Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. September 2002
Aktenzeichen: 32 W (pat) 39/02

(BPatG: Beschluss v. 25.09.2002, Az.: 32 W (pat) 39/02)

Tenor

Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 24. Oktober 2001 wird aufgehoben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen wurde.

Gründe

I.

Die Anmeldung der Wortmarke Fair Value Netwurde vom Deutschen Patent- und Markenamt teilweise und zwar hinsichtlich der Dienstleistungen Durchführung von Versteigerungen und Auktionen im Internet; Dienstleistungen im Internet, nämlich Veranstaltung von Tauschbörsen, Vermittlung von Verträgen über den Verkauf von Waren und deren Abrechnung (Online-Shopping) in Computer-Netzwerken und/oder mittels anderer Vertriebskanäle; Betrieb von elektronischen Märkten im Internet durch Online-Vermittlung von Verträgen sowohl über die Anschaffung von Waren als auch über die Erbringung von Dienstleistungen; Vermittlung und Abschluss von Handelsgeschäften im Rahmen eines elektronischen Kaufhauses; Finanzdienstleistungen; Immobilienvermittlung; Wertpapierhandel; Bereitstellen von Informationen zum Wertpapierhandel; Entwicklung von Franchisekonzepten für die Vermittlung von finanziellem Know how; Telekommunikation; Such- und Vermittlungsdienste, nämlich Suchen und Auffinden von Informationen in einem Daten-Netzwerk, insbesondere dem Internetwegen fehlender Unterscheidungskraft der Marke zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass sich - je nach beanspruchter Dienstleistung - die Marke lediglich in einer Sachangabe erschöpfe. Auch wenn es sich um eine lexikalisch nicht nachweisbare Wortneuschöpfung handle, sei diese jedoch grammatikalisch korrekt und sprachüblich gebildet, weshalb sie von den angesprochenen Verkehrskreisen nur als Sachangabe des genannten Inhalts, nicht aber als Hinweis auf der Herkunft der Waren und Dienstleistungen aufgefasst werde.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Er ist der Auffassung, dass "Value" nicht zu den geläufigen englischen Vokabeln gehöre, "net" mehrdeutig sei und die beanspruchte Wortfolge keine unmittelbar beschreibende Bedeutung im Hinblick auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen ergebe.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der begehrten Eintragung in das Markenregister steht weder das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), noch das einer Bezeichnung im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.

Unterscheidungskraft im Sinne der in Frage stehenden Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Dabei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d.h., jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihr die vorerwähnte Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (st. Rspr. vgl. BGH BlPMZ 2002, 85 - INDIVIDUELLE). Der angemeldeten Marke kann jedenfalls in ihrer Gesamtheit keine im Vordergrund stehende Sachaussage entnommen werden.

"Fair-Value"-Bewertung ist ein finanzwissenschaftlicher Fachbegriff im Bereich der Finanzinstrumente (vgl. z.B. http://wwwcgi.uniregensburg.de/fakultaeten/wiwi/ scherrer/edu/opi/fairvalue.html). "net" ist eine allgemein gebräuchliche Abkürzung für "Internet". Weitere Inhalte waren nicht feststellbar. In der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung ergibt weder die englische Wortfolge noch die Übersetzung einen sinnvollen Begriff. Damit verbietet sich die Annahme der fehlenden Unterscheidungskraft; vielmehr ist anzunehmen, dass die angesprochenen Verkehrskreise in der Marke einen unterscheidungskräftigen Phantasiebegriff erblicken werden.

Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass "Fair Value Net" stets als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird. Bei der Eingabe des Begriffs in übliche Suchmaschinen des Internets (z.B. "Google"/24. Juli 2002) ergaben sich - außer einer markenmäßigen Verwendung oder einer Verwendung als domain-Bezeichnung (fairvaluenet.com) - keine Treffer. Dies verbietet die Annahme, dass die Marke nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird.

Die Marke ist auch nicht deshalb von der Eintragung ausgeschlossen, weil sie ausschließlich aus Angaben besteht, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art oder sonstiger Merkmale der Dienstleistungen dienen kann (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Wie oben dargestellt, kann der Marke kein eindeutig beschreibender Inhalt entnommen werden, so dass sie auch nicht zur Merkmalsbezeichnung dienen kann.

Gegenstand dieser Entscheidung ist die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung der Anmeldung wegen absoluter Schutzhindernisse. Dem Deutschen Patent- und Markenamt bleibt es unbenommen, das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis auf seine Bestimmtheit zu überprüfen.

Dr. Albrecht Sekretaruk Bayer Fa






BPatG:
Beschluss v. 25.09.2002
Az: 32 W (pat) 39/02


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