Bundesgerichtshof:
Urteil vom 26. Juni 2014
Aktenzeichen: X ZR 6/11

(BGH: Urteil v. 26.06.2014, Az.: X ZR 6/11)

Tenor

Auf die Berufungen der Klägerinnen wird das am 17. November 2010 verkündete Urteil des 5. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts abgeändert.

Das europäische Patent 522 772 wird unter Abweisung der Klage im Übrigen mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass in den Patentansprüchen 1 und 14 die Worte "wirelesscall services" durch "wirelessvoicecall services", die Worte "wirelesscall traffic" durch "wirelessvoicecall traffic", die Worte "call traffic" durch "voice call traffic" und die Worte "individual calls" durch "individual voice calls" ersetzt werden, wobei jedoch die Worte "A Method of transporting wirelesscall traffic" zu Beginn von Patentanspruch 14 unverändert bleiben.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben. Von den Gerichtskosten tragen die Kläger jeweils ein Sechstel und die Beklagte die Hälfte.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Die Beklagte ist Inhaberin des am 30. Juni 1992 unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 9. Juli 1991 angemeldeten, mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 522 772 (Streitpatents). Das während des Berufungsverfahrens durch Zeitablauf erloschene Streitpatent umfasst 26 Patentansprüche, von denen Patentanspruch 1 in der Verfahrenssprache lautet:

"A wirelessaccess communications system (FIG. 2) comprising:

a plurality of service nodes (202) each providing wirelesscall services to user terminals located in a vicinity of the service node; a plurality of communications links (207, 210) connected to the plurality of service nodes, at least one link connected to each service node; at least one switching system (201:220) connected to the plurality of links for conveying wirelesscall traffic to and from the service nodes over the links; each service node including first means (242-245) responsive to wireless reception of deterministic incoming call traffic from user terminals, for transmitting packets carrying the incoming traffic of individual calls on the connected at least one link in nondeterministic, statisticallymultiplexed form, and further for receiving packets carrying outgoing traffic of the individual calls on the connected at least one link in nondeterministic, statisticallymultiplexed form for deterministic wireless transmission of the outgoing traffic to the user terminals and each switching system including second means (264) responsive to receipt of deterministic outgoing call traffic destined for user terminals served by a service node, for transmitting packets carrying the outgoing traffic of the individual calls in nondeterministic, statisticallymultiplexed form on the at least one link connected to the service node, and further for receiving packets carrying incoming traffic of the individual calls in nondeterministic, statisticallymultiplexed form on the at least one link connected to the service node for deterministic transmission of the incoming traffic to destinations of the incoming traffic, characterised in that the second means include means (622, 611, 602:970) for controlling time instants of transmission from the switching system of the packets carrying the outgoing traffic to ensure receipt of the transmitted packets, at a service node serving a user terminal for which the transmitted packets are destined, within predetermined windows of time, and means (621, 611, 602:912) for controlling time instants of transmission from the switching system of the incoming traffic to ensure receipt at the switching system of the packets carrying the incoming traffic within predetermined windows of time prior to the time instants of transmission of the received incoming traffic."

Das Patentgericht hat das mit der Klage der Klägerin zu 1 vom 28. August 2009 eingeleitete Patentnichtigkeitsverfahren mit den beiden weiteren, von den Klägerinnen zu 2 und 3 angestrengten Verfahren verbunden, wobei die Klägerin zu 3 die Klage am 1. Oktober 2009 erhoben hat.

Die Klägerinnen zu 1 und 3 haben beantragt, das Streitpatent insgesamt mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären, und hierfür eine unzulässige Erweiterung sowie mangelnde Patentfähigkeit geltend gemacht.

Die Klägerin zu 2 hat beantragt, das Streitpatent im Umfang der Patentansprüche 1, 6, 11, 14, 19 und 24 für nichtig zu erklären, und sich hierfür auf eine unzulässige Erweiterung, mangelnde Ausführbarkeit sowie mangelnde Patentfähigkeit berufen.

Das Patentgericht hat die Klagen abgewiesen. Hiergegen richten sich die Berufungen der Klägerinnen, mit denen sie jeweils ihre erstinstanzlich gestellten Anträge weiterverfolgen. Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil und hilfsweise das Streitpatent in vier geänderten Fassungen.

Als gerichtlicher Sachverständiger hat Prof. Dr.-Ing. J. ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Gründe

I. Das Streitpatent betrifft Verbindungen in einem Kommunikationssystem mit drahtlosem Zugang, insbesondere einem Mobilfunknetz.

1. Im vom Streitpatent zugrunde gelegten Stand der Technik sind Mobilfunknetze als zelluläres Funkfernsprechsystem bereits etabliert. Die Netze sind in eine Mehrzahl von Funkzellen (Dienstknoten, sonst häufig auch als Basisstationen bezeichnet) unterteilt, von denen jeweils die in ihrem Bereich befindlichen Benutzerendgeräte versorgt werden. Die Dienstknoten sind dabei jeweils über ein Vermittlungssystem sowohl untereinander als auch mit dem öffentlichen Fernsprechnetz verbunden. In dieser Netzstruktur erfolgt der Signalfluss aufgrund von verschiedenen Standards wie einem Frequenzaufteilungssystem (Frequency-Division Multiple Access - FDMA) oder einem Zeitaufteilungssystem (Time-Division Multiple Access - TDMA). Für die Funkschnittstelle zu den Benutzerendgeräten kommt ein Codemultiplexverfahren (Code-Division Multiple Access - CDMA) hinzu, bei dem jedes Nutzsignal teilnehmerspezifisch kodiert wird und eine erhebliche Kapazitätserweiterung erlaubt. Zudem erlaubt das CDMA-Verfahren eine Weiterschaltung von einer Funkzelle zur nächsten, bei der während des Übergangs für eine gewisse Zeit beide Funkzellen eine Verbindung zum Benutzerendgerät herstellen ("soft handoff" oder auch "soft handover"). Die Kapazitätserweiterung und die besonderen Anforderungen einer "weichen" Übergabe führen zu stärkeren Anforderungen an die Verkehrsleistung hinsichtlich der Architektur des Mobilfunknetzes, die mit den bestehenden Leitungen zwischen den Dienstknoten und den Vermittlungssystemen nicht leicht zu bewerkstelligen waren.

2. Das Streitpatent betrifft das technische Problem, die Verkehrsleistung in der Netzstruktur eines Kommunikationssystems mit drahtlosem Zugang zu steigern und zu verbessern.

Zur Lösung schlägt Patentanspruch 1 ein Kommunikationssystem mit drahtlosem Zugang vor, dessen Merkmale sich (im Wesentlichen mit dem Patentgericht) wie folgt gliedern lassen:

A eine Mehrzahl von Dienstknoten (202), die jeweils drahtlose Verbindungsdienste für in der Nähe des Dienstknotens befindliche Benutzerendgeräte bereitstellen; B eine Mehrzahl von mit der Mehrzahl von Dienstknoten verbundenen Kommunikationsstrecken (207, 210), wobei mit jedem Dienstknoten mindestens eine Strecke verbunden ist (at least one link connected to each service node); C mindestens ein mit der Mehrzahl von Strecken verbundenes Vermittlungssystem (201, 220) zur Übermittlung von drahtlosem Rufverkehr zu und von den Dienstknoten über die Strecken; D jeder Dienstknoten enthält erste Mittel (242-245), D1 die auf drahtlosen Empfang von deterministischem ankommenden Rufverkehr von Benutzerendgeräten reagieren zur Übertragung von Paketen, die den ankommenden Verkehr von Einzelanrufen auf der angeschlossenen (mindestens einen) Strecke in nichtdeterministischer, statistisch gemultiplexter Form enthalten, D2 und weiterhin zum Empfang von Paketen, die den abgehenden Verkehr der Einzelanrufe auf der angeschlossenen (mindestens einen) Strecke in nichtdeterministischer, statistisch gemultiplexter Form enthalten, zur deterministischen drahtlosen Übertragung des abgehenden Verkehrs zu den Benutzerendgeräten; E jedes Vermittlungssystem enthält zweite Mittel, E1 die auf den Empfang von deterministischem, für von einem Dienstknoten bediente Benutzerendgeräte bestimmten abgehenden Rufverkehr reagieren, zum Übertragen von Paketen, die den abgehenden Verkehr der Einzelanrufe in nichtdeterministischer, statistisch gemultiplexter Form auf der (mindestens einen) an den Dienstknoten angeschlossenen Strecke enthalten, E2 und weiterhin zum Empfang von Paketen, die ankommenden Verkehr der Einzelanrufe in nichtdeterministischer, statistisch gemultiplexter Form auf der mindestens einen an den Dienstknoten angeschlossenen Strecke zur deterministischen Übertragung des ankommenden Verkehrs zu Zielen des ankommenden Verkehrs enthalten, E3 sowie Folgendes umfassen:

F Mittel zur Steuerung von Zeitmomenten der Übertragung der den abgehenden Verkehr enthaltenden Pakete vom Vermittlungssystem (time instants of transmission from the switching system) zur Sicherstellung des Empfangs der übertragenen Pakete innerhalb vorbestimmter Zeitfenster an einem Dienstknoten, der das Benutzerendgerät bedient, für das die übertragenen Pakete bestimmt sind; G Mittel zur Steuerung von Zeitmomenten der Übertragung des ankommenden Verkehrs vom Vermittlungssystem (time instants of transmission from the switching system) zur Sicherstellung des Empfangs der den ankommenden Verkehr enthaltenden Pakete am Vermittlungssystem innerhalb vorbestimmter Zeitfenster vor den Zeitmomenten der Übertragung des empfangenen ankommenden Verkehrs.

3. Zur näheren Erläuterung ist Folgendes auszuführen:

a) Der Gegenstand des Streitpatents betrifft ein zur Nutzung von drahtlosen Zugängen eingerichtetes Kommunikationssystem, insbesondere ein System zur Kommunikation mit Mobilfunktelefonen, und weist dafür Dienstknoten (Basisstationen) und von diesen Knoten abgehende Kommunikationsstrecken zu einem Vermittlungssystem auf. Vom Vermittlungssystem wird die Kommunikation in andere Strukturen, insbesondere das öffentliche Festnetz, weitergeleitet (Merkmale A bis C).

Die Kommunikation ist teils deterministisch und teils nichtdeterministisch. Unter deterministischer Übertragung ist ein Signalfluss zu verstehen, bei dem Kommunikationsinhalte über ein Medium oder eine Frequenz zusammen mit Kommunikationsinhalten anderer Sender oder Empfänger übertragen werden können und dabei anhand eines Algorithmus wie des FDMA-, TDMA- oder CDMA-Verfahrens mit Hilfe der zeitlichen Lage, Frequenz oder Codierung die Zuordnung zu der jeweiligen Sendeund Empfangsbeziehung bestimmt wird. Es handelt sich um ein Multiplexen mit synchroner Signalübertragung, bei dem jeder Sende- und Empfangsbeziehung eine bestimmte Bandbreite für den jeweiligen Signalfluss garantiert ist, die auch beim Fehlen von zu übertragenden Kommunikationsinhalten (z.B. Sprechpausen) ausgeschöpft wird. Exemplarisch ist hierfür ein Zeitmultiplexsystem, bei dem einem Signalfluss zwischen einem bestimmten Sender und einem bestimmten Empfänger jeweils ein bestimmtes Zeitfenster in der Reihenfolge der weiteren Zeitfenster für andere Signalflüsse zugewiesen wird.

Bei der nichtdeterministischen Übertragung fehlt es an einem solchen Algorithmus. Die von mehreren Sendern stammenden und/oder an mehrere Empfänger gerichteten, über ein Medium oder eine Frequenz zu übertragenden Signale werden jeweils in Paketen von gegebenenfalls unterschiedlicher Größe zusammengefasst. Die Pakete enthalten Informationen über den Ursprung und/oder das Ziel des jeweiligen Signalflusses.

Dem Gegenstand des Streitpatents liegt insoweit eine Konstellation zugrunde, bei der - der Signalfluss zwischen den Benutzerendgeräten, insbesondere den Mobilfunktelefonen, und den Dienstknoten drahtlos und deterministisch übertragen wird,

- der Verkehr zwischen den Dienstknoten und dem Vermittlungssystem in nichtdeterministischer, mithin statistisch gemultiplexter Form stattfindet sowie - der weitere Verkehr vom Vermittlungssystem zu den weiteren Zielen der Kommunikation (zumindest zunächst) deterministisch übertragen wird; das Streitpatent nennt als weitere Ziele exemplarisch das öffentliche Festnetz, ist aber auf solche Ziele nicht beschränkt.

b) Die Verwendung der Begriffe "ankommender" bzw. "abgehender Rufverkehr" bezieht das Streitpatent auf die Vermittlungsstelle. Ankommender Rufverkehr wird in mehreren Stellen der Beschreibung als Verkehr beschrieben, in dessen Richtung unter anderem die Signale vom Dienstknoten an die Vermittlungsstelle gesendet werden, während im abgehenden Rufverkehr der Signalfluss von der Vermittlungsstelle in Richtung des Dienstknotens weitergeleitet wird (Streitpatent Sp. 14 Z. 17 bis 23; Sp. 34 Z. 19 bis 22, 32 bis 34, 50 bis 53). Beide Begriffe beziehen sich jeweils auf den gesamten Verkehr von einem Kommunikationspartner als Ausgangspunkt einer Kommunikation zum anderen Kommunikationspartner als dessen Endziel. Abgehender Rufverkehr beginnt deshalb nicht erst im Vermittlungssystem, sondern bei einem weiter entfernten Kommunikationspartner. Ankommender Rufverkehr endet nicht im Vermittlungssystem, sondern wird darüber hinaus an weitere Ziele weitergeleitet.

c) Der Wechsel zwischen einem deterministischem und einem nichtdeterministischem Signalfluss auf den jeweiligen Kommunikationsstrecken zwischen dem Benutzerendgerät, dem Dienstknoten, dem Vermittlungssystem und schließlich dem weiteren Ziel bedingt Mittel im Dienstknoten (Merkmalsgruppe D) und im Vermittlungssystem (Merkmalsgruppe E), die die jeweils hierfür erforderliche Anpassung vornehmen.

Dabei bezieht sich Merkmal D1 auf die Mittel, die die vom Benutzerendgerät ausgehende Kommunikation vom Dienstknoten für eine nichtdeterministische Übertragung zum Vermittlungssystem anpassen. Merkmal D2 betrifft die Mittel für die Anpassung der vom Vermittlungssystem ausgehenden, beim Dienstknoten eintreffenden, nichtdeterministischen Kommunikationspakete zur deterministischen Weiterleitung an die Benutzerendgeräte.

Merkmal E1 betrifft die Mittel für einen Signalfluss, der von den weiteren Kommunikationspartnern wie beispielsweise dem öffentlichen Festnetz stammt, beim Vermittlungssystem im Wege einer deterministischen Übertragung empfangen und von diesem System an den jeweiligen Dienstknoten nichtdeterministisch übertragen wird. Merkmal E2 betrifft die Mittel für die Gegenrichtung, mit der vom jeweiligen Dienstknoten gesendete Pakete beim Vermittlungssystem nichtdeterministisch eintreffen und die deterministisch an die weiteren Ziele wie das öffentliche Festnetz übertragen werden.

d) Merkmal F dient für den abgehenden Verkehr der Synchronisation zwischen regelmäßigen Abläufen im Vermittlungssystem, die der nichtdeterministischen Übertragung unmittelbar vorangehen, mit Abläufen im Dienstknoten, die ebenfalls einem bestimmten Takt unterliegen. Die Takte haben die gleiche Frequenz, aber, jedenfalls nicht notwendigerweise, die gleiche Zeitlage zueinander. Insbesondere kann ein solcher Versatz vorliegen, dass der Empfang der Signale im Dienstknoten im Hinblick auf eine Verringerung von Leerlaufzeiten sowie auf eine wegen der nichtdeterministischen Versendung zu erwartenden Verzögerungsfluktuation noch optimiert werden kann.

Die Synchronisation wird mit Mitteln im Vermittlungssystem bewirkt, die sich an den vom Dienstknoten für den Empfang der Pakete vorgegebenen Zeitfenstern orientieren. Dies bedingt Signale vom Dienstknoten an das Vermittlungssystem, um den Synchronisationsprozess an den zum Merkmal F gehörenden, vorbestimmten Zeitfenstern (predetermined windows of time) auszurichten. Die Zeitfenster fungieren als Toleranzspannen, so dass auf innerhalb dieser Fenster liegende Empfangszeitpunkte keine erneuten Synchronisierungsschritte folgen und damit ein kontinuierlicher Signalfluss entstehen kann. Die Steuerung der Synchronisation erfolgt ganz wesentlich auch durch das Vermittlungssystem, indem es den Sendezeitpunkt so bestimmt, dass der Empfang in das Zeitfenster fällt, der sich aus dem Takt ergibt, dem der Dienstknoten folgt. Steuerung im Sinne von Merkmal F (und G) versteht der Fachmann dabei nicht als einen willensgesteuerten, den gesamten Prozess beherrschenden oder überwachenden Ablauf, denn die hierbei zur Verwendung kommenden Mittel agieren willenlos. Sie folgen gemäß ihrer Programmierung und Verschaltung sämtlich den technischen Gegebenheiten, die sich aufgrund der menschlichen Handlungen an den Endgeräten für die jeweilige Verbindung unter Einschluss der weiteren Umweltfaktoren ergeben. In diesem Kontext gibt es weder beherrschende noch Mittel, die sich solchen Mitteln unterordnen.

Auch wenn sich das Bedürfnis für eine dem Merkmal F entsprechende Synchronisation insbesondere bei Sprachverkehr ergibt, wird in Merkmal F ein solcher Bezug nicht erwähnt. Vielmehr zeigt die in Merkmal F damit zum Ausdruck gebrachte Abstraktionsstufe, in dem diese sich von dem in der Beschreibung dargestellten Anwendungsbeispiel löst und keine Beschränkung auf Sprachverkehr vornimmt, dass Merkmal F nicht auf Sprachverkehr beschränkt ist.

e) Der Wortlaut des Merkmals G vermittelt dem Fachmann zunächst ein widersprüchliches Verständnis. Die Wendung "transmission from the switching system" wird in den Merkmalen F und G gleichlautend verwendet und bezieht sich in beiden Fällen auf die aus dem Vermittlungssystem übertragenen Verkehrsdaten. Da Merkmal G sich auf den ankommenden Verkehr bezieht, wären damit die Signale vom Vermittlungssystem zu den weiteren Zielen wie dem öffentlichen Festnetz gemeint. Übereinstimmend sagen aber auch die Merkmale F und G, dass die jeweils angesprochenen Steuerungsmittel ("means for controlling time instants of transmission") den zeitfenstergerechten Empfang der übertragenen Verkehrsdaten sicherstellen sollen ("to ensure receipt"). Im Falle des Merkmals G ist der Empfang "at the switching system", also am Vermittlungssystem, sicherzustellen und zwar innerhalb vorbestimmter Zeitfenster vor dem Zeitpunkt der weiteren Übertragung aus dem Vermittlungssystem zu den weiteren Zielen ("within predetermined windows of time prior to the time instants of transmission of the received incoming traffic").

Hierin liegt ein für den Fachmann klar erkennbarer Widerspruch, denn mit der Steuerung der Signale vom Vermittlungssystem zu den weiteren Zielen wie dem öffentlichen Festnetz kann nicht der Empfang der Signale am Vermittlungssystem sichergestellt werden; Ersterer folgt Letzterem, so dass die Steuerung auf den Empfang keinen Einfluss mehr nehmen kann.

Die Auflösung dieses Widerspruchs ergibt sich aus der stets bei der Auslegung eines Patentanspruchs mit heranzuziehenden Beschreibung und den Zeichnungen des Streitpatents. Für eine vom Vermittlungssystem gesteuerte Synchronisierung des ankommenden Verkehrs erläutert die Beschreibung anhand der nachfolgenden Figur 20 - quasi als Spiegelbild zur Synchronisierung des abgehenden Verkehrs gemäß Merkmal F -

An dieser Stelle befindet sich eine Abbildung.

eine Synchronisation des Prozessors (602) und des Vocoders (604) mit den Empfangszeitpunkten (1404) des ankommenden Verkehrs im Vermittlungssystem. Dabei wird anhand der vom Dienstknoten empfangenen Signalpakete aus deren Empfangszeitpunkten ein wiederkehrendes Zeitfenster (1402) bestimmt, in dem die noch folgenden Signalpakete zu erwarten sind. Mit einem gewissen, als Puffer wirkenden Abstand zu diesem Zeitfenster werden sodann die als Verkehrsrahmenzeiten geltenden Zeitpunkte (1406) verschoben (1410), zu denen der Prozessor (602) das Signalpaket an den Vocoder (604) weiterleitet und dieser im Takt der aus den Verkehrsrahmenzeiten (1406) folgenden Verkehrsrahmen (1408) eine Umformatierung der Sprachsignale vornimmt, bevor die Signale vom Vermittlungssystem an weitere Ziele wie dem öffentlichen Festnetz weiter übertragen werden (Streitpatent, Sp. 30 Z. 8 bis Sp. 31 Z. 34). Sowohl der Ausgang des Vocoders als auch die Übertragung an die weiteren Ziele unterliegen einem anderen Taktsignal, das nicht anhand der Empfangszeitpunkte der vom Dienstknoten empfangenen Signale verschoben werden kann (Streitpatent, Sp. 20 Z. 29 bis 35, Sp. 21 Z. 46 bis 48, Sp. 21 Z. 57 bis Sp. 22 Z. 2).

Mit der Synchronisation gemäß Merkmal G soll folglich nicht der Sendetakt gesteuert werden, mit dem die Signale des ankommenden Verkehrs vom Vermittlungssystem an weitere Ziele übertragen werden. Die Synchronisation steuert allein den Takt im Vermittlungssystem, mit dem empfangene Signale vom Prozessor an die nächste Verarbeitungsstufe in diesem System weitergegeben werden, so dass sich aus dem Empfangsfenster eine Toleranzspanne ergibt, innerhalb deren die Signale kontinuierlich für die nächste Operation weitergegeben werden können. Der Signalfluss an die nächste Verarbeitungsstufe ist damit frei von Lücken und sich daraus ergebenden Verzerrungen.

Das zu Figur 20 in der Beschreibung des Streitpatents erläuterte Beispiel zeigt demnach deutlich, dass mit Merkmal G der kontinuierliche Empfang für die nächste Operation im Vermittlungssystem sichergestellt werden soll, hierfür die Signale anhand eines zu bestimmenden Zeitfensters kurz gepuffert und sodann mit einem gesteuerten Takt zur nächsten Operation weitergeleitet werden, deren Operationstakt ebenfalls nach diesem Takt ausgerichtet ist.

Soweit die Rechtbank's-Gravenhage angenommen hat, Merkmal G sei wegen seines klaren Wortlauts einer Auslegung unter Heranziehung der Beschreibung nicht zugänglich, kann der Senat dem aus den vorstehend dargelegten Gründen mit dem Patentgericht nicht beitreten.

Ebenso wie in Merkmal F, zu dem sich Merkmal G spiegelbildlich verhält, ist dieses Merkmal nicht auf Sprachverkehr beschränkt. Auch wenn die Wortwahl in Merkmal G mit Unklarheiten und Widersprüchen behaftet ist, sind beide Merkmale ähnlich formuliert und zeigen damit eine für beide Merkmale gleiche Abstraktionsstufe, die durch das Fehlen jeglichen Bezugs auf den Sprachverkehr deutlich zu erkennen gibt, dass sie - wie auch der Gegenstand des Streitpatents insgesamt - nicht auf Sprachverkehr beschränkt sein sollen.

II. Das Patentgericht hat die Nichtigkeitsgründe der unzulässigen Erweiterung und der mangelnden Patentfähigkeit verneint und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:

1. Zu Merkmal F zeige Figur 19 der ursprünglichen Anmeldeunterlagen (übereinstimmend mit dem Streitpatent) dem Fachmann, bei dem es sich um einen Diplomingenieur der elektrischen Kommunikationstechnik mit Hochschulausbildung und besonderen Kenntnissen in der Signalübertragung und Systemstrukturierung von Kommunikationssystemen mit drahtlosem Zugang handele, ein Zeitdiagramm für die Synchronisation der vom Prozessor (602) des Vermittlungssystems bestimmten Paketsendezeitpunkte (1304 und 1305) mit den Eingangsfenstern (1302) des Kanalsegments im Dienstknoten. Wenn die empfangenen Signalpakete (1303) nicht in die vom Zellentakt vorgegebenen Zeitfenster (1302) fielen, werde das Sendeunterbrechungssignal Tx_INT_X verschoben, damit die Signalpakete (1306) fortan innerhalb des Empfangszeitfensters (1302) einträfen. Der Fachmann erkenne anhand dieser funktionalen Zusammenhänge, dass das für die korrekte Einstellung der Paketempfangszeitpunkte maßgebliche Steuermittel in Form des Prozessors im Vermittlungssystem angesiedelt sei. Dem stehe nicht entgegen, dass diese Steuerung eine Interaktion mit dem Kanalelement im Dienstknoten erfordere, weil der Prozessor im Vermittlungssystem gemäß dem in den Figuren gezeigten Ausführungsbeispiel nur auf Anforderung durch den Dienstknoten handele und somit dieser die eigentliche Kontrolle über die Verschiebung der Übertragungszeitpunkte ausübe. Auch wenn eine Meldung vom Dienstknoten an das Vermittlungssystem zwingend erforderlich sei, stehe gleichwohl fest, dass die Anpassung der Paketübertragungszeitpunkte durch den im Vermittlungssystem lokalisierten Mikroprozessor vorgenommen werde. Dem Fachmann springe dabei unmittelbar ins Auge, dass der Steuerungsprozess nur funktioniere, wenn der Prozessor im Vermittlungssystem vom Dienstknoten eine Führungsgröße erhalte. Dieser funktionsnotwendige Zusammenhang sei bei fachmännischer Auslegung des Merkmals F implizit umfasst.

Zu Merkmal G zeige Figur 20 einen - der Figur 19 ähnlichen - Ablauf mit dem Unterschied, dass die Paketsendezeiten nicht verändert werden könnten und damit auch deren Empfangszeiten vorgegeben seien. Diese könnten außerhalb eines Zeitfensters (1402) liegen, innerhalb dessen der Prozessor (602) eine Verarbeitung rechtzeitig vor der Weitergabe zum Vocoder (604) vornehmen könne. In diesem Falle bestimme der Prozessor eine Zeitdauer, um die er seine Rahmenübertragungszeit zum Vocoder verstellen müsse, damit die Empfangszeiten sicher in dem Zeitfenster liegen. Aus diesen Zusammenhängen entnehme der Fachmann eindeutig, dass die Synchronisation des zeitlichen Eintreffens der vom Dienstknoten ausgesendeten Pakete innerhalb eines Empfangsfensters durch den im Vermittlungssystem lokalisierten Prozessor (602) gesteuert werde.

Nach den ursprünglichen Anmeldeunterlagen gäben diese Mechanismen der Zeitanpassung einen Signalfluss über den Vocoder (604), mithin einen Sprachkodierer, wieder. Dies widerspreche jedoch nicht der dem Fachmann bekannten Nutzung des Sprachkanals auch zur reinen Datenübertragung.

2. Weiterhin sei der Gegenstand des Patentanspruchs 1 neu und beruhe auf erfinderischer Tätigkeit. Keine der vorgelegten Druckschriften offenbare ein Kommunikationssystem mit einem Vermittlungssystem, das ein Steuerungsmittel mit den Merkmalen F und G aufweise.

Ausgehend von der europäischen Patentschrift 426 269 (D1) sei dem Fachmann ein Kommunikationssystem mit einer Vielzahl von Dienstknoten bekannt, die entsprechend den Merkmalen A, B und C sowohl mit mehreren mobilen Benutzerendgeräten drahtlos kommunizieren als auch mit einem Vermittlungssystem über Kommunikationsstrecken in Verbindung stehen. In diesem System werde der Ruf- und Steuerverkehr über die Kommunikationsstrecken zwischen den Dienstknoten und dem Vermittlungssystem in Paketen in beiden Richtungen übermittelt (Merkmale D und D2), womit die Sprach- und Steuerinformationen mehrerer Dienstknoten konzentriert und über die Vermittlungsstellen an das Festnetz weitergeleitet werden könnten. Dabei erzeugten die Steuereinheiten der Dienstknoten aus den von den mobilen Benutzerendgeräten in einem synchronen Signalfluss eingehenden Steuer- und Sprachinformationen paketierte Informationen (Merkmal D1). Der Fachmann entnehme der weiteren Beschreibung der D1, dass die Informationen von den Vermittlungssystemen weitergegeben werden, wobei nicht nur der Signalaustausch zwischen Dienstknoten und Vermittlungssystem im asynchronen Transfermodus (ATM) und somit in nichtdeterministischer Weise erfolge, sondern auch der weitere Signalaustausch mit den Schaltknoten des öffentlichen Netzes. Die in den Merkmalen E bis G angesprochenen Synchronisierungsprobleme seien daher in der D1 nicht erwähnt.

Die Standardisierungsempfehlung GSM Recommendation 08.60 "Inbound Control of Remote Transcoders and Rate Adaptors" des GSM-Mobilfunkstandards, Version 2.2.0 vom 22. November 1988 (D2) und Version 3.1.0 vom 6. Juni 1989 (D2') offenbarten die Steuerung von Bausteinen zur Nutzung einer Schnittstelle (ABis-Interface) zwischen einer Base Transceiver Station (BTS) und einem Base Station Controller (BSC), die beide innerhalb einer Basisstation (eines Dienstknotens) angeordnet seien. Hierfür würden 64-kBit/s-Kanäle in mehrere Subkanäle aufgeteilt. Für den Fall, dass der BSC von der BTS entfernt angeordnet sei und somit der BSC über keine Informationen zur Funktaktung der Basissendeempfangsstation BTS verfüge, seien die Übertragungszeiten der Sprachrahmen zeitlich anzupassen. Hierfür erfolge eine Taktanpassung, indem die in der BTS enthaltene Kanalkodiereinheit (Chanel Codec Unit - CCU) die erforderliche Taktanpassung berechne und der BSC einen Rahmen mit der Anzahl von Zeitschritten zur Verzögerung der Rahmen des Codeumsetzers im BSC (Transcoder/Rate Adapter Unit - TRAU) zurückschicke. Der Fachmann folgere daraus, dass der Austausch der in einem Rahmen zusammengefassten Daten in einem vorgegebenen regelmäßigen Zeitfenster erfolge, sodass gemäß der Entgegenhaltung D2 nur deterministische Übertragungsmechanismen zur Anwendung kämen. Zudem werde das in der D2 offenbarte Synchronisationsverfahren nicht zwischen Dienstknoten und einem Vermittlungssystem, sondern zwischen zwei Subsystemen angewendet, die beide funktional unter dem Begriff "Dienstknoten" zusammenzufassen seien. Die Merkmale D bis G könnten daher der D2 nicht entnommen werden.

Der Fachartikel "Communication Service and Media Control Using ATM" in IEICE Transactions (Vol. E 74, Nr. 3, April 1991) von Murakami (D3) beschreibe ein Steuerungssystem zur Übertragung unter anderem von Mediendateien mit konstanter Bitrate (CBR) sowie einer Sprachkommunikation mit variabler Bitrate (VBR) unter Anwendung eines ATM-Übertragungsnetzwerks. Zur Übertragung über das ATM-Netzwerk würden die Bitströme zunächst in Paketen gesammelt. Die Pakete würden, wie bei einer ATM-Übertragung üblich, statistisch gemultiplext und erreichten den Empfänger deshalb aperiodisch. Es müsse deshalb im Empfänger ein Betriebstakt erzeugt werden, dessen Frequenz mit derjenigen des Taktes im Sender übereinstimme. Wegen der unterschiedlichen Kodierungsgeschwindigkeiten bei der Sprachkommunikation träfen die Pakete aperiodisch ein. Die Taktwiederherstellung beim Empfänger werde dadurch ermöglicht, dass den Paketen eine Paket-Generierungszeit oder Paket-Generierungspausenzeit in Form einer Zeitmarke hinzugefügt werde, die der Empfänger zur Abstimmung des Taktgebers auswerte. Der Fachmann entnehme dem lediglich, bei statistisch gemultiplexter Paketübertragung eine Taktwiederherstellung durch Auswertung einer mitübertragenen Zeitmarke vorzunehmen. Auf ein Vermittlungssystem werde nicht eingegangen.

Aufgrund der in diesen Entgegenhaltungen offenbarten Lehren würde der Fachmann nicht im Rahmen seines fachmännischen Handelns die in der D2 offenbarten Maßnahmen zur Rahmensynchronisation auf den Signalfluss zwischen einem Dienstknoten und einer Vermittlungsstation im Sinne des Streitpatents übertragen und hierfür die Synchronisation statistisch gemultiplexter Pakete in der Vermittlungsstation entsprechend anpassen. Der Entgegenhaltung D2 möge zwar ein Hinweis zu entnehmen sein, bei einer Zeiteinstellung der Sprachrahmen im Abwärtsverkehr die Rahmensynchronisationsfenster entsprechend umzustellen. Es habe aber nicht nahegelegen, diesen Vorgang auf ein Vermittlungssystem im Sinne des Streitpatents zu übertragen, denn die Art und Weise der Umstellung des Rahmensynchronisationsfensters sei in der D2 nicht weiter konkretisiert und die Umstellung werde nur in einem deterministischen Übertragungsprozess angewendet.

Ein Hinweis oder eine Anregung, in einem den Dienstknoten nachgeordneten Vermittlungssystem eine Steuerung der Empfangs- bzw. Absendezeitpunkte von Paketen innerhalb vorbestimmter Zeitfenster zu implementieren (Merkmale F und G), sei auch weder den übrigen vorgelegten Druckschriften zu entnehmen noch dem Fachmann aufgrund seines Fachwissens nahegelegt gewesen.

III. Dies hält der Nachprüfung im Berufungsverfahren hinsichtlich der erteilten Fassung des Streitpatents in einem entscheidenden Punkt nicht stand.

1. Der Gegenstand von Patentanspruch 1 geht über den Inhalt der Patentanmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus (Art. II § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 IntPatÜbkG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. c EPÜ).

a) Zur angemeldeten Erfindung gehört nach ständiger Rechtsprechung alles, was der mit durchschnittlichen Kenntnissen und Fähigkeiten ausgestattete Fachmann des betreffenden Gebiets der Technik der ursprünglichen Anmeldung unmittelbar und eindeutig als zur angemeldeten Erfindung gehörend oder als mögliche Ausführungsform dieser Erfindung entnehmen kann (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2012 - X ZR 117/11, BGHZ 194, 107 Rn. 52 mwN - Polymerschaum). Patentansprüche, Beschreibung und Zeichnungen der Anmeldeunterlagen sind dabei grundsätzlich gleichwertige Offenbarungsmittel (BGH, Urteile vom 30. Januar 2007 - X ZR 156/02, GRUR 2007, 578, 580 - rückspülbare Filterkerze; vom 18. Februar 2010 - Xa ZR 52/08, GRUR 2010, 599 Rn. 22 - Formteil).

b) Merkmal F ist auf das in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen (in Übereinstimmung mit dem Streitpatent) beschriebene Ausführungsbeispiel und hierbei insbesondere die Ausführungen zu Figur 19 gestützt (Anmeldung, S. 30 Z. 33 bis S. 33 Z. 29). Danach senden die Dienstknoten aufgrund des ihnen vorgegebenen Zellentaktes und den damit vorgegebenen Übertragungszeitpunkten für den abgehenden Verkehr an die Benutzerendgeräte dem Vermittlungssystem ein Signalpaket ("signalling packet", Streitpatent, Sp. 28 Z. 14 bis 21) mit Werten zur Verschiebung des Sendezeitpunkts zur Übertragung vom Vermittlungssystem, falls dies für eine optimale Übertragung der Signale und deren Verarbeitung angezeigt ist. Aufgrund dieses Signalpakets verschiebt der Prozessor (602) sodann im Vermittlungssystem den Zeitpunkt für die Umformatierung der Sprachsignale im Vocoder (604) und sendet die Signale zu einem Zeitpunkt, der unter Berücksichtigung der Übertragungsdauer zum Dienstknoten in ein Empfangszeitfenster fällt, an das sich die weitere Verarbeitung im Dienstknoten und die Übertragung der Signale an die Benutzerendgeräte unmittelbar anschließt. Dies hat das Patentgericht zutreffend näher ausgeführt.

c) Damit konnte der Fachmann, den das Patentgericht unangefochten und rechtsfehlerfrei definiert hat, ein durch Merkmal F näher charakterisiertes Kommunikationssystem den ursprünglichen Anmeldeunterlagen soweit als zur Erfindung gehörig entnehmen, wie dieses sich hinsichtlich der Merkmale F und G auf den Sprachverkehr bezieht.

In der Anmeldung war Anspruch 1 ganz allgemein auf ein Kommunikationssystem gerichtet, das lediglich durch die Merkmale A bis E2 definiert war. Hierdurch wurde dem Fachmann in der Anmeldung verdeutlicht, dass es für die zur Erfindung angemeldete technische Lehre in ihrer allgemeinsten Form nicht darauf ankommen sollte, ob Mittel vorhanden sind, die die Zeitmomente der Übertragung des Verkehrs aus dem Vermittlungssystem steuern, indem sie die anhand des Ausführungsbeispiels beschriebene Anpassung des Sendezeitpunkts des abgehenden Verkehrs an die Empfangszeitfenster des Dienstknotens vornehmen und die Verarbeitung der Pakete des ankommenden Verkehrs so verändern, dass sie ein taktgerechtes internes Empfangszeitfenster erhalten. Soweit von den in der Beschreibung für das Ausführungsbeispiel angegebenen Details für das Merkmal F im Wege der Abstraktion verallgemeinert wurde, geht dies hinsichtlich der Methode der Synchronisation daher nicht über dasjenige hinaus, was nach dem Gesamtzusammenhang der Unterlagen für den Fachmann auf der durch Anspruch 1 der Anmeldung vorgegebenen Abstraktionsstufe im Sinne einer allgemeinen technischen Lehre als zur angemeldeten Erfindung gehörend zu entnehmen war. Die Formulierung des Patentanspruchs in Merkmal F beachtet, dass das Erfordernis der unmittelbaren und eindeutigen Offenbarung nichts daran ändert, dass wertend entschieden werden muss, was dem Fachmann als Erfindung und was ihm als bloßes Ausführungsbeispiel der Erfindung offenbart ist (BGH, Urteil 11. Februar 2014 - X ZR 107/12, GRUR 2014, 542 Rn. 22 f. - Kommunikationskanal). Auch bei einer Beschränkung ist der Anmelder deshalb nicht gehindert, die anhand eines Ausführungsbeispiels beschriebene Erfindung in ihrer allgemeinsten, für den Fachmann erkennbaren Form zu beanspruchen.

Solche Verallgemeinerungen sind nach ständiger Rechtsprechung vornehmlich dann zulässig, wenn von mehreren Merkmalen eines Ausführungsbeispiels, die zusammengenommen, aber auch für sich betrachtet dem erfindungsgemäßen Erfolg förderlich sind, nur eines oder einzelne in den Patentanspruch aufgenommen werden. Die hierbei zu beachtende Grenze, dass mit der Abstraktion nicht auf eine solche nicht genannte Eigenschaft abgehoben werden darf, die auch für den Fachmann nicht ohne weiteres erkennbar war, wird mit Merkmal F in Bezug auf die Darstellung der Synchronisationsmethode nicht überschritten (vgl. BGH, Urteile vom 17. Juli 2012 - X ZR 117/11, BGHZ 194, 107 Rn. 52 - Polymerschaum; vom 14. August 2012 - X ZR 3/10, GRUR 2012, 1133 Rn. 32 - UV-empfindliche Druckplatte).

Ursprungsoffenbart ist daher ein nach Merkmal F ausgestaltetes Telekommunikationssystem auch im Hinblick auf den von den Berufungen angeführten und schon vom Patentgericht zutreffend für nicht durchgreifend erachteten Gesichtspunkt, dass das im Ausführungsbeispiel erwähnte Kanalelement nicht in den Patentanspruch aufgenommen worden ist. Dass im Ausführungsbeispiel das Kanalelement des Dienstknotens dem Vermittlungssystem signalisiert, ob und in welchem Maße eine Verschiebung der Zeitmomente für das Senden des abgehenden Verkehrs erforderlich ist, ändert, wie das Patentgericht zutreffend ausgeführt hat, nichts daran, dass der Übertragungszeitpunkt vom Vermittlungssystem gesteuert wird und zwingt daher nicht zur Erwähnung im Patentanspruch. Zudem erwähnt Merkmal F ausdrücklich als Ziel der Synchronisation die Zeitfenster im Dienstknoten und gibt auch damit zu erkennen, dass an dem Steuerungsprozess vom Dienstknoten kommende Informationen beteiligt sind.

d) Merkmal G, dessen Bedeutung sich im Wesentlichen aus der Auslegung aufgrund der Beschreibung des Streitpatents erhellt und diese Beschreibung wortgleich bereits in der Anmeldung enthalten war (S. 33 Z. 30 bis S. 39 Z. 17), fand sich deshalb hinsichtlich der Synchronisationsmethode ebenso in der Anmeldung als zur Erfindung gehörig wieder.

Auch insoweit war es nicht erforderlich, jedes Detail des Synchronisationsablaufs aus der Beschreibung in den Patentanspruch aufzunehmen. Der Fachmann erkennt unmittelbar, dass die in der Beschreibung beschriebenen Abläufe verallgemeinert der technischen Funktion des Abpuffern der vom Dienstknoten gesendeten und am Vermittlungssystem empfangenen Signale in ein Empfangszeitfenster dienen, um sodann dem Vocoder einen kontinuierlichen Signalfluss bereitstellen zu können, der aufgrund der sich aus dem Empfangszeitfenster ergebenden Toleranzspanne im weiteren Verlauf der Verbindung möglichst wenig weiterer Anpassung bedarf.

e) Indessen fehlt in der ursprünglichen Anmeldung zumindest in Bezug auf Merkmal G eine Offenbarung, die auch eine Synchronisation von anderen als Sprachsignalen im ankommenden Verkehr als zur Erfindung gehörig zeigen würde.

Die Beschreibung des Streitpatents beschreibt eine Synchronisation für den ankommenden Verkehr anhand der Figur 20 allein zu dem Zweck, die Taktsignale des Prozessors so zu verschieben, dass die Operationen des Vocoders genau zu den Zeitpunkten stattfinden, aus denen sich ein davor liegendes Empfangszeitfenster errechnet, in dem die Signale vom Dienstknoten optimal empfangen werden. Dies ermöglicht es dem Vocoder, die Sprachsignale weitestgehend kontinuierlich, mithin ohne Lücken und mit möglichst wenigen weiteren Synchronisationsschritten, zu übertragen, damit dieser die Sprachsignale auf die für das öffentliche Festnetz erforderliche Bitrate kontinuierlich dekomprimieren kann und ein an diese Bitrate angepasstes durchgehendes Audiosignal erzeugt wird.

Komprimierungs- oder Dekomprimierungsvorgänge mit anderen Signalen als Sprachsignalen werden im Streitpatent nicht angesprochen. Wie der gerichtliche Sachverständige in der Verhandlung überzeugend dargestellt hat, ergab es für den Fachmann zum Prioritätszeitpunkt in Bezug auf Kommunikationssysteme mit drahtlosem Zugang und speziell für den Mobilfunk allein beim Sprachverkehr einen Sinn, solche Komprimierungs- und Dekomprimierungsschritte vorzunehmen. Im Zusammenhang mit der Beschreibung der Synchronisation des ankommenden Verkehrs in den Anmeldeunterlagen des Streitpatents kamen ihm allein Sprachsignale in den Blick.

Es gab somit für den Fachmann keine Anhaltspunkte, die in den Anmeldeunterlagen allein für den Vocoder beschriebene Synchronisation im ankommenden Verkehr im Wege der Abstraktion in einer auch andere Signaltypen umfassenden Weise zu verallgemeinern und deshalb als zur Erfindung gehörig zu erkennen. Diese mit Merkmal G auch für andere Signale als Sprachsignale vom Gegenstand des Patentanspruchs 1 umfasste Synchronisation des ankommenden Verkehrs geht folglich über den Offenbarungsgehalt der ursprünglichen Anmeldeunterlagen hinaus.

2. Für eine andere Sichtweise auf Patentanspruch 14, der als Verfahrensanspruch inhaltlich dem Gegenstand des Patentanspruch 1 entspricht, sowie auf die sich auf Patentanspruch 1 bzw. Patentanspruch 14 beziehenden Unteransprüche ist weder etwas geltend gemacht noch ersichtlich.

IV. Indessen erweist sich der Gegenstand des Streitpatents in der Fassung des Hilfsantrags III als rechtsbeständig, der im Hinblick auf die zu III erläuterte unzulässige Erweiterung entsprechend den ausdrücklichen Maßgaben der Beklagten zur Antragstellung in der mündlichen Verhandlung nach dem Hauptantrag zuerst zu prüfen ist.

1. Hilfsantrag III modifiziert die Patentansprüche 1 und 14 in der Sache wie in der Urteilsformel angegeben und beschränkt damit das Streitpatent auf den Sprachrufverkehr.

Diese Fassung geht damit nicht über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldeunterlagen hinaus, die insbesondere mit Bezug auf die Merkmale F und G anhand der Figuren 19 und 20 Synchronisationsabläufe unter Einbeziehung des Vocoders und somit für den ankommenden und den abgehenden Sprachverkehr zeigen.

2. Der Gegenstand des Streitpatents ist in der Fassung des Hilfsantrags III neu und beruht auf erfinderischer Tätigkeit.

a) Die Merkmale A, B und C beschreiben die im Stand der Technik bekannte Netzstruktur eines Mobilfunknetzes mit Dienstknoten und einem Vermittlungssystem sowie Kommunikationsstrecken dazwischen und darüber hinausgehend. Dies war dem Fachmann unstreitig bekannt und geläufig.

b) Die Schrift D1 beschreibt ein Telekommunikationssystem, in dem die Basisstationen (Dienstknoten) eines Mobilfunknetzes über Ortsvermittlungsstellen mit Vermittlungsstellen verbunden sind, die den Anschluss zum öffentlichen Telefonnetz herstellen (Sp. 1 Z. 4 bis 14).

Sie schlägt hierfür vor, die Basisstationen unter Verwendung einer Baum- und Verzweigungsstruktur mit einem ATM-Vermittlungsknoten zu verbinden, wobei die Daten in Paketform übermittelt werden (Sp. 3 Z. 2 bis 13). Dazu sind mit den Basisstationen Mittel verbunden, die dem Paketieren von Steuerungs- und Datensignalen dienen (Sp. 1 Z. 50 bis Sp. 2 Z. 7 = Übers. S. 3 Z. 16 bis 24); entsprechend Figur 4 leiten Paketierer/Depaketierer die Sprachinformationen in Form von Paketen an die Router weiter (Sp. 5 Z. 26 bis 31). Mit den Routern sind unter anderem die Vermittlungsstellen verbunden, die die Pakete von den Basisstationen in Empfang nehmen (Sp. 6 Z. 48 bis 57). Auf diese Weise wird eine ATM-Kreuzverbindungs- und ATM-Ortsvermittlungsstelle konfiguriert, die die Adressierungsmechanismen der Basisstationen handhaben kann und mit einem Zonenbetrieb kompatibel ist (Sp. 7 Z. 24 bis 27).

Für sich genommen offenbart der Wortlaut der D1 mit den Begrifflichkeiten des Streitpatents zunächst keines der weiteren Merkmale des Gegenstands des Streitpatents. Es ist jedoch der Einschätzung des Patentgerichts zu folgen, dass der ATM-Verkehr zwischen den Basisstationen und den Vermittlungsstellen vom Fachmann als eine nichtdeterministische Übertragung und folglich die in der D1 genannten Paketierer und Depaketierer von ihm als Mittel entsprechend der Merkmale D1 und D2 verstanden werden, die den deterministischen Verkehr zwischen Benutzerendgeräten und den Basisstationen in nichtdeterministischen Verkehr für den Signalfluss zwischen den Basisstationen und einem Vermittlungssystem umformen.

c) Die Entgegenhaltung D2 enthält eine Empfehlung für die Übertragung des Signalflusses für den Fall, dass eine Basis-(Sende-Empfangs-)Station (Base Transceiver Station - BTS), die die Funkschnittstelle zu den Mobilfunktelefonen darstellt, entfernt vom Basisstationssteuergerät (Base Station Controller - BSC) steht, das den Codeumsetzer/Bitratenadapter (Transcoder/Rate Adaptor Unit - TRAU) enthält und mit diesem über eine ABis-Schnittstelle verbunden ist. Über diese Schnittstelle wird der Signalfluss in festen Rahmen übertragen; gegebenenfalls werden leere Rahmen übertragen (S. 16 unter 4.5). Es handelt sich daher um eine deterministische Übertragung, deren Zeitmomente jedoch nicht anhand eines gleichen Taktes mit der Empfangsstation synchronisiert sind (S. 16 unter 4.6.1).

Der Codeumsetzer (TRAU) entspricht funktionell dem Vocoder nach dem Streitpatent, indem er die Sprachsignale im abgehenden Verkehr von einer 64-Kbit/s-Rate verlustbehaftet in eine 16-Kbit/s-Rate umwandelt und im ankommenden Verkehr umgekehrt (Sachverständigengutachten S. 34 Fn. 1).

Die D2 beschreibt ein Verfahren, mit dem der Zeitpunkt verschoben werden soll, zu dem das Steuergerät in "Downlink-Richtung" (d.h. für den abgehenden Verkehr im Sinne des Streitpatents) Rahmen erzeugt und an die Basisstation sendet. Mit diesem Verfahren soll der Zeittakt der Basisstation angeglichen werden. Hierfür sendet die Kanalcodierungseinheit (Chanel Codec Unit - CCU), die dem im Streitpatent beschriebenen Kanalelement (245) entspricht, der Basisstation ein Steuerungssignal, demzufolge das Steuergerät die TRAU-Rahmen um definierte Schritte verschiebt (D2, S. 17 f. unter 4.6.1.1, S. 18 unter 4.6.1.2).

Als Synchronisationsmethode entspricht dies funktionell dem Merkmal F. Merkmal F bezieht sich indessen im Zusammenhang mit den Merkmalen D2 und E1 auf die Synchronisation von nichtdeterministisch übertragenen Paketen. Da die D2 keinen nichtdeterministischen Signalfluss zeigt, erfüllt sie das Merkmal F nicht vollständig.

d) Die Schrift D3 beschreibt die Lösung von Problemen im Signalfluss bei der Verwendung von ATM-Paketen in einem Netzwerk mit Audio- und Videosignalen und bezieht sich dabei insbesondere auch auf interaktive Dienste wie Telefonverbindungen (D3, S. 772 r. Sp. bis S. 773 l. Sp. unter 2.). Die D3 zeigt auf, dass bei solchen Diensten mit einer konstanten Bitrate die ATM-Vermittlung mit statistischem Multiplexen zu aperiodisch eintreffenden Empfangssignalpaketen führt. Diese Verzögerungsfluktuation bei den ankommenden Zellen muss beim Empfänger eliminiert werden, um den ursprünglichen Bitstrom wieder zusammensetzen zu können. Dabei muss auch der Takt basierend auf der Taktgeschwindigkeit der Quelle wieder hergestellt werden (D3, S. 773 l. Sp. unter 2.1) Vor dieser Taktrückgewinnung gilt es, die Verzögerungsfluktuation zu eliminieren (S. 773 l. Sp. unter 2.2 (i)). Hierfür werden die Pakete für eine maximale Verzögerung in einem Netzwerk gepuffert, nachdem das erste Paket eintrifft. Die erforderliche Pufferkapazität hängt von der maximalen Verzögerung und einer Dienstrate ab (S. 774 l. Sp. unter 2.3 (iii)).

Die Entgegenhaltung D3 betrifft damit wie das Merkmal G die Aufgabe, Verzögerungsfluktuationen durch einen Puffer zu eliminieren und so einen jitterfreien, mithin kontinuierlichen Signalfluss zu erzielen. Die D3 lehrt jedoch, diese Eliminierung beim Empfänger vorzunehmen, während Merkmal G bereits im Vermittlungssystem vor dem Vocoder einen kontinuierlichen Signalfluss zu erzeugen sucht. Vor allem aber zeigt die D3 kein Empfangsfenster als Toleranzbereich, anhand dessen bestimmt wird, ob die zuletzt vorgenommene Synchronisation beibehalten wird oder erneut vorzunehmen ist. Merkmal G wird von der D3 deshalb nicht vollständig gelehrt.

e) Unabhängig von der Frage, ob und inwieweit der Fachmann Veranlassung hatte, die Lehren aus den Entgegenhaltungen D1, D2 und D3 miteinander zu kombinieren, hätte ihn dies auch unter Anwendung seines Fachwissens nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des Streitpatents mit seinen Merkmalen F und G geführt.

Eine Übertragung der Lehre aus der D2 zur Synchronisation des abgehenden Verkehrs auf eine nichtdeterministische Verbindung zwischen dem Vermittlungssystem und einem Dienstknoten hätte den Fachmann vor die Schwierigkeit gestellt, dass bei einer solchen Verbindung - anders als bei der deterministischen ABis-Verbindung zwischen einem BSC und einer BTS gemäß der D2 - durch das statistische Multiplexen eine erheblich größere Fluktuation in der Verzögerung des Empfangszeitpunkts beim Dienstknoten auftritt. Wie der Sachverständige überzeugend ausgeführt hat, hatte der Fachmann wegen dieser Fluktuation keinen Anlass, die in der D2 beschriebene Synchronisation auf eine nichtdeterministische Verbindung entsprechend dem Merkmal F zu übertragen, weil ihm der Stand der Technik keine Methode an die Hand gab, mit der er wegen dieser Variationen nicht stets eine erneute Synchronisation hätte durchführen müssen und die während der Verbindungen gleichwohl erforderlich werdenden Synchronisationen möglichst unauffällig hätte vornehmen können. Das Streitpatent löst dieses Problem durch die sich aus dem Empfangszeitfenster ergebenden Toleranzspannen (Streitpatent, Sp. 32 Z. 43 bis 57) und mit kurzen Ticks, die das vom Vocoder erzeugte Sprachsignal kurzzeitig unterbrechen oder verlängern (Streitpatent, Sp. 33 Z. 8 bis Sp. 35 Z. 1). Ein Vorbild für diese Methode fand sich weder im druckschriftlichen Stand der Technik noch gehörte sie zum allgemeinen Fachwissen, um so den sich aus der fortwährenden Fluktuation der bei nichtdeterministischen Verbindungen auftretenden Verzögerungen angemessen begegnen zu können.

Insoweit enthielt auch der in der D3 vorgesehene Verzögerungspuffer keine Anregung, um zusammen mit dem allgemeinen Fachwissen zum Merkmal G oder F zu gelangen. Dieser Verzögerungspuffer soll gemäß der D3 schlicht zu Beginn einer Verbindung auf einen maximalen Wert eingestellt werden (D3, S. 774 l. Sp. unter 2.3 (iii)), womit sich eine weitere Anpassung der Synchronisation für den weiteren Verlauf der Verbindung erübrigen soll. Diese maximale Verzögerung führt indessen zu hohen Latenzzeiten in einer Mobilfunksprechverbindung, die die Teilnehmer an den jeweiligen Endgeräten entsprechend den Ausführungen des Sachverständigen mitunter nicht bereit sind zu akzeptieren. Ein Modus, der eine fortwährende Anpassung der Synchronisation auch während eines Gesprächs ermöglicht, wird von der D3 indessen nicht gezeigt.

f) Die weiteren Entgegenhaltungen liegen vom Gegenstand des Streitpatents noch weiter weg oder kommen bestenfalls gleich nah an diesen heran wie die Schriften D1, D2 und D3.

Dies gilt insbesondere auch für die als Anlage A25 vorgelegte Diplomarbeit von H.J. Steneker mit dem Thema "X.25 data services in GSM: GSM-PSPDN interworking". Für diese Entgegenhaltung fehlt es zudem an einem hinreichenden Beweisantritt für die von der Beklagten bestrittene öffentliche Zugänglichkeit der Arbeit vor dem Prioritätszeitpunkt. Der unter Beweis gestellte Umstand, dass Diplomarbeiten an der Technischen Universität Eindhoven in der Regel vor der Erteilung des Abschlusszeugnisses, welches dem Verfasser in diesem Fall am 30. Mai 1991 erteilt worden sein soll, der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden, lässt nicht auf die für eine Überzeugungsbildung erforderliche Gewissheit schließen, dass dies auch im Falle der Diplomarbeit von Steneker der Fall war. Wie den vorgelegten Erklärungen zu entnehmen ist, konnte von dem Erfordernis, die Arbeit der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, insbesondere dann eine Ausnahme gemacht werden, wenn mit der vorzeitigen Veröffentlichung der patentrechtliche Schutz eines Unternehmens hätte gefährdet werden können. Der Umstand allein, dass die angebotenen Zeugen sich heute an die Gewährung einer solchen Ausnahme oder andere Gründe für ein abweichendes Procedere nicht zu erinnern vermögen, lässt nach mehr als 20 Jahren nicht mit Gewissheit auf das Gegenteil schließen.

3. Der Senat hat ohne sachliche Abweichung von Hilfsantrag III die Teilnichtigerklärung durch Einfügungen in der Verfahrenssprache vollzogen.

V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG, § 92 Abs. 1, § 100 Abs. 1 ZPO.

Meier-Beck Grabinski Hoffmann Schuster Kober-Dehm Vorinstanz:

Bundespatentgericht, Entscheidung vom 17.11.2010 - 5 Ni 137/09 (EU) -






BGH:
Urteil v. 26.06.2014
Az: X ZR 6/11


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/cabf2d2e4020/BGH_Urteil_vom_26-Juni-2014_Az_X-ZR-6-11




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