Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. Januar 2005
Aktenzeichen: 29 W (pat) 83/03

(BPatG: Beschluss v. 26.01.2005, Az.: 29 W (pat) 83/03)

Tenor

Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. Februar 2003 wird aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Waren "Künstlerbedarfsartikel" und für die Dienstleistungen "Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Büroarbeiten" zurückgewiesen worden ist.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wortmarke Mallesoll für die Waren und Dienstleistungen der Klasse 16: Druckereierzeugnisse aller Art; Schreibwaren; Spielkarten; Büroartikel (ausgenommen Möbel); Photographien; Künstlerbedarfsartikel;

Klasse 24: Webstoffe und Textilwaren; Bett- und Tischdecken;

Klasse 32: Biere; Mineralwässer; kohlensäurehaltige Wässer; alkoholfreie Getränke; Frucht- und Fruchsaftgetränke; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken;

Klasse 33: alkoholische Getränke;

Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeitenin das Markenregister eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 7. Februar 2003 als freihaltungsbedürftige Angabe zurückgewiesen, da es sich bei dem angemeldeten Begriff um die umgangssprachliche Bezeichnung von Mallorca handle, der als geografische Herkunftsangabe für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen dienen könne.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Er ist der Auffassung, dass kein Freihaltungsbedürfnis bestehe. Auszugehen sei von der lexikalisch nachweisbaren Bedeutung des Wortes "malle", das ein Synonym für "verrückt, von Sinnen, irre, wirr" sei. Ein Nachweis, dass "Malle" eine gebräuchliche geografische Herkunftsangabe sei, liege nicht vor. Mit den genannten Bedeutungen sei das Markenwort nicht geeignet, die Merkmale der Waren und Dienstleistungen unmittelbar zu beschreiben. Da "Malle" weder einen im Vordergrund stehenden Begriffsinhalt besitze noch ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer geläufigen Fremdsprache sei, fehle die erforderliche Unterscheidungskraft nicht.

Nach Übersendung der Rechercheergebnisse hat der Beschwerdeführer das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis in Klasse 16 beschränkt auf "Druckereierzeugnisse, ausgenommen Kalender; Schreibwaren; Spielkarten; Büroartikel (ausgenommen Möbel); Photographien; Künstlerbedarfsartikel".

Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. Februar 2003 aufzuheben.

II.

1. Die nach § 165 Abs. 4 iVm § 66 Abs.1 und 2 MarkenG zulässige Beschwerde ist in der Sache überwiegend erfolglos. Der Eintragung des angemeldeten Zeichens stehen mit Ausnahme der Waren "Künstlerbedarfsartikel" und der Dienstleistungen "Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Büroarbeiten" die Eintragungshindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG entgegen.

1.1. Nach § 8 Abs. 2 S. 2 MarkenG ist die Eintragung solcher Marken ausgeschlossen, die nur aus Angaben bestehen, die zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung von sonstigen Merkmale dienen können. Dabei genügt es, dass das Zeichen zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (EuGH GRUR Int. 2004, 410 - BIOMILD). Dies ist hier der Fall, denn "Malle" stellt eine geografische Herkunftsangabe dar. Im Zusammenhang mit den konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen kommt es nicht auf die lexikalisch nachweisbare - im allgemeinen Sprachgebrauch weitgehend unbekannte - Bedeutung im Sinne von "(vom Wind) gedreht" oder "von Sinnen, verrückt, töricht" an (Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 7. Aufl. 2000). Vielmehr stellt, wie schon die Recherche der Markenstelle gezeigt hat, der Markenbegriff "Malle" eine umgangssprachliche Bezeichnung der Baleareninsel "Mallorca" dar. Im Gegensatz zur Auffassung des Anmelders wird dieser Begriff nicht nur stark vereinzelt zur Bezeichnung von "Mallorca" verwendet. Vielmehr zeigt die vom Senat durchgeführte Internetrecherche sogar eine entsprechende Verwendung in Online-Ausgaben der bekannten, überregionalen Zeitungen und Zeitschriften "Stern" und "Bild am Sonntag" (www.stern.de "Kein Bock mehr auf Malle"; www.bild.tonline.de-Nachrichten-BamS-Kommentar "Gemeinsam gegen den Terror") sowie in der Ausgabe 32/2003 von "Die Zeit" im Bericht "Sieben Tage Toastbrot und Käse" (http://zens.zeit.de). Auf Grund deren weiten Verbreitung ist davon auszugehen, dass "Malle" als Synonym für Mallorca bekannt ist. Dementsprechend kann der Markenbegriff als geographische Herkunftsangabe i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG für die angemeldeten Waren der Klassen 32 und 33 dienen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass im Hinblick auf ein Freihaltebedürfnis nicht nur geografische Bezeichnungen von Orten relevant sind, die von den beteiligten Verkehrskreisen aktuell mit dieser Produktgruppe in Verbindung gebracht werden, sondern auch solche, die künftig dafür in Betracht kommen. Ausreichend zur Bejahung eines Freihaltebedürfnisses ist es, wenn eine beschreibende Verwendung des Markenbegriffes vernünftigerweise zu erwarten ist. Die für ein Freihaltebedürfnisses erforderliche Beziehung zwischen den beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und der geografischen Angabe müssen dabei nicht notwendigerweise auf der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen an diesem Ort beruhen. Eine solche Beziehung kann sich vielmehr auch aus anderen Anknüpfungspunkten heraus ergeben, wie z.B. dem Umstand, dass den Waren zugrunde liegende Entwürfe, Rezepturen oder Rohstoffe aus dem betreffenden Gebiet stammen können. Oder sie ergeben sich für Ortsbezeichnungen, welche die Vorlieben der Verbraucher beispielsweise dadurch beeinflussen können, dass diese eine Verbindung zwischen den Waren und Dienstleistungen und dem Ort herstellen, mit dem sie positiv besetzte Vorstellungen verknüpfen (EuGH GRUR 1999, 723 ff - Chiemsee). Insbesondere letzteres ist bei der beliebten Ferieninsel Mallorca der Fall.

Für die Waren der Klasse 33 "alkoholische Getränke", nämlich für Weine, ist der Markenbegriff bereits als geographische Herkunftsangabe im Sinne einer Herstellungsortsangabe nachzuweisen (www.weinplus.de und www.mailarchive.com/weinforum). Dementsprechend ist auch im Hinblick auf die unter der Klasse 32 angemeldeten sonstigen Getränke eine herkunftsmäßige Verwendbarkeit des Markenwortes ohne weiteres zu erwarten. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass auf Mallorca Südfrüchte angebaut werden, die die Rohstoffe für Frucht- und Fruchtsaftgetränke sein können. Auch die unmittelbare Herstellung der weiter unter der Klasse 32 angegebenen Getränke auf der Insel Mallorca ist aufgrund deren geographischen Eigenschaften jedenfalls nicht ausgeschlossen, zumal die Insel Mallorca gerade für ihre Gastronomie und Partykultur bekannt ist, in deren Umfeld auch neue Getränkezusammenstellungen entstehen. Eine Herkunftsfunktion kommt somit auch im Hinblick auf Rezepturen in Frage, die den angemeldeten Getränken zugrunde liegen.

Bezüglich der Druckereierzeugnisse, Spielkarten und der Photographien, bezeichnet das Markenwort titelartig deren Inhalt bzw. deren thematischen Gegenstand. Zu den beanspruchten "Druckereierzeugnissen" sind Kurzführer oder sonstige Reiseunterlagen, Karten o.ä. zu zählen und damit vom Oberbegriff erfaßt (BGH GRUR 2002, 261 - AC). Für diese speziellen Waren hat "Malle" einen rein beschreibenden Charakter. Insofern kann auch der die Kalender betreffende Disclaimer nicht die Schutzfähigkeit begründen. Im Übrigen fallen Kalender auch unter den - nicht eingeschränkten - Oberbegriff Büroartikel. Büroartikel, z.B. Brieföffner und -beschwerer, Stifte und Kugelschreiber aber auch Schreibwaren wie etwa Blocks oder Notizbücher, sind beliebte Souvenirartikel, bei denen "Malle" lediglich deren geografische Herkunft bezeichnet, an die diese Gegenstände erinnern sollen.

Als geografische Herkunftsangabe kommt das Markenwort auch für "Webstoffe und Textilwaren" sowie "Bett- und Tischdecken" in Betracht. Denn Stoffe sind, wie die Internetrecherche ergeben hat, ein landesübliches Produkt.

1.2 Dem Zeichen steht zwar für die Dienstleistung "Werbung" nicht das Schutzhindernis der geografische Herkunftsangabe entgegen, da die o.g. Voraussetzungen nicht vorliegen. Allerdings fehlt dem Zeichen insoweit die erforderliche Unterscheidungskraft i.S.v. § 8 Abs. 2 Nr.1 MarkenG.

Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice, BGH GRUR 2001, 1153, 1154 - antiKALK). Kann einem Zeichen ein für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden oder handelt es sich auch sonst um eine verständliche Wortfolge der deutschen oder einer geläufigen Fremdsprache, die vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so fehlt ihm die Unterscheidungskraft (BGH GRUR 2001, 1153 - antiKALK; BGH WRP 2001, 1082, 1083 - marktfrisch; BGH GRUR 2001, 1043 - Gute Zeiten - schlechte Zeiten; BGH GRUR 2001 1042 - REICH UND SCHOEN; BGH BlfPMZ 2001, 398 - LOOK). Die Unterscheidungskraft ist dabei zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH MarkenR 2003, 187 ff - Linde, Winward und Rado, Rn. 41; EuGH MarkenR 2004, 116 ff Rn. 50 - Waschmittelflasche).

Entsprechend der oben dargestellten Bedeutung hat "Malle" für die angesprochenen breiten Verkehrskreise einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt. Im Hinblick auf die angemeldete Dienstleistung "Werbung" stellt das Markenwort eine Sachangabe dar, da die Werbung Reisen nach Mallorca zum Inhalt haben kann. Es wird daher insoweit nicht als individualisierender Hinweis auf einen bestimmten Geschäftsbetrieb aufgefasst und ist daher nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen.

2. Keine Eintragungshindernisse bestehen hinsichtlich der Waren "Künstlerbedarfsartikel" und der Dienstleistungen "Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Büroarbeiten". Hier lässt sich weder ein konkreter geografischer Bezug zur Ferieninsel Mallorca feststellen noch hat deren umgangssprachliche Bezeichnung "Malle" insoweit eine im Vordergrund stehende beschreibende Bedeutung. Da sich das Zeichen für die verbliebenen Waren und Dienstleistungen auch nicht als Werbewort eignet, wird es für sie vom Verkehr als betriebliches Unterscheidungsmittel verstanden. Mangels sachbeschreibenden Inhalts sind Anhaltspunkte dafür, dass Dritte gegenwärtig oder künftig ein legitimes Interesse an der werblichen Verwendung der angemeldeten Marke für diese Waren und Dienstleistungen haben könnten, nicht erkennbar, so dass auch ein Freihaltungsbedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht besteht.

Grabrucker Baumgärtner Fink Cl






BPatG:
Beschluss v. 26.01.2005
Az: 29 W (pat) 83/03


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