Bundespatentgericht:
Beschluss vom 30. März 2009
Aktenzeichen: 20 W (pat) 48/04

(BPatG: Beschluss v. 30.03.2009, Az.: 20 W (pat) 48/04)

Tenor

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

Gründe

I.

Die am 18. Juni 1998 eingereichte Patentanmeldung betrifft ein Verfahren zur Erzeugung einer Anrufseingangsmeldung für einen Telekommunikations-Endgerät-Nutzer betreffend einen über ein Telekommunikationsnetz im Endgerät eingehenden Anruf und Vorrichtungen zum Durchführen des Verfahrens.

Die Prüfungsstelle hat der Anmelderin und jetzigen Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 29. November 2000 mitgeteilt, dass der ursprüngliche Patentanspruch 1 ("Verfahren ...") sowie der ursprüngliche nebengeordnete Patentanspruch 22 ("Endgerät ...") mangels Neuheit ihrer Gegenstände nicht gewährbar seien. Zu den Unteransprüchen 2 bis 21 ("Verfahren ...") und 23 bis 28 ("Endgerät ...") vertrat die Prüfungsstelle die Auffassung, dass die darin genannten Merkmale entweder aus dem Stand der Technik bekannt seien oder rein fachliche Maßnahmen darstellen würden. Auf die weiteren Unteransprüche 29 bis 31 ("Endgerät ...") und den Nebenanspruch 32 ("Telekommunikationsnetz ...") ist die Prüfungsstelle nicht eingegangen.

Zur Begründung nannte die Prüfungsstelle im Prüfungsbescheid die Druckschriften D1 DE 195 43 040 A1, D2 US 4,856,055, D3 US 5,649,007 A, D4 DE 92 03 579 U1, D5 US 5,481,599 A, D6 WO 96/27974 A1, D7 DE 195 25 530 C2, D8 EP 0 773 685 A1.

Neben der pauschalen Nennung der Nummern der Druckschriften verwies die Prüfungsstelle konkreter lediglich auf die Zusammenfassung der Druckschrift D1 und auf die Spalten 1 bis 4 der Druckschrift D3, ohne allerdings konkret anzugeben, welche Lehre sie den Druckschriften als bekannt entnimmt.

Die Anmelderin hat daraufhin mit Schriftsatz vom 14. März 2001 ihr Anspruchsbegehren geändert und neue Patentansprüche 1 bis 29 sowie eine teilweise geänderte Erfindungsbeschreibung zur Prüfung vorgelegt. Alternativ hat sie im Sinne eines Hilfsantrags geänderte Patentansprüche 1 bis 28 vorgelegt. Der in Hauptund Hilfsantrag identische Patentanspruch 1 wurde durch Zusammenfassung sämtlicher Merkmale der ursprünglichen Patentansprüche 1, 2 und 6 gebildet.

Die Anmeldung ist daraufhin vom Deutschen Patentund Markenamt -Prüfungsstelle für Klasse H 04 M -durch Beschluss vom 3. Mai 2004 mit der Begründung zurückgewiesen worden, dass der geltende Patentanspruch 1 nicht neu sei, was der Anmelderin im übrigen bereits im Prüfungsbescheid mitgeteilt worden sei. Erstmals verwies die Prüfungsstelle in ihrem Beschluss zur Begründung der fehlenden Neuheit des Patentanspruchs 1 auch auf die Patentansprüche 5 und 6 der Druckschrift D1.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Anmelderin mit ihrer am 9. Juni 2004 eingelegten Beschwerde. In der mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin ihr Anspruchbegehren unter Vorlage teilweise geänderter Unterlagen nur noch hinsichtlich des Verfahrens verteidigt und zuletzt beantragt:

den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H 04 M des Deutschen Patentund Markenamts vom 3. Mai 2004 aufzuheben und ein Patent zu erteilen mit folgenden Unterlagen:

Hauptantrag -Anspruch 1, überreicht in der mündlichen Verhandlung,

-Ansprüche 2 bis 18 gemäß Hauptantrag aus dem Schriftsatz vom 26. März 2009 (Blatt 20, 21, 30 ff. d. A.),

-Beschreibung, eingereicht in der mündlichen Verhandlung, und -Zeichnungen Figuren 1 bis 3 gemäß Offenlegungsschrift.

Hilfsantrag -Anspruch 1, überreicht in der mündlichen Verhandlung, -Ansprüche 2 bis 18 gemäß Hilfsantrag aus dem Schriftsatzvom 26. März 2009 (Blatt 20, 21, 37 ff d. A.),

-Beschreibung gemäß Hauptantrag und -Zeichnungen Figuren 1 bis 3 gemäß Offenlegungsschrift.

Die Patentansprüche 1 gemäß Hauptund Hilfsantrag lauten wie folgt, wobei das offensichtlich falsche Bezugszeichen 12 in 21 abgeändert ist:

Hauptantrag:

"Verfahren zur Erzeugung einer Anrufseingangsmeldung (13 bis 16) für einen Telekommunikations-Endgerät-Nutzer (5) betreffend einen über ein Telekommunikationsnetz (10, 11) im Endgerät (9) eingehenden Anruf, wobei die dem TelekommunikationsEndgerät-Nutzer darstellbare Anrufseingangsmeldung oder ein Baustein (19, 21) der darstellbaren Anrufeingangsmeldung aus einem vorgebbaren oder frei wählbaren Vorrat von Anrufseingangsmeldungen oder Anrufseingangsmeldungs-Bausteinen (19, 21) ausgewählt wird, wobei die Anrufseingangsmeldung oder mindestens ein Baustein der Anrufseingangsmeldung ausgewählt wird aufgrund von über das Telekommunikationsnetz an das Endgerät signalisierten Informationen, wobei der Anrufseingangsmeldungs-Vorrat und/oder der Anrufseingangsmeldungs-Baustein-Vorrat endgerätseitig gespeichert sind, dadurch gekennzeich n e t , d a s s die Anrufseingangsmeldung eine Kombination aus variablen und festen Bausteinen darstellt und die Anrufseingangsmeldung den Namen des Angerufenen enthält, wobei Bausteine aufgrund übertragener Informationen zur Telefonnummer des Anrufers ausgewählt werden."

Hilfsantrag:

"Verfahren zur Erzeugung einer Anrufseingangsmeldung (13 bis 16) für einen Telekommunikations-Endgerät-Nutzer (5) betreffend einen über ein Telekommunikationsnetz (10, 11) im Endgerät (9) eingehenden Anruf, wobei die dem TelekommunikationsEndgerät-Nutzer darstellbare Anrufseingangsmeldung oder ein Baustein (19, 21) der darstellbaren Anrufeingangsmeldung aus einem vorgebbaren oder frei wählbaren Vorrat von Anrufseingangsmeldungen oder Anrufseingangsmeldungs-Bausteinen (19, 21) ausgewählt wird, wobei die Anrufseingangsmeldung oder mindestens ein Baustein der Anrufseingangsmeldung ausgewählt wird aufgrund von über das Telekommunikationsnetz an das Endgerät signalisierten Informationen, wobei der Anrufseingangsmeldungs-Vorrat und/oder der Anrufseingangsmeldungs-Baustein-Vorrat endgerätseitig gespeichert sind, dadurch gekennzeich n e t , d a s s die Anrufseingangsmeldung eine Kombination aus variablen und festen Bausteinen darstellt und die Anrufseingangsmeldung den Namen des Angerufenen enthält, mehrere Nutzer das Telekommunikations-Endgerät gemeinsam nutzen und der Name aufgrund einer nutzerspezifischen Anruferliste ausgewählt wird."

Zu den Einzelheiten des Vorbringens wird auf die Akte verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg, da der Gegenstand des Patentanspruchs 1 sowohl in der Fassung des Hauptantrags als auch in der Fassung des Hilfsantrags nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

1.

Als für die Beurteilung der Lehre der Anmeldung und des Standes der Technik maßgeblichen Fachmann sieht der Senat einen diplomierten Nachrichtentechniker (Dipl.-Ing. (FH)) an, der über Erfahrungen bei der Konstruktion und Programmierung von Kommunikationsendgeräten, insbesondere unter ergonomischen Gesichtspunkten, verfügt. Dieser Fachmann kennt die Wünsche der Endgerätebenutzer hinsichtlich der Gebrauchseigenschaften der Endgeräte und berücksichtigt sie bei der Konstruktion und Programmierung der Endgeräte.

2.

Zum Hauptantraga) Das beanspruchte Verfahren gemäß Hauptantrag weist folgende Merkmale auf:

M1 Verfahren zur Erzeugung einer Anrufseingangsmeldung füreinen Telekommunikations-Endgerät-Nutzer betreffend einenüber ein Telekommunikationsnetz im Endgerät eingehenden Anruf, M2 wobei die dem Telekommunikations-Endgerät-Nutzerdarstellbare Anrufseingangsmeldung oder ein Baustein derdarstellbaren Anrufeingangsmeldung aus einem vorgebbarenoder frei wählbaren Vorrat von Anrufseingangsmeldungenoder Anrufseingangsmeldungs-Bausteinen ausgewählt wird, M3 wobei die Anrufseingangsmeldung oder mindestens ein Baustein der Anrufseingangsmeldung ausgewählt wird aufgrundvon über das Telekommunikationsnetz an das Endgerät signalisierten Informationen, M4 wobei der Anrufseingangsmeldungs-Vorrat und/oder der Anrufseingangsmeldungs-Baustein-Vorrat endgerätseitig gespeichert sind, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , d a s s M 5 die Anrufseingangsmeldung eine Kombination aus variablenund festen Bausteinen darstellt und M6 die Anrufseingangsmeldung den Namen des Angerufenenenthält, M7 wobei Bausteine aufgrund übertragener Informationen zur Telefonnummer des Anrufers ausgewählt werden.

b) Die deutsche Offenlegungsschrift DE 195 43 040 A1 (im Folgenden "Druckschrift D1") offenbart einen Anrufmelder, zur akustischen Signalisierung eines eingehenden Telefonanrufs an einem ISDN-Anschluss (Spalte 1, Zeilen 3 bis 5). Ein solcher Anrufmelder führt mithin ein Verfahren zur Erzeugung einer Anrufseingangsmeldung für einen Telekommunikations-Endgerät-Nutzer betreffend einen über ein Telekommunikationsnetz im Endgerät eingehenden Anruf aus (Merkmal M1).

Der Anrufmelder erzeugt die Meldung über einen am Eingang anstehenden Anruf, indem er die über den Steuerkanal des ISDN-Anschlusses übertragene Telefonnummer des Anrufers ausliest und dann der Nummer in einer Zuordnungseinheit eine Zeichenfolge oder ein Sprachsignal zuordnet, das den angerufenen Teilnehmer über die Identität des Anrufers informieren soll (Spalte 2, Zeilen 3 bis 11). Die Meldung kann insbesondere ein über den Lautsprecher wiedergegebenes akustisches Signal sein, das die einzelnen Ziffern der Rufnummer des Anrufers enthält. Dazu wird auf vorher abgespeicherte Sequenzen für die einzelnen Ziffern zurückgegriffen (Spalte 2, Zeilen 16 bis 38). Alternativ (und vorrangig) kann der Name des Anrufers als Sprachsignal ausgegeben werden. Zu diesem Zweck wird zuvor für den Namen ein Sprachsignal erfasst, beispielsweise indem der Benutzer über das Tastenfeld des Endgeräts zunächst die Rufnummer eingibt und anschließend den Namen des zugehörigen Teilnehmers in das Mikrofon spricht. Dieser Name wird dann als Sprachsignal abgespeichert und bei einem Anruf des Teilnehmers der Sprachausgabeeinheit zugeführt und über den Lautsprecher ausgegeben (Spalte 2, Zeilen 39 bis 53). Indem auf die gespeicherten Sequenzen für die einzelnen Ziffern der Rufnummer oder auf die zu den Namen gespeicherten Sprachsignale zurückgegriffen wird, werden die Meldung als Ganzes oder ihre Bausteine, nämlich die Namen bzw. die einzelnen Ziffern der Rufnummer, aus einem vorgebbaren oder frei wählbaren Vorrat von Anrufseingangsmeldungen oder Anrufseingangsmeldungs-Bausteinen ausgewählt (Merkmal M2). Der Vorrat an Sprachsignalen für die einzelnen Ziffern bzw. Namen ist in einem EEPROM-Speicher 6 auch endgerätseitig gespeichert (Spalte 4, Zeilen 24 bis 36; Merkmal M4). Nachdem die Zuordnung auf der Basis der aus dem Steuerkanal ausgelesenen Rufnummer des Anrufers erfolgt, geschieht dies aufgrund von über das Telekommunikationsnetz an das Endgerät signalisierten Informationen (Merkmal M3), insbesondere aufgrund übertragener Informationen zur Telefonnummer des Anrufers (Merkmal M7).

c) Ausgehend von dem Gegenstand der Druckschrift D1, die der Senat als die dem Anmeldungsgegenstand am nächsten kommende Lehre aus dem Stand der Technik ansieht, stellt sich dem Fachmann die Aufgabe, den Komfort bei der Signalisierung von eingehenden Anrufen zu verbessern, in der Praxis auf der Grundlage von Benutzerwünschen von selbst.

Hierzu liegt es im Rahmen der Wünsche der Benutzer, neben einer Information über den Anrufer auch die Zielperson für den Anruf signalisiert zu bekommen.

Angeregt durch einen derartigen Benutzerwunsch, wird der Fachmann nach Lösungen aus dem Stand der Technik suchen und dabei den in der deutschen Patentschrift DE 195 25 530 C2 (im Folgenden "Druckschrift D7") bereits offenbarten Vorschlag aufgreifen, eine Anrufsignalisierung in der Form "Ein Anruf von Herrn (Name des Anrufers) für Herrn (Name des gewünschten Gesprächspartners)" vorzusehen, wobei diese Meldung akustisch und/oder optisch signalisiert werden kann (Spalte 3, Zeilen 9 bis 15). Die in der Druckschrift D7 vorgesehene Anrufseingangsmeldung setzt sich -wie ohne weiteres ersichtlich -aus festen Bausteinen ("Ein Anruf von Herrn", "für Herrn") und variablen Bausteinen, den jeweils verwendeten Namen (Merkmal M5), zusammen und enthält den Namen des Angerufenen (Merkmal M6). Der Fachmann erkennt ohne selbst erfinderisch tätig werden zu müssen, dass es auf die in der Druckschrift D7 vorgeschlagene spezielle Art und Weise der Gewinnung der Namensinformationen durch Aufzeichnung einer entsprechenden Ansage des Anrufers (vergleiche Spalte 2, Zeilen 37 bis 67) zur Erhöhung des Komforts des aus der Druckschrift D1 bekannten Anrufmelders zunächst nicht ankommt. Er wird hingegen den Gedanken aus der Druckschrift D7 hinsichtlich des Aufbaus der Anrufseingangsmeldung aufgreifen und bei dem bekannten Anrufmelder vorsehen, wodurch er zu dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag gelangt.

Dieser Gegenstand beruht mithin nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

3. Zum Hilfsantrag a) Das beanspruchte Verfahren gemäß Hilfsantrag weist folgende Merkmale auf:

M1 Verfahren zur Erzeugung einer Anrufseingangsmeldung füreinen Telekommunikations-Endgerät-Nutzer betreffend einenüber ein Telekommunikationsnetz im Endgerät eingehenden Anruf, M2 wobei die dem Telekommunikations-Endgerät-Nutzerdarstellbare Anrufseingangsmeldung oder ein Baustein derdarstellbaren Anrufeingangsmeldung aus einem vorgebbarenoder frei wählbaren Vorrat von Anrufseingangsmeldungenoder Anrufseingangsmeldungs-Bausteinen ausgewählt wird, M3 wobei die Anrufseingangsmeldung oder mindestens ein Baustein der Anrufseingangsmeldung ausgewählt wird aufgrundvon über das Telekommunikationsnetz an das Endgerät signalisierten Informationen, M4 wobei der Anrufseingangsmeldungs-Vorrat und/oder der Anrufseingangsmeldungs-Baustein-Vorrat endgerätseitig gespeichert sind, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , d a s s M 5 die Anrufseingangsmeldung eine Kombination aus variablenund festen Bausteinen darstellt und M6 die Anrufseingangsmeldung den Namen des Angerufenenenthält, M8 mehrere Nutzer das Telekommunikations-Endgerät gemeinsam nutzen und M9 der Name aufgrund einer nutzerspezifischen Anruferlisteausgewählt wird.

b) Von dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag -der wie unter II.2 erläutert, dem Fachmann durch den Stand der Technik gemäß den Druckschriften D1 und D7 nahegelegt ist -unterscheidet sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag zunächst dadurch, dass die Bausteinauswahl zwar prinzipiell aufgrund von über das Telekommunikationsnetz an das Endgerät signalisierten Informationen, nicht jedoch ausdrücklich der Informationen zur Telefonnummer des Anrufers erfolgt (Wegfall des Merkmals M7). Dies allein hat auf die Patentfähigkeit keinen Einfluss, da es sich insoweit um eine Verallgemeinerung handelt.

Bei dem Verfahren gemäß Hilfsantrag nutzen darüber hinaus mehrere Nutzer das Telekommunikations-Endgerät gemeinsam (Merkmal M8) und der Name wird aufgrund einer nutzerspezifischen Anruferliste ausgewählt (Merkmal M9). Dabei geht der Senat -auch unter Beachtung des Vortrags der Anmelderin in der mündlichen Verhandlung -davon aus, dass hier der Name des Angerufenen gemeint ist.

c) In Bezug auf die Merkmale M1 bis M6 gelten die unter II.2 dargelegten Erwägungen gleichermaßen. Wie erläutert, offenbart die Druckschrift D7, dass die Anrufseingangsmeldung den Namen des Angerufenen enthält. Dem liegt ganz offensichtlich eine Situation zugrunde, in der das Telekommunikationsendgerät von mehreren Nutzern gemeinsam genutzt wird (Merkmal M8). Ohne eine solche Mehrfachnutzung wäre eine Differenzierung der Angerufenen nach ihrem Namen nicht nötig, so dass der Fachmann dieses Merkmal beim Studium der Druckschrift D7 praktisch mitliest, ohne dass es einer wortwörtlichen Erwähnung bedarf (BGHZ 128, 270 -Elektrische Steckverbindung; zuletzt auch BGH, Urteil vom 16. Dezember 2008 -X ZR 89/07 -Olanzapin, Tz. 26).

Bei der durch die Benutzerwünsche angeregten Übertragung der Lehre der Druckschrift D7 auf den Anrufmelder gemäß Druckschrift D1 stößt der Fachmann auch zwangsläufig auf das Problem, wie der Name des Angerufenen ausgewählt wird, damit er in die Anrufseingangsmeldung eingezogen werden kann. Dabei bietet sich dem Fachmann zunächst zwar die Lösung gemäß der Druckschrift D7 an, den Namen von dem Anrufer abzufragen und abzuspeichern (Spalte 2, Zeilen 58 bis 65). Der Fachmann wird jedoch auch sein Fachwissen berücksichtigen.

Zu diesem Fachwissen gehört, dass bei Mehrfachnutzung eines Telefons die Identifizierung des Angerufenen meist schon auf der Grundlage der Telefonnummer des Anrufers möglich ist. So stellt sich beispielsweise im Alltagsgebrauch eines Telefons durch mehrere Nutzer, zum Beispiel eine Familie, sehr schnell heraus, dass Anrufe eines bestimmten Anrufers häufig an ein und denselben Angerufenen gerichtet sind. Erscheint die Nummer oder der Name eines bekannten Anrufers im Display oder wird die Nummer oder der Name sonst wie signalisiert, ist häufig klar, wer angerufen wird (zum Beispiel: die Freunde X, Y rufen meist den Sohn Z an; Bankberater A ruft stets die Mutter B an usw.). Dieses alltägliche Geschehen basiert im Wesen auf Informationen, die auf Seiten des Angerufenen vorhanden sind und die sich als "nutzerspezifische Anruferlisten" darstellen lassen. In dem Bemühen, den Vorgang der Zuordnung des Anrufs zu einem Angerufenen technisch zu lösen, erkennt der Fachmann auf der Grundlage seines Fachwissens, dass er -wie bei der intellektuellen Zuordnung durch den Menschen -eine Zuordnung aufgrund einer nutzerspezifischen Anruferliste, zum Beispiel des für jeden Nutzer gespeicherten elektronischen Telefonbuchs, vornehmen kann (vergleiche Druckschrift D1: Spalte 4, Zeilen 24 bis 26). Es bedurfte insoweit lediglich der Übertragung dieser Erkenntnis auf die an sich naheliegende Lehre mit den Merkmalen M1 bis M6 und M8.

Der Senat ist davon überzeugt, dass sich die Übertragung in rein fachgemäßen, naheliegenden Überlegungen erschöpft, so dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

4.

Mit den Ansprüchen 1 gemäß Hauptbzw. Hilfsantrag fallen auch jeweils die ihnen zugeordneten Unteransprüche 2 bis 18, da das Patent nur so erteilt werden kann, wie es beantragt ist und ein eigenständiger Erfindungsgehalt der Unteransprüche von der Anmelderin nicht geltend gemacht wurde (BGH in GRUR 1997, 120 -elektrisches Speicherheizgerät; GRUR 1983, 171 -Schneidhaspel). Ein solcher eigenständiger erfinderischer Gehalt der Unteransprüche ist auch für den Senat nicht ersichtlich.

5.

Nachdem sich der Gegenstand der Patentanmeldung in keiner der verteidigten Fassungen als patentfähig erweist, war die gegen den Zurückweisungsbeschluss des Deutschen Patentund Markenamtes gerichtete Beschwerde zurückzuweisen.

6.

Billigkeitserwägungen führen allerdings zur Rückzahlung der Beschwerdegebühr (§ 80 Abs. 3 PatG); denn der angegriffene Beschluss der Prüfungsstelle war entgegen § 47 Abs. 1 PatG -nicht mit Gründen versehen. Ein Beschluss ist im Sinne dieser Vorschrift dann "nicht mit Gründen versehen", wenn aus ihm nicht zu erkennen ist, welche tatsächlichen Feststellungen und welche rechtlichen Erwägungen für die getroffene Entscheidung maßgebend waren (BGHZ 39, 333 -Warmpressen, mit weiteren Nachweisen). Der gänzlich fehlenden Begründung gleichzusetzen ist der Fall, dass -wie vorliegend -zwar Gründe angegeben werden, diese aber nichtssagend sind. Hier hat die Prüfungsstelle nur pauschal die Neuheitsschädlichkeit einer Entgegenhaltung behauptet, ohne diese Behauptung nachvollziehbar zu machen, indem sie im Einzelnen dargelegt hätte, welche konkreten Merkmale der angemeldeten Ansprüche durch welche Angaben in der Entgegenhaltung vorweggenommen werden. Die Prüfungsstelle hat es insbesondere unterlassen, anzugeben, was sich ihrer Auffassung nach aus der Sicht des angesprochenen Fachmanns aus den Merkmalen des Patentanspruchs im Einzelnen und in ihrer Gesamtheit als unter Schutz zu stellende technische Lehre ergibt und in welcher Beziehung dies zum Stand der Technik steht. Entsprechende Mängel sind auch nicht durch den Verweis auf den Prüfungsbescheid geheilt, da auch der Prüfungsbescheid die im Beschluss fehlenden Angaben nicht enthält. Die Prüfungsstelle hätte vielmehr -auch schon im Prüfungsbescheid -anhand einer klaren Merkmalsanalyse darlegen müssen, welche Merkmale sie im Einzelnen als aus dem Stand der Technik bekannt ansieht und hierfür die entsprechenden Fundstellen konkret benennen müssen.

Dr. Mayer Werner Gottstein Kleinschmidt Pr






BPatG:
Beschluss v. 30.03.2009
Az: 20 W (pat) 48/04


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