Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 18. Juli 2002
Aktenzeichen: I-6 U 170/04

(OLG Düsseldorf: Urteil v. 18.07.2002, Az.: I-6 U 170/04)

Tenor

Die Berufung der Klägerin zu 2. gegen das am 19. Juni 2001 verkündete Ur-teil der 6. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf wird zu-rückgewiesen.

Der Kläger zu 1. ist des Rechtsmittels der Berufung verlustig.

Der Kläger zu 1. trägt seine zweitinstanzlichen außergerichtlichen Kosten und ein Sechstel der Gerichtskosten des zweiten Rechtszuges. Die übrigen Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin zu 2. auferlegt.

Die Kläger können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Hö-he von 110 % des aufgrund dieses Urteils jeweils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicher-heit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Sicherheiten können auch durch Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Gründe

Die zulässige Berufung der Klägerin zu 2. hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat ihre Klage im Ergebnis zu Recht insgesamt abgewiesen. Zwar hat es sich dabei mit mehreren Anfechtungsgründen nicht befasst und die Abweisung der Feststellungsanträge nicht begründet, so dass das Verfahren des ersten Rechtszuges an einem wesentlichen Mangel leidet (§ 539 ZPO a. F.). Da die Entscheidung allein von Rechtsfragen abhängt, die keiner weiteren Aufklärung bedürfen, hält der Senat jedoch eine eigene Sachentscheidung für sachdienlich (§ 540 ZPO a. F.).

I.

Die gegen die Entlastung des Vorstandes und des Aufsichtsrates der Beklagten (Tagesordnungspunkte 3 und 4) gerichtete Anfechtungsklage ist nicht begründet. Zwar hat die Klägerin zu 2. als Aktionärin der Beklagten durch ihren Geschäftsführer an der Hauptversammlung vom 24. Mai 2000 teilgenommen und gegen die angegriffenen Beschlüsse Widerspruch zur Niederschrift erklärt, so dass sie gemäß § 245 Nr. 1 AktG zur Anfechtung befugt ist. Die Anfechtungsfrist (§§ 246 Abs. 1 AktG) ist eingehalten, weil der letzte Tag der Monatsfrist (24. Juni 2000) auf einen Samstag fiel und die Klage am nächsten Werktag (26. Juni 2000) eingereicht (§ 193 BGB; vgl. Hüffer, 4. Aufl., § 246 AktG Rdnr. 22) und nach unverzüglicher Einzahlung des angeforderten Gerichtskostenvorschusses "demnächst" zugestellt wurde (§ 270 Abs. 3 ZPO; vgl. BGH NJW 1989, 904, 905). Die Entlastungsbeschlüsse verletzen jedoch weder Gesetzes- noch Satzungsbestimmungen (§ 243 Abs. 1 AktG):

1. Die Entlastung umfasst die Billigung der Organtätigkeit in der zurückliegenden Entlastungsperiode und die Versicherung des Vertrauens für die weitere Geschäftsführung. Ein Verzicht auf Ersatzansprüche ist mit ihr nicht verbunden (§ 120 Abs. 2 AktG). Wegen ihres prägenden Charakters als Vertrauensbekundung steht der Hauptversammlung bei der Entscheidung über die Entlastung ein weiter Ermessensspielraum zu. Ihr dabei auszuübendes pflichtgemäßes Ermessen kommt einem nahezu freien Ermessen gleich. So kann die Hauptversammlung grundsätzlich selbst dann Entlastung erteilen, wenn ihr Gesetzesverstöße der Verwaltung bekannt sind oder andere Gründe vorliegen, die die Versagung der Entlastung rechtfertigen könnten. Ihr steht es frei, auch eine "pflichtvergessene" Verwaltung zu entlasten, ohne dass dies zur Anfechtbarkeit des Entlastungsbeschlusses führt, denn ein Aktionär darf den übrigen Aktionären nicht über die Anfechtungsklage seine abweichende Meinung zur Entlastung aufzwingen (vgl. OLG München WM 1991, 1843, 1851; OLG Düsseldorf - Senat - AG 1996, 273, 274; KG AG 2001, 186, 187; Mülbert in Großkommentar AktG, 4. Aufl., § 120 AktG Rdnrn. 75 f.).

Bei dieser Sachlage sind die Behauptungen der Klägerin über angebliche Fehlleistungen von Vorstand und Aufsichtsrat im Rahmen der Verschmelzung (insbesondere der Einschätzung und Bewertung der K. AG) oder der weiteren Geschäftsführung, die Vorwürfe, die in diesen Fehlern liegenden Ursachen für die Verfehlung der - von vornherein geschönten - Planziele und die unbefriedigenden Ergebnisse sollten mit allen Mitteln (z. B. Umstellung der Abschlüsse von den HGB-Vorschriften auf die US-amerikanischen Rechnungslegungsvorschriften - US-GAAP -, Änderung der Spartenberichterstattung pp.) verschleiert und die Vergleichbarkeit mit den früheren Ergebnissen erschwert werden, die Zweifel an der Leistungsfähigkeit des Controllings und der Berichts- und Prognosesysteme sowie der umfangreiche Einzelvortrag zu den geplanten und den tatsächlich erreichten Wirtschaftsdaten, angeblichen Verletzungen der Publizitätspflichten bei Tochterunternehmen etc. unabhängig davon, inwieweit diese Umstände den Organen der Beklagten oder denen der übertragenden Rechtsträger zuzurechnen sind, von vornherein unerheblich. Die Hauptversammlung hat Vorstand und Aufsichtsrat in Kenntnis der erzielten Ergebnisse und der Abweichungen von den Prognosen mit großer Mehrheit Entlastung erteilt. Diese Entscheidungen halten sich im Rahmen ihres Ermessens. Für einen Ermessensmissbrauch oder die Verfolgung von Sondervorteilen (§ 243 Abs. 2 AktG) ist nichts ersichtlich.

2. Die Entlastungsbeschlüsse sind auch nicht wegen Verletzung des Auskunftsrechtes der Klägerin zu 2. anfechtbar. Die von einem Aktionär in der Hauptversammlung begehrte Auskunft ist nur zu erteilen, soweit sie zur sachgerechten Beurteilung des Gegenstandes der Tagesordnung erforderlich ist (§ 131 Abs. 1 Satz 1 AktG). Darüber hinaus muss eine etwaige Verletzung des Auskunftsrechtes für den angefochtenen Beschluss ursächlich geworden sein. Dabei ist darauf abzustellen, ob ein objektiv urteilender Aktionär, der Kenntnis von allen für die Beurteilung maßgebenden Umständen gehabt hätte, angesichts der Informationsverweigerung in gleicher Weise abgestimmt hätte (vgl. BGHZ 107, 296, 307; BGHZ 119, 1, 18 f.; Semler in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, Aktiengesellschaft, 2. Aufl., § 41 Rdnr. 32). Vorliegend scheidet eine Anfechtung unter beiden Gesichtspunkten aus:

a) Die eigentliche Verschmelzung konnte nicht Gegenstand der Beurteilung im Rahmen der Entlastungsentscheidung sein. Sie wurde von den Organen der übertragenden Rechtsträger, mithin der T. AG und der K. AG, vorbereitet und durchgeführt. Diese Organe sind trotz weitgehender Personengleichheit nicht mit Vorstand und Aufsichtsrat der Beklagten, über deren Entlastung die Hauptversammlung der Beklagten ausschließlich zu entscheiden hatte, identisch. Entscheidungen und Maßnahmen im Rahmen der Verschmelzung sind deshalb rechtlich allein den Organen der übertragenden Rechtsträger zuzuordnen. Diese wurden nach der unbestrittenen Darstellung der Beklagten in den letzten ordentlichen Hauptversammlungen der übertragenden Rechtsträger am 25. bzw. 26. Februar 1999 mit großer Mehrheit entlastet.

Vor diesem Hintergrund ist schon die Erforderlichkeit der erbetenen Auskünfte für die Entscheidung über die Entlastung zu verneinen (§ 131 Abs. 1 Satz 1 AktG). Zur Vermeidung ausufernder Auskunftsbegehren sind insoweit strenge Anforderungen zu stellen (vgl. OLG Düsseldorf WM 1991, 2148, 2153). Sämtliche angeblich nicht oder nicht ausreichend beantworteten Fragen zielten nach dem ausdrücklichen Vortrag in der Klageschrift der Klägerin zu 2. und nach ihrem erkennbaren Zuschnitt indes darauf ab, die im Geschäftsjahr 1998/99 erzielten Ergebnisse anteilig den von der T. AG bzw. der K. AG eingebrachten Unternehmensteilen zuzuordnen. Das war nur sinnvoll, wenn die Verschmelzungsentscheidung als solche und die in diesem Rahmen ermittelten Unternehmensbewertungen und Umtauschverhältnisse beurteilt werden sollten. Genau darum ging es der Klägerin zu 2., denn sie hat in der Klageschrift ausdrücklich geltend gemacht, die Konzerndaten müssten in der geforderten Weise "verprobt" werden, um die K. AG als ertragsschwache Partnerin zu "decouvrieren". Da die entsprechenden Vorgänge aber nicht den jetzigen Organen zuzurechnen sind, kam es darauf für die Entlastungsentscheidung nicht an.

Nachdem die Beklagte zutreffend auf diesen Aspekt hingewiesen hat, hat die Klägerin zu 2. zwar versucht, ihre Fragen auch im Hinblick auf die laufende Geschäftstätigkeit zu rechtfertigen. Allerdings ist nicht ersichtlich, was die Fragen, ob allgemein vernünftig gewirtschaftet wurde, in welchen Teilbereichen die angestrebten Ergebnisse nicht realisiert wurden und welche Konzernteile das aus der Sicht der Klägerin zu 2. unbefriedigende Gesamtergebnis zu verantworten hatten, mit der ersichtlich bezweckten Rückführung auf die übertragenden Rechtsträger zu tun hatten. Die Beklagte hatte die Ergebnisse der einzelnen Geschäftsbereiche u. a. im Financial Report detailliert dargestellt. Hierzu hätte die Klägerin zu 2. gegebenenfalls weitere Fragen stellen können. Die Zuordnung dieser Ergebnisse zu den früheren Bereichen der T. AG bzw. der K. AG war dagegen für die Arbeit des neuen Vorstandes und Aufsichtsrates irrelevant. Damit bestand schon keine Auskunftspflicht und eine solche konnte nicht verletzt werden.

Ob die Fragen unter anderen Gesichtspunkten von Interesse sein konnten, ist unerheblich. Eine Auskunftspflicht besteht nur bei Relevanz für konkrete Tagesordnungspunkte (§ 131 Abs. 1 Satz 1 AktG). Dass die Fragen für andere Tagesordnungspunkte erheblich gewesen sein könnten, ist indes nicht ersichtlich und wird von der Klägerin zu 2. auch nicht geltend gemacht.

b) Darüber hinaus fehlt es an der erforderlichen Kausalität. Den Aktionären war aufgrund der Geschäftsberichte der Beklagten bekannt, in welchen Konzernbereichen welche Ergebnisse erzielt worden waren und inwieweit diese von den im Rahmen der Verschmelzung aufgestellten Planzielen abwichen. Sie konnten deshalb beurteilen, ob geweckte Erwartungen enttäuscht worden waren und ob sie den Organen der Gesellschaft unter Berücksichtigung der dafür gegebenen Erläuterungen gleichwohl das Vertrauen aussprechen wollten. Sollte sich die Verschmelzung aus der Sicht der Aktionäre als Fehlentscheidung erwiesen haben, so ist nicht ersichtlich, welchen weiteren Erkenntniswert es für die Entlastung haben sollte, in welchem Ausgangsbereich die - gemeinsamen - Fehleinschätzungen angesiedelt waren. Ein vernünftig urteilender Aktionär hätte deshalb in Kenntnis dieser Tatsache nicht anders über die Entlastung entschieden. Das könnte allenfalls dann abweichend zu beurteilen sein, wenn die Ergebnisse nicht nur eine - ohnehin erkennbare - unternehmerische Fehlentscheidung offenbart, sondern darüber hinaus ein unredliches Vorgehen zum Nachteil der Aktionäre dokumentiert hätten. Dafür spricht indes nichts. Die Klägerin will ihre gegenteiligen Schlüsse allein aus einer "Verprobung" der Unternehmensbewertungen und Prognosen mit den tatsächlichen Ergebnissen herleiten. Diese Betrachtung ex post besagt indes nichts über ein unredliches Vorgehen und war damit für die Entlastungsentscheidung nicht relevant.

II.

Die Angriffe der Klägerin zu 2. gegen die Zustimmung der Hauptversammlung zu von der Beklagten abgeschlossenen Unternehmensverträgen (Tagesordnungspunkt 13) sind ebenfalls nicht gerechtfertigt. Sie beziehen sich im Wesentlichen auf den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag vom 29. September 1999 mit der K. H. S. AG. Weder die Billigung dieses noch die Zustimmung zu den anderen Verträgen sind indes zu beanstanden.

1. Das Zustimmungsverfahren leidet nicht an formellen, von den einzelnen Unternehmensverträgen unabhängigen Mängeln:

a) Der Gegenstand der Abstimmung wurde ordnungsgemäß bekannt gemacht. Die Überschrift des Tagesordnungspunktes ("Beschlussfassung über die Zustimmung zu Unternehmensverträgen") deckt entgegen der Auffassung der Klägerin zu 2. ohne weiteres auch Änderungsverträge zu bereits bestehenden Unternehmensverträgen. Zudem konnte jeder Aktionär durch einfaches Weiterlesen nach der Überschrift problemlos erkennen, um welche Verträge es ging. Ihr wesentlicher Inhalt war gemäß § 124 Abs. 2 Satz 2 AktG in der Einladung wiedergegeben. Die Wiedergabe der früheren Fassungen geänderter Verträge in der Tagesordnung ist nicht vorgeschrieben. Insoweit hatte jeder interessierte Aktionär Gelegenheit, sich vor der Hauptversammlung anhand der Angaben in der Einladung kundig zu machen oder in der Hauptversammlung weitere Fragen zu stellen. Zu den Verträgen zu lit. e) und f) wurde sogar ausdrücklich darauf hingewiesen, dass neben den zur Abstimmung stehenden auch die früheren Fassungen in den Geschäftsräumen der Beklagten auslagen und auf Anfrage zugesandt würden. Damit wurden die Aktionäre rechtzeitig über die Beschlussgegenstände informiert und in die Lage versetzt, von ihrem Teilnahmerecht sinnvoll Gebrauch zu machen.

b) Die Bedenken der Klägerin zu 2. gegen das Abstimmungsverfahren greifen ebenfalls nicht durch. Die Art und Reihenfolge der Abstimmung wird vom Vorsitzenden der Hauptversammlung bestimmt (§ 134 Abs. 4 AktG in Verbindung mit § 18 Abs. 2 Satz 2 der Satzung der Beklagten). Diese Kompetenz umfasst auch das Recht, Abstimmungsgegenstände in sinnvoller Weise zusammenzufassen (vgl. Semler in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, § 39 Rdnr. 14 zum vergleichbar gelagerten Fall der Abstimmung über mehrere unabhängig voneinander gestellte Anträge auf Änderung verschiedener Satzungsbestimmungen). Maßgeblich ist allein, dass die Rechte der Aktionäre nicht beeinträchtigt und der Mehrheitswille durch die Art der Abstimmung nicht verfälscht werden. Vorliegend ging es durchweg um Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge mit Beteiligungsgesellschaften, also um gleichartige, nur in den Einzelheiten unterschiedlich ausgestaltete Sachverhalte, bei denen eine Konzentration des Abstimmungsvorgangs angesichts des Umfangs der Tagesordnung sachgerecht erschien. Wenn ein Aktionär zwischen den einzelnen Verträgen hätte differenzieren wollen, hätte er zunächst einen entsprechenden Geschäftsordnungsantrag stellen können, über den dann vorrangig zu entscheiden gewesen wäre (vgl. Semler in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, § 39 Rdnr. 10). Das ist von keiner Seite geschehen. Gegebenenfalls hätte ein Aktionär, der auch nur einen einzigen Vertrag ablehnen wollte, zudem gegen den gesamten Antrag stimmen können. Hätte sich sodann keine Mehrheit gefunden, hätte einzeln über die Verträge abgestimmt werden müssen (vgl. Semler in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, § 39 Rdnr. 14). Danach handelte es sich bei der Zusammenfassung der Abstimmung im Ergebnis um eine zulässige Zweckmäßigkeitsentscheidung, die die Aktionärsrechte nicht tangierte und weder gegen gesetzliche noch gegen Satzungsvorschriften verstieß (§ 243 Abs. 1 AktG). Als bloße Leitungsmaß-nahme bedurfte sie auch keiner Klarstellung in der Einberufung oder Tagesordnung.

2. Die Zustimmung der Hauptversammlung zum Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag vom 29. September 1999 mit der K. H. S. AG ist auch nicht aus anderen Gründen anfechtbar.

a) Allerdings bedurfte der genannte Vertrag gemäß § 293 Abs. 1 und 2 AktG der Zustimmung der Hauptversammlungen beider Vertragspartner. Dabei waren die nach §§ 293 a, 293 e AktG erforderlichen Vorstands- und Vertragsprüfungsberichte gemäß §§ 293 f Abs. 1 Nr. 3, 293 g Abs. 1 AktG von der Einberufung der Hauptversammlungen an in den Geschäftsräumen der beteiligten Gesellschaften und sodann in den Hauptversammlungen selbst auszulegen. Das ist für die Hauptversammlung der Beklagten, nicht jedoch in der der K. H. S. AG geschehen. Diese fand am 9. März 2000 statt, während die Vorstands- und Vertragsprüfungsberichte vom 14. März 2000 datieren. Gleichwohl kann sich die Klägerin zu 2. nicht auf dieses Versäumnis berufen:

Gemäß §§ 293 a Abs. 3, 293 e Abs. 2 AktG sind der Vorstandsbericht und der Vertragsprüfungsbericht nicht erforderlich, wenn sämtliche Anteilsinhaber aller beteiligten Unternehmen durch öffentlich beglaubigte Erklärungen darauf verzichten. Diese Voraussetzung ist zwar vorliegend nicht erfüllt. In dem Erfordernis eines formgerechten Verzichts auch der Aktionäre des Vertragspartners wird jedoch zum Teil ein Versehen des Gesetzgebers erblickt (vgl. Altmeppen in Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 2. Aufl., § 293 a AktG Rdnrn. 53 f.). Ob dem zu folgen ist, bedarf hier keiner Entscheidung. Jedenfalls ist nämlich unter Berücksichtigung des Schutzzweckes der §§ 293 a ff. AktG, die Information der betroffenen Aktionäre zu gewährleisten, davon auszugehen, dass die Berichtspflicht für ein beteiligtes Unternehmen schon dann entfällt, wenn die eigenen Aktionäre in öffentlich beglaubigter Form darauf verzichtet haben (vgl. Krieger in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, § 70 Rdnr. 27). Steht es aber den Aktionären eines Vertragsunternehmens frei, einseitig auf die ihnen zustehende Information zu verzichten, so können sich die Aktionäre des Vertragspartners nach dem Schutzzweck der Berichtspflichten auch im Übrigen nicht darauf berufen, die Anteilsinhaber der anderen Seite seien nicht ordnungsgemäß unterrichtet worden.

Nach diesen Erwägungen kommt es auf Berichtsmängel im Bereich der K. H. S. AG nicht an. Die Aktionäre dieser Gesellschaft haben dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag vom 29. September 1999 in der Hauptversammlung vom 9. März 2000 zugestimmt, obwohl die Berichte nach §§ 293 a, 293 e AktG noch nicht vorlagen. Sie haben den Zustimmungsbeschluss auch nicht angefochten, so dass die nach § 293 Abs. 2 AktG erforderliche Zustimmung feststeht. Die Anfechtung des korrespondierenden Hauptversammlungsbeschlusses der Beklagten kann nicht auf eine unzureichende Information der Aktionäre ihrer Vertragspartnerin gestützt werden.

b) Die vereinbarten Ausgleichszahlungen an die D. Bank AG und die K. S. AG führen ebenfalls nicht zur Anfechtbarkeit des Zustimmungsbeschlusses. Die insoweit erhobenen Einwendungen können im Anfechtungsverfahren nicht geltend gemacht werden. Sie sind auch in der Sache nicht begründet.

aa) Gemäß § 304 Abs. 3 Satz 2 AktG kann die Anfechtung des Beschlusses, durch den die Hauptversammlung einem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag oder einer unter § 295 Abs. 2 AktG fallenden Änderung eines solchen Vertrages zugestimmt hat, nicht auf § 243 Abs. 2 AktG oder darauf gestützt werden, dass der im Vertrag bestimmte Ausgleich nicht angemessen ist. Der Aktionär, der den Ausgleich für nicht angemessen hält, ist vielmehr auf das Spruchverfahren nach § 306 AktG angewiesen (§ 304 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 AktG). Allerdings soll dieser Weg nach bislang herrschender Meinung nur dem ausgleichsberechtigten außenstehenden Aktionär des abhängigen Unternehmens eröffnet sein, während den Aktionären des anderen Vertragsteils die Überprüfung eines etwa zu hohen Ausgleichs im Spruchverfahren unter Hinweis auf dessen Schutzzweck versagt wird (vgl. Bilda in Münchener Kommentar, § 304 AktG Rdnr. 212; Krieger in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, § 70 Rdnr. 88; Koppensteiner in Kölner Kommentar, 2. Aufl., § 304 AktG Rdnr. 62; Hüffer, § 304 AktG Rdnr. 23). Welcher Rechtsschutz diesen Aktionären zur Verfügung steht, ist - soweit ersichtlich - bislang nicht geklärt:

Bilda (in Münchener Kommentar, § 304 AktG Rdnr. 199) und Krieger (in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, § 70 Rdnr. 88) gehen davon aus, dass die Aktionäre des herrschenden Unternehmens den Zustimmungsbeschluss ihrer Hauptversammlung auch mit der Begründung anfechten können, der vereinbarte Ausgleich sei unangemessen. Diese Auffassung steht allerdings in einem Spannungsverhältnis zum Zweck des Gesetzes, die schwierigen Fragen der Ausgleichshöhe aus dem Anfechtungsprozess herauszuhalten und die Probleme der Wirksamkeit des Zustimmungsbeschlusses einerseits und des angemessenen Ausgleichs andererseits damit verfahrensmäßig zu trennen (vgl. Hüffer, § 304 AktG Rdnr. 21). Krieger (a.a.O.) bezeichnet das von ihm angenommene Ergebnis folglich als "rechtspolitisch völlig verfehlt".

Demgegenüber hat der Bundesgerichtshof zu den §§ 210, 212 UmwG entschieden, dass eine Anfechtungsklage gegen einen Umwandlungsbeschluss auch dann nicht auf ein zu geringes Barabfindungsangebot gestützt werden kann, wenn der von der Strukturmaßnahme betroffene Anteilsinhaber die Verletzung von Informations-, Auskunfts- oder Berichtspflichten im Zusammenhang mit der gemäß § 207 UmwG anzubietenden Barabfindung geltend macht. Zwar könne das noch nicht allein aus dem Anfechtungsausschluss bei einem zu niedrig bemessenen Barabfindungsangebot hergeleitet werden, weil die Information über die Abfindung auch dem weiter gehenden Ziel diene, den noch unentschiedenen Gesellschafter in die Lage zu versetzen, zu beurteilen, ob der angebotene bzw. vereinbarte Ausgleichsanspruch angemessen sei und der Zustimmung unter diesem Gesichtspunkt keine Bedenken entgegenstünden. Aus dem Zusammenhang mit den entsprechenden Regelungen über das fehlende und das nicht ordnungsgemäße Angebot, die auch Fälle von Beeinträchtigungen der Informationsrechte beträfen, folge jedoch, dass auch die Rüge der Verletzung solcher Rechte in das Spruchverfahren zu verweisen sei (vgl. BGH ZIP 2001, 199, 200 f.; BGH WM 2001, 467 ff.). Die zu Abfindungsregelungen aus Anlass anderer aktienrechtlicher Strukturmaßnahmen entwickelte Rechtsprechung, wonach den Aktionären eine Beurteilung der Angemessenheit der Abfindung durch entsprechende Informationen ermöglicht werden müsse und Verstöße zur Anfechtbarkeit des Zustimmungsbeschlusses führten, hat der Bundesgerichtshof für den Fall der §§ 210, 212 UmwG im Hinblick auf deren Neufassung ausdrücklich aufgegeben (vgl. BGH ZIP 2001, 199, 202; BGH WM 2001, 467, 469). Sodann hat er Erwägungen zum Rechtsschutz für den bei dem Unternehmensträger der neuen Rechtsform verbleibenden Anteilseigner, der ein zu hohes Barabfindungsangebot rügt, angestellt und dabei sowohl eine Anfechtungsklage als auch die Möglichkeit, ihm aus verfassungsrechtlichen Gründen das Spruchverfahren zu eröffnen, in Betracht gezogen. Ohne letztere Frage abschließend zu beantworten, hat er jedenfalls die Möglichkeit einer Anfechtungsklage u. a. mit der Begründung, diese stehe in Widerspruch zu den Zielen der §§ 210, 212 UmwG, verworfen (vgl. BGH ZIP 2001, 199, 202; BGH WM 2001, 467, 469). Den Zweck des Gesetzes hat er dabei ausdrücklich auch in der Vermeidung finanzieller Schäden der Gesellschaft durch zügige Durchführung der beschlossenen Strukturmaßnahmen gesehen (vgl. BGH ZIP 2001, 199, 200; BGH WM 2001, 467).

Diese Rechtsprechung ist zwar nicht unmittelbar auf den Fall des § 304 AktG übertragbar, weil das Spruchverfahren dort nur als Rechtsschutz gegen einen unangemessenen, nicht aber gegen einen fehlenden oder nicht ordnungsgemäßen Ausgleich vorgesehen ist. Für diesen Fall hat der Bundesgerichtshof entsprechend seiner früheren Rechtsprechung die Bedeutung des Rechts auf Informationen zur Beurteilung der Angemessenheit des Ausgleichs und der Frage, ob der Vereinbarung unter diesem Gesichtspunkt zugestimmt werden könne, hervorgehoben. Auch § 304 Abs. 3 Satz 2 AktG schließt indes jedenfalls den unmittelbaren Einwand der Unangemessenheit im Anfechtungsprozess aus, um kurzfristig Rechtssicherheit für die beteiligten Unternehmen zu schaffen. Aufgrund dieses Gesetzeszweckes und mit Blick auf die dargestellten Entscheidungen des Bundesgerichtshofes, der dem im Unternehmen verbleibenden Anteilseigner ebenfalls die Anfechtung des Umwandlungsbeschlusses versagt, erscheint es sachgerecht, auch den Aktionären des herrschenden Unternehmens im Falle des § 304 AktG die Anfechtung des Zustimmungsbeschlusses mit dem Argument, die vorgesehene Ausgleichszahlung sei unangemessen, zu verweigern. Ob insoweit aus verfassungsrechtlichen Überlegungen das Spruchverfahren zu eröffnen ist, bedarf im vorliegenden Rechtsstreit keiner Entscheidung.

bb) Die Einwendungen der Klägerin zu 2. gegen die Gestaltung der Ausgleichsregelung greifen aber auch in der Sache nicht durch:

Eine Anfechtung könnte allenfalls auf einen Gesetzes- oder Satzungsverstoß (§ 243 Abs. 1 AktG) oder darauf gestützt werden, dass ein Aktionär durch die Ausübung seines Stimmrechtes Sondervorteile für sich oder einen Dritten zum Schaden der Gesellschaft oder der anderen Aktionäre zu erlangen sucht und der Beschluss geeignet ist, diesem Zweck zu dienen (§ 243 Abs. 2 AktG). Diese Voraussetzungen sind indes nicht bereits dann erfüllt, wenn der nach § 304 Abs. 2 AktG vorgesehene Mindestbetrag überschritten wird. § 304 AktG enthält vielmehr Mindestanforderungen, die nach dem im Ausgangspunkt auch für Unternehmensverträge geltenden Grundsatz der Vertragsfreiheit überschritten werden können. Der Hauptversammlung, deren Zustimmung nach § 293 Abs. 2 AktG erforderlich ist, steht damit ein gewisser Gestaltungsspielraum zu. Dabei kann zur Vermeidung von Streitigkeiten über die Bemessung und eines etwaigen Spruchverfahrens durchaus eine gewisse Großzügigkeit sinnvoll sein.

Die Bemessung der Ausgleichszahlung an die D. Bank AG war hier insoweit schwierig, als die K. H. S. AG im Zuge der Umstrukturierung des Konzerns ihre operative Tätigkeit aufgegeben hatte und zur reinen Zwischenholding umgestaltet worden war. Die Ergebnisse der Vergangenheit waren damit für die künftigen Ertragsaussichten nicht mehr aussagekräftig, so dass letztlich nur an die mit erheblichen Unsicherheitsfaktoren behafteten Prognosen angeknüpft werden konnte. Hinzu kommt, dass die D. Bank AG kurzfristig zur Vermeidung höherer Grunderwerbsteuern an der Gesellschaft beteiligt werden sollte. Dieses Vorhaben war naturgemäß nur realisierbar, wenn ihr eine angemessene Gegenleistung angeboten und Meinungsverschiedenheiten über den gesetzlichen Mindestausgleich vermieden wurden. Da der Ausgleich angesichts der geringen Beteiligung der Deutschen Bank AG von 0,5 % in Relation zu den prognostizierten Ergebnissen zudem sehr niedrig war und die Aktionäre der herrschenden Gesellschaft nicht nennenswert belastete, erschien die festgesetzte Ausgleichszahlung unternehmenspolitisch vertretbar. Das gilt auch in Anbetracht der Tatsachen, dass die D. Bank AG nur kurzfristig in einer Zeitspanne beteiligt war, in der noch keine Gewinne anfielen, der - durch Vertrag vom 25./29. September 2000 erfolg- te - Rückerwerb der Beteiligung durch die Beklagte von vornherein geplant gewesen sein dürfte und die D. Bank AG damit im Wesentlichen von positiven Prognosen profitierte, die vornehmlich die Zeit nach ihrer vorübergehenden Beteiligung betrafen. Da es entscheidend darum ging, das Geschäft auch für die D. Bank AG, die an der Beteiligung selbst wohl nicht interessiert war, lukrativ zu machen, um dadurch wesentlich höhere Grunderwerbsteuern zu sparen, ist die vorgesehene Ausgleichszahlung, die umgerechnet jährlich knapp 18,50 DM je Aktie ergab, im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Hinsichtlich der zu 40,85 % an der K. H. S. AG beteiligten K. S. AG sind die Parteien darüber einig, dass die Gesellschaft als 100 %ige Tochter der Beklagten nicht außenstehende Aktionärin im Sinne des § 304 AktG und damit nicht nach dieser Bestimmung ausgleichsberechtigt war. Daraus folgt allerdings nicht, dass ein gleichwohl gewährter Ausgleich gesetzes- oder satzungswidrig war und damit zur Anfechtbarkeit des Zustimmungsbeschlusses führte. Vielmehr greift auch hier der Grundsatz der Vertragsfreiheit ein. Durch den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zwischen der Beklagten und der K. H. S. AG wurde der K. S. AG ihr Anteil am Ergebnis der K. H. S. AG entzogen. Es sind gute unternehmerische Gründe denkbar, diesen Nachteil auch ohne gesetzliche Verpflichtung auszugleichen. Die Rechte der Aktionäre der Beklagten wurden dadurch nicht ohne weiteres beeinträchtigt, zumal ihnen der Gegenwert durch den Zufluss an die K. S. AG, deren Aktien vollständig in der Hand der Beklagten waren, mittelbar zugute kam. Es mag zutreffen, dass es dabei - z. B. durch steuerliche Einflüsse - zu Wertabweichungen gekommen sein kann. Letztlich handelte es sich aber um eine unternehmerische Zweckmäßigkeitsentscheidung, deren Billigung in die Kompetenz der Hauptversammlung fiel und die deshalb nicht allein aufgrund des fehlenden gesetzlichen Anspruchs angefochten werden kann.

Jedenfalls vor diesem Hintergrund rechtfertigt sich auch die unterschiedliche Höhe der Ausgleichszahlungen an die D. Bank AG und die K. S. AG. Da es sich zum einen um einen gesetzlichen Anspruch, zum anderen um eine freiwillige Leistung aufgrund der Vertragsfreiheit handelte, ist weder der Grundsatz der Gleichbehandlung der Aktionäre tangiert noch können Rückschlüsse auf die Unangemessenheit des Ausgleichs für die D. Bank AG gezogen werden.

c) Die Anfechtung des Zustimmungsbeschlusses der Hauptversammlung der Beklagten lässt sich weiterhin nicht auf das Fehlen eines Abfindungsangebotes an die D. Bank AG nach § 305 AktG stützen. Es erscheint bereits zweifelhaft, ob dieser Einwand überhaupt im Anfechtungsprozess erhoben werden kann. Da § 305 Abs. 5 Satz 1 und 2 AktG - ebenso wie § 212 UmwG - nicht nur die Rüge der unangemessenen, sondern auch der fehlenden oder nicht ordnungsgemäßen Abfindung in das Spruchverfahren verweisen, lässt sich die unter II. 2. b) aa) erörterte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu §§ 210, 212 UmwG unmittelbar auf die vorliegende Fallgestaltung übertragen, so dass auch der Aktionär der herrschenden Gesellschaft im Verfahren nach §§ 243 ff. AktG grundsätzlich mit Rügen aus § 305 AktG ausgeschlossen ist. Ob das auch gilt, wenn es ihm - wie offenbar der Klägerin zu 2. - nicht um die Unterbreitung eines angemessenen Abfindungsangebotes, sondern um die Ablehnung des Vertrages schlechthin geht, bedarf jedoch keiner Entscheidung. Jedenfalls steht nämlich auch hier der Schutzzweck des § 305 AktG einer Anfechtung entgegen. Die genannte Bestimmung dient allein den Interessen der außenstehenden Aktionäre. Die insoweit betroffene, allein abfindungsberechtigte D. Bank AG hat den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag indes mitgetragen. Ausweislich ihres Schreibens vom 31. Januar 2000 an die Beklagte hat sie sogar ausdrücklich auf ein Abfindungsangebot verzichtet. Zwischenzeitlich hat sie ihre Beteiligung an der K. H. S. AG an die Beklagte übertragen. Die Hauptversammlung der K. H. S. AG hat dem Abschluss des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages am 9. März 2000 zugestimmt. Dieser Beschluss ist nicht angefochten worden und kann damit nicht mehr beseitigt werden. Bei dieser Sachlage bleibt für die Klä-gerin zu 2. kein Raum, zum Nachteil der Beklagten und ihrer Aktionäre vermeintliche Rechte außenstehender Aktionäre der anderen Vertragspartnerin wahrzunehmen. In ihrer eigenen geschützten Rechtsstellung wird sie durch einen etwaigen Mangel aus § 305 AktG nicht tangiert.

d) Die Vorstands- und Vertragsprüfungsberichte nach §§ 293 a, 293 e AktG zum Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit der K. H. S. AG weisen entgegen der Auffassung der Klägerin zu 2. keine anfechtungsbegründenden inhaltlichen Mängel auf. Jedenfalls sind etwaige Mängel für die Beschlussfassung der Hauptversammlung nicht ursächlich geworden.

Der Vorstandsbericht nach § 293 a AktG dient dem Schutz der Aktionäre und soll diese bereits vor der Hauptversammlung über die in § 293 a Abs. 1 AktG genannten Gesichtspunkte informieren, um ihnen eine Plausibilitätskontrolle zu ermöglichen und eine geeignete Entscheidungsgrundlage für ihr Abstimmungsverhalten zu verschaffen (vgl. Altmeppen in Münchener Kommentar, § 293 a AktG Rdnrn. 2 und 37). Erforderlich, aber auch ausreichend sind damit diejenigen Angaben, die dem Aktionär eine solche Plausibilitätskontrolle erlauben (vgl. Altmeppen in Münchener Kommentar, § 293 a AktG Rdnrn. 40 und 43; Krieger in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, § 70 Rdnr. 31), wobei es letztlich maßgebend auf die Umstände des Einzelfalles ankommt (vgl. Altmeppen in Münchener Kommentar, § 293 a AktG Rdnr. 40). Eine Offenlegung aller Einzelheiten, etwa des vollständigen Inhalts von Bewertungsgutachten, ist nicht erforderlich; die konkrete Nachprüfung des Zahlenwerkes ist vielmehr Angelegenheit der Vertragsprü-fer (vgl. Altmeppen in Münchener Kommentar, § 293 a AktG Rdnr. 43). Deren Bericht nach § 293 e AktG dient ebenfalls dem Schutz der Aktionäre insbesondere vor unangemessenen Ausgleichs- und Abfindungsbestimmungen und soll zugleich das Spruchverfahren vermeiden oder entlasten (vgl. Krieger in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, § 70 Rdnr. 33; Altmeppen in Münchener Kommentar, § 293 e AktG Rdnr. 1). Entsprechend diesem Zweck soll er dem Ak- tionär die tragenden Gründe der Prüferentscheidung eröffnen (vgl. Altmeppen a. a. O.); auch hier ist die Darlegung aller Details nicht erforderlich. Werden die Berichte diesen Anforderungen nicht gerecht, kann sich daraus unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Informationspflichten zwar die Anfechtbarkeit des Zustimmungsbeschlusses ergeben (vgl. Krieger in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, § 70 Rdnr. 47; Altmeppen in Münchener Kommentar, § 293 a AktG Rdnr. 66 und § 293 e AktG Rdnr. 23). Erforderlich ist aber in jedem Fall die Ursächlichkeit des Mangels für das Zustandekommen des Beschlusses.

Die Vorstands- und Vertragsprüfungsberichte vom 14. März 2000 werden den vorstehenden Anforderungen gerecht:

Die Bestimmung des der Deutschen Bank AG zu gewährenden Ausgleichs nach § 304 AktG war durch die Schwierigkeit geprägt, dass aufgrund der Umstrukturierung der K. H. S. AG zur reinen Zwischenholding kein verlässliches Zahlenmaterial für die Berechnung nach § 304 Abs. 2 AktG zur Verfügung stand. Die Berechnung konnte deshalb nur auf der Grundlage von Planergebnissen, die im Vertragsprüfungsbericht auch im Einzelnen ausgewiesen sind, vorgenommen werden. Eine zusätzliche Erläuterung der Ausgangswerte und des Ergebnisses hätte sich ohne - nicht erforderliche - Offenlegung aller Details im Wesentlichen nur in Leerformeln erschöpfen können. Bei dieser Sachlage erscheinen die Ausführungen der Berichte in diesem Punkt ausreichend. Den Aktionären war zumutbar, weiterführende Fragen erforderlichenfalls in der Hauptversammlung zu stellen.

Zudem hätte sich ein etwaiger Begründungsmangel in dieser Frage nicht auf das Beschlussergebnis ausgewirkt. Das Fehlen gesicherter Berechnungsgrundlagen war für jeden Aktionär offenkundig und in den Berichten zutreffend angesprochen. Die D. Bank AG war nur mit 0,5 % an der K. H. S. AG beteiligt, so dass sich mögliche Fehleinschätzungen und die Ausgleichszahlungen insgesamt nicht nennenswert auf das Gesamtergebnis der Beklagten und die Interessen ihrer Aktionäre auswirkten. Letztlich standen auch nicht die finanziellen Aspekte der Ausgleichszahlung, sondern das erheblich größere Interesse an der Einsparung von Grunderwerbsteuer, das die zeitweilige Splitterbeteiligung der Deutschen Bank AG erst veranlasst hatte, im Vordergrund. Unter diesen Umständen hätte ein vernünftig urteilender Aktionär der Beklagten auch in Kenntnis weiter gehender Informationen nicht anders entschieden.

Die weiteren Rügen der Klägerin zu 2. sind von vornherein verfehlt. Der wirtschaftliche Zweck des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages ist in Abschnitt 4. des Vorstandsberichtes nachvollziehbar und ausreichend erläutert. Die Ausgleichszahlung an die K. S. AG ist als freiwillige Leistung gekennzeichnet und mit dem Hinweis auf die Beteiligung der Gesellschaft, die ihr an sich eine Teilhabe am Ergebnis verschaffen würde, plausibel gemacht. Da die Höhe des Ausgleichs von unternehmerischen Zweckmäßigkeitserwägungen bestimmt war, war eine konkrete Herleitung kaum möglich. Insoweit konnten die Aktionäre in der Hauptversammlung gegebenenfalls ergänzende Fragen stellen. Besondere Schwierigkeiten der Ausgleichsermittlung ergaben sich allenfalls im Hinblick auf die ungesicherten Berechnungsgrundlagen. Hierauf wurde in den Berichten hingewiesen. Darüber hinaus kommt diesem Gesichtspunkt keine selbstständige Bedeutung zu. Die von der Klägerin zu 2. insoweit angesprochene unterschiedliche Höhe der Ausgleichszahlungen erklärt sich nicht aus besonderen Schwierigkeiten, sondern aus dem Unterschied zwischen dem gesetzlich geschuldeten und einem freiwilligen, maßgeblich nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten bestimmten Ausgleich. Was die Klägerin zu 2. hinsichtlich der Bewertungsmethoden konkret rügen will, bleibt schließlich weitgehend unklar, so dass sich auch daraus nichts herleiten lässt. Nach Seite 9 des Vertragsprüfungsberichtes wurde die Ertragswertmethode angewandt. Was genau dabei falsch gemacht worden sein soll, lässt sich dem Vortrag der Klägerin zu 2. nicht hinreichend entnehmen.

e) Zu Unrecht beanstandet die Klägerin zu 2. schließlich, der frühere, auf die Beklagte übergegangene Beherrschungsvertrag zwischen der K. AG und der K. H. S. AG vom 24. Juni 1984 und der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag vom 29. September 1999, der zudem eine unzulässige Rückwirkung auf den 1. Oktober 1998 enthalte, hätten vom 1. Oktober 1998 bis zum 30. September 1999 unzulässig nebeneinander bestanden. Der frühere Beherrschungsvertrag, der keine Gewinnabführung vorsah, endete gemäß § 307 AktG mit Ablauf des Geschäftsjahres, in dem die D. Bank AG als außenstehende Aktionärin in die K. H. S. AG eintrat, mithin mit Ablauf des 30. September 1999. Das neue Weisungsrecht wurde erst mit der Eintragung des Unternehmensvertrages in das Handelsregister am 17. August 2000 wirksam (§ 294 Abs. 2 AktG). Eine Rückwirkung wurde in diesem Punkt auch in § 4 Nr. 1 des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages vom 29. September 1999 ausdrücklich ausgeschlossen. Die Rückwirkung auf den 1. Oktober 1998 betraf somit lediglich die Gewinnabführungsvereinbarung in § 2 des Vertrages. Sie war im hier gegebenen Rahmen zulässig, weil der Vertrag bis zum Ende des Wirtschaftsjahres, für das er erstmals Anwendung finden sollte (30. September 1999), abgeschlossen (29. September 1999) und bis zum Ende des folgenden Wirtschaftsjahres (30. September 2000) wirksam geworden (17. August 2000) war (vgl. § 14 Nr. 3 - damals Nr. 4 - KStG und Krieger in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, § 71 Rdnr. 9). Nebeneinander bestanden damit lediglich die alte Beherrschungs- und die neue Gewinnabführungsvereinbarung. Darin liegt keine Überschneidung, sondern lediglich eine Ergänzung der Vereinbarungen.

3. Zu den weiteren unter Tagesordnungspunkt 13 gebilligten Änderungsvereinbarungen zu Unternehmensverträgen hat die Klägerin zu 2. innerhalb der Anfechtungsfrist nur kursorisch Anfechtungsgründe bezeichnet. Sie hat zunächst geltend gemacht, die gerügten Berichtsmängel beträfen "prinzipiell" auch die Änderungsvereinbarungen, ohne dies anhand der einzelnen Verträge zu erläutern. Die maßgeblichen Berichte liegen mit Ausnahme der Vorstands- und Vertragsprüfungsberichte zum Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zwischen der Beklagten und der T. K. A. AG (Tagesordnungspunkt 13 lit. b)) nicht einmal vor. Danach bestehen hinsichtlich der nachgeschobenen Beanstandungen bereits durchgreifende Bedenken gegen die Wahrung der Anfechtungsfrist (§ 246 Abs. 1 AktG).

Unabhängig davon greifen die Rügen der Klägerin zu 2. - soweit sie überhaupt hinreichend konkretisiert sind - auch in der Sache nicht durch. Die D. Bank AG war an der T. K. A. AG nicht beteiligt, so dass sich die an den Ausgleich nach § 304 AktG anknüpfenden Fragen nicht stellen. Da es sich bei der an dem genannten Tochterunternehmen beteiligten K. S. AG nicht um eine außenstehende Aktionärin im Sinne des § 304 AktG handelte, bestehen auch gegen den ihr gewährten freiwilligen Ausgleich in Gestalt einer Kombination von festen und variablen Ausgleichszahlungen keine Bedenken. Zu den weiteren Änderungsvereinbarungen hat die Klägerin zu 2. lediglich die jeweiligen außenstehenden Aktionäre bezeichnet und im Übrigen auf ihre erörterten Rügen Bezug genommen. Daraus ergeben sich keine von der Rechtslage beim Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit der K. H. S. AG abweichenden Gesichtspunkte zu ihren Gunsten, so dass der Senat auf die Ausführungen zu II. 2. verweist.

III.

Die Klage auf Feststellung, dass der Börsengang der T. K. S. AG, hilfsweise die in diesem Rahmen beabsichtigte Kapitalerhöhung bei den genannten Tochterunternehmen der Zustimmung der Hauptversammlung der Beklagten bedürfen, hat ebenfalls keinen Erfolg.

1. Allerdings sind die Feststellungsanträge zulässig. Die Klägerin zu 2. wendet sich weder gegen den Börsengang noch gegen die Kapitalerhöhung als solche, sondern will lediglich geklärt wissen, dass vor diesen Maßnahmen die Hauptversammlung der Beklagten zu entscheiden habe. Ihr kann deshalb entgegen der Auffassung der Beklagten nicht angesonnen werden, ihre Anträge auf Unterlassung dieser Maßnahmen zu richten und die Zustimmung der Hauptversammlung lediglich als auflösende Bedingung der Unterlassungsverpflichtung auszugestalten. Ein solcher Antrag liefe am Kern des Klagebegehrens vorbei.

Das Feststellungsinteresse lässt sich auch nicht mit Blick auf die Absagung des Börsenganges verneinen. Angesichts des "Alleingangs" des Vorstandes der Beklagten hatte die Klägerin zu 2. zunächst ein berechtigtes Interesse, ihre vermeintlichen Rechte als Aktionärin im Wege der Klage feststellen zu lassen. Diese Klage wurde am 26. Juni 2000 eingereicht und am 14. August 2000, mithin zwei Tage vor Absagung des Börsenganges, zugestellt. Das damit zunächst gegebene Feststellungsinteresse wäre nur entfallen, wenn die Klägerin zu 2. in ihrer Rechtsstellung endgültig gesichert wäre. Das kann indes nicht angenommen werden, weil die Beklagte die geltend gemachten Mitwirkungsbefugnisse nach wie vor bestreitet und den Börsengang nur im Hinblick auf die damalige "schwache Bewertung des Stahlsektors an den Börsen" und die daraus resultierenden Nachteile abgesagt hat. Selbst wenn sie behauptet, ein Börsengang gehöre nicht mehr zu ihrer Strategie, ist damit nicht auszuschließen, dass sie das Vorhaben bei geänderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wieder aufgreifen könnte (vgl. BGHZ 83, 122, 142). Bei dieser Sachlage ist das Feststellungsinteresse der Klägerin zu 2. nicht endgültig entfallen (vgl. auch Zöller/Greger, 23. Aufl., § 256 ZPO Rdnr. 7 c).

2. In der Sache bedurften die beabsichtigten Maßnahmen allerdings nicht der Zustimmung der Hauptversammlung der Beklagten:

a) Die Klägerin zu 2. leitet das angenommene Zustimmungserfordernis im Wesentlichen daraus her, dass es sich bei den in der T. K. S. AG zusammengefassten Unternehmensteilen um den umsatzstärksten und zudem den historisch gewachsenen traditionellen Geschäftsbereich handele, aus dem sich die T.- und K.-Konzerne entwickelt hätten. Dieser Geschäftsbereich repräsentiere 35,6 % des Konzerngewinns bei steigender Tendenz, einen ebensolchen Anteil am Gesamtumsatz des Konzerns, 29,4 % der Belegschaft und 51,4 % des Börsenwertes. Angesichts dieser Bedeutung hält die Klägerin zu 2. die Grundsätze der "Holzmüller-Entscheidung" des Bundesgerichtshofes (BGHZ 83, 122 ff.) für einschlägig. Das Vorlagerecht des Vorstandes nach § 119 Abs. 2 AktG verdichte sich hier zur Vorlagepflicht.

Die genannten Rechtsprechungsgrundsätze lassen sich allerdings nicht auf den vorliegenden Fall übertragen. In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall ging es um die vollständige Ausgliederung eines Betriebsteiles, der den Kernbereich der Unternehmenstätigkeit bildete und den wertvollsten Betriebszweig darstellte, so dass sich die Unternehmensstruktur von Grund auf änderte. Dabei wurde das ausgegliederte Vermögen durch die Verlagerung in eine Tochtergesellschaft der unmittelbaren Einflussnahme der Aktionäre der Muttergesellschaft entzogen, die Rechtsstellung der Aktionäre also maßgeblich geschmälert.

Vorliegend fehlt es schon quantitativ an einem vergleichbaren Eingriff. Die T. K. S. AG ist nur eine von zahlreichen Konzerngesellschaften und sollte zudem nicht vollständig, sondern nur mit 25 % bis 35 % ihrer Aktien an die Börse gebracht werden. Die Beklagte hat den davon betroffenen Teil auf 10 % bis 12 % des Gesamtvermögens des Konzerns beziffert. Die Klägerin zu 2. bestreitet diese Zahlen zwar, geht jedoch selbst von einem Anteil der T. K. S. AG von 35,6 % am Konzernumsatz und Konzerngewinn aus. Der an der Börse zu platzierende Anteil errechnet sich dann ebenfalls auf etwa 9 % bis 12,5 %. Da es sich zudem nur um eine Teilveräußerung handeln sollte, bei der die Beklagte die Aktienmehrheit behalten hätte und die auch keine Aufgabe eines Geschäftsbereichs bedeutete, stand schon nach ihrem Gewicht keine grundlegende Entscheidung, die vernünftigerweise der Hauptversammlung vorbehalten bleiben musste, in Rede.

Darüber hinaus liegt ein entscheidender qualitativer Unterschied darin, dass es nicht um die Ausgliederung von Betriebsteilen der Obergesellschaft, sondern um die Veräußerung von Anteilen an einem Tochterunternehmen ging. Die Aktionäre der Beklagten wurden deshalb allenfalls wertmäßig, nicht jedoch in ihren Mitgliedschaftsrechten betroffen. Während im "Holzmüller-Fall" der Hauptversammlung vorbehaltene Befugnisse (§ 119 AktG) durch die Ausgliederung auf den Vorstand verlagert wurden, lagen diese Kompetenzen vorliegend von vornherein beim Vorstand der Beklagten, der diese als Organ in der Hauptversammlung der T. K. S. AG vertrat.

Angesichts dieser Unterschiede besteht kein Anlass, der Hauptversammlung der Beklagten ein Mitspracherecht beim Börsengang der T. K. S. AG zuzugestehen. Das liefe auf eine Verallgemeinerung der "Holzmüller-Grundsätze" für den Konzern hinaus, die sich aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofes nicht herleiten lässt und durch den vorliegenden Sachverhalt auch nicht veranlasst ist. Ob eine abweichende Entscheidung in Betracht käme, wenn das gesamte Unternehmen hätte an der Börse platziert werden sollen, kann dahinstehen. Falls das der damaligen Strategie der Beklagten entsprach und sich die hier relevante Maßnahme nur als ein erster Teilakt darstellte, hätte der Feststellungsantrag gegebenenfalls auf Beteiligung an der grundlegenden Strukturentscheidung und nicht an einem für sich betrachtet weniger gewichtigen Einzelakt gerichtet werden müssen. Eine Entscheidungsbefugnis der Hauptversammlung für die hier relevante Teilveräußerung als solche ist jedenfalls nicht anzuerkennen.

b) Entsprechendes gilt für die im Rahmen des Börsenganges beabsichtigte Kapitalerhöhung. Zwar hat der Bundesgerichtshof in der "Holzmüller-Entscheidung" eine Kompetenz der Hauptversammlung für Kapitalerhöhungen bei der Tochtergesellschaft angenommen, dies jedoch ausdrücklich daraus hergeleitet, dass der substanz- und ertragsmäßig weitaus wertvollste Teil des Betriebsvermögens unter Verkürzung der Aktionärsrechte in eine Tochtergesellschaft ausgegliedert worden war. Die an sich auf das Vermögen der Muttergesellschaft beschränkten Aktionärsrechte setzten sich gleichsam an dem in die Tochtergesellschaft verlagerten Vermögen fort (vgl. BGHZ 83, 122, 138 ff.). Die Fragen, ob es darüber hinaus eine "konzernspezifische Binnenordnung" gebe und wie zu entscheiden sei, wenn die Hauptversammlung der Ausgliederung vorher oder nachträglich mit satzungsändernder Mehrheit zugestimmt habe, hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich offen gelassen (vgl. BGHZ 83, 122, 138, 140). In diese Richtung hat er seine Rechtsprechung seither auch nicht fortentwickelt.

Auch der vorliegende Fall gibt keinen Anlass zu einer solchen Rechtsfortbildung. Die bereits aufgezeigten qualitativen und quantitativen Unterschiede rechtfertigen es nicht, den Aktionären der Beklagten unmittelbaren Einfluss auf die Tochtergesellschaften einzuräumen. Die Hauptversammlung der Beklagten hatte die vorhandene Konzernstruktur gebilligt und spätestens damit ihre Kompetenz für die Angelegenheiten der Tochtergesellschaften aus der Hand gegeben. Für eine Aufrechterhaltung dieser Befugnisse besteht jedenfalls bei Entscheidungen von der hier relevanten Tragweite kein Grund.

IV.

Schließlich bleibt auch die auf die Feststellung eines bevorzugten Zeichnungs- oder Übernahmerechtes gerichtete Klage ohne Erfolg. Zwar bestehen aus den zu III. 1. erörterten Erwägungen keine durchgreifenden Bedenken gegen die Zulässigkeit des Antrages. Insbesondere ist die Klägerin zu 2. unabhängig von der zwischenzeitlichen Absage des Börsenganges nicht auf eine Klage auf bevorzugte Zuteilung von Aktien zu verweisen, denn sie macht geltend, dass der Börsengang als solcher der Zustimmung der Hauptversammlung der Beklagten bedürfe. Das gilt dann naturgemäß auch für ein bevorzugtes Angebot in diesem Rahmen an die Aktionäre der Beklagten. Eine Klage auf bevorrechtigte Zuteilung ohne einen solchen Hauptversammlungsbeschluss entspräche damit nicht dem Begehren der Klägerin zu 2.. Ihr Verlangen nach einer gegebenenfalls bevorzugten Berücksichtigung der Aktionäre ist jedoch sachlich nicht begründet:

Es bedarf keiner umfassenden Auseinandersetzung mit den Ausführungen von Lutter (AG 2000, 342 ff.), auf die sich die Klägerin zu 2. in diesem Punkt maßgeblich stützt. Schon dem Ausgangspunkt dieser Erwägungen, wonach die Platzierung von Aktien an der Börse regelmäßig besondere Zeichnungsgewinne verspreche und diese zu Lasten der Aktionäre gingen, vermag der Senat nicht zu folgen. Gerade in Zeiten der "Börseneuphorie" mag es mehrfach solche Fälle, die ersichtlich auch Auslöser für die Überlegungen von Lutter waren, gegeben haben. Das lässt sich allerdings nicht im Sinne einer platzierungstypischen Erscheinung verallgemeinern. Nach der zwischenzeitlichen Entwicklung der Börsenkurse handelte es sich zudem bei den angesprochenen Zeichnungsgewinnen zumindest teilweise um sehr kurzlebige Buchgewinne. Chancen und Gefahren von Börsengängen sind danach nicht grundlegend anders einzuschätzen als bei der Veräußerung sonstiger Vermögensgegenstände. Sollte der Vorstand dabei schuldhaft seine Pflichten verletzen, ist das gegebenenfalls durch Ersatzleistungen an die Gesellschaft auszugleichen. Dagegen besteht kein rechtfertigender Grund, den Aktionären unter diesem Gesichtspunkt Bezugs- oder Zeichnungsvorrechte einzuräumen.

Hinzu kommt, dass der Aktionär der Obergesellschaft durch den Börsengang eines abhängigen Unternehmens in seinen Mitgliedschaftsrechten nicht betrof- fen wird. Das Bezugsrecht nach § 186 AktG trägt demgegenüber dem Umstand Rechnung, dass sich bei einer Kapitalerhöhung in der eigenen Gesellschaft das Gewicht der Beteiligung und damit die Herrschaftsmacht des Aktionärs verändern kann. Das ist durch ein entsprechendes Bezugsrecht auszugleichen. Beim Börsengang eines Tochterunternehmens fehlt es an diesem Aspekt, so dass auch kein Anlass für einen bevorzugten Aktienerwerb besteht.

Schließlich vermag der Senat nicht zu erkennen, warum den Aktionären gerade bei Anteilsveräußerungen an Tochterunternehmen ein Erwerbsvorrecht zustehen soll, das bei sonstigen Vermögensverfügungen nicht existiert. Sieht man zwischen beiden Varianten keinen qualitativen Unterschied, muss das auch für die Rechtsstellung der Aktionäre gelten. Ob insoweit Einschränkungen erforderlich sind, wenn es um Börsengänge geht, die die Struktur des Unternehmens verändern ("Holzmüller-Schwelle"), mag dahinstehen. Diese Grenze ist hier jedenfalls nicht überschritten.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 515 Abs. 3 Satz 1 a. F., 100 Abs. 1 ZPO. Dabei hat der Senat die außergerichtlichen Kosten der Beklagten im zweiten Rechtszug allein der Klägerin zu 2. auferlegt, weil der Kläger zu 1. seine Berufung bereits vor Bestellung der zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Beklagten zurückgenommen hat. Auf Antrag der Beklagten sind die in § 515 Abs. 3 Satz 1 ZPO a. F. vorgesehenen Rechtsfolgen dieser Rücknahme auch über die von Amts wegen zu treffende Kostenentscheidung hinaus auszusprechen.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 und 2, 709 Satz 2 ZPO.

Es besteht kein Anlass, die Revision zuzulassen (§ 543 Abs. 2 ZPO). Soweit der unter II. 2. b) aa) erörterten Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung zukommen könnte, hängt die Entscheidung des Rechtsstreits hiervon nicht ab, weil die entsprechenden Rügen der Klägerin zu 2. auch aus sachlichen Gründen nicht durchgreifen (Abschnitt II. 2. b) bb)). Die mit den Feststellungsanträgen verbundenen sachlichen Rechtsfragen sind für die hier vorliegende Fallgestaltung durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 25. Februar 1982 (BGHZ 83, 122 ff.) hinreichend geklärt.

Der Streitwert für den zweiten Rechtszug wird entsprechend dem Beschluss des Einzelrichters vom 27. Dezember 2001, gegen den die Parteien keine Einwendungen erhoben haben, auf 409.033,50 EUR (800.000,00 DM) festgesetzt. Dieser Wertansatz gilt auch für den Kläger zu 1., der ausweislich der Berufungsbegründung sämtliche Anträge mitgetragen hat.

Die Beschwer der Klägerin zu 2. übersteigt für jeden Einzelantrag den für die Nichtzulassungsbeschwerde maßgeblichen Schwellenwert von 20.000,00 EUR (§ 26 Nr. 8 EGZPO).






OLG Düsseldorf:
Urteil v. 18.07.2002
Az: I-6 U 170/04


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/c6049545436e/OLG-Duesseldorf_Urteil_vom_18-Juli-2002_Az_I-6-U-170-04




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