechend ist auch der Widerruf oder die Rücknahme des Umschreibungsantrags dem Patentamt gegenüber zu erklären. Fehlt der Umschreibungsantrag oder die Umschreibungsbewilligung des eingetragenen Rechtsinhabers, besteht von Haus aus Anlaß zu Zweifeln an der Wirksamkeit der rechtsgeschäftlichen Übertragung des Schutzrechts (vgl Busse, PatG, 5. Aufl., § 30 Rdn 90 unter Hinweis auf RPA BlPMZ 1932, 116).

b.) An dieser Beurteilung ändert auch der von dem Antragsteller vorgelegte notariell beglaubigte Übertragungvertrag nichts, mit dem die Antragsgegnerin das Geschmacksmuster gemäß §§ 419, 398 BGB auf den Antragsteller übertragen hat. Ein urkundlich belegter Übertragungsvertrag stellt nach Umschreibungsrichtlinien (aaO, Nr. 1.1.2) zwar einen ausreichenden Nachweis für den Rechtsübergang des Schutzrechts dar. Für eine Prüfung des zugrundeliegenden Verpflichtungsgeschäfts besteht wegen des im Zivilrecht geltenden Abstraktionsprinzips, wonach das Verfügungsgeschäft in seiner rechtlichen Wirkung grundsätzlich unabhängig von dem schuldrechtlichen Grundgeschäft ist, im Umschreibungsverfahren grundsätzlich kein Anlaß. Eine Ausnahme gilt jedoch dann, wenn der eingetragene Rechtsinhaber substantiiert darlegt, daß für die Übertragung des Schutzrechts ein Rechtsgrund nicht besteht und dem Rechtsnachfolger daher kein Anspruch auf die Umschreibung zusteht. In diesem Fall können sich Zweifel an der Berechtigung der Umschreibung ergeben, weil der eingetragene Rechtsinhaber in dem Fall der Unwirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts einen Anspruch auf Rückübertragung des Schutzrechts haben kann oder weil sich möglicherweise die Unwirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts auf das Erfüllungsgeschäft erstreckt. Bei einem insoweit schlüssigen Vortrag ist es dem Patentamt nicht verwehrt, die Umschreibung zu versagen und der Antragsteller wegen der fehlenden Umschreibungsbewilligung des eingetragenen Rechtsinhabers auf den Klageweg zu verweisen.

Vorliegend hat die Antragsgegnerin ausführlich dargelegt, daß sie den Vertriebslizenzvertrag vom 1. April 1994, der sie gemäß Ziff 4.5. zur Übertragung bzw Rückübertragung des Musters und weiterer Schutzrechte auf den Antragsteller bis zum 1. Januar 2000 verpflichtet, wegen zahlreicher Verstöße gegen kartellrechtliche Bestimmungen - ungeachtet der salvatorischen Klausel der Ziff. 7.1. - gemäß § 139 BGB insgesamt für nichtig hält. Da sich nach §§ 20, 21 GWB die Nichtigkeit von Vertragsklauseln auch auf das Erfüllungsgeschäft erstreckt (vgl Immenga/Mestmäcker, GWB, 1992, § 20 Rdn 327), läßt der Vortrag der Antragsgegnerin bereits begründete Zweifel an der Wirksamkeit des Übertragungsvertrags aufkommen, unabhängig von etwaigen schuldrechtlichen Ansprüchen der Antragsgegnerin auf Rückübertragung des Geschmacksmusters.

Dies von dem Musterregister somit zu Recht angenommenen Zweifel finden im übrigen ihre Bestätigung durch die erst in dem Beschwerdeverfahren vorgetragene Tatsache eines zwischen den Beteiligten schon während des patentamtlichen Verfahrens anhängig gewordenen Rechtsstreits. Die beklagte Antragsgegnerin hat gegen das zwischenzeitlich ergangene Urteil des LG Düsseldorf vom 8. Februar 2001 (Az: 4 O 83/00), in dem sie ua auf Einwilligung in die Umschreibung des Geschmacksmusters verurteilt worden ist, Berufung eingelegt. Unter dieser Voraussetzung und unter Berücksichtigung der für die Formalprüfung maßgeblichen Registerlage hat das Patentamt den Umschreibungsantrag zu Recht zurückgewiesen.

III.

Für eine Aussetzung des Beschwerdeverfahrens nach § 148 ZPO - wie von der Antragsgegnerin hilfsweise beantragt - bestand kein Anlaß, weil die Entscheidung über die Beschwerde gegen die Zurückweisung des Umschreibungsantrags nicht von dem Ausgang des Zivilrechtsstreits abhängt. Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist ausschließlich die Prüfung, ob das Patentamt die Umschreibung des Geschmacksmusters bei der gebotenen registerrechtlichen Formalprüfung der vorgelegten Unterlagen zu Recht versagt hat. Die Feststellung der materiellrechtlichen Inhaberschaft an dem Schutzrecht erfolgt unabhängig davon in dem zivilgerichtlichen Verfahren. Aus der rechtlichen Zweigleisigkeit der beiden Verfahren folgt, daß es dem Patentamt zwar verwehrt ist, bei einer anhängigen Klage gegen den eingetragenen Rechtsinhaber auf Einwilligung in die Umschreibung dem Umschreibungsantrag im Vorgriff auf die Entscheidung des Zivilgerichts stattzugeben und sich damit möglicherweise im Widerspruch zu dem Ausgang des dortigen Verfahrens zu setzen. Umgekehrt ist es jedoch in der Regel berechtigt, den Umschreibungsantrag wegen begründeter Zweifel an der materiellen Berechtigung des Antragstellers zurückzuweisen. Auch die hiergegen gerichtete Beschwerde ist zurückzuweisen, wenn das Patentamt - wie vorliegend - nach den registerrechtlichen Grundsätzen zutreffend entschieden hat.

Durch die (rechtskräftige) Zurückweisung entsteht dem Antragsteller auch dann, wenn er in dem Zivilrechtsstreit obsiegt, kein Nachteil. Das Patentamt hat die Umschreibung in diesem Fall bei Vorlage einer vollstreckbaren Ausfertigung des rechtskräftigen Urteils auf Einwilligung in die Umschreibung (§ 894 ZPO) zu vollziehen. Es handelt sich dabei um eine Vollstreckungsmaßnahme und nicht um eine Umschreibung, die auf Antrag in dem Registerverfahren erfolgt. Das bedeutet, daß ein etwaiges noch anhängiges patentamtliches Umschreibungsverfahren oder ein patentgerichtliches Umschreibungs-Beschwerdeverfahren mit der Vollstreckung der Umschreibung in der Hauptsache gegenstandslos würde. Eine Aufhebung der angefochtenen Zurückweisung des Umschreibungsantrags und Anordnung der Umschreibung durch das Patentgericht ist damit ausgeschlossen. Verliert der Antragsteller den Zivilrechtsstreit, hat er ohnehin keinen Anspruch auf Umschreibung des Schutzrechts. Eine der Zurückweisung der Beschwerde entgegenstehende Vorgreiflichkeit der Entscheidung in dem Zivilrechtsstreit i.S. des § 148 ZPO liegt daher nicht vor.

IV.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der beschwerdeführende Antragsteller. Bei dem Umschreibungsverfahren handelt es sich um ein echtes, auf Antrag eines Beteiligten eingeleitetes Streitverfahren, in dem es der Billigkeit entspricht, in analoger Anwendung des § 91 ZPO dem Unterliegenden die Kosten aufzuerlegen (vgl BPatG GRUR 2001, 328). Eine andere Beurteilung ist vorliegend auch nach dem Billigkeitsgrundsatz des § 10a Abs. 1 GeschmMG iVm § 80 Abs. 1 PatG nicht gerechtfertigt, denn der Antragsteller hat die Beschwerde in einer aussichtslosen Situation eingelegt. Nach Erhebung der Klage hätte er wissen müssen, daß die Voraussetzungen für eine Umschreibung des Musters aufgrund einer registerrechtlichen Formalprüfung nicht gegeben sind und die Umschreibung daher nur in Vollzug der rechtskräftigen Verurteilung der Antragsgegnerin auf Einwilligung in die Umschreibung erfolgen kann.

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BPatG:
Beschluss v. 23.04.2001
Az: 10 W (pat) 711/00


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