Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. Oktober 2005
Aktenzeichen: 28 W (pat) 66/04

(BPatG: Beschluss v. 19.10.2005, Az.: 28 W (pat) 66/04)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in dem Beschluss vom 19. Oktober 2005 (Aktenzeichen 28 W (pat) 66/04) entschieden, dass der Antrag des Markeninhabers, der Widersprechenden die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, zurückgewiesen wird.

Die Widersprechende ist Inhaberin der Marke "ESP", die seit 1995 für Waren der Klasse 12 eingetragen ist. Der Markeninhaber hat sich dieselbe Marke "TSP Trailer-Stabilization-Programm" für Waren der Klasse 12 schützen lassen. Die Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch mit zwei Beschlüssen aufgrund fehlender klanglicher Ähnlichkeit der Marken zurückgewiesen. Die Widersprechende hat Beschwerde eingelegt, jedoch ihren Widerspruch nach der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

Der Markeninhaber regt nun an, der Widersprechenden die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Er argumentiert unter anderem, dass die Widerspruchsmarke beschreibend und deshalb nicht schutzfähig sei. Die Markeninhaberin hat sich zu diesem Antrag nicht geäußert, hat aber behauptet, dass es Lizenzverträge mit anderen Automobilherstellern gibt, die die Marke ESP nutzen.

Das Gericht stellt fest, dass eine Kostenauferlegung im Widerspruchs- und Beschwerdeverfahren nur erfolgt, wenn der Grundsatz, dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt, der Billigkeit widersprechen würde. Dies ist auch dann möglich, wenn das Verfahren durch die Rüchknahme des Widerspruchs erledigt ist. Das Gericht sieht jedoch keine prozessualen Versäumnisse der Widersprechenden, die die schutzwürdigen Rechte des Markeninhabers über Gebühr tangiert hätten. Die Einlegung der Beschwerde war gerechtfertigt, da die Begründung der Markenstelle zur fehlenden klanglichen Ähnlichkeit der Marken kaum haltbar war. Der Markeninhaber hat im Beschwerdeverfahren umfangreich zur Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke vorgetragen. Aufgrund der vielen umfangreichen Anlagen zu den Schriftsätzen, die teilweise erst in der mündlichen Verhandlung vorgelegt wurden, erforderte dies eine gründliche Überprüfung sowohl durch das Gericht als auch durch die Widersprechende. Angesichts dieser Situation ist es nicht unangemessen, dass die Widersprechende erst nach Abschluss der mündlichen Verhandlung den Widerspruch zurückgenommen hat. Außerdem fanden bis zuletzt Einigungsgespräche zwischen den Parteien statt, was gegen die Annahme spricht, dass die Widersprechende an einer von vornherein aussichtslosen Rechtsposition festgehalten hätte.

Das Gericht sieht keine Gründe, die eine Entscheidung über die Kostenbilligkeit rechtfertigen.

Stoppel Paetzold Schwarz-Angele Bb




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 19.10.2005, Az: 28 W (pat) 66/04


Tenor

Der Antrag des Markeninhabers, der Widersprechenden die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Widersprechende ist Inhaberin der Marke 2 912 578 "ESP", die seit 1995 für Waren der Klasse 12 eingetragen ist. Der Markeninhaber hat sich die Marke "TSP Trailer-Stabilization-Programm" ua ebenfalls für Waren der Klasse 12 schützen lassen. Die Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch mit zwei Beschlüssen wegen fehlender klanglicher Ähnlichkeit der Marken zurückgewiesen. Hiergegen hat die Widersprechende Beschwerde eingelegt, nach Durchführung der mündlichen Verhandlung jedoch ihren Widerspruch zurückgenommen.

Der Markeninhaber regt nun an, der Widersprechenden die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Soweit ersichtlich stützt er dies insbesondere darauf, dass die Widerspruchsmarke beschreibender Natur und damit schutzunfähig sei. Die Markeninhaberin hat sich zu diesem Antrag nicht geäußert, sie hat zur Kennzeichnungskraft ihrer Marke jedoch vorgetragen, dass mit anderen Automobilhersteller, die die Marke ESP benutzten, jeweils Lizenzverträge bestünden.

II.

Die Beschwerde ist zulässig (§§ 66 Abs 1 MarkenG), in der Sache aber ohne Erfolg.

Eine Kostenauferlegung findet sowohl im Widerspruchs- als auch im Beschwerdeverfahren nur statt, wenn der Grundsatz, wonach im registerrechtlichen Markenverfahren jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt, der Billigkeit widersprechen würde (§§ 63 Abs 1, 71 Abs 1 Satz 2 MarkenG). Eine derartige isolierte Kosten-Entscheidung ist auch dann möglich, wenn sich wie hier das Verfahren durch die Rücknahme des Widerspruchs erledigt hat (§ 71 Abs 4 MarkenG). Es ist jedoch nicht ersichtlich, welche prozessualen Sorgfaltspflichten die Widersprechende in einem solchen Maß verletzt haben soll, dass damit die schützenswerten Rechte des Markeninhabers über Gebühr tangiert worden sind. Die Einlegung der Beschwerde an sich war gerechtfertigt, denn die Begründung der Markenstelle, wonach die beiden Marken auch bei identischen Waren klanglich sicher auseinander zu halten sind, selbst wenn die jüngere Marke auf "TSP" verkürzt wird, ist kaum haltbar. Der Markeninhaber hat erstmals im Beschwerdeverfahren umfangreich zur Frage der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke vorgetragen. Allein die zahlreichen, weit über einhundert Seiten umfassenden Anlagen zu den Schriftsätzen, die zum Teil erst in der mündlichen Verhandlung überreicht wurden, erforderten eine eingehende und zeitaufwändige Überprüfung nicht nur durch das Gericht, sondern auch durch die Widersprechende. In dieser Situation erscheint es nicht unangemessen, dass sich die Widersprechende erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung zur Rücknahme ihres Widerspruchs entschlossen hat. Im übrigen fanden zwischen den Parteien bis zuletzt Einigungsgespräche statt; was ebenfalls dagegen spricht, dass die Widersprechenden an einer von vorne herein aussichtslosen Rechtsposition festgehalten hätte.

Gründe, die eine Kosten-Billigkeitsentscheidung rechtfertigen, sind damit nicht erkennbar.

Stoppel Paetzold Schwarz-Angele Bb






BPatG:
Beschluss v. 19.10.2005
Az: 28 W (pat) 66/04


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