Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. Juni 2003
Aktenzeichen: 8 W (pat) 34/03

(BPatG: Beschluss v. 05.06.2003, Az.: 8 W (pat) 34/03)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Prüfungsstelle für Klasse B 29 C des Patentamts vom 5. April 2001 aufgehoben und das mit der Trennanmeldung vom 13. Dezember 2001 nachgesuchte Patent erteilt.

Bezeichnung: Formteile aus Beads Anmeldetag: 8. Mai 1999 Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:

Patentansprüche 1 - 16, Beschreibung Seiten 1 - 9, 1 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 - 3, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung.

Gründe

I Die Patentanmeldung P 199 64 293.1-16 mit der Bezeichnung " Formteile aus Beads" ist mit der Teilungserklärung vom 13. Dezember 2001 aus der Stammanmeldung mit dem Aktenzeichen P 199 21 074.8 -16, die am 08. Mai 1999 beim Patentamt eingegangen ist, abgeteilt worden. Die Stammanmeldung ist nach einem negativ gehaltenen Erstbescheid vom 07. Februar 2000 durch die Prüfungsstelle für Klasse B29C am 05. April 2001 zurückgewiesen worden, da auch der mit Eingabe vom 12. April 2000 eingereichte Patentanspruch 1 gegenüber dem Stand der Technik nach der 1. DE 19 20 776 A und der 2. DE 17 04 462 A nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Gegen den Beschluss vom 05. April 2001 legt die Anmelderin daraufhin am 02. Mai 2001 Beschwerde ein.

Die Anmelderin hat in der mündlichen Verhandlung neugefasste Unterlagen, Patentansprüche 1 bis 16, Beschreibung Seiten 1 bis 9 und ein Blatt Zeichnungen Fig. 1 bis 3, überreicht.

Nach dem in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentanspruch 1 betrifft der Gegenstand des Patents ein Verfahren zur Herstellung von Formteilen aus Beads, wobei die Beads miteinander verbunden werden, und wobei Beads verwendet werden, diea) mit einem Heißkleber vermischt werden, wobei ein Heißkleber verwendet wird, dessen Schmelztemperatur unter der der Beads liegt, b) wobei als Mischer für die Beads und den Heißkleber und als Schmelzeinrichtung für den Heißkleber ein Extruder (4) verwendet wird, wobei der von den Beads durchströmte Extruder (4) eine den Beadsabmessungen angepasste Öffnungsweite besitzt, c) wobei die mit Heißkleber versehenen Beads in eine Form gebracht und in der Form erwärmt wird, bis der Heißkleber seine Schmelztemperatur erreicht hat, so dass bei anschließendem Abkühlen in der Form eine Verbindung der Beads entsteht und/oderd) wobei die mit Heißkleber versehenen Beads bereits vor dem Eintragen in die Form erwärmt werden, bis der Heißkleber seine Schmelzetemperatur erreicht hat, so dass bei anschließender Abkühlung in der Form eine Verbindung der Beads entsteht, e) wobei die Temperatur der mit Heißkleber versehenen Beads so weit unterhalb der Schmelztemperatur Beads gehalten wird, dass keine nennenswerte Erweichung der Beads eintritt.

Gemäß dem in der mündlichen Verhandlung überreichten, zum Patentanspruch 1 nebengeordneten, Patentanspruch 2 betrifft der Gegenstand des Patents ein Verfahren zur Herstellung von Formteilen aus Beads, wobei die Beads miteinander verbunden werden, und wobei Beads verwendet werden, diea) mit einem Heißkleber vermischt werden, wobei ein Heißkleber verwendet wird, dessen Schmelztemperatur unter der der Beads liegt, b) wobei als Mischer für die Beads und den Heißkleber oder als Schmelzeinrichtung für den Heißkleber ein Extruder (4) verwendet wird, wobei der von den Beads durchströmte Extruder (4) eine den Beadsabmessungen angepasste Öffnungsweite besitzt, c) wobei die mit Heißkleber versehenen Beads in eine Form gebracht und in der Form erwärmt wird, bis der Heißkleber seine Schmelzetemperatur erreicht hat, so dass bei anschließendem Abkühlen in der Form eine Verbindung der Beads entsteht und/oderd) wobei die mit Heißkleber versehenen Beads bereits vor dem Eintragen in die Form erwärmt werden, bis der Heißkleber oder der Schweißkunststoff seine Schmelzetemperatur erreicht hat, so dass bei anschließender Abkühlung in der Form eine Verbindung der Beads entsteht, e) wobei die Temperatur der mit Heißkleber versehenen Beads so weit unterhalb der Schmelztemperatur der Beads gehalten wird, dass keine nennenswerte Erweichung der Beads eintritt.

Wegen des Wortlauts der Patentansprüche 3 bis 16 wird auf die Akten Bezug genommen.

Dem Anmeldungsgegenstand liegt gemäß Seite 2, 2. Absatz der in der mündlichen Verhandlung überreichten Beschreibung die Aufgabe zugrunde, die Festigkeit von Formteilen aus Beads zu erhöhen. Dabei gehe die Erfindung von der Erkenntnis aus, dass die Heißdampfbeaufschlagung nicht in allen Bereichen eine einwandfreie Verbindung der Beads verursache.

Die Anmelderin trägt vor, dass bei dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik die Beads mit einer klebfreien Umhüllung aus thermoplastischem Material, insbesondere aus Kunststoffdispersionen oder Kunststofflösungen, versehen werden, wobei im Stand der Technik auf die Art des Vermischens nicht eingegangen würde. Auch sei kein Hinweis enthalten, der auf die Verwendung eines Extruders zum Schmelzen des Heißklebers hinweisen würde, so dass der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 neu sei und auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Die Anmelderin stellt den Antrag, das mit der Teilungserklärung vom 13.12.2001 nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

- Patentansprüche 1 bis 16,

- Beschreibung Seiten 1 bis 9,

- 1 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 bis 3, jeweils überreichtin der mündlichen Verhandlung.

II Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Der Gegenstand der Anmeldung stellt eine patentfähige Erfindung iSd §§ 1 bis 5 PatG dar.

1. Mit den geltenden Patentansprüchen 1 bis 16 liegt eine unzulässige Änderung nicht vor.

Die nebengeordneten Patentansprüche 1 und 2 sind auf der Grundlage des ursprünglich eingereichten Patentanspruch 1 formuliert, wobei das Merkmal b) im ursprünglichen Patentanspruch 12 offenbart ist. Der Patentanspruch 3 entspricht den am Anmeldetag eingereichten Ansprüchen 2 und 13. Die Patentansprüche 4 bis 16 entsprechen den ursprünglichen Patentansprüchen 16, 17, 3, 4, 6 bis 8, 5, 18 bis 21 und 24 in entsprechender Umnummerierung.

2. Das aufgrund seiner Zweckbestimmung ohne Zweifel gewerblich anwendbare Verfahren nach dem Patentanspruch 1 hat gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik als neu zu gelten, denn nach keiner der im Verfahren befindlichen Druckschriften wird ein Extruder zum Mischen der Beads mit einem Heißkleber eingesetzt.

So werden beim Stand der Technik nach der DE 1 920 776 A keine Aussagen darüber getroffen, wie die Beads mit dem Heißkleber umhüllt werden, und in der DE 1 704 462 A werden die Beads nicht mit einem Heißkleber umhüllt.

3. Das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Beim erfindungsgemäßen Verfahren werden in einem Extruder Beads mit einem Heißkleber vermischt und dabei mit dem Heißkleber umhüllt. Der Heißkleber weist eine Schmelztemperatur auf, die unterhalb der der Beads liegt. Anschließend wird die Mischung entweder vor dem Einbringen in die Form oder in der Form auf die Schmelztemperatur des Heißklebers gebracht und in einer Form unter Druck zu einem Formteil verpresst. Die Temperatur der mit Heißkleber umhüllten Beads wird dabei so weit unterhalb der Schmelztemperatur der Beads gehalten, dass keine nennenswerte Erweichung der Beads eintritt.

Für diese Maßnahme vermittelt der aufgezeigte Stand der Technik dem Durchschnittsfachmann, einem auf dem Gebiet des Schäumens von Kunststoff-Formteilen versierten Maschinenbauingenieur (FH), keine Anregungen.

Aus der DE 19 20 776 A ist ein Verfahren zum Herstellen von Formkörpern aus Beads bekannt, bei dem schaumförmige, feinteilige Polymerisate (Beads) bei Raumtemperatur mit einer Umhüllung aus thermoplastischem Material versehen werden (Seite 2, letzter Absatz). Dazu werden Kunststoffdispersionen oder Kunststofflösungen verwendet. Die Erweichungstemperatur des Umhüllungsmaterials liegt unterhalb der Erweichungstemperatur der Schaumstoffpartikel (Beads). Anschließend wird die Mischung auf eine Temperatur erhitzt, die oberhalb der Erweichungstemperatur des thermoplastischen Materials, jedoch unterhalb der Erweichungstemperatur der Beads liegt. Die erhitzte Mischung wird dann in einer Form zusammengepresst und unter Druck abgekühlt (Seite 2, letzter Absatz). Bei diesem Verfahren wird wohl zur Herstellung der Beads ein Extruder eingesetzt. Dieser Extruder dient jedoch einzig der Vermischung des Olefinpolymerisats mit einem Treibmittel, damit nach dem Auspressen des treibmittelhaltigen Stranges, unmittelbar vor dem vollständigen Aufschäumen der Mischung, der Strang so zerkleinert werden kann, dass die Beads entstehen. Der Druckschrift ist jedoch kein Hinweis darauf zu entnehmen, dass als Umhüllungsmaterial ein Heißkleber (Hot-Melt-Kleber) verwendet werden kann, der dann im Extruder mit den Beads vermischt wird, wobei der Heißkleber im Extruder aufgeschmolzen (Patentanspruch 1) oder in schmelzflüssiger Phase dem Extruder zugeführt wird. Beim Anmeldungsgegenstand ist es wesentlich, dass beim Vermischen im Extruder eine Mehrphasen-Stoffströmung erzeugt wird, bei der die eine Phase fest (Beads) und die andere Phase eine Schmelze (Schmelzkleber) ist. Diese Mehrphasenströmung ist beim bekannten Verfahren nicht beschrieben und kann auch nicht vorhanden sein, da dort der Extruder nicht dem Mischen von Stoffen mit unterschiedlichen Schmelztemperaturen, sondern dem Einbringen eines Treibmittels in ein Polymerisat dient. Diese Druckschrift kann somit keinen Hinweis auf die anmeldungsgemäße Lösung geben.

Beim Verfahren nach der DE 17 04 462 A werden kleinteilige, geschlossenzellige, schaumförmige Teilchen (Beads) vor dem Einbringen in die Form auf eine Temperatur oberhalb des Kristallitschmelzpunktes des Polymerisats erwärmt und dann in eine Form eingebracht (Seite 3). In dieser Form werden dann die Teilchen zu einem Formkörper verpresst. Die Beads werden jedoch vor der Erwärmung nicht mit einem Umhüllungsmaterial versehen, so dass diese Druckschrift keinen Hinweis auf die Lösung nach Patentanspruch 1 geben kann.

Mithin ist der Patentanspruch 1 gewährbar.

4. Das Verfahren nach dem nebengeordneten Patentanspruch 2 ist neu, und es beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Das beanspruchte Verfahren nach Patentanspruch 2 unterscheidet sich zum Verfahren nach Patentanspruch 1 im Merkmal b). Im Patentanspruch 2 wird als Mischer für die Beads und den Heißkleber wiederum ein Extruder verwendet, jedoch ist die Schmelzeinrichtung für den Heißkleber ein von der Mischeinrichtung getrennt angeordneter Extruder. Da das Aufschmelzen des Heißklebers nicht das wesentliche des Anmeldungsgegenstandes ist, sondern die Art des Vermischens der Beads mit dem Heißkleber, treffen die unter Punkt 3 getroffen Aussagen auch für den Patentanspruch 2 zu.

Patentanspruch 2 ist somit ebenfalls gewährbar.

Mit diesem zusammen sind auch die auf den Patentanspruch 1 bzw Patentanspruch 2 rückbezogenen Unteransprüche 3 bis 16 gewährbar, da sie auf Ausgestaltungen des Verfahrens nach Anspruch 1 bzw. nach Anspruch 2 gerichtet sind.

Dr. Huber Gießen Kuhn Hübner Cl






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Beschluss v. 05.06.2003
Az: 8 W (pat) 34/03


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