Landgericht Bonn:
Urteil vom 15. Februar 2001
Aktenzeichen: 14 O 54/00

(LG Bonn: Urteil v. 15.02.2001, Az.: 14 O 54/00)

Tenor

Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit bezüglich

des Antrags zu 5. der Klägerin zu 1) und

des Antrags zu 3. des Klägers zu 2)

- alle zu dem Tagesordnungspunkt 3. der Hauptversammlung vom 05.04.2000 -

erledigt ist.

Im übrigen wird die Klage der Klägerin zu 1) und des Klägers zu 2) abgewiesen.

Die Klage der Kläger zu 3) bis 5) wird insgesamt abgewiesen.

Von den Gerichtskosten tragen die Klägerin zu 1) 48 %, der Kläger zu 2) 9,5 %, die Kläger zu 3) bis 5) 9,5 % und die Beklagte 33 %.

Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1) trägt die Beklagte 1/3, von den außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 2) trägt die Beklagte die Hälfte; im übrigen tragen die Kläger ihre eigenen außergerichtlichen Kosten selbst.

Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten tragen die Klägerin zu 1) 48 %, der Kläger zu 2) 9,5 % und die Kläger zu 3) bis 5) 9,5 %; im übrigen trägt sie die Beklagte selbst.

Von den Kosten der Nebenintervenientin tragen die Klägerin zu 1) 48 %, der Kläger zu 2) 9,5 % und die Kläger zu 3) bis 5) 9,5 %; im übrigen trägt sie die Nebenintervenientin selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, jedoch nur gegen die Leistung folgender Sicherheiten, die auch durch die unwiderrufliche, selbstschuldnerische, schriftliche Bürgschaft einer als Zoll- oder Steuerbürge zugelassenen deutschen Bank oder Sparkasse erbracht werden dürfen:

Klägerin zu 1): DM 22.000,00,

Kläger zu 2): DM 16.000,00,

Beklagte: DM 25.000,00,

Nebenintervenientin: DM 25.000,00.

Tatbestand

Die Klägerin zu 1) ist als Aktionärin am Grundkapital der Beklagten in Höhe von 105.000.000,00 DM, eingeteilt in 21.000.000,00 Stück Aktien, mit 720.648 Stück Aktien, entsprechend einer Beteiligung von 3,43 % des Grundkapitals, beteiligt, die Kläger zu 3) bis 5) mit insgesamt 6.200 Aktien; der Kläger zu 2) ist eine deutsche Schutzorganisation zur Wahrung der Interessen und Rechte freier Aktionäre und auch selbst Aktionär der Beklagten. Die Kläger begehren die Nichtigerklärung, hilfsweise die Feststellung der Nichtigkeit, und die Beschlußfeststellung betreffend der von der Hauptversammlung der Beklagten in der außerordentlichen Hauptversammlung vom 05.04.2000 gefaßten Beschlüsse.

Die Beklagte wurde am 15.08.1989 zum Zwecke der Teilprivatisierung der E Bank, damals einer bundesunmittelbaren Anstalt öffentlichen Rechts ohne Zugang zur Börse, gegründet. § 2 der Satzung der Beklagten lautet:

"(1) Gegenstand des Unternehmens ist der Erwerb und die

Verwaltung einer Beteiligung der E Bank, Berlin

und Bonn.

(2) Die Gesellschaft ist zu allen Maßnahmen und Geschäften

berechtigt, die geeignet sind, den Geschäftszweck der

Gesellschaft zu fördern. Dazu gehört auch die Wahrneh-

mung von Aufgaben aus dem Bereich der Öffentlichkeits-

arbeit der E Bank."

Den Unternehmenszweck realisierte die Beklagte wie folgt:

Sie schloß am 06.09.1989 einen "Beteiligungsvertrag" mit der E Bank, mit dem sie und die Bank eine stille Gesellschaft begründeten, bei der ihre Vermögenseinlage sich zum Grundkapital der E Bank wie 48:52 verhielt (§ 3 des Vertrages). In der Präambel des Beteiligungsvertrages hieß es:

"Durch die in diesem Vertrag vereinbarte Beteiligung erlangt die F Holding, deren Aktien zur breit gestreuten Plazierung vorgesehen sind, die Stellung eines atypischen stillen Gesellschafters. Diese Beteiligungsform wurde im Hinblick auf die derzeit gegebenen steuerlichen Situation gewählt.

Die atypische stille Beteiligung der F Holding soll in eine unmittelbare Beteiligung am Grundkapital der E Bank umgewandelt werden, sobald die steuerlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen."

§ 9 regelte die besonderen Kontrollrechte der Beklagten, § 12 das außerordentliche Kündigungsrecht, insbesondere bei Änderung des E Bank-Gesetzes oder der Satzung der Bank (§ 12 Abs. 1), bei einer Kündigungsfrist von 2 Jahren zum Ende eines Kalenderjahres (§ 12 Abs. 4), §§ 13 und 14 die Folgen der Kündigung, insbesondere die Auseinandersetzung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beteiligungsvertrag als Anlage K 4 zur Klageschrift der Klägerin zu 1) verwiesen.

Ebenfalls am 06.09.1989 schlossen die Beklagte und die Bundesrepublik Deutschland "zur Interessenwahrung der F Holding als stiller Gesellschafter der E Bank und des Bundes in seiner Eigenschaft als Kapitalträger der E Bank" (so in der Präambel) den "Interessenwahrungsvertrag" (Anlage K 5 zur Klageschrift der Klägerin zu 1)), in dem es unter anderem heißt:

§ 1 Besetzung des Verwaltungsrats

(1) Der Bund wird sein Stimmrecht in der Hauptversammlung so ausüben, daß von der F Holding benannte Persönlichkeiten im Verwaltungsrat der E Bank entsprechend der Beteiligungsquote der F Holding im Sinne des § 3 Abs. 2 des Beteiligungsvertrages vertreten sind. (...) Im übrigen besteht Einvernehmen, die Ausschüsse des Verwaltungsrates entsprechend der Beteiligungsquote der F Holding (§ 3 Abs. 2 des Beteiligungsvertrages) zu besetzen.

§ 3 Kapitalverstärkungsmaßnahmen und Andienungspflicht

(3) Es besteht Einvernehmen, im Falle einer körperschaftsteuerlichen Gleichstellung der E Bank mit den Körperschaften privaten Rechts die stille Beteiligung in eine Beteiligung am Grundkapital gemäß den Beteiligungsverhältnissen nach § 3 Abs. 2 des Beteiligungsvertrages umzuwandeln.

§ 5 Laufzeit

Diese Vereinbarung gilt für die Dauer des Beteiligungsvertrages vom 06.09.1989."

Am 14.09.1989 wurde das Grundkapital der Beklagten unter Ausschluß des Bezugsrechts der Aktionäre erhöht. Die Inhaberaktien aus der Barkapitalerhöhung übernahm ein Bankkonsortium mit der Verpflichtung, sie möglichst breit gestreut und dauerhaft im Anlegerpublikum zu plazieren. Auf der Grundlage des zu den Akten gereichten Verkaufsangebotes der Beklagten vom Herbst 1989, in welchem insbesondere auf die angestrebte Umwandlung der stillen Beteiligung in eine unmittelbare Beteiligung an der E Bank hingewiesen wurde, zeichnete und übernahm die Klägerin zu 1) Aktien der Beklagten.

In einer gemeinsamen Presseerklärung vom 30.06.1999 gaben die Q AG, deren Anteile zu 100 % von der A AG gehalten werden, deren Grundkapital vor der Börseneinführung wiederum zu mehr als 50 % bei der Bundesrepublik Deutschland und im übrigen bei der zu 80 % in Bundeseigentum befindlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau lag, und das Bundesministerium für Finanzen den Abschluß einer bindenden Vereinbarung bekannt, wonach die Q AG das Grundkapital der E Bank übernehme; grundsätzlich sei geplant, die E Bank mit der Beklagten und danach mit der Q AG zu verschmelzen. Die Verschmelzung der E Bank auf die Q AG ist am 26.05.2000 im Handelsregister eingetragen worden. Die Bundesrepublik Deutschland hat ihre Verpflichtungen aus dem "Interessenwahrungsvertrag" vom 06.09.1989 nicht in den Übertragungsvertrag eingebracht. Der Bundesminister für Finanzen teilte dem Vorstand der Beklagten unter dem 02.12.1999 auf Anfrage mit, der Bund erachte den Interessenwahrungsvertrag durch die Veräußerung der Anteile an der E Bank für obsolet.

Am 07.07.1999 unterbreitete die Q AG den Aktionären der Beklagten ein "Freiwilliges öffentliches Kaufangebot" zum Preis von 16,20 Euro je Aktie. Die Q AG erwarb bis zum 03.09.1999 knapp 81 % der Aktien der Beklagten.

In der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten am 10.11.1999 legte der Vorstandssprecher der E Bank eine positive Ergebnissituation für 1998 dar, die eine Ausschüttung von 43,8 Mio. DM, entsprechend DM 1,20 pro Aktie, ermögliche, und führte aus, die Bilanzsumme und das Betriebsergebnis seien in den ersten neun Monaten 1999 zweistellig gestiegen.

Auf eine Anfrage der Beklagten vom 15.12.1999 erklärte die Q AG mit Schreiben vom 20.12.1999 unter anderem:

"1. Wir werden der F Holding AG eine gleichwertige Rechtsstellung am fusionierten Institut einräumen. Über die Beteiligungsquote der F Holding AG wird anhand eines von uns in Auftrag gegebenen Gutachtens verhandelt werden. (...)

2. Wir werden sicherstellen, dass die F Holding AG durch eine von ihr benannte Persönlichkeit im Aufsichtsrat auch des fusionierten Instituts vertreten ist.

3. (...)

4. Wir räumen der F Holding AG das Recht ein, bis spätestens 30. Juni 2000 die Umwandlung ihrer stillen Beteiligung in eine direkte Beteiligung zu verlangen."

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage B 5 zum Schriftsatz der Beklagten vom 26.06.2000 verwiesen.

Mit Wirkung vom 01.01.2000 wurde die E Bank nach dem am 23.12.1999 in Kraft getretenen E Bank-Umwandlungsgesetz vom 16.12.1999 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Hierdurch bedingt verschlechterte sich die Bewertung der E Bank AG nach der Bewertung der Ratingagenturen von zuvor AAA auf nunmehr AA. Die im Anhang zum Gesetz festgestellte Satzung der E Bank AG sieht in § 9 Abs. 1 einen Aufsichtsrat, bestehend aus 20 Mitgliedern, vor, von denen 10 Mitglieder von den Arbeitnehmern nach den Bestimmungen des Mitbestimmungsgesetzes, die übrigen 10 Aufsichtsratsmitglieder von der Hauptversammlung gewählt werden.

Mit Schreiben vom 04.02.2000 verlangten die Klägerin zu 1) sowie die T mbH die Einberufung einer Hauptversammlung. Sie schlugen hierbei vor, folgendes zu beschließen:

"1. Die atypisch stille Beteiligung der F Holding AG an

der E Bank AG wird in eine unmittelbare Beteiligung am Grundkapital der E Bank AG entsprechend den Beteiligungsverhältnissen nach § 3 Abs. 2 des Beteiligungsvertrages umgewandelt. Der Vorstand wird angehalten, alle dazu erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen.

2. Für den Fall, dass der vorstehend unter Ziff. 1 aufgeführte Beschluss (...) abgelehnt wird, wird vorgeschlagen zu beschließen: Der zwischen der E Bank und der F Holding AG am 06.09.1989 geschlossene Beteiligunsvertrag wird gekündigt. Der Vorstand wird angehalten, die Kündigung unverzüglich auszusprechen."

In der Begründung des Vorschlages in Ziff. 2 stellten die Klägerin zu 1) und die T mbH klar, dass hiermit eine außerordentliche Kündigung nach § 12 des Beteiligungsvertrages gemeint sei. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Schreiben der Rechtsanwälte I vom 04.02.2000 (Anlage K 17 zur Klageschrift) verwiesen.

Der Vorstand lud sodann zu einer außerordentlichen Hauptversammlung am 05.04.2000 in Bonn ein. In dem Einladungsschreiben, welches im Bundesanzeiger Nr. 40 vom 26.02.2000 auf Seite 2993 veröffentlicht wurde, wurden der Wortlaut sowie die dazugehörige Begründung der oben angeführten Anträge bekanntgemacht. Zudem gaben der Vorstand und der Aufsichtsrat der Beklagten eine Stellungnahme dazu ab und schlugen weiterhin vor, den folgenden Beschluss zu fassen:

"3. Für den Fall, daß die unter den Punkten 1. und 2. aufgeführten Beschlüsse abgelehnt werden, schlagen Vorstand und Aufsichtsrat vor, folgenden Beschluss zu fassen:

Der zwischen der E Bank und der F Holding AG am 06.09.1989 geschlossene Beteiligungsvertrag wird zum 30.04.2000 gekündigt. Der Vorstand wird ermächtigt, die Kündigung gegenüber der E Bank AG unverzüglich auszusprechen und alle zur Abwicklung der stillen Gesellschaft erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen."

Dem folgte eine Begründung, die mit der Bemerkung schloss, dass die sich aus der Kündigung ergebenden Konsequenzen auf der nächsten ordentlichen Hauptversammlung im Herbst 2000 "diskutiert und beschlossen" würden. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den zur Akte gereichten Ausschnitt aus dem Bundesanzeiger Nr. 40 vom 26.02.2000, Seite 2993 (Anlage K 18 zur Klageschrift), verwiesen.

In der Hauptversammlung am 05.04.2000 erläuterte der Vorstandssprecher der Beklagten, Herr Dr. N, die sich aus den Vorschlägen ergebenden Alternativen in einem mündlichen Vortrag. Zudem lag sein Redemanuskript in schriftlicher Form zur Einsichtnahme durch die Aktionäre vor. Aus diesem (Anlage B 6 zur Klageerwiderung, dort Seite 16) ergibt sich ein für das Abfindungsguthaben maßgebliches Vermögen der E Bank AG von mindestens 1,35 Milliarden DM, woraus ein Abfindungsguthaben in Höhe von 650 Millionen DM resultieren würde.

Die Hauptversammlung lehnte die Beschlußvorschläge zu 1 und 2 ab und nahm den Beschlußvorschlag zu 3 an. Hätten sich die Vertreter der Q AG der Stimme enthalten, wäre dem Beschluß zu 1 zugestimmt und der Beschluß zu 3 abgelehnt worden.

Auf Antrag der Klägerin zu 1) hat die Kammer am 17.03.2000 eine einstweilige Verfügung erlassen, mit der der Beklagten untersagt worden ist, vor Ablauf der Frist zur Anfechtung der in der außerordentlichen Hauptversammlung der Antragsgegnerin am 05.04.2000 gefaßten Beschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 1, 2 oder 3 die Kündigung des zwischen ihr, der Beklagten, und der E Bank bestehenden Beteiligungsvertrages vom 06.09.1989 zum 30.04.2000 auszusprechen und Maßnahmen zur Abwicklung der stillen Gesellschaft zu ergreifen. Mit dem am 20.04.2000 verkündeten Urteil hat die Kammer die einstweilige Verfügung im Rechtfertigungsverfahren bestätigt. In der mündlichen Verhandlung vom 21.09.2000 vor dem Oberlandesgericht Köln - 18 U 79/00 - über die Berufung der Beklagten haben deren Vorstandsmitglieder erklärt:

"Die Beklagte wird die Kündigung des Beteiligungsvertrages nicht aussprechen, bevor nicht eine erneute Hauptversammlung einberufen worden ist und diese einen dahingehenden erneuten Beschluß gefaßt hat."

Mit dem am 26.10.2000 verkündeten Urteil hat das Oberlandesgericht festgestellt, dass das Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung in der Hauptsache erledigt ist.

In der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 22.11.2000 hat eine Mehrheit von 86,42 % des anwesenden Grundkapitals für den Vorschlag der Verwaltung gestimmt, den Kündigungsbeschluß der außerordentlichen Hauptversammlung vom 05.04.2000 aufzuheben. Auch dieser Beschluß ist Gegenstand der - weiteren - Anfechtungsklage der Klägerin zu 1) gegen die Beklagte betreffend die in der Hauptversammlung vom 22.11.2000 gefaßten Beschlüsse.

Wegen der Darlegungen der Klägerin zu 1) zur Anfechtbarkeit der Beschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 1 und 2 der Hauptversammlung vom 05.04.2000 wird auf Seiten 28 bis 30 ihrer Klageschrift und auf Seiten 8 ff (= Blatt 160 ff der Akten) des Schriftsatzes vom 09.08.2000, wegen des Vortrags des Klägers zu 2) hierzu wird auf dessen Klageschrift vom 29.04.2000 (Blatt 204 ff der Akten), auf den Schriftsatz vom 08.08.2000 (Blatt 243 ff der Akten) und vom 19.08.2000 (Blatt 259 ff der Akten) verwiesen.

Die Klägerin zu 1) hat folgende Anträge angekündigt:

1. den Beschluß der Hauptversammlung der Beklagten vom 05.04.2000, durch welchen die Hauptversammlung den unter Tagesordnungspunkt 1 zur Abstimmung gestellten Beschlußantrag, die atypische stille Beteiligung der F Holding AG an der E Bank AG in eine unmittelbare Beteiligung am Grundkapital der E Bank AG entsprechend den Beteiligungsverhältnissen nach § 3 Abs. 2 des Beteiligungsvertrages umzuwandeln und den Vorstand anzuhalten, alle dazu erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, abgelehnt hat, für nichtig zu erklären;

hilfsweise:

festzustellen, daß der Beschluß der Hauptversammlung der Beklagen vom 05.04.2000, durch welchen die Hauptversammlung den unter Tagesordnungspunkt 1 zur Abstimmung gestellten Beschlußantrag, die atypische stille Beteiligung der F Holding AG an der E Bank AG in eine unmittelbare Beteiligung am Grundkapital der E Bank AG entsprechend den Beteiligungsverhältnissen nach § 3 Abs. 2 des Beteiligungsvertrages umzuwandeln und den Vorstand anzuhalten, alle dazu erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, abgelehnt hat, nichtig ist;

2. festzustellen, daß die Hauptversammlung der Beklagten vom 05.04.2000 zu Tagesordnungspunkt 1 beschlossen hat, daß die atypische stille Beteiligung der F Holding AG an der E Bank AG in eine unmittelbare Beteiligung am Grundkapital der E Bank AG entsprechend den Beteiligungsverhältnissen nach § 3 Abs. 2 des Beteiligungsvertrages umgewandelt und der Vorstand angehalten wird, alle dazu erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen;

3. den Beschluß der Hauptversammlung der Beklagten vom 05.04.2000, durch welchen die Hauptversammlung den zu Tagesordnungspunkt 2 zur Abstimmung gestellten Beschlußantrag, den zwischen der E Bank und der F Holding AG am 06.09.1989 geschlossenen Beteiligungsvertrag für den Fall zu kündigen, daß der unter Tagesordnungspunkt 1 aufgeführte Beschluß über die Umwandlung der atypisch stillen Beteiligung der F Holding AG an der E Bank AG in eine Aktienbeteiligung am Grundkapital der E Bank AG rechtsbeständig abgelehnt wird, abgelehnt hat, für nichtig zu erklären,

hilfsweise:

festzustellen, daß der Beschluß der Hauptversammlung der Beklagten vom 05.04.2000, durch welchen die Hauptversammlung den zu Tagesordnungspunkt 2 zur Abstimmung gestellten Beschlußantrag, den zwischen der E Bank und der F Holding AG am 06.09.1989 geschlossenen Beteiligungsvertrag für den Fall zu kündigen, daß der unter Tagesordnungspunkt 1 aufgeführte Beschluß über die Umwandlung der atypisch stillen Beteiligung der F Holding AG an der E Bank AG in eine Aktienbeteiligung am Grundkapital der E Bank AG rechtsbeständig abgelehnt wird, abgelehnt hat, nichtig ist;

4. festzustellen, daß die Hauptversammlung der Beklagten vom 05.04.2000 zu Tagesordnungspunkt 2 beschlossen hat, daß für den Fall, daß der unter Tagesordnungspunkt 1 aufgeführte Beschluß über die Umwandlung der atypisch stillen Beteiligung der F Holding AG an der E Bank AG in eine Aktienbeteiligung am Grundkapital der E Bank AG rechtsbeständig abgelehnt wird, der zwischen der E Bank und der F Holding AG am 06.09.1989 geschlossene Beteiligungsvertrag gekündigt und der Vorstand angehalten wird, die Kündigung gegenüber der E Bank unverzüglich auszusprechen;

5. den Beschluß der Hauptversammlung der Beklagten vom 05.04.2000, durch welchen die Hauptversammlung unter Tagesordnungspunkt 3 ihre Zustimmung zur Kündigung des zwischen der E Bank und der F Holding AG geschlossenen Beteiligungsvertrags vom 06.09.1989 zum 30.04.2000 erteilt hat, für nichtig zu erklären,

hilfsweise:

festzustellen, daß der Beschluß der Hauptversammlung der Beklagten vom 05.04.2000, durch welchen die Hauptversammlung unter Tagesordnungspunkt 3 ihre Zustimmung zur Kündigung des zwischen der E Bank und der F Holding AG geschlossenen Beteiligungsvertrags vom 06.09.1989 zum 30.04.2000 erteilt hat, nichtig ist.

In der mündlichen Verhandlung vom 25.01.2001 hat die Klägerin zu 1) den Antrag zu 5. im Hinblick auf die Unmöglichkeit, den Beteiligungsvertrag zum 30.04.2000 zu kündigen, für erledigt erklärt. Im übrigen bezieht sie sich nunmehr auf die oben wiedergegebenen

Anträge 1. bis 4. einschließlich der Hilfsanträge.

Der Kläger zu 2) hat ebenfalls den in der Klageschrift angekündigten Antrag zu 3. - bezogen auf den Tagesordnungspunkt 3 der außerordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 05.04.2000 - für erledigt erklärt, und zwar im Hinblick auf die Erklärungen der Vorstandsmitglieder in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 21.09.2000 und den Aufhebungsbeschluß in der Hauptversammlung vom 22.11.2000, und beantragt,

1. den ablehnenden Beschluß der außerordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 05.04.2000 zu Punkt 1. der Tagesordnung,

"Beschlußfassung gem. Minderheitsverlangen der Kreissparkasse C, und der T mbH, über die Umwandlung der atypisch stillen Beteiligung der F Holding AG an der E Bank in eine Aktienbeteiligung am Grundkapital der E Bank AG",

der vorgeschlagen war wie folgt:

"Beschlußvorschlag:

Die atypisch stille Beteiligung der F Holding AG an der E Bank AG wird in eine unmittelbare Beteiligung am Grundkapital der E Bank AG entsprechend den Beteiligungsverhältnissen nach § 3 Abs. 2 des Beteiligungsvertrages umgewandelt. Der Vorstand wird angehalten, alle dazu erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen."

und der nach der notariellen Niederschrift der Hauptversammlung mit 17.288.739 Nein-Stimmen gegen 2.409.051 Ja-Stimmen abgelehnt wurde,

für nichtig zu erklären;

2. festzustellen, daß der Beschluß der außerordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 05.04.2000 zu Punkt 1. der Tagesordnung

"Beschlußfassung gem. Minderheitsverlangen der Kreissparkasse C, und der T mbH, über die Umwandlung der atypisch stillen Beteiligung der F Holding AG an der E Bank in eine Aktienbeteiligung am Grundkapital der E Bank AG",

der vorgeschlagen war wie folgt:

"Beschlußvorschlag

Die atypische stille Beteiligung der F Holding AG an der E Bank AG wird in eine unmittelbare Beteiligung am Grundkapital der E Bank AG entsprechend den Beteiligungsverhältnissen nach § 3 Abs. 2 des Beteiligungsvertrages umgewandelt. Der Vorstand wird angehalten, alle dazu erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen".

mit einer Mehrheit von 2.409.051 Ja-Stimmen gegen 303.939 Nein-Stimmen, die sich ergeben, wenn von den insgesamt abgegebenen Nein-Stimmen die für die Q AG abgegebenen und zu Unrecht als gültig gezählten mit 16.984.800 Nein-Stimmen abgesetzt werden,

vorschlagsgemäß beschlossen worden ist.

Die Kläger zu 3) bis 5) haben ebenfalls den angekündigten Antrag zum Tagesordnungspunkt 3 der außerordentlichen Hauptversammlung vom 05.04.2000 für erledigt erklärt und beantragen nunmehr,

den Beschluß der Hauptversammlung der Beklagten vom 05.04.2000, durch welchen die Hauptversammlung den zu Tagesordnungspunkt 2 zur Abstimmung gestellten Beschlußantrag abgelehnt hat, für rechtsunwirksam und nichtig zu erklären.

Die Beklagte hat sich den Erledigungserklärungen nicht angeschlossen. Sie und die Nebenintervenientin beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, eine Umwandlung der stillen Beteiligung der Beklagten an der E Bank in eine unmittelbare Beteiligung sei aus Rechtsgründen ausgeschlossen. Wegen des Vortrags im einzelnen wird auf Seiten 5 ff, 21 ff der Klageerwiderung, 11 ff des Schriftsatzes vom 26.06.2000 (Blatt 42 ff, 61 ff, 232 ff der Akten) Bezug genommen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die von ihnen gewechselten Schriftsätze und vorgelegten Urkunden verwiesen.

Gründe

Die Klage der Klägerin zu 1) und des Klägers zu 2) ist teilweise begründet; auf ihren Antrag hin ist festzustellen, dass sich der Rechtsstreit bezüglich der angekündigten Anträge zu 5. (Klägerin zu 1)) und zu 3. (Kläger zu 2)) erledigt hat; im übrigen sind die Klagen - wie die Klage der Kläger zu 3) bis 5) insgesamt - unbegründet.

I.

Die Klagen der Klägerin zu 1) und des Klägers zu 2) sind rechtzeitig erhoben; die Klage der Kläger zu 3) bis 5) scheitert schon an der materiellrechtlichen Ausschlußfrist des § 246 Abs. 1 AktG und ist deshalb unbegründet.

Gemäß § 246 Abs. 1 AktG muß die Klage innerhalb eines Monats nach der Beschlußfassung erhoben werden. Die angefochtenen Beschlüsse sind am 05.04.2000 gefaßt worden. Die Klage der Klägerin zu 1) ist am 18.04.2000 bei Gericht eingegangen; nachdem die Klägerin alle Voraussetzungen für die Zustellung erfüllt hatte, ist diese mit der Verfügung vom 26.04.2000 verfügt worden. Die Klägerin zu 1) hat auf Seite 4 der Klageschrift ordnungsgemäß angegeben, dass diese unverzüglich sowohl an die Vorstandsmitglieder als auch an den Aufsichtsratsvorsitzenden zuzustellen sei; sie hat damit alles getan, damit die Klage ordnungsgemäß zugestellt werden konnte (§§ 253 Abs. 1, 171 Abs. 1 ZPO, 246 Abs. 2 Satz 2 AktG, 270 Abs. 3 ZPO).

Die Kläger ist an den Aufsichtsratsvorsitzenden Prof. Dr. B unter dessen von der Klägerin zu 1) angegebenen Geschäftsanschrift ordnungsgemäß zugestellt worden. Genügend aber auch notwendig ist die Zustellung an jeweils ein Mitglied des Aufsichtsrats - wie auch des Vorstands, § 171 Abs. 3 ZPO. Die Zustellung an die Sozietätsmitarbeiterin H stellt eine rechtmäßige Ersatzzustellung dar. Zwar kann die Zustellung an ein Aufsichtsratsmitglied nicht - wie diejenige an ein Vorstandsmitglied - ersatzweise in den Geschäftsräumen der Gesellschaft gemäß § 184 Abs. 1 ZPO stattfinden, denn zum einen pflegen sich Aufsichtsratsmitglieder nicht dauernd in den Geschäftsräumen einer Aktiengesellschaft aufzuhalten, zum anderen widerspricht die Übergabe der Klageschrift an das den Weisungen des Vorstandes unterliegende Personal dem Zweck der Doppelvertretung (vgl. BGHZ 107, 296, 299 = NJW 1989, 2689 = MDR 1989, 1081). Weil die Bestimmung des § 184 ZPO nicht gilt, ist auf § 181 ZPO zurückzugreifen, die Ersatzzustellung also grundsätzlich unter der Privatanschrift zu bewirken (vgl. Hüffer, Aktiengesetz, 4. Auflage, Rn. 34 zu § 246). Wenn eine Ersatzzustellung nach § 181 ZPO nicht ausführbar ist, kann nach § 183 ZPO zugestellt werden. Soll an ein Aufsichtsratsmitglied zugestellt werden, kann dieses folglich nach §§ 180 bis 183 ZPO geschehen (vgl. Schilling in Gadow/Heinichen/Schmidt, Großkommentar zum Aktienrecht, 3. Band, 3. Auflage, Anmerkung 11 zu § 246). Der teilweise anders lautende Wortlaut der aktienrechtlichen Kommentarliteratur verfolgt erkennbar das Ziel, eine Zustellung an den Aufsichtsrat in den Geschäftsräumen der Aktiengesellschaft zu unterbinden. Da die Zustellung im Geschäftsraum des Aufsichtsratmitglieds die Gefahr der Vorenthaltung der Klage oder andere Gefahren, der die Doppelvertretung entgegen wirken soll, nicht in sich birgt, ist die Ersatzzustellung nach § 183 ZPO auch im Geschäftslokal, das nicht mit dem Geschäftsraum der Aktiengesellschaft identisch ist, zulässig. Es kann deshalb dahinstehen, ob nicht jedenfalls gemäß § 187 ZPO die Zustellung mit dem Zugang als bewirkt anzusehen ist.

Auch der Kläger zu 2) hat die Klagefrist des § 246 Abs. 1 AktG eingehalten. Seine Klage ist am 02.05.2000 bei dem Landgericht Bonn eingegangen. Die am 26.05.2000 erfolgte Zustellung an den Aufsichtsrat und am 29.05.2000 bewirkte Zustellung an den Vorstand war "denmächst" im Sinne von § 270 Abs. 3 ZPO. Die Verzögerung wurde dadurch bewirkt, dass der Kläger zu 2) bei seiner Vorschusszahlung von einem unzutreffenden Streitwert ausging, der durch die Kammer durch Beschluß vom 02.05.2000 korrigiert worden ist. Der Mehrbetrag von 12.450,00 DM wurde mit gerichtlichem Schreiben vom 03.05.2000 unter Hinweis auf § 65 Abs. 1 GKG vom Kläger zu 2) angefordert und ist am 11.05.2000 bei der Gerichtskasse in Bonn eingegangen. Da der Kläger nach Einreichung der Klage grundsätzlich warten darf, bis der Kostenvorschuss von ihm eingefordert wird (BGH WM 1986, 273; NJW 1972, 1948, 1949) ist in dem Vorgang keine schuldhafte Verzögerung des Verfahrensablaufs durch den Kläger zu 2) zu sehen. Wegen der Zustellung an den Aufsichtsrat gelten die Ausführungen im vorigen Abschnitt entsprechend.

Die Kläger zu 3), 4) und 5) haben die Frist des § 246 Abs. 1 AktG nicht eingehalten. Zwar ist die Klage innerhalb der Monatsfrist, nämlich am 04.05.2000, beim Landgericht Bonn eingegangen. Die Zustellung an den Vorstand erfolgte sodann am 17.07.2000, an den Aufsichtsrat am 16.08.2000. Jedenfalls die Zustellung an den Aufsichtsrat war nicht mehr "demnächst" im Sinne von § 270 Abs. 3 ZPO.

"Demnächst" ist eine Zustellung nur dann erfolgt, wenn sie in einer den Umständen angemessenen Frist ohne besondere von der Partei zu vertretene Verzögerungen geschieht. Es bestehen bereits Zweifel, ob die Kläger zu 3) bis 5) im Rahmen der Zahlung des Auslagenvorschusses mit der gebotenen Sorgfalt handelten: Die Angaben zum Streitwert in der Klageschrift waren völlig unzureichend. Daraufhin wurden sie mit Schreiben vom 22.05.2000 gebeten, die erforderlichen Angaben gemäß § 253 Abs. 3 ZPO zu den Akten zu reichen. Sie kündigten mit dem Schriftsatz vom 24.05.2000 an, sich mit dem Vorsitzenden "Anfang kommender Woche" in Verbindung zu setzen. Dieses geschah nicht, so dass mit Beschluss vom 09.06.2000 der Streitwert "- mangels Angaben der Kläger i. S. V. § 253 Abs. 3 ZPO - vorläufig auf DM 400.000,00 festgesetzt" wurde. Am 29.06.2000 teilten die Prozeßbevollmächtigten der Kläger zu 3) bis 5) mit, die Kostennachzahlung in Höhe von DM 6.900,00 gemäß Anforderung der Geschäftsstelle vom 13.06.2000 überwiesen zu haben. Die Zahlungsanzeige weist als Tag der Einzahlung den 03.07.2000 aus. Das Handeln der Kläger zwischen dem 24.05. und dem 29.06.2000 entspricht jedenfalls nicht sorgfältiger Prozeßführung. Letztlich kann dieses aus folgenden Gründen dahinstehen:

Aus dem Grundsatz der Doppelvertretung folgt bei der Klagezustellung an eine Aktiengesellschaft das Erfordernis, auch an ein Mitglied des Aufsichtsrat zuzustellen (§ 246 Abs. 2 AktG). Die Zustellung an das Aufsichtsratsmitglied Prof. Dr. B am 16.08.2000 war nicht "demnächst" im Sinne des § 270 Abs. 3 ZPO. Die Kläger haben die Verzögerung der Zustellung deshalb zu vertreten, weil sie es unterlassen hatten, dem Gericht in der Klageschrift die für eine Zustellung erforderliche Anschrift eines der Aufsichtsratsmitglieder anzugeben. Ihre Anfechtungsklage richtete sich gegen die Beklagte, vertreten durch den Vorstand und den Aufsichtsrat (unter Angabe der Namen), unter der Anschrift X-allee, in G. Damit wird eine zustellungsfähige Anschrift eines Aufsichtsratsmitgliedes nicht angegeben. Wie bereits dargelegt, folgt die Kammer der ganz überwiegenden Ansicht, dass eine Ersatzzustellung gemäß § 184 Abs. 1 ZPO an Aufsichtsratsmitgliedern in den Geschäftsräumen einer Aktiengesellschaft nicht zulässig ist (a.A., soweit ersichtlich, nur OLG Celle, ZIP 1989, 511 ff). Nur so wird dem Zweck der Doppelvertretung Genüge getan, die eine Übergabe der Klageschrift an das den Weisungen des Vorstands unterliegende Personal unterbinden will. Die Kläger zu 3) bis 5) haben die zustellungsfähige Kanzleianschrift des Aufsichtsratsmitglieds Prof. Dr. B erst mit dem Schreiben vom 10.08.2000 angegeben. Zustellungsverzögerungen durch unvollständige Anschriften und vergleichbare Mängel gehen zu Lasten der Kläger, die die Frist des § 246 Abs. 1 AktG einzuhalten haben (vgl. OLG Frankfurt, MDR 1984, 943 = ZIP 1984, 110). Grundsätzlich ist die Doppelvertretung zu beachten (vgl. Hüffer, a.a.O., Rn. 23 zu § 246). Die rechtzeitige Anfechtung wird dem Anfechtenden nicht dadurch unerträglich erschwert, dass er neben einer schwierigen Sachinformationsbeschaffung innerhalb der durch § 246 Abs. 1 AktG, 270 Abs. 3 ZPO gesetzten Zeitspanne die Formalitäten wie die Angabe der Anschrift der gesetzlichen Vertreter der Aktiengesellschaft einhalten muß (vgl. OLG Frankfurt, a.a.O.). Insoweit beruht die Verzögerung der Zustellung auf der Nachlässigkeit der Kläger zu 3) bis 5) oder ihres Prozeßbevollmächtigten, das sie sich anrechnen lassen müssen, indem sie die Anschrift des Aufsichtsratsvertreters später als 3 Monate nach Fristablauf - und damit nicht nur geringfügig später - mitteilten.

Diesen Erwägungen steht nicht entgegen, dass die Anfechtungsklage die zur Vertretung der Aktiengesellschaft berufenen Personen nicht anzuführen braucht. Unterläßt der Kläger solche Angaben, trägt er allein das Risiko ordnungsgemäßer Zustellung (vgl. Zöller-Stephan, 22. Auflage, Rn. 2 zu § 130 ZPO). Insofern betreffen die Anforderungen an die Ordnungsgemäßheit der Klageschrift nicht die Anforderungen an ihre Zustellbarkeit (vgl. OLG Frankfurt a.a.O.; BGHZ 32, 114, 118).

Auch der Umstand, dass es sich bei den Klägern um notwendige Streitgenossen im Sinne von § 62 Abs. 1, 1. Alternative, ZPO (prozeßrechtlich notwendige Streitgenossenschaft) handelt, weil die Rechtskraft des Anfechtungsurteils gemäß § 248 Abs. 1 Satz 1 AktG für und gegen alle Anfechtungsbefugten wirkt, führt zu keinem anderen Ergebnis. Der daraus folgende Zwang zu einer gleichförmigen Entscheidung über die Mangelhaftigkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen genügt zwar, um eine solche notwendige Streitgenossenschaft anzunehmen, ersetzt aber nicht die Notwendigkeit für jeden einzelnen Streitgenossen, die materiellrechtlich erforderlichen Ausschlußfristen einzuhalten.

Die Regelung der notwendigen Streitgenossenschaft gestaltet die prozessuale Stellung der Streitgenossen gegenüber der einfachen Streitgenossenschaft in besonderer Weise, um in den Fällen, in denen eine einheitliche Entscheidung geboten ist, diese einheitliche Entscheidung zu ermöglichen. Die gesetzliche Regelung ist auf die Vertretung bei Säumnis einzelner Streitgenossen beschränkt und damit lückenhaft. Ihr kann nicht entnommen werden, dass stets eine übereinstimmende Beurteilung aller Prozeßhandlungen der Streitgenossen oder den Streitgenossen gegenüber vorzunehmen ist. Eine "einheitliche Streitpartei" gibt es nicht. Vielmehr bleiben die Streitgenossen auch in den Fällen des § 62 ZPO selbständige Streitparteien in jeweils besonderen Prozeßrechtsverhältnissen zum gemeinsamen Gegner (h.M., vgl. Zöller-Vollkommer, 22. Auflage, Rn. 22 zu § 62; Stein-Jonas-Bork, 21. Auflage, Rn. 30 zu § 62; Wieczorek-Schütze, 3. Auflage, Rn. 59 zu § 62). Ob die Prozeßhandlung eines Streitgenossen oder gegenüber einem Streitgenossen Wirkung auch im Verhältnis zu den anderen Streitgenossen entfaltet, ist daher eine Frage des einzelnen Regelungsproblems, die differenzierend unter Berücksichtung des Zweckes der notwendigen Streitgenossenschaft und des Grundsatzes der Selbständigkeit der Streitgenossen zu beurteilen ist (§§ 61, 63 ZPO).

Unter dieser Prämisse sind - entsprechend allgemeiner Auffassung - die Prozeßhandlungen der notwendigen Streitgenossen grundsätzlich gesondert zu beurteilen; insbesondere sind Zustellungen gesondert zu bewirken und lösen gegebenenfalls unterschiedliche Fristenläufe aus (vgl. Stein-Jonas-Bork, a.a.O., Rn. 33 zu § 62 und 1 zu § 61; Zöller-Vollkommer, a.a.O., Rn. 24 zu § 62). § 62 ZPO hilft insoweit nur dem säumigen Streitgenossen, der eine Frist nicht eingehalten hat und zu dessen Gunsten die Fristwahrung durch einen anderen Streitgenossen wirkt. Daraus folgt, dass die Klageerhebung einzelner notwendiger Streitgenossen keine Wirkung zugunsten anderer Streitgenossen oder zu Lasten der Beklagten als Anfechtungsgegnerin haben kann. Damit würde auch der Gesetzeszweck des § 246 Abs. 1 AktG, Rechtsicherheit durch die darin normierte Ausschlußfrist zu schaffen, obsolet. Die Gesetzeswirkung, nach der die Anfechtungsbefugnis nach Fristablauf kraft Gesetzes entfällt, würde über die Streitgenossenschaft ausgehebelt. Dass dieses nicht möglich ist, ergibt sich bereits daraus, dass die notwendige Streitgenossenschaft eine Ausdehnung von Prozeßhandlungen des nicht Säumigen auf die Säumigen bewirkt, während es sich bei der Frist des § 246 Abs. 1 AktG um eine materiellrechtliche Ausschlußfrist handelt, auf die die Vorschriften der ZPO über Fristen grundsätzlich nicht anzuwenden sind. Dementsprechend bedingt die notwendige Streitgenossenschaft nicht, dass die Klage einzelner notwendiger Streitgenossen wegen Fristüberschreitung nicht abgewiesen werden können und damit Prozeßergebnisse notwendig identisch sind (vgl. Hüffer, a.a.O. Rn. 3, 4, 31 zu § 246 AktG; Zöllner in Kölner Kommentar zum Aktienrecht, Band 2, 1985, Rn. 88 zu § 246; zu § 91 a ZPO: Zöller-Vollkommer, a.a.O., Rn. 58 zu § 91 a ZPO, Stichwort: Streitgenossenschaft; BGH MDR 1985, 914, 915). Die Kläger zu 3) bis 5) haben durch Versäumung der Ausschlußfrist des § 246 Abs. 1 AktG ihr Anfechtungsrecht bezüglich der Hauptversammlungsbeschlüsse vom 05.04.2000 verloren. Ihre Klage ist bereits deshalb unbegründet und durch Sachurteil abzuweisen.

II.

Nachdem die Klägerin zu 1) und der Kläger zu 2) den Rechtsstreit im Termin vom 25.01.2001 für erledigt erklärt haben und die Beklagte der Erledigungserklärung widersprochen hat, ist festzustellen, dass der Antrag, dass sich der Rechtsstreit erledigt hat, begründet ist, weil der ursprüngliche Antrag zu 5. der Klägerin zu 1) und der ursprüngliche Antrag zu 3. des Klägers zu 2) zulässig und begründet waren und durch ein nachträgliches Ereignis unbegründet geworden sind. Das Oberlandesgericht Köln hat in der am 26.10.2000 verkündeten Entscheidung zum einstweiligen Verfügungsverfahren betreffend die Anfechtung des Beschlusses zu TOP 3 der Hauptversammlung vom 05.04.2000 - 18 U 79/00 -, der Klägerin zu 1) als Verfügungsklägerin, dem Kläger zu 2) als Streithelfer, der Beklagten als Verfügungsbeklagten und der Nebenintervenientin als Streithelferin bekannt, ausgeführt:

"Der Beschluss der Hauptversammlung vom 5.4.2000 zu Top 3 ist unwirksam. Dabei kann dahinstehen, ob er gemäß § 243 AktG anfechtbar oder gemäß § 241 AktG nichtig ist.

Durch den beanstandeten Beschluss wurde in unzulässiger Weise zustandsbegründend die Satzung der Verfügungsbeklagten durchbrochen, ohne dass die für eine Satzungsänderung notwendigen Förmlichkeiten eingehalten wurden. Dieser Verstoß führt zur Unwirksamkeit der Satzungsdurchbrechung und des Beschlusses (Hüffer, a.a.O., § 179 Rdnr. 8; BGH NJW 1993, 2246; OLG Köln NJW 1996, 1439, 1440).

Wie bereits das Landgericht in seiner zutreffenden Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen werden kann, ausgeführt hat, beinhaltete der Beschluss der Hauptversammlung vom 5.4.2000 zu Top 3 eine Änderung des Unternehmensgegenstandes. Hiermit war auch zwangsläufig eine Satzungsänderung verbunden (vgl. § 23 Abs. 3 Nr. 2 AktG).

Unternehmensgegenstand der Verfügungsbeklagten ist gemäß § 2 Abs. 1 ihrer Satzung der Erwerb und die Verwaltung einer Beteiligung an der E-Bank. Gemäß § 2 Abs. 2 der Satzung war die Gesellschaft zu allen Maßnahmen und Geschäften berechtigt, die geeignet sind, den Geschäftszweck der Gesellschaft zu fördern. Um den Unternehmensgegenstand zu fördern, hat die Verfügungsbeklagte den Beteiligungsvertrag vom 6.9.1989 mit der E Bank geschlossen und sich als untypische stille Gesellschafterin am Handelsgewerbe der E-Bank beteiligt (vgl. § 1 Abs. 1 des Beteiligungsvertrages). Durch die unter Top 3 der Hauptversammlung vom 5.4.2000 beschlossene Kündigung des mit der E-Bank am 6.9.1989 geschlossenen Beteiligungsvertrages zum 30.4.2000 und die Ermächtigung des Vorstandes zum unverzüglichen Ausspruch der Kündigung hat die Verfügungsbeklagte ihren einzigen Unternehmensgegenstand aufgegeben. Bereits die Entscheidung in der Hauptversammlung und nicht erst der Ausspruch der Kündigung ändert den Unternehmensgegenstand. Der beanstandete Beschluss hat zur Folge, dass das Mittel zur Gewinnerzielung und damit der Unternehmensgegenstand (Hüffer, a.a.O., § 23 Rdnr. 22) nicht mehr die untypische stille Beteiligung als solche und die sich daraus ergebende Beteiligung am Gewinn und Verlust (§ 6 des Beteiligungsvertrages) an der E-Bank ist, sondern dass an dessen Stelle die Verwaltung und die Verwendung des Abfindungsguthabens zu einem noch nicht bestimmten Zweck treten soll, das der Verfügungsbeklagten gemäß § 14 des Beteiligungsvertrages nach der Kündigung zusteht.

Soweit die Verfügungsbeklagte in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, eine Verwaltung der Beteiligung der E-Bank umfasse auch die in § 12 des Beteiligungsvertrages vom 6.9.1989 vorgesehene Kündigung der stillen Beteiligung, kann der Senat diesen Standpunkt nicht teilen. Gemäß § 2 Abs. 2 der Satzung ist die Verfügungsbeklagte zu allen Maßnahmen berechtigt, die geeignet sind, den Geschäftszweck zu fördern. Hierunter fällt nicht die Beendigung der Beteiligung, da dies den Geschäftszweck nicht fördert, sondern im Gegenteil beendet.

Die beabsichtigte Kündigung des Beteiligungsvertrages mit der E-Bank vom 6.9.1989 und die Änderung des Unternehmensgegenstandes entfalten eine Dauerwirkung, weil die untypische stille Beteiligung an der E-Bank auf Dauer, für die Zukunft aufgegeben wird. Die Durchbrechung der Satzung ist damit nicht nur punktuell sondern zustandsbegründend.

Wie sich aus den Ausführungen des Vorstansmitgliedes Dr. N anlässlich der Hauptversammlung vom 5.4.2000 ergibt, hat sich die Hauptversammlung bewusst über die Satzung hinweggesetzt und die für eine Satzungsänderung erforderlichen Förmlichkeiten umgangen. Dr. N führte dort selbst aus, die Kündigung des Vertrages über die stille Beteiligung mit der E-Bank führe faktisch zu einer Änderung der Satzung der Verfügungsbeklagten (vgl. S. 17 des Redemanuskripts Anlage AG 6).

Der die faktische Satzungsdurchbrechung herbeiführende Beschluss zu Top 3 der Hauptversammlung vom 5.4.2000 ist unwirksam, weil die für eine Satzungsänderung vorgeschriebenen Förmlichkeiten nicht eingehalten wurden. Es wurden weder Einberufungs- noch Bekanntmachungsvorschriften (§§ 124 Abs. 1, Abs. 2, 181 AktG) beachtet. Auch hierauf hat bereits das Landgericht hingewiesen. Von der Unwirksamkeit des Beschlusses ist auch deshalb auszugehen, weil die, eine Dauerwirkung entfaltende, Abweichung von der Satzung nicht nur gesellschaftsinterne Bedeutung hat, sondern auch den Rechtsverkehr und schützenswerte Interesse etwaiger Investoren berührt. Deren Schutz und Orientierung dient die Registerpublizität (vgl. OLG Köln NJW 96, 1839; BGH NJW 1993, 2246 f; Habersack, ZGR 1994, 354, 367 f). Ein solcher Schutz wäre aber nicht gewährleistet, wenn die Hauptversammlung ohne Einhaltung der Förmlichkeiten und ohne Eintragung im Handelsregister Beschlüsse fassen könnte, durch die der Unternehmensgegenstand aufgehoben und geändert wird.

Der von der Verfügungsbeklagten in diesem Zusammenhang geäußerten Auffassung, dem potentiellen Anleger komme es bei der Investitionsentscheidung nicht auf den Unternehmensgegenstand an, kann der Senat nicht folgen. Der Unternehmensgegenstand kann ein Kaufmotiv eines Investors sein und ist es auch üblicherweise. Gerade die wirtschaftliche Entwicklung und deren Prognose in einem bestimmten Wirtschafts- und Industriebereich ist für den Kauf oder Verkauf einer Aktie mitentscheidend. Daher ist es von erheblicher Bedeutung, welchem Wirtschaftszweig eine Aktiengesellschaft zuzuordnen ist und welchen Unternehmensgegenstand die Gesellschaft hat.

Die von der Verfügungsbeklagten gegen diese Auffassung vorgebrachten Argumente sind nicht stichhaltig. Auch die bestehenden Besonderheiten des Falles bieten keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung.

Die von der Verfügungsbeklagten angeführte Möglichkeit zur Änderung der Satzung durch einen neuen Hauptversammlungsbeschluss ist ohne Relevanz, solange diese neue Satzung nicht tatsächlich beschlossen ist. Allein durch eine solche Option wird nicht die bereits rechtswidrig herbeigeführte Satzungsänderung rechtmäßig. Wie der Fall zu beurteilen wäre, wenn die Verfügungsbeklagte ihre Satzung tatsächlich bereits entsprechend geändert hätte, braucht der Senat nicht zu entscheiden.

Die von der Verfügungsbeklagten erwähnte Befugnis, sich selbst ohne formelle Satzungsänderung aufzulösen, ist ebenfalls kein überzeugender Gesichtspunkt, den unter Top 3 gefassten Beschluss der Hauptversammlung vom 5.4.2000 als rechtmäßig anzusehen. Zwar ist der Verfügungsbeklagten einzuräumen, dass ihr eine solche Befugnis zur Auflösung gemäß §§ 262, 264 AktG grundsätzlich zusteht und sie diese auch ohne Satzungsänderung herbeiführen kann (vgl. BGH NJW 1988, 1579, 1580 f). Hieraus lassen sich aber keine Argumente für die Rechtmäßigkeit des beanstandeten Beschlusses gewinnen. Bei der Auflösung der Gesellschaft besteht nicht die Gefahr der Irreführung des Rechtsverkehrs und neuer Anleger. Diese Möglichkeit ist aber zu bejahen, wenn die Gesellschaft fortbesteht, weiter am Geschäftsleben teilnimmt und der Rechtsverkehr sowie neue Anleger über den Unternehmensgegenstand im Unklaren gelassen werden, weil sich dieser nicht aus der veröffentlichten Satzung ergibt.

Der Senat kann der Verfügungsbeklagten auch nicht in der von ihr geäußerten Ansicht zustimmen, die angestrebte, unmittelbare Beteiligung der Verfügungsbeklagten an der E-Bank sei nach der Verschmelzung der E-Bank auf die Q nicht mehr möglich, so dass der beabsichtigte Unternehmensgegenstand, der auf eine unmittelbare Beteiligung an dem Kapital der E-Bank abgezielt habe (vgl. die Präambel des Beteiligungsvertrages), ohnehin nicht mehr erreichbar sei.

Es mag zwar zutreffen, dass eine unmittelbare Beteiligung der Verfügungsbeklagten an der E-Bank nicht mehr möglich ist. Der Verfügungsbeklagten ist auch darin zuzustimmen, dass die Kündigung des Beteiligungsvertrages wirtschaftlich sinnvoll sein kann, weil die Mitwirkungs- und Kontrollrechte der Beklagten hinsichtlich der E-Bank geschwunden sind. In der Tat hat die Verfügungsbeklagte diese Rechte im wesentlichen verloren, weil die Bundesrepublik Deutschland ihre Verpflichtungen aus dem Interessenwahrungsvertrag mit der Verfügungsbeklagten vom 6.9.1989 nicht in das Vertragswerk mit der Q eingearbeitet hat.

Dies führt aber nicht dazu, dass die Erreichung des Unternehmensgegenstandes unmöglich geworden ist. Die Verfügungsbeklagte ist nämlich nach der Verschmelzung der E-Bank auf die Q(weiterhin) untypische, stille Gesellschafterin an dem neuen Unternehmen. Dies ergibt sich aus §§ 20 Abs. 1 Nr. 1, 23 UmwandlG (vgl. Blaurock, Handbuch der stillen Gesellschaft, 5. Aufl., 1998, Rdnr. 1139; Lutter, UmwandlG, § 20 Rdnr. 15). Diese Rechtslage, die von der Verfügungsbeklagten und deren Streithelferin, der Q, anerkannt wird, ermöglicht weiterhin die Verwaltung der Beteiligung an dem neuen Unternehmen (§ 2 Abs. 1 der Satzung der Verfügungsbeklagten). Der Unternehmensgegenstand ist damit weiterhin erreichbar. ...

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hat sich erledigt, nachdem der Vorstand der Verfügungsbeklagten in der Verhandlung vom 21.09.2000 erklärt hat, eine Kündigung so lange nicht auszusprechen, bis eine erneute Hauptversammlung einen erneuten entsprechenden Beschluss gefasst hat."

Die Kammer nimmt diese Begründung in Bezug und schließt sich ihr an. Durch die Aufhebung des Beschlusses in der Hauptversammlung vom 22.11.2000 ist das Rechtsschutzbedürfnis entfallen (vgl. Hüffer, a.a.O., Randnr. 11 zu § 246 AktG).

III.

Die Klage zu den Anträgen zu 1. und 2. der Klägerin zu 1) und des Klägers zu 2) (im folgenden: der Kläger) ist nicht begründet. Durch die Ablehnung des Antrags der Minderheitsaktionäre zum Tagesordnungspunkt 1 in der außerordentlichen Hauptversammlung vom 05.04.2000 ist weder das Gesetz noch die Satzung der Beklagten verletzt worden.

a)

Die außerordentliche Hauptversammlung vom 05.04.2000 fand unmittelbar vor der geplanten Verschmelzung der E Bank auf die Q AG statt. Das Begehren der Minderheitsaktionäre,

"die atypisch stille Beteiligung der F Holding AG an der E Bank AG in eine unmittelbare Beteiligung am Grundkapital der E Bank AG ... umzuwandeln"

war nach der Verschmelzung der E Bank auf die Q AG, eingetragen in das Handelsregister am 26.05.2000, aus Rechtsgründen nicht zu verwirklichen. Diese Verschmelzung hat zur Folge, dass die E Bank AG erlosch und ihre Aktionäre Anteilsinhaber der Q AG wurden (§ 20 Abs. 1 Nr. 2, 3 UmwG). Dies hat das Oberlandesgericht bereits in dem oben zitierten Urteil (Seite 9) bestätigt, wenn es ausgeführt hat, es möge zutreffen, "dass eine unmittelbare Beteiligung der Verfügungsbeklagten an der E Bank nicht mehr möglich ist". Selbst wenn der Verschmelzungsvertrag und die Zustimmungsbeschlüsse mangelhaft wären oder die nach dem Umwandlungsgesetz zur Wirksamkeit erforderlichen Individualzustimmungserklärungen fehlen würden, hätte die Eintragung in das Handelsregister zur Folge, dass die Verschmelzung nach außen Bestandschutz genießt, also nicht rückgängig zu machen ist, § 20 Abs. 2 UmwG (vgl. Blaurock, Handbuch der stillen Gesellschaft, 5. Auflage 1998, Rn. 1147, 1150).

Die Verschmelzung hat zugleich zur Folge, dass die Beklagte nicht die Aktien des verschmolzenen Unternehmens, der Q AG, übernehmen darf. Sie, die Beklagte, ist ein von der Q AG abhängiges Unternehmen im Sinne von § 17 AktG, denn gemäß § 17 Abs. 2 AktG wird von einem in Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmen vermutet, dass es von dem an ihm mit Mehrheit beteiligten Unternehmen abhängig ist; die Q hält ca. 81 % der Aktien der Beklagten.

Als abhängigem Unternehmen ist es der Beklagten gemäß § 56 Abs. 2 AktG untersagt, Aktien der herrschenden Gesellschaft zu zeichnen. Durch das Verbot der Übernahme eigener Aktien soll die reale Kapitalaufbringung gesichert und die Bildung von Scheinkapital verhindert werden. § 56 Abs. 2 Satz 1 AktG verbietet verschiedene Formen einer solchen Übernahme beim originären Aktien- erwerb. Eine solche Erwerbsform läge bei der Zeichnung der Aktien der Q AG im Rahmen einer von dieser durchgeführten Kapitalerhöhung vor.

Soweit ein ausreichender Aktienbestand bei dem die Q AG beherrschenden Unternehmen, der A AG, vorhanden wäre, wie der Kläger zu 2) behauptet, würde dieses an der Rechtslage nichts ändern: Gemäß § 71 d Satz 2 AktG darf ein abhängiges Unternehmen Aktien der Gesellschaft nur unter den Voraussetzungen des § 71 AktG erwerben. Die Ausnahmen des § 71 Abs. 1 AktG sind nicht gegeben, insbesondere nicht der Ausnahmetatbestand des § 71 Abs. 1 Nr. 3 AktG, der unter anderem auf § 320 b AktG und § 29 Abs. 1 UmwG verweist. Diese Regelungen beziehen sich auf den Aktienerwerb im Verhältnis von eingegliedertem und eingliederndem, bzw. übertragendem und übernehmendem Rechtsträger. Vorliegend wird nicht die Beklagte, sondern die E Bank im Rahmen der Verschmelzung auf die Q AG verschmolzen. Deshalb wären nicht Aktionäre der Beklagten, sondern Aktionäre des eingegliederten Unternehmens zum Aktienerwerb oder zur Barabfindung berechtigt.

Die Kläger haben seit der Eintragung der Verschmelzung keine Möglichkeit mehr, die Umwandlung gemäß Tagesordnungspunkt 1 der außerordentlichen Hauptversammlung vom 05.04.2000 durchzusetzen.

Es kann dahinstehen, ob nicht aus diesen Gründen bereits ihr Rechtsschutzinteresse an der Feststellung der Nichtigkeit entfallen ist; jedenfalls war es im Vorfeld der Verschmelzung, die bereits in Rede stand (vgl. zum Beispiel Seiten 1, 10 des Redekonzepts des Vorstandsvorsitzenden Dr. N, Anlage K 22), aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, nicht für die Umwandlung der stillen in eine unmittelbare Beteiligung zu stimmen.

b)

Unter dieser Prämisse verstößt der angefochtene Beschluß auch nicht gegen die Satzung, insbesondere deren § 2, der Beklagten. Die Ablehnung des Beschlußantrags läuft dem in § 2 Abs. 1 der Satzung niedergelegten Unternehmensgegenstand nicht zuwider; es verblieb rechtmäßig beim satzungsmäßig bestimmten Unternehmensgegenstand: der atypischen stillen Beteiligung.

Nichts anderes gilt in Ansehung der Eintragungen des Beteiligungsvertrages und des Interessenwahrungsvertrages zu HRB ..... des Amtsgerichts Bonn. Eine Anfechtung von Beschlüssen allein wegen Verstößen gegen schuldrechtliche Vereinbarungen ist nicht möglich, denn eine Vertragsverletzung stellt keine Gesetzesverletzung im Sinne von § 243 Abs. 1 AktG dar. Die Vertragswidrigkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses begründet also grundsätzlich nicht dessen Anfechtbarkeit, auch nicht über den Grundsatz pacta sunt servanda (vgl. Hüffer, a.a.O., Rn. 6 zu § 243 AktG). Der Vorgang der Nachgründung in Verbindung mit den Vermerken im Handelsregister sind nicht geeignet, den in Bezug genommenen Verträgen einen kooperationsrechtlichen Status zu geben. Die in Bezug genommenen Verträge bleiben weiterhin schuldrechtliche Geschäfte, die als Urkunden im Sinne von § 52 Abs. 6 bis 8 AktG in Bezug genommen worden sind. Es bedarf keiner Erörterung, ob dieses gemäß § 52 Abs. 9 AktG zu Recht oder zu Unrecht geschehen ist.

Es handelt sich bei den Verträgen nicht um satzungsergänzende Nebenabreden der Gesellschafter, die als solche einen Anfechtungsgrund darstellen können (vgl. Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Auflage, Seiten 99 und 1.001). Der Beteiligungsvertrag zwischen der Beklagten und der E Bank und der Interessenwahrungsvertrag zwischen der Beklagten und der Bundesrepublik Deutschland - beide vom 06.09.1989 - stellen gerade nicht rein innergesellschaftliche Regelungen innerhalb der Beklagten dar, sondern um Vereinbarungen der Beklagten mit Dritten.

Diese Abreden können auch keine Wirkung im Hinblick auf den satzungsmäßig niedergelegten Unternehmensgegenstand (§ 2 der Satzung) entfalten: Satzungsklauseln können nicht anhand von Nebenreden ausgelegt werden, denn Satzung und satzungsergänzende Nebenabreden sind selbständige Rechtsgeschäfte, die voneinander zu unterscheiden sind. Die ausschließliche Festlegung auf eine Form der Beteiligung, hier: die von den Minderheitsaktionären gewünschte unmittelbare Beteiligung, ist nicht Teil der Satzung und kann aus ihr nicht gefolgert werden. Sie könnte sich allenfalls aus einem weiteren Vertragswerk, dem "Beteiligungsvertrag", ergeben. Im Umkehrschluß folgt hieraus, dass sich im Grundsatz der Beteiligungsvertrag im Rahmen der satzungsmäßigen Vorgaben zu halten hatte, nicht aber, dass die Satzung den Vorgaben des Beteiligungsvertrages folgt.

Im übrigen ist zweifelhaft, ob aus dem Beteiligungsvertrag eine Konkretisierung des Unternehmensgegenstandes folgt, der zur Auslegung der Satzung beitragen könnte: Die Formulierung in seiner Präambel ist in erster Linie als Unternehmenszielsetzung, das ist eine Absichtserklärung für die Zukunft, zu verstehen. Die konkrete Form der Beteiligung bleibt einer Gesellschafterentscheidung vorbehalten ("Die atypische stille Beteiligung der F Holding soll in eine unmittelbare Beteiligung ... umgewandelt werden, ... ", vgl. auch § 293 AktG).

c)

Der Beschluß zu Tagesordnungspunkt 1 der Hauptversammlung vom 05.04.2000 ist auch nicht deswegen anfechtbar, weil die Feststellung des Beschlußergebnisses durch den Vorsitzenden der Hauptversammlung (§ 130 Abs. 2 AktG) und ihre Aufnahme in die notarielle Niederschrift (§ 130 Abs. 1 AktG) inhaltlich unrichtig ist. Denn die Mehrheitsaktionärin, die Q AG, war nicht gehindert, ihr Stimmrecht auszuüben.

Durch die Schaffung von Stimmverboten soll eine Neutralisation von Sonderinteressen der Aktionäre, die ihrer Art nach typischer Weise dazu führen würden, dass sich die Stimmabgabe und daraus folgend der Hauptversammlungsbeschluß nicht am Gesellschaftsinteresse, sondern an den Eigeninteressen der Abstimmenden orientiert, bewirkt werden. Das Gesetz kennt keinen allgemeinen Tatbestand, wonach ein Aktionär nicht mitstimmen darf, wenn bei einem Hauptversammlungsbeschluß das Unternehmensinteresse mit seinen persönlichen Interessen in Widerstreit gerät. Das Stimmrecht ist nach § 130 Abs. 1 AktG daher nur in drei eng begrenzten Fällen ausgeschlossen. Die darin liegenden tatbestandlichen Grenzen sind das Ergebnis bewußter gesetzgeberischer Entscheidung (vgl. Hüffer, a.a.O., Rn. 17 zu § 136). Es kann daher nach der Gesetzeslage keine generelle Erweiterung auf andere Interessenkollisionen im Wege der Rechtsanalogie geben.

Der Tagesordnungspunkt 1 der außerordentlichen Hauptversammlung vom 05.04.2000 betraf weder die Entlastung des Mehrheitsaktionärs noch seine Befreiung von einer Verbindlichkeit noch sollte darüber entschieden werden, ob die Beklagte gegen ihn einen Anspruch geltend machen sollte. Es ging vielmehr um die Umwandlung der Art der Beteiligung, folglich nicht um ein Individualrechtsgeschäft mit dem Mehrheitsaktionär, sondern um einen Organisationsakt. Organisationsentscheidungen fallen aber jedenfalls nicht unter das Stimmrechtsverbot (vgl. Karsten Schmidt, a.a.O., Seiten 610 und 859, § 21 II 2 a aa) und § 28 IV 4 b dd)).

d)

Die Mehrheitsentscheidung verstößt nicht gegen die den Mehrheitsaktionären gegenüber den Minderheitsaktionären obliegenden gesellschaftlichen Treuepflicht. Unbeschadet der oben unter a) dargelegten Gründe führte die Ablehnung des Antrages zum Tagesordnungspunkt 1 nicht zu einem schwerwiegendem Eingriff in die Mitgliedschaftsrechte der Minderheit. Aufgrund der Ablehnung des Antrags der Minderheitsaktionäre bestand die stille Beteiligung der Beklagten an der E Bank und - nach Verschmelzung - an dem übernehmendem Rechtsträger weiter (§ 23 UmwG). Die schützenswerten Sonderrechte der Beklagten beschränken sich auf den durch § 23 UmwG zu wahrenden Status als atypische stille Gesellschafterin an diesem (neuen) Unternehmen. Damit verblieb es nach dem Beschluß bei einer Weiterführung des bisherigen Unternehmensgegenstandes. Die Ermessensausübung in diesem Sinne ist nicht zu beanstanden.

Dies gilt auch in Ansehung der Erklärung der Q AG im Schreiben vom 20.12.1999, dort unter Ziffer 4. Selbst wenn man eine aktienrechtliche Treuepflichtverletzung aus dem Rechtsgedanken des § 162 Abs. 1 BGB herleiten könnte, ist aus dem Tatbestand der Erklärung einerseits und des Abstimmungsverhaltens in der Hauptversammlung vom 05.04.2000 andererseits nicht herzuleiten, dass die Q AG das wirksame Zustandekommen einer Rechtsfolge wider Treu und Glauben vereitelt hat. Die Erklärung vom 20.12.1999 stellt die Entscheidung der Beklagten in das Ermessen von deren Hauptversammlung. Was unternehmerisch und wirtschaftlich sinnvoll ist, ist dadurch nicht festgelegt worden. Die durch das Schreiben als grundsätzlich möglich anerkannte Umwandlung bestimmt diese noch nicht als die von der Q AG als bindend anerkannte Handlungsalternative.

Schließlich liegt kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß § 53 a AktG vor. Nach der Vorschrift dürfen Aktionäre nicht sachwidrig ungleich behandelt werden; Verstöße gegen das Gebot können die Anfechtbarkeit gemäß § 243 Abs. 1 AktG begründen. Der Beschluß in der Hauptverhandlung vom 05.04.2000 zum Tagesordnungspunkt 1 zielte nicht auf eine differenzierende Folge für verschiedene Aktionäre, sondern hatte für alle Aktionäre die Konsequenzen, dass der Status quo aufrecht erhalten blieb. Daraus folgt zugleich, dass dieser Beschluß nicht gegen § 243 Abs. 2 AktG verstößt: Er, der Beschluß, ist jedenfalls nicht geeignet, einen Schaden für die Gesellschaft oder andere Aktionäre herbeizuführen, denn die bisherige Beteiligung besteht weiter. Die Aktionärsmehrheit hat sich insgesamt im Rahmen ihres unternehmerischen Beurteilungs- und Ermessensspielraums gehalten, der durch Satzungsbindungen und gesellschaftsrechtliche Treuepflichten nicht reduziert wurde.

e)

Der Antrag zu 2. der Kläger hat keinen Erfolg, weil die Anfechtungsklage den ablehnenden Beschluß nicht vernichtet hat und somit kein Raum für eine anderweitige gerichtliche Feststellung besteht. Es kann dahinstehen, ob die Beschlußfeststellungsklage aus diesem Grunde unzulässig (vgl. Hüffer in Geßler/Hefermehl, Rn. 85 zu § 246, Semler in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, 2. Auflage 1999, Rn. 92 zu § 41) oder unbegründet ist.

IV.

a)

Die Anträge der Klägerin zu 1) (im folgenden: Klägerin) zu 3. und 4. sind nicht begründet. Über diese Eventualanträge ist zu entscheiden, weil die Bedingung - Abweisung der Anträge zu 1. und 2. - eingetreten ist.

Der Beschluß verstößt nicht gegen die Satzung: Die außerordentliche Kündigung gemäß § 12 Abs. 1 des Beteiligungsvertrages wurde gerade abgelehnt, so dass es bei dem bestehenden Status einer Beteiligung der Beklagten an der E Bank AG verblieb.

Auch ein Verstoß gegen eine gesellschaftsrechtliche Treuepflicht kommt nicht in Betracht. Wie oben unter II. ausgeführt, wäre ein solcher Verstoß, bezogen auf das Ziel: Beendigung des Beteiligungsvertrages, nur dann anzunehmen, wenn dessen Kündigung beschlossen worden wäre. Die Entscheidung zur Nichtvornahme der Kündigung kann demnach nicht treuwidrig sein. Sondervorteile des Mehrheitsaktionärs im Sinne von § 243 Abs. 2 AktG sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

b)

Aus den unter II. e) dargelegten Gründen ist die Beschlußfeststellungsklage unzulässig oder unbegründet, weil die Anfechtungsklage keinen Erfolg hat.

V.

Die Unbegründetheit der Hilfsanträge (Nichtigkeitsklagen) der Klägerin zu 1) zu den Anträgen zu 1. und 3. ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen.

VI.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 92 Abs. 1, 100, 101, 709 Satz 1 ZPO.

Streitwert:

I. Im Verhältnis der Klägerin zu 1) zur Beklagten:

Antrag zu 1.: DM 750.000,00

Antrag zu 2.: DM 250.000,00

Antrag zu 3.: DM 750.000,00

Antrag zu 4.: DM 250.000,00

Antrag zu 5.:

a) bis zum 26.01.2001: DM 1.000.000,00

b) ab 26.01.2001: DM 500.000,00

II. Im Verhältnis der Klägerin zu 2) zur Beklagten:

Antrag zu 1.: DM 300.000,00

Antrag zu 2.: DM 100.000,00

Antrag zu 3.:

a) bis zum 26.01.2001: DM 400.000,00

b) ab 26.01.2001: DM 200.000,00

III. Im Verhältnis der Kläger zu 3) bis 5) zur Beklagten:

Antrag zu 1.: DM 200.000,00

Antrag zu 2.:

a) bis zum 26.01.2001: DM 200.000,00

b) ab 26.01.2001: DM 100.000,00






LG Bonn:
Urteil v. 15.02.2001
Az: 14 O 54/00


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/c77f70e97d6e/LG-Bonn_Urteil_vom_15-Februar-2001_Az_14-O-54-00




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