Landgericht Hamburg:
Urteil vom 26. Mai 2009
Aktenzeichen: 312 O 726/08

(LG Hamburg: Urteil v. 26.05.2009, Az.: 312 O 726/08)

Tenor

I. Die Beklagten werden verurteilt,

1. unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten es zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr das Zeichen €C...€ für Flugzeugmodelle zu benutzen, insbesondere dieses Zeichen auf Flugzeugmodellen, ihrer Aufmachung oder Verpackung anzubringen, unter diesem Zeichen Flugzeugmodelle einzuführen oder auszuführen oder das Zeichen im Geschäftsverkehr oder in der Werbung für Flugzeugmodelle zu benutzen;

2. dem Kläger unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer 1 bezeichneten Handlungen begangen haben und zwar unter Angabe

a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen und Bestellungen, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und €preisen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer;

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und €preisen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Herstellungs- und Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, der nicht durch den Abzug von Fixkosten und variablen Gemeinkosten gemindert ist, es sei denn, diese können ausnahmsweise den im Urteilsausspruch zu Ziffer 1 genannten Gegenständen unmittelbar zugeordnet werden, wobei die Beklagten hinsichtlich der Angaben zu lit. a) und b) Auftragsbelege, Auftragsbestätigungen, Rechnungen sowie Liefer- und Zollpapiere vorzulegen haben

3. an den Kläger gesamtschuldnerisch € 2.080,50 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.11.2008 zu zahlen.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der ihm durch die unter Ziffer 1 bezeichneten, begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits wie Gesamtschuldner.

V. Das Urteil ist hinsichtlich der Unterlassungsverpflichtung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 125.000,00, hinsichtlich des Auskunftsanspruches gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 15.000,00 und hinsichtlich des Zahlungsanspruches sowie der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger handelt unter der Firma J. mit Modellbauartikeln. Er betreibt unter der Adresse www.j...de eine Internetseite. Er ist Inhaber der beim D. ... am 07.02.2008 angemeldeten und am 01.07.2008 eingetragenen Wortmarke 30 2008 008 294 €C...€ (vgl. Anlage K 2). Sie beansprucht Schutz in den Klassen 07, 09, 12 und 28, dort insbesondere für verkleinerte Modelle von Flugzeugen, Spielzeugflugzeuge und ferngesteuerte Spielzeugflugzeuge.

Die Beklagten zu 2. und 3. sind ausweislich Anlage B 9 Gesellschafter (€Inhaber€) der Beklagten zu 1. Sie bieten seit 2007 über die € nach streitigem Beklagtenvortrag € deutsche Niederlassung des Unternehmens H. ebenfalls Flugzeugmodelle an. Der Vertrieb findet über eine Filiale in Köln sowie über die Internetseite www.h...de statt. Der Kläger erwarb dort im August 2008 ein Flugzeugmodell, dessen Abbildung auf der Internetpräsenz der Beklagten die Bezeichnung €C...€ enthielt (vgl. Anlage K 4). Diese Bezeichnung war ebenfalls auf der dem Modell beigefügten Bedienungsanleitung (Anlage K 6) angebracht.

In Dänemark existiert eine für die Firma S. H. eingetragene Marke €C...€, die am 10.06.2008 angemeldet wurde. In Österreich besteht Schutz für eine Marke €C...€ zugunsten der Firma M. L., die am 16.09.2008 angemeldet wurde.

Mit Schreiben vom 23.05.2008 mahnte der Kläger die Beklagte zu 1. wegen Benutzung der Marke €J.€ ab.

Der Kläger forderte die Beklagte zu 1. mit Schreiben vom 14.07.2008 auch zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung wegen der Marke €C...€ auf. Mit Schreiben vom 07.08.2008 (Anlage K 8) erklärten die Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1., dass diese eine solche Erklärung nicht abgeben werde. Unter dem 25.08.2008 ließ der Kläger die Beklagte €H.€ förmlich abmahnen (Anlage K 9). Eine Reaktion hierauf erfolgte nicht.

Die Beklagten haben mit Schreiben vom 01.09.2008 beim D. ... einen Löschungsantrag gegen die streitgegenständliche Marke des Klägers gestellt.

Der Kläger behauptet unter Verweis auf das Anlagenkonvolut K 11, er habe die Marke €C...€ auf seinen Flugzeugen und Verpackungen benutzt und legt hierzu einen Auszug aus seiner Lieferantenliste für den Zeitraum zwischen 18.10.2000 und 21.02.2001 vor (Anlage K 10). Er behauptet jährliche Umsätze mit Modellen der Marke €C...€ zwischen € 225.000,00 und € 600.000,00 und tritt hierzu Zeugenbeweis an. Weiter legt er hierzu ein Konvolut von Rechnungen aus den Jahren 2003, 2006 und 2007 vor (Anlage K 21).

Der Kläger beantragt:

I. Die Beklagten werden verurteilt,

1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr das Zeichen €C...€ für Flugzeugmodelle zu benutzen, insbesondere dieses Zeichen auf Flugzeugmodellen, ihrer Aufmachung oder Verpackung anzubringen, unter diesem Zeichen Flugzeugmodelle einzuführen oder auszuführen oder das Zeichen im Geschäftsverkehr oder in der Werbung für Flugzeugmodelle zu benutzen;

2. dem Kläger unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer 1 bezeichneten Handlungen begangen haben und zwar unter Angabe

a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen und Bestellungen, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und €preisen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer;

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und €preisen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Herstellungs- und Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, der nicht durch den Abzug von Fixkosten und variablen Gemeinkosten gemindert ist, es sei denn, diese können ausnahmsweise den im Urteilsausspruch zu Ziffer 1 genannten Gegenständen unmittelbar zugeordnet werden, wobei die Beklagten hinsichtlich der Angaben zu lit. a) und b) Auftragsbelege, Auftragsbestätigungen, Rechnungen sowie Liefer- und Zollpapiere vorzulegen haben

3. an den Kläger gesamtschuldnerisch € 2.080,50 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9. September 2008 zu zahlen.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der ihm durch die unter Ziffer 1 bezeichneten, begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Die Beklagten beantragen,

a. die Klage abzuweisen;

b. hilfsweise, das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Löschungsantrag bezüglich der Klagemarke Register-Nr. ... auszusetzen;

c. ebenfalls hilfsweise, auch im Fall nur teilweisen Unterliegens, den Beklagten zu gestatten, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung abzuwenden;

d. den Beklagten zu gestatten, eine etwa notwendige Sicherheitsleistung auch in Gestalt einer selbstschuldnerischen Bürgschaft eines als Steuer- und Zollbürgen zugelassenen Kreditinstituts zu erbringen.

Die Beklagten behaupten, sie hätten seit 2005 Modellflugzeuge, -fahrzeuge und €helikopter in Dänemark vertrieben und seit der Gründung der Beklagten zu 1. im Jahre 2007 solche Produkte des chinesischen Unternehmens Firma C. M. unter der Marke €C...€ in Deutschland angeboten und vertrieben. Sie hätten hierdurch eine Bekanntheit der C...-Produkte in Deutschland erzielt.

Im Einzelnen behaupten die Beklagten, sie hätten zur Steigerung des Bekanntheitsgrads der Marke €C...€ in Deutschland eine G. Kampagne gestartet und legen als Beleg hierfür die Anlage B 6 vor, aus der hervorgeht, dass eine mit dem Status €Pausiert€ versehene Kampagne namens €C...€ im Zeitraum vom 31.01.2006 bis zum 10.07.2008 40.920 Klicks erzielte und Kosten von € 35.511,51 verursachte. Weiter verweisen sie auf die Anlage B 6a, aus der hervorgehe, dass die Beklagten in einer Anzeige in der Fachzeitschrift €...€ im November 2007 eine Anzeige geschaltet hätten, in der das Flugzeugmodell €G... ...€ das Kennzeichen €C...€ auf dem Rumpf und der rechten Tragfläche erkennen lasse.

Die Beklagten behaupten, sie hätten Werbeaufwendungen für Anzeigen (€ 3.300,00), die G. Kampagne (€ 5.000,00), Teile ihres Internetauftritts sowie für die Zurverfügungstellung von Modellflugzeugen für Vereine (€ 1.000,00) in Höhe von insgesamt über € 10.000,00 gehabt. Sie behaupten, von August bis Dezember 2007 einen Umsatz mit C...-Produkten von € 8.000,00 und von Januar bis 07.02.2008 einen Umsatz von € 2.000,00 gemacht zu haben.

Sie behaupten, der Kläger habe die Bezeichnung €C...€ nie genutzt, und das entsprechende Kennzeichen auf den Verpackungen der von ihm verkauften Flugzeuge überklebt (vgl. Anlage B 7).

Die Beklagten sind der Auffassung, ein ihnen zustehender wertvoller Besitzstand ergebe sich bereits aus den ihnen entstandenen Aufwendungen für Werbung.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien samt deren Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 28.04.2009 verwiesen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und zum größten Teil begründet.

I.

1. Unterlassungsanspruch

Der Kläger hat einen Anspruch auf Unterlassung gegen die Beklagten aus § 14 Abs. 5, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1, 2 und 5 MarkenG.

a. Grundsätzlich ist danach derjenige, der ohne Zustimmung des Inhabers einer Marke im geschäftlichen Verkehr ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren benutzt, die mit denjenigen identisch sind, für die die Marke Schutz genießt, dem Inhaber gegenüber zur Unterlassung der Benutzung verpflichtet.

Die Waren sind identisch. Die vom Kläger gehaltene Marke genießt Schutz für verkleinerte Modelle von Flugzeugen, Spielzeugflugzeuge und ferngesteuerte Spielzeugflugzeuge.

Die Beklagten bietet Flugzeugmodelle an. Die Werbung und die den Modellen beigefügte Anleitung sind mit einem Kennzeichen versehen, die mit der für den Kläger eingetragenen Marke €C...€ identisch ist.

b. Die Beklagten wenden ein, die Marke sei löschungsreif, da sie bösgläubig angemeldet worden sei, und nehmen ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Schutz gegen eine unzulässige Sperrwirkung als Mittel des Wettbewerbskampfs in Anspruch. Diese Einwendung greift nicht durch.

aa. Wegen des im Immaterialgüterrecht geltenden Territorialitätsgrundsatzes handelt der Mitbewerber im Allgemeinen im kennzeichenrechtlich zulässigen Freiraum, wenn er im Inland ein Zeichen als Marke anmeldet, das für einen anderen bereits im Ausland identisch als Marke geschützt ist. Die Kenntnis des Anmelders allein, dass ein ausländischer Schutz bereits besteht, soll nicht ausreichen, um sein Verhalten als unlauter i.S. des § 3 UWG oder als sittenwidrig i.S. des § 826 BGB zu beurteilen. Erst wenn zu dieser Kenntnis besondere Umstände hinzutreten, die das Verhalten des Anmelders als wettbewerbswidrig erscheinen lassen, steht laut höchstgerichtlicher Rechtsprechung der markenrechtliche Territorialitätsgrundsatz der Anwendung des UWG nicht entgegen (Ullmann, GRUR 2009, 364, 366 mwN).

bb. Die Löschungsreife einer eingetragenen Klagemarke wegen absoluter Schutzhindernisse, die Gegenstand der Prüfung im Eintragungsverfahren waren (§ 50 iVm §§ 3, 7, 8 MarkenG), kann im Verletzungsprozess wegen der Bindung des Verletzungsrichters an die Eintragung (vgl. für die Gemeinschaftsmarke Art. 95 Abs. 1 GMV) nicht als Einwendung geltend gemacht werden. Zulässig ist aber der Einwand der Löschungsreife wegen bösgläubiger Anmeldung (Ullmann, GRUR 2009, 364, 365), da dieser Löschungsgrund im Eintragungsverfahren vom D. ... nicht geprüft wird (Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl., § 14 Rn. 15 mwN zur a. F. des § 50 MarkenG).

Die Beklagten trifft hierbei unter Anwendung des § 292 ZPO (vgl. Ahrens, GRUR 2009, 196) die Darlegungs- und Beweislast für das Vorhandensein der Voraussetzungen einer bösgläubigen Anmeldung.

cc. Wie ausgeführt, ist es im Allgemeinen rechtlich unbedenklich, wenn im Inland ein Zeichen als Marke in Kenntnis des Umstands angemeldet wird, dass ein Anderer dasselbe oder ein verwechselbar ähnliches Zeichen im Ausland als Marke für gleichartige oder sogar identische Waren benutzt. Nur wenn zur Kenntnis von der Benutzung besondere Umstände hinzutreten, die das Verhalten des Anmelders als wettbewerbswidrig erscheinen lassen, steht der markenrechtliche Territorialitätsgrundsatz der Anwendung des UWG nicht entgegen. Solche besonderen Umstände können darin liegen, dass der Zeicheninhaber in Kenntnis eines schutzwürdigen Besitzstands des Vorbenutzers ohne zureichenden sachlichen Grund für gleiche oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen die gleiche oder eine zum Verwechseln ähnliche Bezeichnung mit dem Ziel der Störung des Besitzstands des Vorbenutzers oder in der Absicht, für diesen den Gebrauch der Bezeichnung zu sperren, als Kennzeichen hat eintragen lassen oder dass der Zeichenanmelder die mit der Eintragung des Zeichens kraft Markenrechts entstehende und wettbewerbsrechtlich an sich unbedenkliche Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einsetzt (zum Ganzen BGH, GRUR 2008, 621, 623 € AKADEMIKS mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

Demnach müssten folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

(1) Die Annahme eines schutzwürdigen Besitzstandes der Beklagten setzt voraus, dass das von den Beklagten genutzte Zeichen im Inland zum Prioritätszeitpunkt am 07.02.2008 entweder auf Grund einer im Inland erfolgten Nutzung (vgl. BGH, GRUR 1998, 412 [414] - Analgin) oder im Hinblick auf eine überragende Verkehrsgeltung im Ausland (vgl. BGH, GRUR 1967, 298, 301 € Modess; vgl. auch BGH, GRUR 2003, 428, 433 € BIG BERTHA) eine gewisse Bekanntheit erreicht hat (BGH, GRUR 2008, 621, 623 € AKADEMIKS).

((1)) Die Beklagten haben eine Bekanntheit durch Nutzung im Inland nicht in hinreichendem Maße belegt.

In einer Gesamtschau ist eine nennenswerte Nutzung vor dem Prioritätszeitpunkt nach jetzigem Stand nicht vorgetragen. Die behaupteten Umsätze und eine einzige Anzeige in einer Fachzeitschrift reichen jedenfalls nicht aus.

Die als Beleg für die Nutzung der Marke €C...€ durch die Beklagten vorgelegte Anlage B 4 mit den Angeboten der Beklagten zu 1 auf der Internetseite www.h...de stammt vom 19.07.2008 und ist daher ungeeignet, eine Nutzung im Prioritätszeitpunkt am 07.02.2008 zu belegen.

Die von der Beklagten im nachgelassenen Schriftsatz vom 12.05.2009 erstmalig aufgestellte Behauptung, dass schon zum Zeitpunkt der Anmeldung der Klagemarke auf den Internetseiten der Beklagten Flugzeugmodelle mit der Bezeichnung €C...€ angeboten worden seien, hilft der Beklagten deswegen nicht weiter, weil nach den o. g. Anforderungen der Rechtsprechung (auch) dies dazu geführt haben müsste, dass das von den Beklagten genutzte Zeichen im Inland zum Prioritätszeitpunkt am 07.02.2008 eine gewisse Bekanntheit erreicht hatte. Dies ist € mangels Angabe etwa der Zahl der Angebote und Besucherzahlen der Website oder der im Internetverkauf in dem Zeitraum vor dem Prioritätszeitpunkt erzielten Umsätze € nicht hinreichend spezifiziert dargetan.

Die Beklagten können durch ihre Google AdWord-Kampagne namens €C...€ (vgl. Anlage B 6) keine eigene Nutzung im Inland belegen. Zwar ist davon auszugehen, dass eine derart benannte Kampagne auch mit diesem Schlüsselwort operiert. Jedoch geht aus der Anlage B 6 nicht hervor, dass diese Kampagne in Deutschland stattfand; im Gegenteil legt eine andere dort genannte Kampagne namens €Germany€ nahe, dass €C...€ gerade nicht in Deutschland beworben wurde; auch die Anlage B 11 zeigt eine dänische Website, allerdings mit deutschem Anzeigentext. Außerdem geht der Zeitraum der Abfrage (Anlage B 6) vom 31.01.2006 bis zum 10.07.2008, also bis etwa fünf Monate nach dem maßgeblichen Prioritätszeitpunkt. Es ist mangels näherer Angaben zur Kampagne €C...€ nicht auszuschließen, dass sämtliche Klicks und Kosten nach dem Prioritätszeitpunkt entstanden.

Die von den Beklagten weiter angeführte Anlage B 6a lässt zwar das Flugzeugmodell €G... ...€, nicht hingegen das Kennzeichen €C...€ auf dem Rumpf und der rechten Tragfläche erkennen.

Die von den Beklagten behaupteten Werbeaufwendungen für Anzeigen, die G. Kampagne, Teile ihres Internetauftritts sowie für die Zurverfügungstellung von Modellflugzeugen für Verein in Höhe von insgesamt über € 10.000,00 belegen ebenfalls keine hinreichende Bekanntheit durch Nutzung im Inland. Zum einen greifen auch hier die eben genannten Bedenken. Zum anderen bleibt unklar, weswegen anteilige Kosten der Webseite von etwa € 1.000,00 als Werbeaufwendungen für €C...€ anzusehen seien.

Eine Bekanntheit im Inland ergäbe sich auch nicht durch die € streitigen € Umsätze der Beklagten mit €C...€-Produkten von € 10.000,00 für den Zeitraum von August 2007 bis 07.02.2008. Bei einem € von Klägerseite unter Verweis auf Anlage B 4 vorgetragenen und unbestrittenen € durchschnittlichen Verkaufspreis von € 200,00 für ein Flugzeug entspricht dies nämlich lediglich einem bundesweiten Verkauf von 50 Flugzeugen in einem halben Jahr. Der Markt für Flugzeugmodelle ist aber nicht so eng, dass der Verkauf von 50 Flugzeugen in diesem Zeitraum zu einer nennenswerten Bekanntheit im Markt führte. Bereits deswegen ist entgegen der Beklagtenansicht unerheblich, ob das D. ... in einer Entscheidung aus dem Jahre 2000 einen Jahresumsatz von etwa DM 21.000,00 als ausreichend zur Schaffung eines wertvollen Besitzstandes angesehen hat. Auch der von den Beklagten hierzu zitierte Beschluss des BPatG (GRUR 2009, 64) ist unbehelflich, da der dortige Umsatz von € 300,00 sich nicht auf einen wertvollen Besitzstand bezog, sondern lediglich als ausreichend für die rechtserhaltende Benutzung einer Marke angesehen worden ist.

((2)) Der ebenfalls mögliche Erwerb eines schutzwürdigen Besitzstandes durch eine überragende Verkehrsgeltung im Ausland (BGH GRUR 1967, 298, 302 € Modess; OLG Karlsruhe, GRUR 1997, 373, 374 € NeutralRed) ist nicht dargetan. Die Beklagten behaupten nicht, dass sie im Ausland, speziell in Dänemark, Flugzeugmodelle unter der Bezeichnung €C...€ in Verkehr bringen oder dass sie hierdurch eine überragende Verkehrsgeltung erzielt hätten.

((3)) Es ist auch nicht hinreichend dargetan, dass der Kläger zum Prioritätszeitpunkt am 07.02.2008 Kenntnis von einem anerkennenswerten Besitzstand der Beklagten hatte. Zwar dürfen an den Nachweis der Kenntnis keine hohen Anforderungen gestellt werden Es handelt sich um ein subjektives Tatbestandsmerkmal, dessen Vorliegen regelmäßig nur indirekt anhand objektiver Gegebenheiten festgestellt werden kann (BPatG GRUR 2001, 744, 748 € S 100). Anders als in der Entscheidung des BPatG hatten die Parteien hier aber keine langjährigen direkten Geschäftsbeziehungen. Die Auffassung der Beklagten, der Markt für Modellflugzeuge sei sehr klein, reicht hingegen nicht aus. Ein Kennenmüssen reicht jedenfalls nicht, eine ständige Marktbeobachtungspflicht existiert nicht.

Eventuell würden aber andere Streitigkeiten zwischen den Parteien genügen. Hieraus könnte man auf eine gegenseitige Beobachtung der Parteien schließen. Eine Abmahnung des Klägers wegen Verletzung der Marke €J.€ datiert aber vom 23.05.2008, also nach dem Prioritätsdatum.

(2) Der Kläger hat die gleiche Bezeichnung für gleiche oder gleichartige Waren eintragen lassen.

(3) Die Eintragung müsste ohne zureichenden sachlichen Grund geschehen sein. Ein solcher Gesichtspunkt wäre es, wenn der Kläger die Marke nie benutzt hätte. Unerheblich ist hierbei, ob die Benutzung vor oder nach Markeneintragung erfolgt ist.

Die Beklagten sind generell darlegungs- und beweispflichtig für die Voraussetzungen ihrer Einrede und damit auch für die Nichtbenutzung durch den Kläger. In diesem Zusammenhang wird relevant, dass die Beklagten die Nichtbenutzung durch den Kläger durch das Überkleben des entsprechenden Bildkennzeichens zu belegen suchen (Anlage B 7).

Mangels Einsichtsmöglichkeit ist demnach vom Kläger zu verlangen, dass er darlegt und beweist, dass er die Marke nutzt. Dies ist geschehen. Der Kläger behauptet, er habe die Marke auf seinen Flugzeugen benutzt (vgl. Anlage K 11), legt weiter einen Auszug aus seiner Lieferantenliste für den Zeitraum zwischen 18.10.2000 und 21.02.2001 vor (Anlage K 10) und behauptet jährliche Umsätze mit Modellen der Marke €C...€ zwischen € 225.000,00 und € 600.000,00.

Ungeeignet ist allerdings die Lieferantenliste (Anlage K 10), in der €C... Firma C. M.€ als Lieferant aufgeführt ist. Dies gilt auch für die Rechnungen gemäß Anlagenkonvolut K 21. Eine Nutzung der Marke €C...€ durch den Kläger ist damit nicht dargetan.

In der Anlage K 11 sind aber diverse Flugzeugmodelle und Verpackungen abgebildet, auf denen die Marken des Klägers €J.€ und €C...€ nebeneinander verwendet werden. Konkrete Einwände gegen die Echtheit der einzelnen Bestandteile der Anlage K 11 haben die Beklagten nicht erhoben.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist eine Benutzung der Marken des Klägers €J.€ und der Marke €C...€ nebeneinander auf einem Flugzeugmodell auch eine markenmäßige, insbesondere herkunftshinweisende Benutzung. Sie deutet darüber hinaus lediglich auf eine wie auch immer geartete Kooperation oder eine anderweitige Verflechtung hin, nimmt den beiden Einzelmarken aber keine herkunftshinweisende Bedeutung.

Die € bestrittene € Behauptung der Beklagten (unter Bezugnahme auf Anlage B 10), die chinesische Herstellerfirma der Flugzeuge, die Firma C. M., mache Rechte an der Bezeichnung €C...€ geltend und habe sich mit dem Kläger über eine (Rück-)Übertragung der Markenrechte geeinigt, ist hier und auch sonst irrelevant, da hierdurch das Verhältnis zu den Beklagten nicht betroffen ist.

(4) Die Nutzung der Bezeichnung müsste mit dem Ziel der Störung des Besitzstands des Vorbenutzers oder in der Absicht, für diesen den Gebrauch der Bezeichnung zu sperren, geschehen sein. Auch hieran sind keine hohen Anforderungen zu stellen (BPatG, GRUR 2000,0 809, 811 € SSZ). Die ersichtlich gegebene Wettbewerbssituation zwischen den Parteien genügt hierfür aber nicht. Auch aus den von den Beklagten zitierten Entscheidungen (BGH, GRUR 1986, 74, 77 € Shamrock III; BGH GRUR 2000, 1032, 1034 € EQUI 2000) geht jedenfalls nicht hervor, dass dies bereits ein hinreichendes Kriterium wäre.

Anders wäre dies evtl. zu beurteilen, wenn der Kläger die Marke überhaupt nicht benutzt hätte. Dies ist jedoch nach dem oben Gesagten nicht der Fall.

(5) Selbst wenn man das Erfordernis eines schutzwürdigen Besitzstandes (hier der Beklagten) nicht annähme, sondern eine wettbewerbswidrige Behinderungsabsicht (des Klägers) für die Annahme einer bösgläubigen Markenanmeldung genügen ließe, ergäbe sich kein den Beklagten günstigeres Ergebnis. Die Schwelle der als bloße Folge des Wettbewerbs hinzunehmenden Behinderung zu einer solchen wettbewerbswidrigen Behinderung ist erst überschritten, wenn das betreffende Verhalten bei objektiver Würdigung der Umstände in erster Linie auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung des Mitbewerbers und nicht auf die Förderung des eigenen Wettbewerbs gerichtet ist. Soweit eine Benutzungsabsicht vorliegt, dient die Markenanmeldung grundsätzlich auch dem eigenen Produktabsatz. Die Absicht, die Marke zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einzusetzen, braucht jedoch nicht der einzige Beweggrund zu sein; vielmehr reicht es aus, wenn diese Absicht das wesentliche Motiv ist (BGH, GRUR 2000, 1032, 1034 - EQUI 2000). Daher ist die Annahme einer Unlauterkeit nicht allein durch den eigenen Benutzungswillen ausgeschlossen. Vielmehr erfordert die Subsumtion unter § 4 Nr. 10 UWG eine Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls (BGH, GRUR 2008, 621, 624 € AKADEMIKS).

Führt man sich unter diesem Aspekt die oben genannten Gesichtspunkte erneut vor Augen, ist eine wettbewerbswidrige Behinderungsabsicht nicht anzunehmen.

dd. Die Anmeldung einer Marke kann auch dann als wettbewerbswidrig zu beurteilen sein, wenn der Anmelder weiß, dass ein identisches oder verwechslungsfähig ähnliches Zeichen im Ausland bereits für zumindest gleichartige Waren benutzt wird, das ausländische Unternehmen die Absicht hat, das Zeichen in absehbarer Zeit auch im Inland zu benutzen, und sich dem Anmelder diese Absicht zumindest aufdrängen musste (BGH, GRUR 1969, 607 [609] - Recrin; GRUR 1987, 292 [294] - KLINT; BGH, GRUR 2008, 621, 623 f. € AKADEMIKS; vgl. auch GRUR 2008, 160 Rdnr. 21 € CORDARONE).

Die demnach notwendige Kenntnis des Klägers von der Nutzung der jetzigen Marke des Klägers oder eines verwechslungsfähigen Zeichens durch die Beklagten im Ausland ist aber nicht dargetan.

ee. Die Marke des Klägers ist auch nicht deswegen löschungsreif, weil sie als Agentenmarke gem. § 11 MarkenG anzusehen wäre. Ausreichend, aber grundsätzlich auch erforderlich für die Annahme eines Agentenverhältnisses ist ein Vertragsverhältnis, das zur Wahrnehmung der Interessen des Geschäftsherrn im geschäftlichen Verkehr verpflichtet; reine Güteraustauschverträge reichen dagegen nicht aus (BGH, GRUR 2008, 611, 613).

Die diesbezügliche Auffassung der Beklagten, der Kläger sei nach eigener Auskunft Absatzmittler der Firma C. M. mit der Verpflichtung, deren Interessen wahrzunehmen, findet im Vortrag des Klägers keine Stütze. Dargelegt sind lediglich Güteraustauschverträge.

ff. Das Verfahren war auch nicht gemäß § 148 ZPO bis zur Entscheidung im Löschungsverfahren auszusetzen. Voraussetzung hierfür ist eine konkrete Erfolgsaussicht des Löschungsverfahrens (Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl., § 14 Rn. 15; Ahrens, GRUR 2009, 196, 197; vgl. auch BGH, GRUR 2000, 888 (889) - Mag-Lite). An dieser fehlt es.

2. Der Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch steht dem Kläger aus §§ 19 Abs. 1 und 3 MarkenG, 242 BGB zu.

3. a. Der Kostenerstattungsanspruch hinsichtlich der Abmahnkosten ergibt sich aus § 14 Abs. 6 MarkenG. Die Abmahnung war begründet.

Die Beklagten trifft auch ein Verschuldensvorwurf, nämlich mindestens Fahrlässigkeit hinsichtlich der Nutzung der Klagemarke. Sie waren durch das der förmlichen und kostenpflichtigen Abmahnung vorausgehende Schreiben des Klägers vom 14.07.2008 bereits gewarnt.

b. Der geltend gemachte Zinsanspruch ist allerdings nur teilweise € aus Verzug € begründet.

Die Fristsetzung bis zum 08.09.2008 in der Abmahnung vom 25.08.2008 (Anlage K 9) begründet noch keinen Verzug. An einer Mahnung oder ähnlichem fehlt es. Zinsen stehen dem Kläger damit erst seit Rechtshängigkeit, mithin seit dem 29.11.2008, aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB zu.

Die Höhe der Zinsen beträgt nicht € wie geltend gemacht € acht, sondern fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz gemäß § 288 Abs. 1 BGB. § 288 Abs. 2 BGB ist nicht einschlägig, da es sich nicht um eine Entgeltforderung handelt.

II.

Der Feststellungsanspruch folgt ebenfalls aus § 14 Abs. 6 MarkenG.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, 2 ZPO. Den Beklagten war nicht zu gestatten, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung abzuwenden; die Voraussetzungen des § 712 ZPO haben die Beklagten nicht dargelegt oder glaubhaft gemacht.






LG Hamburg:
Urteil v. 26.05.2009
Az: 312 O 726/08


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