Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 28. Januar 1994
Aktenzeichen: 6 U 122/93

(OLG Köln: Urteil v. 28.01.1994, Az.: 6 U 122/93)

Unterlassungs- und Löschungsanspruch bei Verwechslungsfähigkeit der Firmen- und Warenkennzeichnung "Sportsfan" als Kennzeichnung von Kleidungsstücken, insbesondere Sportkleidung, und "Sportman" als allein kennzeichnungskräftiger Bestandteil der Firma eines Unternehmens, das sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Bekleidungsstücken, insbesondere Herrenhosen und Herrenjacken befaßt, sind miteinander verwechslungsfähig.

Tatbestand

Die Klägerin, die seit September 1990 im geschäftlichen Verkehr

als "SP. Mode GmbH" firmiert, war persönlich haftende

Gesellschafterin der seit April 1979 unter "Sp. exklusive

Herrenhosen GmbH und Co Mode KG" und nach deren Umfirmierung im

März 1991 unter "Sp. Mode GmbH und Co, Schw." firmierenden

Kommanditgesellschaft. Die Kommanditgesellschaft erlosch Ende April

1991, nachdem alle Gesellschafter bis auf die R.L. Mode GmbH

ausgeschieden waren. Diese übertrug mit Wirkung ab 1. Mai 1991 den

von der "SP. Mode GmbH und Co" übernommenen Betrieb auf die

Klägerin.

Die Klägerin befaßt sich - schon seit ihrer Zeit als persönlich

haftende Gesellschafterin der Kommanditgesellschaft - mit der

Herstellung und dem Vertrieb von Bekleidungsstücken, insbesondere

von Herrenhosen und Herrenjacken. Neben ihrer Gesamtfirmierung

verwendet sie auch den Bestandteil "SP." in Alleinstellung auf

Geschäftspapieren und Werbedrucksachen. Insoweit wird auf das

Anlagenkonvolut K 2 (Bl. 25 - 30 d.A.) Bezug genommen.

Zugunsten des Beklagten wurde auf dessen Antrag vom 3. Mai 1991

vom Deutschen Patenamt ein kombiniertes Wort-Bildzeichen "S." für

die Waren "Bekleidungsstücke, insbesondere Sportbekleidungsstücke

wie Skibekleidungsstücke, Tennisbekleidungsstücke, Sportund

Freizeitpullover, Trainingsund Freizeitanzüge, Kopfbekleidung;

Schuhe, Handschuhe, Taschen; Sportgeräte" unter Nr. ...

eingetragen.

Nachdem die Klägerin von dieser Eintragung Kenntnis erlangt

hatte, mahnte sie den Beklagten ab. Abmahnung und dieser folgende

Vergleichsgespräche blieben erfolglos. Die Klägerin legte

gleichzeitig Widerspruch gegen die Eintragung des Zeichens "S." aus

einem rangälteren Zeichen S ... Wz (Wort-/Bildzeichen "SP.")

ein, der vom Deutschen Patentamt mit Beschluß vom 10. September

1992 zurückgewiesen wurde. Óber die gegen diesen Beschluß

eingelegte Erinnerung der Klägerin war bis zur letzten mündlichen

Verhandlung noch nicht entschieden.

Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin Ansprüche auf

Unterlassung und Beseitigung (Löschung des Warenzeichen) aus § 16

Abs. 1, 2 UWG, § 12 BGB geltend; ausdrücklich macht sie keine

warenzeichenrechtlichen Ansprüche geltend.

Sie hat behauptet, der Bestandteil "SP." ihrer Firmierung habe

sich als Firmenschlagwort durchgesetzt. Die Benutzung der

Bezeichnung "S." durch Dritte - die sie bestreitet - sei ihr

jedenfalls bisher unbekannt geblieben.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, der Firmenbestandteil

"SP." sei auch geeignet, sich als Firmenschlagwort im Verkehr

durchzusetzen. Dieser Bestandteil ihrer Firmierung sei von Hause

aus - ohne Verkehrsgeltung - schutzfähig, da durch ihn der

Geschäftsbetrieb nicht unmittelbar beschrieben werde. Dem stehe

nicht entgegen, daß Teile der Verkehrskreise in dieser Bezeichnung

einen Hinweis darauf sehen könnten, daß unter diesem Begriff

besonders sportliche Bekleidung angeboten werde.

Mit der von ihr verwendeten Bezeichnung "SP." sei das

Warenzeichen der Beklagten "S." bildlich wie klanglich

verwechslungsfähig. Eine solche Verwechslungsgefahr bestehe sowohl

bei deutscher als auch bei englischer Aussprache. Die Abweichung im

ersten Konsonanten der jeweils letzten Silbe könne - insbesondere

bei schlechten Óbertragungsbedingungen - leicht überhört und -

insbesondere bei flüchtigem Betrachten - leicht übersehen werden.

Das Genitiv "S" hinter dem Wortbestandteil "SPORT" im Warenzeichen

der Beklagten führe zu keiner Unterscheidung, zumal ihr

Firmenschlagwort "SP. " abweichend vom normalen deutschen

Sprachgefühl gebildet sei, so daß der flüchtige Verkehr das "S" in

der Erinnerung oft selbst ergänze und mitspreche.

Da sie darüber hinaus auch den Bestandteil "SP." in

Alleinstellung und als besondere Geschäftsbezeichnung benutze,

bestehe auch ein Anspruch aus § 1 Abs. 1, 2 UWG.

Die Klägerin hat beantragt, 1. dem Beklagten unter Androhung von

Ordnungsstrafe bis zu 500.000,00 DM - ersatzweise Ordnungshaft -

oder von Ordnungshaft für jedenfall der Zuwiderhandlung zu

untersagen, im geschäftlichen Verkehr zur Kennzeichnung von

Bekleidungsstücken, ihrer Verpackung oder Umhüllung oder in

Geschäftspapieren oder zur Werbung für derartige Waren die

Bezeichnung "S." zu benutzen und/oder derartig gekennzeichnete Ware

in den Verkehr zu bringen und/oder anzubieten,

2. den Beklagten zu verurteilen, in die Löschung seines

Warenzeichens Nr. ... "S." (kombiniertes Wort/Bildzeichen)

einzuwilligen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, der Firmenbestandteil "SP." der

Klägerin besitze keine kennzeichnungsrechtliche

Unterscheidungskraft. Bei dieser Bezeichnung handele es sich

erkennbar um eine den Geschäftsgegenstand - insbesondere das

Warenangebot - beschreibende Angabe. Dies ergebe sich insbesondere

aus dem Gesamtzusammenhang der Firmierung. Damit werde nichts

anderes ausgesagt, als daß Mode für sportlich gekleidete Männer

angeboten würde. Die geringfügig orthografische Veränderung des

Wortes ändere an dieser Beurteilung nichts, zumal dieser Begriff

vom Verkehr auch bei deutscher Aussprache verstanden werde. Da die

Bezeichnung auch keine Verkehrsgeltung besäße, sei sie nicht

schutzfähig.

Der Beklagte hat ferner die Ansicht vertreten, selbst wenn man

eine Schutzfähigkeit der Firmierung der Klägerin unterstellen

wollte, so sei der Schutzbereich so eng, daß die angegriffene

Bezeichnung "S." nicht in diesen Schutzbereich fallen würde. Da

sich die Klägerin auf ihre Firma berufe, müsse von deren

Gesamteindruck ausgegangen werden, so daß sich die Zeichen "S. "

und "SP. Mode" gegenüber stünden. Bei derartigen Kennzeichnungen

werde der Verkehr nicht der Gefahr einer Verwechslung

unterliegen.

Der Beklagte hat behauptet, die Firma P.B. GmbH, die sich mit

dem Vertrieb von Textilien befasse, führe in ihrer Produktpalette

auch die Marke "S.". Unter dieser Bezeichnung vertreibe sie Mützen,

Jacken, Pullover, Sweat-Shirts, T-Shirts, Bermudas und Hosen.

Dieser Vertrieb erfolge bundesweit schon seit dem Jahre 1989 über

größere Kaufhausketten und Versandhäuser. Obwohl diese Marke durch

Anzeigenschaltung in Händler-Zeitschriften und Magazinen für den

Endverbraucher sowie durch Werbespots in "T." beworben worden sei,

habe die Klägerin diese Benutzung bis heute nicht beanstandet.

Die Beklagte hat hierzu die Ansicht vertreten, die Klägerin habe

durch ihre Untätigkeit zu erkennen gegeben, daß sie selbst sich

durch den Vertrieb von Sportartikeln unter der Marke "S." nicht

gestört fühle.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachund

Streitstandes wird auf den vor dem Landgericht vorgetragenen Inhalt

der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen

ergänzend Bezug genommen.

Durch Urteil vom 18. März 1993 hat die erste Kammer für

Handelssachen des Landgerichts Köln den Beklagten antragsgemäß zur

Unterlassung und zur Einwilligung in die Löschung seines

Warenzeichens verurteilt. Die Entscheidung ist im wesentlichen

damit begründet, daß der Firmenbestandteil "SP." der Klägerin

schutzfähig im Sinne von § 16 Abs. 1 UWG sei und das Zeichen "S."

hiermit angesichts der Warenidentität verwechslungsfähig sei. Wegen

der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die

Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen dieses ihm am 30. März 1993 zugestellte Urteil hat der

Beklagte mit einem am 30. April 1993 eingegangenen Schriftsatz

Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Verlängerung der

Begründungsfrist mit einem am 1. Juli 1993 eingegangenen

Schriftsatz begründet.

Der Beklagte wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches

Vorbringen. Er vertritt die Ansicht, der Bezeichnung "SP." komme

keine sonderlich hohe Kennzeichnungsund Unterscheidungskraft zu.

"SP." werde als Abwandlung des Alltagbegriffs "Sportsmann" - gleich

ob in deutscher oder englischer Schreibweise - verstanden; der

Verkehr sehe darin einen sportlichen Mann, der entweder Sport

treibe oder sich sportlich kleide. Da die Klägerin tatsächlich

sportliche Herrenmode vertreibe, wolle sie mit diesem

Firmenbestandteil den entsprechenden Käufertyp ansprechen und ihm

ein sportliches Bekleidungsangebot unterbreiten. Damit beschreibe

sie ihre Produkte und ihre Angebote, kennzeichne aber die Waren

nicht in einer originellen und individualisierenden Weise

hinsichtlich ihrer Herkunft. Da diese Bezeichnung auch keine

Verkehrsgeltung habe, könne der Schutzumfang des Bestandteils "SP."

nur sehr eng sein, und zwar dergestalt, daß eine

Verwechslungsgefahr zu dem Begriff "S." verneint werden müsse.

Eine gewisse klangliche Óbereinstimmung reiche nicht aus, da bei

den beteiligten Verkehrskreisen keine Fehlvorstellung hervorgerufen

werde oder die Möglichkeit einer Herkunftstäuschung bestehe. Schon

die bildliche Darstellung des beanstandeten Zeichens unterscheide

sich von der Kennzeichnung, die von der Klägerin verwendet werde.

Hinsichtlich des Sinngehalts bestünden gravierende Unterschiede.

Unter einem "S." stelle sich der Verkehr jemanden vor, der sich für

Sport interessiere und begeistere; unter "SP." stelle er sich

hingegen jemanden vor, der selbst aktiv Sport treibe oder den

Eindruck eines Sporttreibenden erwecken wolle. Diese Begriffe seien

somit nicht deckungsgleich.

Der Beklagte behauptet darüber hinaus, daß die Bezeichnung "S."

seit 1989 von der Firma P.B. verwendet werde. Für die Firma M.B.

International B.V. sei auch seit Oktober 1989 international und für

die Bundesrepublik Deutschland die Bezeichnung "S." geschützt

(IR-Marke 545 445). Die Firma P.B. International, auf die die Marke

am 9. März 1992 umgetragen sei, benutze das Warenzeichen "S." in

Prospekten und auf Einnähern von T-Shirts; insoweit wird auf die

Anlagen zum Schriftsatz vom 30. November 1993 Bezug genommen. Die

Klägerin habe die bisherige Benutzung des Zeichens "S." durch

Dritte bisher nie beanstandet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens des Beklagten in

der Berufungsinstanz wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom

1. Juli 1993 sowie auf die Schriftsätze vom 13. Oktober 1993 und

29. November 1993 nebst Anlagen Bezug genommen. Weiterhin wird

Bezug genommen auf den nachgelassenen Schriftsatz des Beklagten vom

6. Januar 1994.

Der Beklagte beantragt, unter Abänderung des landgerichtlichen

Urteils die Klage abzuweisen;

hilfsweise bei einem Vollstreckungsschutzausspruch dem Beklagten

zu gestatten, Sicherheit durch selbstschuldnerische Bürgschaft

einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse zu

erbringen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung des Beklagten mit der

Maßgabe zurückzuweisen, daß der Löschungsanspruch sich nur auf die

Waren bezieht, die auf Blatt 50 d.A. wiedergegeben sind, mit

Ausnahme von "Taschen und Sportgeräten";

der Klägerin als Gläubigerin Sicherheitsleistung, auch durch

selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik

Deutschland ansässigen Großbank oder öffentlich - rechtlichen

Sparkasse zu gestatten, hilfsweise der Klägerin für den Fall des

teilweise oder vollständigen Unterliegens nachzulassen, die

Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung, auch durch

selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik

Deutschland ansässigen Großbank oder öffentlich - rechtlichen

Sparkasse, abzuwenden.

Der Beklagte, der in der Beschränkung des Löschungsantrages eine

Teilrücknahme der Klage sieht, der er zustimmt, beantragt,

der Klägerin hinsichtlich des zurückgenommenen Klageteils die

Kosten aufzuerlegen.

Die Klägerin wiederholt und ergänzt ihr erstinstanzliches

Vorbringen. Sie verteidigt das angefochtene Urteil und vertritt die

Ansicht, ihr Firmenbestandteil "SP." habe keinen beschreibenden

Charakter, da hierdurch nicht ihre Angebote - nämlich

Oberbekleidungsstücke für Herren - beschrieben würden. Der Verkehr

sei daran gewöhnt, daß auf dem einschlägigen Gebiet der Modebranche

sogenannte sprechende Firmenbestandteile verwendet würden. Diese

seien unterscheidungskräftig, solange sie nicht die Ware selbst

beschrieben.

Die Klägerin behauptet hierzu, das Schlagwort "SP." verfüge auch

über die erforderliche Verkehrsbekanntheit. Dies ergebe sich so

wohl aus ihren Umsatz - und Stückzahlen der von ihr unter dieser

Bezeichnung verkauften Ware sowie aus den hierfür aufgewendeten

Werbeausgabe der Jahre 1983 bis 1993. Schließlich ergebe sich dies

aus einer Recherche "OUTFIT" von November 1986. Insoweit wird auf

das vorgetragene Zahlenwerk (Bl. 148 und 149 d.A.) und auf die

Anlage vom Schriftsatz vom 10. November 1993 (Bl. 151 ff d.A.)

Bezug genommen.

Die Klägerin vertritt ferner die Ansicht, zwischen den beiden

streitgegenständlichen Kennzeichnungen bestehe auch

Verwechslungsgefahr. Sowohl in akustischer als in optischer

Hinsicht fielen die Unteschiede zwischen den Wortbestandteilen in

Anbetracht der sonstigen Identität der Buchstabenfolge nicht

auf.

Auch der Sinngehalt schließe eine Verwechslungsgefahr nicht aus.

Für den Verkehr bestehe kein wesentlicher Unterschied zwischen den

Begriffen "SP." und "S.", da für ihn ein Sportsmann zugleich auch

ein Sportsfan sei. In der Umgangssprache sei ein Sportsmann nicht

nur eine Person, die selbst Sport treibe, sondern auch derjenige,

der dem Sport positiv gegenüberstehe. Dies sei auch bei einem

Sportsfan der Fall.

Schließlich behauptet die Klägerin, sie habe auf den Hinweis des

Beklagten hin in verschiedenen Geschäften nach Waren mit der

Kennzeichnung "S." suchen lassen. Derartige Artikel seien nicht

aufgefunden worden; auch die angesprochenen Verkäufer hätten

derartige Ware nicht gekannt. Sie werde gleichwohl den

Beklagtenvortrag zum Anlaß nehmen, die Firma P.B. abzumahnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Klägerin im

Berufungsrechtszug wird auf die Berufungerwiderungsschrift vom 20.

September 1993, den Schriftsatz vom 10. November 1993 sowie auf den

nachgelassenen Schriftsatz vom 5. Januar 1994 jeweils nebst Anlagen

Bezug genommen.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz des Beklagten vom 14. Januar

1993 nebst Anlagen hat vorgelegen.

Gründe

Die Berufung des Beklagten ist zulässig; sie hat jedoch in der

Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht hat dem Unterlassungsbegehren der Klägerin zu

Recht entsprochen. Der Beklagte hat es zu unterlassen, im

geschäftlichen Verkehr zur Kennzeichnung von Bekleidungsstücken,

ihrer Verpackung oder Umhüllung oder in Geschäftspapieren oder zur

Werbung für derartige Waren die Bezeichnung "S." zu benutzen

und/oder derartig gekennzeichnete Ware in den Verkehr zu bringen

und/oder anzubieten, denen in der konkreten Benutzung der

Bezeichnung "S." zur Kennzeichnung von Bekleidungsstücken besteht

Verwechslungsgefahr im Sinne des § 16 Abs. 1 UWG zu der von der

Klägerin benutzten Bezeichnung "SP.".

Entgegen der Ansicht des Beklagten ist die Bezeichnung "SP."

schutzfähig im Sinne des § 16 Abs. 1 UWG, da sie

kennzeichnungskräftig ist.

Zwar handelt es sich bei der Bezeichnung "SP. " nicht um die

gesamte Firma der Klägerin; Namensoder Firmenteile, Abkürzungen und

Schlagworte können aber namensund wettbewerbsrechtlichen Schutz

analog § 12 BGB, § 16 Abs. 1 UWG erlangen. Diese sind auch ohne

Verkehrsdurchsetzung als schutzfähig anzusehen, wenn sie nur von

Hause aus namensmäßige Kennzeichnungskraft haben und - im Vergleich

zu den übrigen Firmenbestandteilen - geeignet erscheinen, sich im

Verkehr als schlagwortartiger Hinweis auf das Unternehmen

durchzusetzen (BGH GRUR 1992, 550 - "ac - pharma";

Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 17. Aufl., § 16 UWG Rn 129,

133; von Gamm, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 3. Aufl. §

16 UWG Rn 17; Großkommentar/Teplitzky, UWG, 1991, § 16 Rn 47

m.w.N.).

Von der Firmenbezeichnung der Klägerin ist lediglich der

Bestandteil "SP." individualisierend, da der Bestandteil "Mode"

rein beschreibenden Charakter hat, um den Gegenstand des

Geschäftsbetriebs zu kennzeichnen, und der die Gesellschaftsform

andeutende Zusatz "GmbH" ohnehin nicht schutzfähig ist. Somit ist

"SP." als einziger Firmenbestandteil geeignet, sich im Verkehr als

schlagwortartiger Hinweis auf das Unternehmen der Klägerin

durchzusetzen.

Eine namensmäßige Kennzeichnungskraft liegt vor, wenn der

Firmenbestandteil unterscheidungskräftig und geeignet ist, bei der

Verwendung im Verkehr ohne weiteres als Name des Unternehmens zu

wirken (BGH GRUR 1985, 461, 462 - "Gefa/Gewa"). Maßgebend dafür ist

die Verkehrsauffassung, die sich im wesentlichen auch daran

orientiert, ob sich üblicherweise Handelsunternehmern in derartiger

Weise namensmäßig zu bezeichnen pflegen (BGH GRUR 1992, 550 - "ac -

pharma" m.w.N.). Auf dem Gebiet der Modebranche ist es üblich,

beschreibende Bezeichnungen aus der englischen Sprache zu

verwenden, die nicht direkt die Tätigkeit oder den Gegenstand des

Handels darlegen, aber einen bestimmten beschreibenden Charakter

haben. Dies hat die Klägerin anhand zahlreicher Beispiele aus

Telefonbüchern und Warenzeichenblättern dargelegt. Insoweit wird

auf die Anlage K 3 zum Schriftsatz vom 20. September 1993 Bezug

genommen.

Auch wenn die Bezeichnung "SP." einer Sachbeschreibung nahe

steht, so handelt es sich nicht um eine rein beschreibende Angabe,

die nur aufgrund einer Durchsetzung im Verkehr Kennzeichnungskraft

erlangen könnte. Das Wort "SP." ist zwar - sowohl in der englischen

wie auch in der deutschen Sprache - ein Wort der Umgangssprache und

weist auf einen sportlichen oder sportinteressierten Mann hin;

dieser Hinweis auf den Geschäftsbereich der Klägerin steht jedoch

der Annahme einer natürlichen Kennzeichnungskraft nicht entgegen.

Der Verkehr pflegt Hersteller und Vertreiber von sportlicher Mode

nicht als "SP." - im Sinne einer bloßen Angabe über deren Tätigkeit

- zu bezeichnen. Unabhängig davon, daß der Bezeichnung "SP." das

zwischen den beiden Wortteilen einzufügende Genitiv - "S" fehlt,

ist diese Bezeichnung in dem Firmennamen nicht dazu bestimmt, einen

sportlichen Menschen zu bezeichnen, sondern einen Betrieb zu

kennzeichnen, der sportliche Kleidungsstücke herstellt und

vertreibt. Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung zu

Recht darauf hingewiesen, daß die Sachbezeichnung für sportliche

Kleidung in englischer Sprache "SPORTSWEAR" lautet. Da somit die

Bezeichnung "SP." zwar dem gängigen Sprachgebrauch entstammt, aber

nicht auf einen Geschäftsbetrieb mit sportlicher Herrenmode

hinweist, kommt ihr eine natürliche Kennzeichnungskraft zu. Zwar

kann die für eine natürliche Kennzeichnungskraft erforderliche

Eigenart der Bezeichnung, die diese selbst von anderen

unterscheidbar macht, bei solchen Bezeichnungen fehlen, die sich

erkennbar eng an beschreibende Angaben anlehnen und daher

ihrerseits für den Verkehr beschreibend und nicht kennzeichnend

wirken; dies ist jedoch vorliegend wegen der verfremdeten Benutzung

des Begriffs "SP." für bestimmte Modeartikel nicht der Fall. Auch

wenn durch die Anlehnung an beschreibende Angaben die

Individualisierungskraft des Firmenbestandteils nur schwach ist,

reicht sie - entgegen der Auffassung des Beklagten - zur Begründung

der Gefahr kennzeichnungsrechtlicher Verwechslung der beiden

gegenüberstehenden Kennzeichen "SP." und "S." aus.

Der sachliche Schutzumfang, der sich nur auf geschäftliche

Kennzeichnungen erstreckt, ist nicht durch ein Freihaltebedürfnis

geschwächt, da ein solches für die Bezeichnung von Modeartikeln

nicht besteht. An dem allgemeinen Gebrauch des Wortes "SPORTSMAN" -

in deutscher oder englischer Sprache - als rein beschreibenden

Hinweis wird durch die Firma der Klägerin niemand gehindert.

Die Benutzung der Bezeichnung "S." zur Kennzeichnung von

Bekleidungsstücken und zur Bewerbung derartiger Artikel ist

geeignet, Verwechslungen zwischen den Parteien herbeizuführen. Aus

der Sicht eines nicht unbeachtlichen Teils der angesprochenen

Verkehrskreise wird zumindest angenommen, daß zwischen den Parteien

wirtschaftliche und organisatorische Zusammenhänge und

Verflechtungen bestehen, wenn nicht sogar ein Irrtum über die

Identität hervorgerufen wird. Dies gilt sowohl unter optischen als

auch unter akustischen Gesichtspunkten. Dabei kann es dahinstehen,

ob es bereits zu einer Verwechslung gekommen ist, da allein die

mögliche Fehlvorstellung bei einem nicht unerheblichen Teil der

angesprochenen Verkehrskreise ausreicht (Großkommentar/Teplitzky,

UWG, 1991, § 16 Rn 319, 374). Maßgebend ist der Gesamteindruck der

Bezeichnung auf den flüchtigen Durchschnittsbetrachter, wobei von

den übereinstimmenden Bestandteilen der Zeichen auszugehen ist.

Zwar kommt - wie oben dargelegt - dem Firmenbestandteil "SP."

nur eine geringe Kennzeichnungskraft und dementsprechend ein

geringer Schutzumfang zu; ob und inwieweit sich dieser enge

Schutzbereich auf verwechslungsfähige Bezeichnungen erstreckt,

hängt von der Eigenart und Unterscheidungskraft der - im Verkehr

nicht durchgesetzten - Bezeichnung und von den sonstigen Umständen,

insbesondere davon ab, ob und welche Entfernung die beiderseitigen

Tätigkeitsbereiche aufweisen. Eine Verwechslungsfähigkeit ist umso

eher anzunehmen, je näher die beiden Geschäftsbereiche zueinander

stehen (BGH GRUR 1986, 253, 255 - "Zentis"; BGH GRUR 1992, 550, 551

- "acpharma".

Beide Parteien gehören derselben Branche an, sie richten sich an

dieselben Verkehrskreise, nämlich an die an sportlicher Mode

interessierten Käufer. Beide Parteien sind auch auf dem gleichen

Gebiet tätig, denn sie vertreiben Sportmode oder Mode mit

sportlichem Aussehen.

Darüber hinaus sind die beiden Bezeichnungen klanglich und

schriftbildlich verwechselbar.

Im klanglichen Bereich ist die Bezeichnung "S." fast identisch

mit dem Klagezeichen. Die Lautfolge beider Bezeichnungen lautet

"oa" oder bei englischer Aussprache "o-ä". Die erste Silbe "SPORT"

in beiden Worten ist vollkommen identisch. Die einzigen erkennbaren

Unterschiede bestehen insoweit, als die Bezeichnung "S." zusätzlich

ein "S" enthält und der erste Konsonant der zweiten Silbe "F" statt

"M" lautet. Das fehlende Genitiv "S" in der Mitte des Wortes fällt

bei schneller und wenig akzentuierter Sprechweise kaum ins Gewicht,

zumal die Bezeichnung "SP." durch das fehlende "S" ohnehin

verfremdet ist und bei einem nicht unerheblichen Teil des Verkehrs

in der Erinnerung an die Bezeichnung automatisch mitgesprochen

wird, da es seinem normalen Sprachgefühl entspricht. Der

Unterschied zwischen den beiden Buchstaben "F" und "M" fällt schon

deshalb wenig ins Gewicht, weil es sich um den Anfangsbuchstaben

des zweiten und damit weniger betonten Teils des Gesamtwortes

handelt und bei schnellerer Sprechweise ohnehin fast "verschluckt"

wird, so daß von der zweiten Silbe kennzeichnend nur noch der Vokal

"A" - oder bei englischer Sprechweise "À" - übrig bleibt. Die

Bezeichnungen sind auch bildlich verwechselbar, da beide mit großem

Buchstaben geschrieben werden. Hinzu kommt, daß sieben von acht

bzw. neun Buchstaben völlig identisch sind und auch in derselben

Reihenfolge stehen. Der einzige Unterschied, daß bei "S." in der

Mitte des Wortes ein "SF" steht, während bei dem Firmenbestandteil

"SP." an dieser Stelle nur ein "M" zu lesen ist, fällt schon

deshalb bei flüchtiger Betrachtungsweise kaum auf. Darüber hinaus

ist zu beachten, daß der angesprochene Verbraucher die beiden

Kennzeichen nicht unmittelbar nebeneinander sieht, der Verkehr

vielmehr beim Lesen der einen Bezeichnung aus der Erinnerung her an

die andere Bezeichnung denkt. Ein wesentlicher Grundsatz für die

Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist es, daß es weniger auf die

Abweichungen der Kennzeichnungen als auf deren Óbereinstimmungen

ankommt (BGH GRUR 1990, 450, 452 - "Sankt Petersquelle"). Unter

Beachtung dieser Grundsätze fällt auch in optischer Hinsicht der

geringe Unterschied der beiden Bezeichnungen angesichts der großen

Óbereinstimmungen nicht ins Gewicht.

An diesem Ergebnis ändert sich auch nichts, wenn man

berücksichtigt, daß es sich bei dem Zeichen des Beklagten um ein

Kombinationszeichen (Wort/Bildzeichen) handelt. Abgesehen davon,

daß dem hinsichtlich der klanglichen Verwechslungsgefahr ohnehin

keine Bedeutung zukommt, würde bei Verwendung des

Kombinationszeichens durch das Bildelement auch die Gefahr einer

optischen Verwechslung nicht gebannt, da der Wortbestandteil "S."

das allein prägende Element ist.

Entgegen der Auffassung des Beklagten genügt es für die

Beurteilung der Verwechslungsgefahr, daß diese für die beiden

Bezeichnungen in einer der drei in Betracht kommenden Hinsichten

"Klang, Bild, Sinngehalt" zu bejahen ist (BGH GRUR 1992, 110, 111 -

"dipa/dib"). Somit kommt es bei der festgestellten klanglichen und

optischen Óbereinstimmung nicht mehr darauf an, ob auch

hinsichtlich des Sinngehaltes eine Óbereinstimmung besteht.

Gleichwohl bestehen auch insoweit nach Auffassung des Senats nicht

derartige Diskrepanzen, daß der Verkehr sofort an völlig

verschiedene Begriffe denkt. Zwar braucht ein Sportsfan nicht

unbedingt auch ein Sportsmann zu sein - wie der Beklagte im

einzelnen ausführt -, der Verkehr geht jedoch davon aus, daß mit

beiden Begriffen sportlich interessierte Menschen beschrieben

werden, die den verschiedenen Sportarten nicht ablehnend

gegenüberstehen, sondern sich hierfür im einzelnen interessieren

und sie wohl möglich auch selbst betreiben.

Diese Feststellungen kann der Senat in Óbereinstimmung mit dem

Landgericht aus eigener Sachkunde und Lebenserfahrung treffen, da

seiner Mitglieder - wie auch die des Landgerichts - zu den

angesprochenen Verkehrskreisen zählen.

Die Klägerin ist auch Inhaberin des prioritätsälteren Rechts, da

sie die von ihr in Anspruch genommene Bezeichnung jedenfalls

zeitlich früher verwendet hat als der Beklagte.

Dem Anspruch der Klägerin auf Unterlassung steht auch nicht der

Vortrag des Beklagten entgegen, für die Firma M.B. International

B.V. sei seit Oktober 1989 international die Bezeichnung "S."

geschützt. Da der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 17.

Dezember 1993 ausdrücklich erklärt hat, er berufe sich insoweit

nicht auf Verwirkung, käme lediglich eine Schwächung der

Kennzeichnungskraft des Firmenbestandteils "SP. " der Klägerin in

Betracht. Hierfür ist jedoch erforderlich, daß die Marke "S." auch

im Inland für sportliche Modeartikel benutzt wird. Dazu hat der

Beklagte lediglich ein T-Shirt, das auf dem Einnähetikett den

Schriftzug "S. " trägt, und eine Werbebroschüre vorgelegt, in der

Kappen unter der Bezeichnung "S." unter anderem auch in deutscher

Sprache beworben werden. Der Beklagte hat jedoch trotz Aufforderung

der Klägerin und nach Hinweis durch den Senat in der mündlichen

Verhandlung vom 17. Dezember 1993 nicht vorgetragen, ab welchem

Zeitpunkt und in welchem Umfang die Firma P.B. International B.V.

auf dem deutschen Markt für Bekleidungsartikel unter der

Bezeichnung "S." wirbt und diese in der Bundesrepublik Deutschland

vertreibt. Ebenso hat er nicht vorgetragen, zu welchem Zeitpunkt

und an welchem Ort er das zu den Akten gereichte TShirt in der

Bundesrepublik Deutschland erworben hat. Der Vortrag des Beklagten

enthält somit keine hinreichenden Angaben über die Benutzung der

Marke "S." durch die Firma P.B. International B.V. auf dem

bundesdeutschen Markt und ist somit nicht geeignet, eine Schwächung

der Kennzeichnungskraft des Firmenbestandteils "SP." der Klägerin

anzunehmen.

Nach allem ist der Unterlassungsanspruch der Klägerin aus § 16

Abs. 1 UWG begründet. Aus den dargelegten Gründen steht der

Klägerin zugleich ein Anspruch auf Beseitigung - Löschung des

Warenzeichens Nr. ... "S." (kombiniertes Wort/Bildzeichen) -

in dem im Urteilstenor wiedergegebenen Umfang zu, da insoweit

Warenidentität besteht.

Klarstellend wird angemerkt, daß durch die Verurteilung zur

Löschung unter Ziffer I des Tenors (konkrete Verletzungsform) der

Beklagte nicht gehindert ist, das Bildelement des Warenzeichnes für

sich oder in anderem Kontext zu verwenden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die von der Klägerin erstmals im Berufungstermin vorgenommene

Begrenzung ihres Löschungsbegehrens auf die Waren, bei denen

Warenidentität mit den von ihr vertriebenen Waren besteht,

rechtfertigt keine Reduzierung des Streitwertes für den Klageantrag

zu 2 und damit ebenfalls keine Kostenbelastung der Klägerin, mag

die genannt Begrenzung des Löschungsbegehrens auch als teilweise

Klagerücknahme zu werten sein.

Die übrigen Nebenentscheidungen ergehen gemäß §§ 708 Nr. 10,

711, 546 Abs. 2 ZPO.

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OLG Köln:
Urteil v. 28.01.1994
Az: 6 U 122/93


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