Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 13. April 2010
Aktenzeichen: I-20 U 186/08

(OLG Düsseldorf: Urteil v. 13.04.2010, Az.: I-20 U 186/08)

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Wuppertal vom 24. Juni 2008 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das Wort „insbeson-dere“ entfällt.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Voll-streckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 25.000,00 Euro abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Voll-streckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

Beide Parteien sind im Teppicheinzelhandel tätig. Der Kläger unterhält in W., der Beklagte unterhält in S. ein Ladenlokal, in denen sie jeweils Endkunden Orientteppiche anbieten.

Der Beklagte ließ mit der Ausgabe der … Zeitung vom 6. Juli 2007 eine Werbebeilage verbreiten, in der er unter der Überschrift "Liquidation unglaublicher Einzelstücke im Auftrag einer deutschen Großbank" mit der Aussage "Das war noch nie da" für ein Orientteppichangebot warb. Unter dieser Ankündigung stehen in einer Reihe fünf Kästchen, die jeweils einen Kalendertag bezeichnen. Beginnend mit Freitag, 06. Juli, und endend mit Dienstag, 10. Juli (2007), werden der Wochentag, das Datum und die Öffnungszeiten genannt. Das Kästchen für Sonntag, 08. Juli, ist mit dem Wort "Extra" überschrieben, einem Sternchenhinweis ist zu entnehmen, dass an diesem Tag keine Beratung und kein Verkauf stattfinden. Die Mitte der Seite prägt eine Abbildung mehrerer ausgewählter Orientteppiche, über die in großen, sich vor dem dunklen Hintergrund weiß abhebenden Lettern die Angabe "Nur 5 Tage!" gelegt ist.

Eine weitere Werbebeilage ließ der Beklagte genau eine Woche später mit der Ausgabe der … Zeitung vom 13. Juli 2007 verbreiten, in der er erneut unter der Überschrift "Liquidation unglaublicher Einzelstücke im Auftrag einer deutschen Großbank" sein Orientteppichangebot diesmal mit der Aussage "... geht in die heiße Phase!" bewarb. Es folgt wieder eine Reihe mit fünf Kästchen, in denen jeweils ein Kalendertag, beginnend mit Freitag, 13. Juli 2007, und endend mit Dienstag, den 17. Juni 2007, aufgelistet ist. Die Mitte der Seite prägt auch hier eine Abbildung mehrerer ausgewählter Orientteppiche, über die in großen, sich vor dem dunklen Hintergrund weiß abhebenden Lettern die Angabe "Nur noch 5 Tage!" gelegt ist.

Acht Tage später ließ der Beklagte eine dritte Werbebeilage mit der Ausgabe der … Zeitung vom 21. Juli 2007 verbreiten, die diesmal mit "Letztmalige Gelegenheit! Sparkasse beauftragt zur Liquidation, Liquidation unglaublicher Einzelstücke im Auftrag einer Sparkasse aus NRW" überschrieben war. Es folgt die Aussage "Die letzten 4 Tage vor Bankinventur!" und die Ankündigung eines Rabatts von "Jetzt 82%".

Auf die als Anlagen ASt 2, ASt 3 und ASt 7 im vorangegangenen und beigezogenen Verfügungsverfahren 14 O 93/07 (LG Wuppertal) vorgelegten Werbebeilagen sowie deren dem landgerichtlichen Urteil beigefügte Kopien wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.

Der Kläger erachtet diese Werbeaktion als wettbewerbsrechtlich unlauter. Der Werbung vom 6. Juli 2007 und der vom 13. Juli 2007 sei jeweils für den Verkehr zu entnehmen gewesen, dass die Verkaufsaktion am 10. Juli beziehungsweise am 17. Juli 2007 ihr Ende finden sollte. Tatsächlich seien die Preisvorteile jedoch nicht nur über den 10. Juli 2007, sondern sogar über den 17. Juli 2007 hinaus beworben worden, wie die Werbung vom 21. Juli 2007 zeige. Dies sei weder mit dem Transparenzgebot noch dem Irreführungsverbot vereinbar. Einer nach Erscheinen der zweiten Werbung mit Anwaltsschreiben vom 18. Juli 2007 ausgesprochenen Abmahnung war kein Erfolg beschieden.

Der Beklagte ist dem bereits erstinstanzlich entgegengetreten. Er hat vorgetragen, bei den Ankündigungen vom 6. und 13. Juli 2007 handele es sich schon nicht um Ankündigungen von Sonderveranstaltungen, er habe nicht mit Preisvorteilen geworben. Alle Werbungen seien im Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung objektiv zutreffend gewesen. Eine Unrichtigkeit könne sich allenfalls aus späteren, nachfolgend eingetretenen Umständen, nämlich der weiteren Gewährung von Preisvorteilen ergeben. Eine im Zeitpunkt der Veröffentlichung zulässige Werbung könne jedoch nicht durch nachträglich eingetretene Umstände unzulässig werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil, Bl. 67 ff. d. GA., Bezug genommen.

Das Landgericht hat dem Beklagten bei Meidung von Ordnungsmitteln untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in Zeitungsanzeigen und/oder Werbebeilagen für den Verkauf von Teppichen mit besonderen Preisvorteilen, insbesondere mit Angaben wie "Liquidation unglaublicher Einzelstücke im Auftrag einer deutschen Großbank" und "Das war noch nie da", verbunden mit der Nennung von aufeinanderfolgenden Verkaufstagen zu bewerben, insbesondere, wenn dies wie in vorbeschriebenen Werbebeilagen geschieht, wenn die solchermaßen angekündigten Preisvorteile über das Ende der Befristung hinaus gewährt werden. Desweiteren hat das Landgericht die Verpflichtung des Beklagten zu Schadensersatz festgestellt und ihn zur Erstattung der Abmahnkosten verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Werbung sei irreführend gewesen. Der verständige Verbraucher entnehme den Werbebeilagen, dass Teppiche zu den angegebenen Sonderpreisen nur an genannten Tagen angeboten würden. Aufgrund der Aufmachung der Werbung und der kurzen Abfolge der Veröffentlichungen habe die Kammer keinen Zweifel daran, dass der Beklagte die Gesamtaktion von Anfang an so geplant habe.

Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner form- und fristgerecht eingelegten und innerhalb Berufungsbegründungsfrist ordnungsgemäß begründeten Berufung.

Der Beklagte trägt vor, eine irreführende Werbung könne nur dann vorliegen, wenn bei Erscheinen der Werbung das Erwartungsbild des Verbrauchers mit den tatsächlichen Gegebenheiten nicht übereinstimme. Später eintretende Umstände könnten eine Irreführung nicht begründen. Einem Händler, der sein Geschäft aufgeben wolle, könne eine Verlängerung seines unter Angabe des Endtermins angekündigten Räumungsverkaufs nicht verwehrt werden, wenn der Verkauf schlecht laufe. Die Annahme des Landgerichts, er habe die Gesamtaktion von Anfang an geplant, werde vom erstinstanzlichen Vorbringen nicht gedeckt. Im Übrigen begegne die Fassung des Verbotstenors Bedenken, da nicht erkennbar sei, was unter solchermaßen beworbenen Preisvorteilen zu verstehen sei. Für die Feststellung einer Schadensersatzpflicht fehle es in Anbetracht der räumlichen Distanz der Parteien an der erforderlichen Schadenswahrscheinlichkeit. Zudem sei es unmöglich, eine Kausalität zwischen Handlung und Schaden substantiiert darzustellen.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 24.06.2008 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass das Wort "insbesondere" entfällt.

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Im Übrigen komme es allein darauf an, wie der Adressat die Werbung verstehe. Eine Werbung, die sich im Nachhinein als objektiv unrichtig erweise, könne nicht mit Verweis auf eine ursprünglich andere Absicht des Werbenden gerechtfertigt werden. Im Übrigen spreche die zeitliche Nähe der Aktionen für eine von Anfang so geplante einheitliche Verkaufsaktion.

II.

Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Kläger ist gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG aktiv legitimiert. Zwischen den Parteien besteht ein konkretes Wettbewerbsverhältnis i. S. des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG. Sie betätigen sich auf demselben sachlich, räumlich und zeitlich relevanten Markt (BGH, GRUR 2007, 1079, 1080 - Bundesdruckerei). Beide Parteien handeln mit Orientteppichen. Dass der Kläger sein Ladenlokal in W., der Beklagte hingegen seines in S. unterhält, steht der Annahme eines Wettbewerbsverhältnisses nicht entgegen. Das Verbreitungsgebiet der … Zeitung umfasst beide Städte, bei hochpreisigen Waren wie Orientteppichen sind die potentiellen Kunden durchaus bereit, für ein gutes Angebot eine etwas längere Anfahrt in Kauf zu nehmen. Auch der Beklagte stellt im Übrigen das Bestehen eines Wettbewerbsverhältnisses nicht in Abrede.

Der Kläger hat gegenüber dem Beklagten einen Anspruch auf Unterlassung der erneuten Werbung mit zuvor als befristet angekündeter Preisvorteile zeitnah nach dem in der vorangegangenen Werbung angegebenen Endzeitpunkt wie geschehen in den mit den Ausgaben der … Zeitung vom 6., 13. und 21. Juli 2007 verbreiteten Werbebeilagen aus § 8 Abs. 1 S. 1 i.V. mit §§ 3, 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG.

Die Werbemaßnahme des Beklagten war irreführend. Der Beklagte hat die am Kauf eines Orientteppichs interessierten Verkehrskreise darüber getäuscht, dass die in der … Zeitung vom 6. Juli 2007 angekündigte Verkaufsveranstaltung nicht definitiv am 10. Juli 2007 beendet ist.

Der durchschnittlich informierte, situationsadäquat aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher versteht die Bewerbung von Orientteppichen mit den Aussagen "Liquidation unglaublicher Einzelteile im Auftrag einer deutschen Großbank" und "Das war noch nie da!" in der Verbindung mit der Nennung von fünf aufeinander folgenden, konkret bezeichneten Kalendertagen dahingehend, dass er die Orientteppiche an den genannten Tagen zu einem besonders günstigen Preis erwerben kann. Liquidationen von Warenbeständen zielen auf deren rasche Verwertung, was gemeinhin nur mit deutlichen Preisnachlässen zu erreichen ist. In dieser Erwartung wird der Verbraucher durch den Zusatz "Das war noch nie da!" bestärkt, der ihm das Vorliegen einer ungewöhnlich günstigen Erwerbsmöglichkeit suggeriert.

Dabei geht der Verbraucher aufgrund der Nennung der fünf aufeinander folgenden, konkret bezeichneten Kalendertage davon aus, dass die Aktion nur an diesen Tagen stattfindet und mit dem letzten der genannten Tage beendet ist. Mit einer Verlängerung oder zeitnahen Wiederholung rechnet er - wie in der mündlichen Verhandlung erörtert - nicht.

Die angesprochen Verkehrskreise lesen in die Werbemaßnahme einen unausgesprochenen Vorbehalt, die Aktion werde bis zum vollständigen Absatz der Ware fortgesetzt, nicht hinein. Der Verbraucher kennt die weitergehenden Planungen des Werbenden nicht. Selbst wenn ein kleiner Teil der angesprochen Verkehrskreise entsprechende Planspiele anstellen sollte, würde er durch die in der Werbung angekündigte Liquidation im Auftrag einer Bank an der Annahme, es bestehe die Möglichkeit einer Verlängerung, vorliegend sogar eher gehindert. Durch die Angabe "Liquidation unglaublicher Einzelteile im Auftrag einer deutschen Großbank" gewinnt der Verbraucher den Eindruck, der Beklagte veräußere nicht eigene Warenbestände, sondern sei von der deutschen Großbank mit der Veräußerung des Warenbestands eines anderen (insolventen) Teppichhändlers beauftragt worden. In einem solchen Fall ist der Auftraggeber aber frei, welchen Händler er mit der Verwertung beauftragt, eine Bindung an den Beklagten und sein Ladenlokal besteht nicht. So kann ein nach Beendigung des Aktionszeitraums eventuell verbliebener Restbestand an einen hierauf spezialisierten Resteverwerter veräußert oder über einen anderen Händler in einer anderen Stadt angeboten werden, um einen möglichst großen Kundenkreis anzusprechen. Insbesondere Letzteres liegt bei einem nicht an den Beklagten gebundenen Verwertungsberechtigten weitaus näher als eine erneute Beauftragung des Beklagten, da dieser aufgrund einer gewissen Marktsättigung nach der ersten Aktion weitere Verkäufe nur mit noch höheren Nachlässen erzielen kann, Nachlässe, die bei der Bedienung eines neuen Marktes so nicht erforderlich wären.

Es spielt keine Rolle, welche Absicht der Beklagte bei der Schaltung der Werbung in der … Zeitung vom 6. Juli 2007 verfolgt hat, obwohl viel für die Annahme des Landgerichts spricht, der Beklagte habe die nachfolgenden Werbemaßnahmen bereits bei Schaltung der ersten Werbung so beabsichtigt. Der Senat vermag sich der vom Oberlandesgericht Hamm vertretenen Auffassung, die Verlängerung der Bewerbung einer als befristet angekündigten Sonderveranstaltung über den genannten Endzeitpunkt hinaus sei nur dann als irreführende Werbung unzulässig, wenn der Werbende diese Verlängerung von Anfang an so beabsichtigt habe (Urteil vom 8. September 2009, Az. 4 U 95/09, BeckRS 2009 28646), nicht anzuschließen. Der Tatbestand des § 5 UWG ist nicht § 263 StGB nachempfunden. Welche Absicht der Werbende tatsächlich verfolgt hat, ist irrelevant; es genügt, dass er unabhängig von den verfolgten Absichten objektiv irreführende Angaben macht (BGH, GRUR 1982, 681, 682 - Skistiefel). Von daher kann auch das Fehlen einer Absicht kein Kriterium für die Beurteilung einer Irreführung sein. An einer Befristung, die - wie vorliegend - von den angesprochen Verkehrskreisen als definitiv, endgültig und ernst gemeint verstanden wird, muss sich der Werbende festhalten lassen (Köhler/ Bornkamm, UWG, 28. Aufl., § 5 Rn. 6.6c). Will er sich eine Verlängerung offen halten, darf er einen entsprechenden Vorbehalt nicht verschweigen (Kammergericht, Beschluss vom 26. Mai 2009, Az. 5 U 75/07, BeckRS 2009 27078), sondern er muss diesen Vorbehalt dem Verkehr in einer am Blickfang der angekündigten Befristung teilnehmenden Weise mitteilen.

Es kann dahinstehen, ob die Verkehrserwartung - wie ebenfalls in der mündlichen Verhandlung erörtert - auch die Möglichkeit einschließt, dass der Werbende aus Gründen höherer Gewalt oder sonst ohne Verschulden an der Einhaltung der selbst gesetzten Frist gehindert sein kann, weil bekanntermaßen im kaufmännischen Verkehr beim Absatz von Waren gelegentlich Umstände eintreten können, die eine rechtzeitige Beendigung der Verkaufsveranstaltung verhindern, deren Eintritt aber im Zeitraum der Werbung - selbst bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt - nicht vorauszusehen ist (vgl. BGH, GRUR 2002, 187, 188 - Lieferstörung; zur Problematik entgegen der Verkehrserwartung nicht gegebener Lieferfähigkeit). Nach den zur Lieferfähigkeit entwickelten Grundsätzen wäre es zumindest Sache des Beklagten gewesen, Gründe vorzutragen, weshalb die zunächst angekündigte Verkaufsveranstaltung entgegen der berechtigten Erwartung der angesprochen Verkehrskreise nicht innerhalb der Frist abgeschlossen werden konnte. Es ist Sache des Werbenden, die Umstände darzulegen, die für die Unvorhersehbarkeit der Störung und für die Einhaltung der kaufmännischen Sorgfaltspflichten sprechen (BGH, GRUR 2002, 187, 188 - Lieferstörung). Der Beklagte hat jedoch keinerlei Umstände vorgetragen, die eine Abweichung von einer ursprünglichen Planung, die Verkaufsveranstaltung mit dem 10. Juli 2007 abzuschließen, als unvorhersehbar begründen könnten. Allein der nicht vollständige Absatz der Waren genügt hierfür nicht; dass die Verkehrserwartung einen derartigen unausgesprochenen Vorbehalt nicht umfasst, wurde bereits ausgeführt.

Die Täuschung der angesprochen Verkehrskreise über die fehlende Endgültigkeit des angegebenen Endtermins ist auch relevant. Für die Kaufentscheidung ist nicht allein der geforderte Preis entscheidend, sondern es spielt auch eine nicht zu unterschätzende Rolle, ob der Verbraucher meint, dies sei eine besondere Gelegenheit, die nicht, jedenfalls nicht so bald wiederkommen werde. Die mit der Gewährung von Preisvorteilen nur für einen sehr begrenzten Zeitraum einhergehende Gefahr übereilter Kaufentscheidungen ist evident, der Verbraucher sieht sich vor die Entscheidung "jetzt oder nie" gestellt. Nicht umsonst hat der Gesetzgeber die unwahre Angabe, eine Ware sei zu diesen Bedingungen nur für einen sehr begrenzten Zeitraum verfügbar, in Umsetzung der UGP-Richtlinie als Nummer 7 in Anhang zu § 3 Absatz 3 UWG ausdrücklich als wettbewerbswidrig normiert, auch wenn diese Vorschrift auf den vorliegenden Sachverhalt noch keine Anwendung findet.

Der Unterlassungsanspruch folgt auch aus § 8 Abs. 1 S. 1 i.V. mit §§ 3, 4 Nr. 1 UWG. Nach § 4 Nr. 1 UWG handelt unlauter, wer die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher durch Ausübung von Druck unangemessen beeinflusst. Wie vorstehend ausgeführt, sieht sich der Verbraucher durch die gesetzte Frist von nur fünf Tagen vor die Entscheidung "jetzt oder nie" gestellt. Diese Beeinflussung ist unangemessen, wenn - wie vorliegend - der Endtermin nicht definitiv feststeht. Hätte der Beklagte mitgeteilt, dass er sich eine Verlängerung oder anschließende Aktion vorbehält, so hätte der Entscheidungsdruck, in dem sich der Verbraucher befindet, erheblich an Schärfe verloren. Die Überlegung, jetzt günstig zu kaufen, wäre durch die Überlegung, mit etwas Glück später noch günstiger kaufen zu können, relativiert worden. Zwar hat sich der Kläger vorliegend nicht auf § 4 Nr. 1 UWG, sondern auf das in § 4 Nr. 4 normierte Transparenzgebot berufen, der durch den Vorwurf der Beeinflussung der Kaufentscheidung durch eine unwahre Angabe zur zeitlichen Begrenzung des Angebots definierte Streitgegenstand umfasst jedoch § 4 Nr. 1 UWG. Auch dies ist in der mündlichen Verhandlung erörtert worden.

Die mit der Ausgabe der … Zeitung vom 13. Juli 2007 verbreitete Werbebeilage stellt zum einen eine erneute Werbung mit zuvor als befristet beworbenen Preisvorteilen dar, zum andern hat der Beklagte mit dieser Werbung die angesprochen Verkehrskreise über die Endgültigkeit des dort genannten Endzeitpunkts 17. Juli 2007 getäuscht. Insoweit gilt das vorstehend Ausgeführte entsprechend.

Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit des erstinstanzlichen Tenors bestehen nicht. Die Formulierung "solchermaßen beworbene Preisvorteile" begegnet keinen Bedenken. Die "solchermaßen beworbenen Preisvorteile" sind diejenigen in den Werbebeilagen mit den im Antrag wiedergegebenen Aussagen wie "Liquidation unglaublicher Einzelteile im Auftrag einer deutschen Großbank. Das war noch nie da!" und "Nur 5 Tage". Im Übrigen handelt es sich - wie ebenfalls in der mündlichen Verhandlung erörtert - bei diesem Satzteil um eine den Verbotstenor einschränkende Überbestimmung. Die untersagte Tathandlung ist die Werbung mit den Preisvorteilen, durch den vorstehenden Satzteil wird dieses Verbot auf Preisvorteile beschränkt, mit denen nicht nur geworben wird, sondern die auch tatsächlich gewährt werden.

Der Beklagte ist dem Kläger dem Grunde nach gemäß § 9 UWG zum Schadensersatz verpflichtet. Eine für den Feststellungsantrag hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist gegeben. Verbraucher, die, vor der Entscheidung "jetzt oder nie" gestellt, bei dem Beklagten einen Teppich erworben haben, hätten zu erheblichen Teil sonst bei anderen Händlern gekauft. Zu diesen gehört auch der Kläger. Wie bereits ausgeführt, sind bei hochpreisigen Waren wie Orientteppichen die potentiellen Kunden durchaus bereit, für ein gutes Angebot eine etwas längere Anfahrt in Kauf zu nehmen. Der Umstand, dass der Kläger sein Ladenlokal in W., der Beklagte seines hingegen in S. unterhält, steht der Entstehung eines Schadens beim Kläger von daher nicht entgegen. Bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt hätte der Beklagte die Unlauterkeit der Werbung zumindest erkennen können, § 276 BGB. Im Wettbewerbsrecht ist an die Sorgfaltspflicht grundsätzlich ein strenger Maßstab anzulegen (BGH, GRUR 1999, 923, 928 - Tele-Info-CD).

Der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten ergibt sich aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG, gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 BGB ist er ab Rechtshängigkeit zu verzinsen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 2 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Der Senat hat die Revision zugelassen, da dies im Hinblick auf die abweichende Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm als zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten erscheint, § 543 Abs. Nr. 2 ZPO.

Der Streitwert wird ausgehend von der unbeanstandet gebliebenen erstinstanzlichen Festsetzung auf 45.000,00 Euro festgesetzt. Die Kosten der Abmahnung bleiben als Nebenforderung außer Betracht (BGH, NJW 2007, 3289).






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