Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 31. März 2008
Aktenzeichen: AnwZ (B) 12/07

(BGH: Beschluss v. 31.03.2008, Az.: AnwZ (B) 12/07)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 31. März 2008 (Aktenzeichen AnwZ (B) 12/07) die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Anwaltsgerichtshofes Mecklenburg-Vorpommern vom 22. September 2006 zurückgewiesen. Der Antragsteller muss die Kosten des Rechtsmittels tragen und der Antragsgegnerin die entstandenen außergerichtlichen Auslagen erstatten. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wurde auf 50.000 € festgesetzt.

Der Antragsteller wurde am 12. Mai 2003 zur Rechtsanwaltschaft (wieder) zugelassen. Die Antragsgegnerin widerrief seine Zulassung gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls. Der Anwaltsgerichtshof wies den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen diesen Widerruf zurück. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers.

Das Rechtsmittel ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft wurde zu Recht widerrufen. Die Verfahrensrügen des Antragstellers haben keinen Erfolg. Eine Rüge betrifft die Ausübung des Richteramtes durch die Vorsitzende des Anwaltsgerichtshofs, die angeblich von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen hätte sein sollen. Die andere Rüge betrifft den angeblichen Nichterhalt der Ladung zum Termin vor dem Anwaltsgerichtshof. Diese Beanstandungen führen jedoch nicht zum Erfolg des Rechtsmittels.

Der Widerruf der Zulassung des Antragstellers erfolgte gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO zu Recht. Es liegt ein Vermögensverfall vor, da der Antragsteller in ungeordnete finanzielle Verhältnisse geraten ist und seinen Verpflichtungen nicht nachkommen kann. Die Vermutung des Vermögensverfalls besteht, da der Antragsteller im Schuldnerverzeichnis eingetragen ist und titulierte Forderungen gegen ihn vorliegen. Zudem hat er nicht ausreichend zu seinen Vermögensverhältnissen Stellung genommen. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet waren.

Ein nachträglicher Wegfall des Widerrufsgrundes liegt nicht vor. Der Antragsteller hat keine Konsolidierung seiner Vermögensverhältnisse dargelegt und auch keine umfassenden Angaben zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen gemacht. Gegen ihn sind weitere Zwangsvollstreckungsmaßnahmen eingeleitet worden. Zudem wurde gegen den Antragsteller ein Strafbefehl wegen Untreue erlassen, was auf eine bereits verwirklichte Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden hinweist.

Der Senat konnte in Abwesenheit des Antragstellers entscheiden, da sein Ausbleiben im Senatstermin nicht ausreichend entschuldigt war. Ein von ihm vorgelegtes privatärztliches Attest genügte nicht, da er aufgefordert wurde, ein entsprechendes amtsärztliches Attest vorzulegen, was er nicht tat.

Die Entscheidung der Vorinstanz, des Anwaltsgerichtshofs Mecklenburg-Vorpommern, wurde in allen Punkten bestätigt.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BGH: Beschluss v. 31.03.2008, Az: AnwZ (B) 12/07


Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofes Mecklenburg-Vorpommern vom 22. September 2006 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist am 12. Mai 2003 zur Rechtsanwaltschaft (wieder) zugelassen worden. Die Antragsgegnerin widerrief mit Bescheid vom 23. Januar 2006 die Zulassung des Antragstellers gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls.

Den hiergegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der Anwaltsgerichtshof zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 BRAO), hat in der Sache aber keinen Erfolg. Die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft ist mit Recht widerrufen worden.

1. Mit ihren Verfahrensrügen kann die Beschwerde keinen Erfolg haben.

a) Die Rüge des Antragstellers, die Vorsitzende des in erster Instanz erkennenden Senats des Anwaltsgerichtshofs sei nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 FGG kraft Gesetzes von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen gewesen, geht fehl. Nach dieser Bestimmung ist ein Richter nur dann ausgeschlossen, wenn sich seine Vertretungsbefugnis gerade auf die zu verhandelnde Sache bezieht (vgl. Jansen/Müther, FGG, 3. Aufl., § 6 Rdn. 13; Keidel/Kuntze/ Winkler/Zimmermann, FGG, 15. Aufl., § 6 Rdn. 36; Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 41 Rdn. 10). Dass die in erster Instanz den Vorsitz führende Rechtsanwältin - wie der Beschwerdeführer vorträgt - in anderen Verfahren als Vertreterin der Antragsgegnerin bestellt war, stellt somit keinen Ausschlussgrund nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 FGG dar, sondern könnte allenfalls eine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit in entsprechender Anwendung der §§ 42 ff. ZPO (vgl. BGHZ 46, 195; Senatsbeschluss vom 26. Oktober 2005 - AnwZ (B) 55/05) rechtfertigen. Einen Ablehnungsantrag hat der Antragsteller jedoch nicht gestellt.

b) Auch die weitere Beanstandung des Antragstellers, er habe die Ladung zum Termin vor dem Anwaltsgerichtshof nicht erhalten, vermag dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg zu verhelfen. Ausweislich der sich bei den Akten befindlichen Zustellungsurkunde ist eine Zustellung der Ladung an den Antragsteller am 24. Juni 2006 ordnungsgemäß nach § 180 ZPO erfolgt. Im Übrigen entscheidet der Senat als Beschwerdegericht in dem für Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Verfahren (§ 42 Abs. 5 und 6 BRAO). Er ermittelt als Tatsacheninstanz den Sachverhalt in eigener Verantwortung; auf Verfahrensfehler in der Vorinstanz kommt es damit grundsätzlich nicht an. Durch die Anhörung des Antragstellers im Beschwerdeverfahren würde eine etwaige Verletzung des rechtlichen Gehörs im Verfahren vor dem Anwaltsgerichtshof geheilt (Senat, Beschlüsse vom 13. Oktober 2003 - AnwZ (B) 36/02; vom 17. Mai 2004 - AnwZ (B) 48/03 und vom 25. April 2005 - AnwZ (B) 81/03).

2. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Diese Voraussetzungen für den Widerruf waren bei Erlass des angegriffenen Bescheides erfüllt.

a) Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Beweisanzeichen für einen Vermögensverfall sind die Erwirkung von Schuldtiteln und fruchtlose Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Rechtsanwalt (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschl. vom 25. März 1991 - AnwZ (B) 73/90, BRAK-Mitt. 1991, 102; Beschl. vom 21. November 1994 - AnwZ (B) 40/94, BRAK-Mitt. 1995, 126). Der Vermögensverfall wird nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO vermutet, wenn der Rechtsanwalt in das vom Insolvenzgericht oder Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis (§ 26 Abs. 2 InsO, § 915 ZPO) eingetragen ist.

Zum Zeitpunkt des Widerrufs war der Antragsteller mit einer Haftbefehlsanordung im Schuldnerverzeichnis eingetragen, so dass der Vermutungstatbestand gegeben war. Gegen ihn lagen zudem die in der Widerrufsverfügung aufgeführten titulierten Forderungen vor. Zwangsvollstreckungsmaßnahmen waren erfolglos geblieben. Den Aufforderungen der Antragsgegnerin, zu seinen Vermögensverhältnissen detailliert Stellung zu nehmen, ist der Antragsteller nicht nachgekommen. Dies geht zu seinen Lasten.

b) Anhaltspunkte dafür, dass ungeachtet des Vermögensverfalls die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet waren, lagen bei Erlass der Widerrufsverfügung nicht vor. Der Vermögensverfall führt regelmäßig zu einer derartigen Gefährdung, insbesondere im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Mandantengeldern.

2. Ein nachträglicher Wegfall des Widerrufsgrundes, der im gerichtlichen Verfahren zu berücksichtigen wäre (BGHZ 75, 356; 84, 149), liegt nicht vor.

Eine Konsolidierung seiner Vermögensverhältnisse hat der Antragsteller nicht dargetan. Sowohl im Verfahren vor dem Anwaltsgerichtshof als auch im Beschwerdeverfahren hat es der Antragsteller - trotz wiederholter entsprechender gerichtlicher Hinweise - bereits an der hierfür grundsätzlich unerlässlichen umfassenden Darlegung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse fehlen lassen. Im Übrigen hat der Antragsteller zwar zwischenzeitlich einige seiner Verbindlichkeiten erfüllt. Andererseits sind gegen ihn weitere Zwangsvollstreckungsmaßnahmen bekannt geworden. Nach einer Mitteilung des Amtgerichts N. vom 3. April 2007 lagen gegen den Antragsteller nunmehr zwei Eintragungen im Schuldnerverzeichnis vor. Mit Schreiben vom 26. Juli 2007 hat der zuständige Gerichtsvollzieher der Antragsgegnerin mitgeteilt, dass in einer von ihr gegen den Antragsteller betriebenen Vollstreckungssache die Zwangsvollstreckung nach § 775 Nr. 2 ZPO eingestellt werden musste, da das Amtsgericht N. im Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen des Antragstellers mit Beschluss vom 23. Juli 2007 Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Schuldner nach § 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO untersagt hat.

3. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die Interessen der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall nicht (mehr) gefährdet sind. Vielmehr zeigt der rechtskräftige Strafbefehl des Amtsgerichts N. vom 10. Dezember 2007, durch den gegen den Antragsteller u.a. wegen Untreue (zweckwidrige Verwendung von Gerichtskostenvorschüssen einer Mandantin) Geldstrafen verhängt worden sind, darauf hin, dass sich diese Gefährdung bereits realisiert hat.

4. Der Senat konnte in Abwesenheit des Antragstellers entscheiden, da sein Ausbleiben im Senatstermin vom 31. März 2008 nicht hinreichend entschuldigt war. Das von ihm vorgelegte privatärztliche Attest vom 29. März 2008 genügt hierfür nicht. Der Antragsteller ist in der Terminsladung ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass es für eine erneute Terminsaufhebung der Vorlage eines entsprechenden amtsärztlichen Attestes bedarf. Ein solches hat er nicht vorgelegt.

Tolksdorf Ernemann Schmidt-Räntsch Schaal Wüllrich Frey Stüer Vorinstanz:

AGH Rostock, Entscheidung vom 22.09.2006 - AGH 1/06 (I/1) -






BGH:
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Az: AnwZ (B) 12/07


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