Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 27. März 2008
Aktenzeichen: 18 U 160/06

(OLG Köln: Urteil v. 27.03.2008, Az.: 18 U 160/06)

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 09.03.2006 verkündete Urteil der 30. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 30 O 367/04 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreites in erster und zweiter Instanz werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der C. AG - im nachfolgenden Schuldnerin -. Er nimmt die Beklagte aus abgetretenem Recht, hilfsweise auch aus eigenem Recht der Schuldnerin, wegen fehlerhafter anwaltlicher Beratung im Zusammenhang mit der Übernahme des Geschäftsbereichs "Edit" der A. Communications GmbH - im folgenden: A.Com -, einem Kommunikations- und Werbeunternehmen, in Anspruch.

Als Gesellschafter an der A.Com waren und sind beteiligt Herr I. A. mit 51%, drei Unternehmen der H.-Gruppe - die H. Versicherungsbank VVaG, die D. Speziale Krankenversicherung AG sowie die H. Lebensversicherung VVaG - mit insgesamt 25% und die L. Kapitalbeteiligung Holding GmbH - im nachfolgenden L. - mit 24%. Die A.Com hatte drei Geschäftsbereiche "Finanz", "Print" und "Edit", die als selbständige Gesellschaften an die Börse gebracht werden sollten. Aus den dabei zu erzielenden Erlösen sollten unter anderem die erheblichen Darlehen, die die Gesellschafter Herr A., die H.-Gruppe und die L. der A.Com zur Verfügung gestellt hatten - das Darlehensvolumen einschließlich Zinsen belief sich ausweislich des als Anlage K 28 zu den Akten gereichten Jahresabschlusses der A.Com zum 31.12.2000 auf 15.044.890,89 € - zurückgeführt werden.

Mit der rechtlichen Beratung bei der Planung und Umsetzung der Umstrukturierungen beauftragte die A.Com die B. M. Rechtsanwaltsgesellschaft GmbH, die im Wege der Verschmelzung auf die Beklagte übergegangen ist. Der Inhalt des im Anschluss an ein schriftliches Angebot der B. M. Rechtsanwaltsgesellschaft GmbH vom 17.04.2000 erteilten Mandates im einzelnen ist zwischen den Parteien streitig.

Im Rahmen der Ausgliederung des Bereichs "Edit" aus der A.Com wurde zunächst die A. GbR gegründet, an der die Gesellschafter Herr I. A. mit 10%, Frau N. A. mit 10% und Herr E. A. mit 80% beteiligt waren. Diese GbR erwarb alle Aktien an der A. Capital AG - vormals F. Zweitausendeins AG, im nachfolgenden: A.Cap -. Die A.Cap, vertreten durch ihr alleiniges Vorstandsmitglied Herrn I. A., erwarb ihrerseits mit Vertrag vom 11.12.2000 alle Aktien der Schuldnerin, einer seinerzeit unter der Firma F. G. AG gegründeten Vorratsgesellschaft.

Ebenfalls am 11.12.2000 - unmittelbar nach dem Erwerb aller Aktien durch die A.Cap - beschloss die Hauptversammlung dieser Vorratsgesellschaft die Umfirmierung in C. AG sowie die Erhöhung des Grundkapitals von 50.000,00 € auf 3.000.000,00 € gegen Bareinlage. Zur Erhöhung des Stammkapitals um 2.950.000,00 € wurden entsprechende Stückaktien ausgegeben, die Ausgabebeträge wurden von den jeweiligen Aktionären eingezahlt. Nach der Kapitalerhöhung waren als sogenannte Finanzaktionäre die A.Cap mit rechnerisch - jeweils gerundet - 37,05 % Kapitalanteil, die H.-Gruppe mit 29,88 % und die L. mit 28,69 % beteiligt, hinsichtlich der verbleibenden 4,37 % verschiedene sogenannte Managementaktionäre mit unterschiedlichen Anteilen. Die Kapitalerhöhung wurde am 08.03.2001 in das Handelsregister eingetragen.

Mit Vertrag vom 29.12.2000 kaufte die Schuldnerin von der A.Com entsprechend dem Umstrukturierungskonzept den Geschäftsbereich "Edit". Der Gesamtkaufpreis wurde in § 5 (1) dieses Vertrages auf maximal 8.500.000,00 € zzgl. USt. beziffert, und zwar bestehend aus einem festen Kaufpreisanteil von 2.000.000,00 € zzgl. USt. sowie einem ertragsabhängigen Kaufpreisanteil ("Earn Out") in Höhe von maximal 6.500.000,00 € zzgl. USt.

Der Kapitalbedarf der Schuldnerin wurde gemäß dem Gründungsmodell mit insgesamt 5.000.000,00 € durch eine Brückenfinanzierung der H.-Gruppe und der L. kreditiert. Die entsprechenden Darlehensverträge datieren vom 15.01. und vom 18.01.2001. Wie von Anfang an im Gründungskonzept vorgesehen wurde der feste Kaufpreisanteil für den Geschäftsbereich "Edit" aus den Darlehensmitteln erbracht. Das Darlehen sollte gegebenenfalls später in Eigenkapital umgewandelt werden. Insoweit wird im einzelnen auf die zusammenfassende Darstellung der Rechtsvorgängerin der Beklagten mit Schreiben vom 07.12.2000 (Anlage K 2 des Anlageheftes I) verwiesen. Die weiteren 3.000.000,00 € aus den Darlehen dienten der Deckung der laufenden Geschäfte der Schuldnerin.

Weitere Einzelheiten dieser Finanzierung sind in einer unter anderem von der L., der H.-Gruppe und der A.Cap unterzeichneten Aktionärsvereinbarung vom 21.12.2000 geregelt, auf deren Inhalt insoweit Bezug genommen wird (Anlage K 38 des Anlagenheftes III). Ausweislich § 3 dieser Aktionärsvereinbarung sollte die an die A.Com als Verkäuferin fließende Kaufpreissumme der Entschuldung der A.Com dienen, deren Bilanz zum 31.12.2000 (Anlage K 28 des Anlagenheftes III) einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 10.828.039,35 € aufwies. Dementsprechend wurden mit der Kaufpreiszahlung von 2,0 Mio. € im Februar 2001 Kredite der Gesellschafter der A.Com abgelöst, und zwar in Höhe von 625.000,00 € an die H.-Gruppe, von 600.000,00 € an die L. und von 775.000,00 € an Herrn I. A..

Am 01.07.2003 eröffnete das Amtsgericht Köln - 71 IN 749/03 - das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin und bestellte den Kläger zum Insolvenzverwalter.

Mit Schreiben vom 13.05.2004 forderte der Kläger unter Hinweis auf die Verletzung der aktienrechtlichen Kapitalaufbringungs- und Kapitalerhaltungsvorschriften die A.Com sowie die L., die beteiligten Gesellschaften der H.-Gruppe, die A.Cap und Herrn I. A. zur Rückzahlung des geleisteten Teilkaufpreises von 2,0 Mio. € auf. Daraufhin verlangten die A.Com sowie die Finanzaktionäre von der Beklagten mit Schreiben vom 09.06.2004 Freistellung von den erhobenen Ansprüchen.

Der Kläger hat seine Zahlungsklage in erster Instanz auf folgende Ansprüche gestützt:

an ihn abgetretene Ansprüche der L., der H. Gruppe und von Herrn A. als Altgesellschafter der A.Com gegenüber der Beklagten auf Freistellung von der diese Gesellschafter als Finanzaktionäre der Schuldnerin treffenden Haftung wegen verdeckter Sachkapitalerhöhung (§§ 182ff. AktG) und wegen fehlerhafter Nachgründung (§§ 52, 62 AktG) in Höhe von 2 Mio. €,

davon hilfsweise - für den Fall, dass eine Haftung von Herrn A. verneint wird - gestützt auf einen entsprechenden Freistellungsanspruch der A.Cap,

hilfsweise an ihn abgetretene Ansprüche der A.Com gegenüber der Beklagten auf Freistellung von der die A.Com wegen der Unwirksamkeit des Unternehmenskaufvertrages der Sparte "Edit" treffenden Verpflichtung zur Rückzahlung der erhaltenen ersten Kaufpreisrate von 2 Mio. €,

äußerst hilfsweise Ansprüche der Schuldnerin.

Wegen des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien und der Feststellungen des Landgerichts im einzelnen wird auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Das Landgericht hat einen Anspruch des Klägers aus abgetretenem Recht der H. Gruppe, der L. und der A.Cap als Finanzaktionäre der Schuldnerin wegen einer (schuldhaften) Pflichtverletzung der Rechtsvorgängerin der Beklagten bejaht und die Beklagte zur Zahlung von 2.000.000,00 € an den Kläger verurteilt. Die Pflichtverletzung hat das Landgericht damit begründet, die mandatierten Rechtsanwälte hätten keine Sorge dafür getragen, dass die durchgeführten Maßnahmen mit den Nachgründungsvorschriften des AktG vereinbar waren, beziehungsweise nicht auf Unklarheiten der Rechtslage aufgrund der seinerzeit bevorstehenden Änderung von § 52 Abs.1 AktG hingewiesen. Durch diese Pflichtverletzung sei den Finanzaktionären, die in den Schutzbereich des zwischen der A.Com und der Rechtsvorgängerin der Beklagten geschlossenen Mandatsvertrages einbezogen seien, ein Schaden in Höhe von 2.000.000,00 € entstanden, da die Aktionäre der Schuldnerin zur Rückgewähr dieses Betrages aus § 62 Abs.1 AktG verpflichtet seien.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie vorträgt, Gegenstand des Mandates sei ein "legal service on demand", also die Beantwortung einzelner, an sie gestellter Rechtsfragen auf Zuruf gewesen. Sie - die Beklagte - habe die gewählte Gestaltung zur Ausgliederung des Geschäftsbereiches "Edit" weder entwickelt noch empfohlen. Zur Tilgung der Gesellschafterdarlehen der A.Com mittels der Kaufpreiszahlung hätten sich die Finanzaktionäre ohne Rücksprache mit der Beklagten entschieden. Im übrigen habe sie deutlich auf das Risiko der Nachgründungsvorschriften bei der letztendlich umgesetzten Gestaltungsvariante hingewiesen.

Sie vertritt die Auffassung, die Tatbestandsvoraussetzungen sowohl einer Nachgründung als auch einer verdeckten Sachgründung seien nicht erfüllt. Außerdem fehle es an der haftungsbegründenden Kausalität. Hierzu behauptet sie, dass eine ordnungsgemäße Sachgründung nicht möglich gewesen und die Umstrukturierung der A.Com aufgrund ihrer unstreitig existenzgefährdeten wirtschaftliche Lage unterblieben wäre. Auch fehle es an der haftungsausfüllenden Kausalität, weil die A.Com bei Beibehaltung der Sparte "Edit" gleich hohe Verluste wie die Schuldnerin erwirtschaftet hätte, in die Insolvenz gefallen wäre und die Finanzaktionäre dadurch Darlehensrückzahlungsansprüche von über 15.000.000,00 € verloren hätten. Ferner seien aktivierte Kaufpreiszahlungen in Höhe von 147.574,21 € in Abzug zu bringen. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass der Bereich "Edit" nach wie vor in Form von Knowhow und Computerprogrammen vorhanden und zu verwerten sei und dass mit dem Kaufpreis eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen an die A.Com zurückgeführt worden sind, diese Zahlungen mithin in etwaige Ansprüche aus dem AktG tilgende Leistungen umzuqualifizieren seien.

Im übrigen erhält sie ihre Verjährungseinrede aufrecht.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung das am 09.03.2006 verkündete Urteils des Landgerichts Köln - 30 O 367/05 - aufzuheben und die Klage abzuweisen;

hilfsweise,

sie - die Beklagte - Zug um Zug zu verurteilen,

gegen Abtretung der Ansprüche gegenüber der A. Communications GmbH auf Rückzahlung des Kaufpreises;

gegen Abtretung der Ansprüche gegenüber der L. Kapitalbeteiligung Holding GmbH, der H. Versicherungsbank VVaG, der D. speziale Krankenversicherungs AG, der H. Lebensversicherung VVaG, der A. Capital AG und Herrn I. A. auf gesamtschuldnerischen Ausgleich in Höhe von 2 Mio. € gegenüber der A. Communications GmbH;

gegen Abtretung der Ansprüche gegenüber der L. Kapitalbeteiligung Holding GmbH, der H. Versicherungsbank VVaG, der D. speziale Krankenversicherungs AG, der H. Lebensversicherung VVaG und der A. Communications GmbH auf gesamtschuldnerischen Innenausgleich in Höhe von 775.000,00 € gegenüber der A. Capital AG.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er vertritt die Ansicht, die Finanzaktionäre, die A.Cap und die Schuldnerin seien in den Schutzbereich des Mandatsvertrages einbezogen. Infolge der gleichgelagerten wirtschaftlichen Interessenlage sowie der personellen Verflechtung der Gesellschafter der A.Com einerseits und der Aktionäre der Schuldnerin andererseits habe das Landgericht die Voraussetzungen eines Verstoßes des sogenannten "modifizierten Gründungsmodells" gegen § 52 Abs.1 AkttG zu Recht bejaht. Bei einer fehlerhaften Nachgründung sei immer auch eine verdeckte (gemischte) Sacheinlage zu bejahen, um eine Umgehung der Sachgründungsvorschriften zu vermeiden.

Er behauptet, die Finanzaktionäre hätten sich bei entsprechender anwaltlicher Empfehlung dazu entschlossen, eine dem AktG entsprechende ordnungsgemäße Sachkapitalerhöhung und Nachgründung durchzuführen. In diesem Fall wären die Finanzaktionäre nicht zur erneuten Einzahlung von 2.000.000,00 € auf die Kapitalerhöhung der Schuldnerin verpflichtet gewesen, so dass ihnen ein Schaden in dieser Höhe entstanden sei. Gleiches gelte für die aus einem Verstoß gegen § 52 Abs.1 AktG folgende Verpflichtung der A.Com, den erhaltenen Kaufpreis für die Sparte "Edit" an die Schuldnerin zurückzuzahlen. Wäre eine ordnungsgemäße Sachkapitalerhöhung und Nachgründung nicht möglich gewesen, hätte man auf die Ausgliederung des Bereichs "Edit" verzichtet. In diesem Fall hätten die Finanzaktionäre der Schuldnerin weder die Betriebsmittelfinanzierung vom 5.000.000,00 € noch Grundkapital von rund 3.000.000,00 € zugeführt. Einschließlich der Verpflichtung zur erneuten Einzahlung von 2.000.000,00 € sei ihnen daher ein Schaden in Höhe von 10.000.000,00 € entstanden.

Anrechenbare Vorteile seien den Finanzaktionären nicht zugeflossen. Insbesondere habe sich der Wert ihrer Beteiligung an der A.Com nicht erhöht, da diese neben dem unstreitigen Fehlbetrag per 31.12.2000 noch im Jahre 2005 einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 26.015.890,11 € aufgewiesen habe und auch am heutigen Tage noch erheblich überschuldet sei.

Über die in erster Instanz formulierten Ansprüche hinaus stützt der Kläger seine Zahlungsklage ferner darauf, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten es versäumt habe, die Finanzaktionäre darauf hinzuweisen, dass ihre Gesellschafterdarlehen zu Gunsten der A.Com eigenkapitalersetzend gewesen seien und daher nicht hätten zurückgezahlt werden dürfen. Er behauptet, dass den beratenden Rechtsanwälten der Rechtsvorgängerin der Beklagten diese Eigenkapitalersatzfunktion sowie der beabsichtigte Zahlungskreislauf bekannt gewesen seien. Bei entsprechendem Hinweis hätten die Finanzaktionäre ebenfalls von einer (weiteren) Kapitalzufuhr an die Schuldnerin abgesehen, so dass ihnen auch insoweit ein Schaden entstanden sei. Zu der hierin enthaltenen Schadensposition wegen der sogenannten Brückenfinanzierung hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 28.02.2008 klargestellt, dass damit der Schaden gemeint sei, der durch die Pflicht zur erneuten Aufbringung der Einlage entstünde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg.

1. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 2.000.000,00 € wegen schuldhafter Pflichtverletzung eines anwaltlichen Mandatsvertrages aus abgetretenem Recht der L., der H. Gruppe und von Herrn A. als Finanzaktionäre der Schuldnerin (§§ 675 Abs.1, 611 Abs.1, 398 Satz 2 BGB i.V.m. den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung).

a) Soweit der Kläger seinen Zahlungsanspruch darauf stützt, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten die ihr gegenüber der A.Com obliegende Pflicht verletzt habe, die Mandantin auf die sich aus der Umsetzung des sogenannten "modifizierten Gründungsmodells" bei der Ausgliederung der Sparte "Edit" unter dem Gesichtspunkt der Nachgründung (§ 52 Abs.1 AktG) verbundenen Risiken hinzuweisen, fehlt es jedenfalls an einem hierdurch verursachten Vermögensschaden der Finanzaktionäre.

aa) Nach § 52 Abs.1 Satz 1 AktG bedürfen Verträge der AG mit Gründern oder mit mehr als 10% des Grundkapitals an ihr beteiligten Aktionären, nach denen die AG Vermögensgegenstände für eine 10% ihres Grundkapitals übersteigende Vergütung erwerben soll, und die in den ersten 2 Jahren nach Eintragung der AG in das Handelsregister geschlossen werden, zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung der Hauptversammlung und der Eintragung in das Handelsregister. Wäre der zwischen der Schuldnerin und der A.Com geschlossene Unternehmenskaufvertrag vom 29.12.2000 unter diese Norm zu subsumieren, dann wäre dieser Vertrag - ohne die erforderliche Zustimmung der Hauptversammlung und Eintragung in das Handelsregister geschlossen - gemäß § 52 Abs.1 Satz 2 AktG unwirksam (vgl. Hüffer, AktG, 7. Aufl. 2006, § 52 Rd.7ff.; Priester in Großkommentar zum AktG, 4. Aufl. 2005, § 52 Rd.101f.).

Diese Unwirksamkeit würde indes keinen Rückgewähranspruch der Schuldnerin gegen ihre (Finanz-) Aktionäre aus § 62 Abs.1 Satz 1 AktG begründen, vielmehr wären die im Rahmen des unwirksamen Vertragsverhältnisses gewährten Leistungen ausschließlich nach bereicherungsrechtlichen Regeln rückabzuwickeln (vgl. auch zum nachfolgenden: BGH, Urteil vom 18.02.2008 - II ZR 132/06 - veröffentlicht als Pressemitteilung Nr.31/2008 unter www.bundesgerichtshof.de; BGH, Urteil vom 09.07.2007 - II ZR 62/06 - NJW 2007, 3425ff. Rd.18; Bayer in K.Schmidt/Lutter, AktG, 2008, § 52 Rd.27; Goette DStR 2007, 2265; a.A. wohl Hüffer, aaO., § 52 Rd.9; Bürgers/Körber in Heidelberger Kommentar zum AktG, 2008, § 52 Rd.22 jeweils m.w.N. zum Streitstand). Dies folgt daraus, dass auch in den Fällen der §§ 27 Abs.3 Satz 1, 183 Abs.2 Satz 1 AktG beziehungsweise einer verdeckten Sacheinlage kein aktienrechtlicher Rückgewähranspruch begründet wird, sondern allenfalls ein Bereicherungsanspruch. In Anbetracht des gleichgelagerten Schutzzwecks der Nachgründungsvorschriften, die Kapitalaufbringung zu sichern und eine Umgehung des § 27 AktG zu vermeiden (vgl. BGH, aaO.; Pentz in Münchener Kommentar zum AktG, 2. Aufl. 2000, § 52 Rd.10; Hüffer, aaO., § 52 Rd.1; Pentz NZG 2000, 225, 226f.), kann folglich auch ein Verstoß gegen § 52 AktG nicht zur Anwendung der schärferen Rechtsfolgen des § 62 AktG bei der Rückabwicklung führen.

bb) Ein bereicherungsrechtlicher Anspruch der Schuldnerin gegen die Finanzaktionäre auf Rückzahlung des erhaltenen Kaufpreisanteils von 2.000.000,00 € Kaufpreisanteils besteht indes schon dem Grunde nach nicht, da die Finanzaktionäre nicht Parteien des Unternehmenskaufvertrages vom 29.12.2000 waren. Denn die hier vorrangige Rückabwicklung über die Leistungskondiktion (§ 812 Abs.1 Satz 1, 1.Alt. BGB) erfolgt ausschließlich innerhalb der jeweiligen Leistungsbeziehung (BGH, aaO., Rd.27f.; BGH NZI 2007, 303, 304 Rd.14 - zur verdeckten Sacheinlage bei der GmbH; Traugott/Groß BB 2003, 486 - zur verdeckten Sacheinlage bei der AG). Diese Leistungsbeziehung besteht indes nur zwischen der Schuldnerin - damals: F. G. AG - und der A.Com.

b) Die Klage kann auch nicht mit Erfolg darauf gestützt werden, die Rechtsvorgängerin der Beklagten habe eine ihr gegenüber der A.Com obliegende Pflicht verletzt, die Mandantin auf die mit der Ausgliederung der Sparte "Edit" in der vorliegenden Form unter dem Aspekt der verdeckten Sachgründung verbundenen Risiken hinzuweisen. Denn die Umsetzung des "modifizierten Gründungsmodells" erfüllt auch auf der Grundlage des Klägervortrages nicht den Tatbestand einer verdeckten Sachgründung. Damit fehlt es sowohl an einer relevanten Pflichtverletzung der Rechtsvorgängerin der Beklagten als auch an einem hierdurch verursachten Vermögensschaden der Finanzaktionäre, von denen die Schuldnerin nicht die (erneute) Zahlung ihrer Einlagen (§§ 183 Abs.2 Satz 3, 27 Abs.3, 54 Abs.2 AktG) verlangen kann.

aa) Der Auffassung des Klägers, jede den Erfordernissen von § 52 Abs.1 AktG nicht entsprechende Nachgründung sei auch eine verdeckte Sachgründung, so dass in jedem Fall des Verstoßes gegen die Nachgründungsvorschriften neben bereicherungsrechtlichen Ansprüchen gegen den Veräußerer auch Ansprüche aus den §§ 183 Abs.2 Satz 3, 27 Abs.3, 54 Abs.2 AktG bestünden, trifft in dieser Allgemeinheit nicht zu. Vielmehr sind Fälle der Nachgründung denkbar, die keine verdeckte Sachgründung darstellen (vgl. zum Verhältnis der Nach- zu den Sachgründungsvorschriften: Bayer in K.Schmidt/Lutter, aaO., § 52 Rd.9 und 38ff.; Hüffer, aaO., § 183 Rd.5; Marsch-Barner in Bürgers/Körber, aaO., § 183 Rd.18 jeweils m.w.N.), nämlich:

Die Nachgründung erfolgt erst geraume Zeit nach einer Kapitalerhöhung aufgrund eines definitiv erst nach erfolgter Kapitalerhöhung gefassten Entschlusses.

Die Nachgründung bezieht sich auf ein Geschäft mit einem Aktionär, der an der Kapitalerhöhung gar nicht beteiligt war.

Die Nachgründung erfolgt mit Mitteln, die nicht aus der Kapitalerhöhung stammen.

Dementsprechend hat auch der Bundesgerichtshof in der von dem Kläger zitierten Entscheidung vom 09.07.2007 - II ZR 62/06 - den fortbestehenden Anspruch der Gesellschaft auf (erneute) Zahlung des Ausgabebetrages allein aus dem dort bejahten Tatbestand einer verdeckten (gemischten) Sacheinlage abgeleitet (vgl. NJW 2007, 3425ff. Rd.14 - 16; Goette DStR 2007, 2264f.).

bb) Der Umgehungstatbestand der verdeckten Sacheinlage oder der verdeckten Sachgründung setzt objektiv voraus, dass mit dem Aktionär zwar die Zahlung einer Bareinlage vereinbart wird, die Gesellschaft aber bei wirtschaftlicher Betrachtung von dem Aktionär aufgrund eines im Zusammenhang mit der Übernahme der Einlage abgeschlossenen Gegengeschäfts einen Sachwert erhalten soll (BGH NJW 2007, 3425ff. Rd.14; BGH NJW 1998, 1951, 1952; Senat, Urteil vom 20.10.2005 - 18 U 76/04 -, S.22; Hüffer, aaO., § 27 Rd.10ff.; Polley in Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl. 2007, § 27 AktG Rd.33; Traugott/Groß BB 2003, 481f. jeweils m.w.N.). Einer Umgehungsabsicht der Beteiligten bedarf es nicht, vielmehr genügt eine Abrede zwischen den beteiligten Gesellschaftern, aus der sich ergibt, dass die Gesellschaft anstelle der vereinbarten Bareinlage einen Sachwert erhalten soll (Bayer in K.Schmidt/Lutter, aaO., § 27 Rd.52; Polley, aaO., § 27 AktG Rd.37). Für die Erfüllung dieser Voraussetzungen besteht dann eine (widerlegliche) Vermutung, wenn die Gesellschaft mit einem Aktionär in unmittelbarem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Begründung seiner Verpflichtung zur Zahlung der Bareinlage einen Unternehmenskaufvertrag abschließt, in dessen Erfüllung ein der ungefähren Größenordnung der Bareinlage entsprechender Betrag wieder an den Aktionär zurückfließen soll (Senat, aaO., S.25f.; OLG Düsseldorf NJW-RR 1997, 485ff.; OLG Düsseldorf NJW-RR 1995, 869ff.; Bayer, aaO., § 27 Rd.52; Polley, aaO., § 27 AktG Rd.38 jeweils m.w.N.).

Im vorliegenden Fall können diese Voraussetzungen indes nicht bejaht werden. Auch entkräften die konkreten Umstände des Falles etwaige Vermutungswirkungen.

Die als Barkapitalerhöhung beschlossene Erhöhung des Stammkapitals der Schuldnerin (vgl. Hauptversammlungsprotokoll vom 11.12.2000, Anlage K 7 des Anlageheftes I), wurde unstreitig durch Einzahlung von insgesamt 2.950.000,00 € umgesetzt und in das Handelsregister eingetragen. Der zwischen der Beschlussfassung und der Eintragung der Barkapitalerhöhung in das Handelsregister vereinbarte Unternehmenskaufvertrag vom 29.12.2000 begründete zwar mit dem festen Kaufpreisanteil von 2.000.000,00 € zzgl. USt. (§ 5 Abs.1 Satz 2) eine der Barkapitalerhöhung nominell entsprechende Verbindlichkeit der Schuldnerin. Allerdings wurde dieser Kaufpreisanteil nicht aus den auf die Barkapitalerhöhung eingezahlten Mitteln erbracht, sondern - neben den weiteren 3.000.000,00 € für die Deckung der laufenden Geschäfte der Schuldnerin - aus der der Schuldnerin seitens der Finanzaktionäre der H.-Gruppe sowie der L. gewährten Brückenfinanzierung von insgesamt 5.000.000,00 €. Das Finanzierungsmodell ist in dieser Form in der Aktionärsvereinbarung vom 21.12.2000, dort insbesondere unter § 1 Ziffer 1.2 und § 3, im einzelnen niedergelegt. Die Tilgung der Brückenfinanzierung sollte ausweislich § 3, letzter Absatz, der Aktionärsvereinbarung nach erfolgreichem Börsengang erfolgen. Die Abhängigkeit der Kaufpreisforderung für die erworbene Sparte "Edit" von diesem Finanzierungsmodell sollte dadurch sichergestellt werden, dass der Unternehmenskaufvertrag vom 29.12.2000 unter der aufschiebenden Bedingung der rechtswirksamen Unterzeichnung der Aktionärsvereinbarung formuliert wurde (§ 9, letzter Satz). Die Darstellung dieses Gründungsmodells in dem zusammenfassenden Schreiben der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 07.12.2000 (Anlage K 2 des Anlageheftes I) entspricht dieser Vorgehensweise.

Wurde die Kaufpreisforderung danach aber nicht aus den auf die Barkapitalerhöhung eingezahlten Beträgen, sondern im Wege der Brückenfinanzierung aus anderen Mitteln getilgt, dann liegt ein Verstoß gegen die Sachgründungsvorschriften weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht vor. Es fehlt vielmehr an der den Schutzbereich dieser Regelungen eröffnenden Antastung der Bareinlage und damit an einer mit dem Schutz der realen (Eigen-) Kapitalaufbringung nicht zu vereinbarenden Umgehung der gesetzlichen Vorschriften über Sacheinlagen und Sachübernahmen (vgl. BGH NJW 2007, 765, 769 Rd.26; BGH NZI 2007, 303f.; Bayer in K.Schmidt/Lutter, aaO., § 27 Rd.49 und 51; Lohse in Bürgers/Körber, aaO., § 27 Rd.21; Lutter DStR 2007, 543; Krolop NZG 2007, 577ff.).

In diesem Punkt unterscheidet sich die hier zu beurteilende Sachverhaltskonstellation von der der rechtskräftigen (vgl. BGH DStR 2006, 2326) Entscheidung des Senates vom 20.10.2005 - 18 U 76/04 - zugrundeliegenden Auslagerung der Sparte "Finanz" auf die Heaven 21 AG. Dort war der Erwerb der Unternehmenssparte "Finanz" von der A.Com aus im Rahmen einer Kapitalerhöhung beschlossenen Aufgeldern (Agios) bestritten worden.

Der Einwand des Klägers, dass es bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise nicht darauf ankommen könne, ob die Bezahlung der erworbenen Unternehmenssparte aus Eigenkapital- oder aus Kreditmitteln erfolge, weil der Schuldnerin in dem einen wie in dem anderen Fall 2.000.000,00 € entzogen würden, trifft nicht zu.

Die Regeln der verdeckten Sacheinlage schützen lediglich die ordnungsgemäße Kapitalaufbringung. Das gemäß Beschluss vom 11.12.2000 erhöhte Stammkapital der Schuldnerin wurde unstreitig in bar aufgebracht und unstreitig nicht für den Erwerb der Unternehmenssparte "Edit" eingesetzt. Eingesetzt wurden hierfür allein die der Schuldnerin gewährten Darlehensmittel. Zwar stellt der Darlehensrückzahlungsanspruch für die Schuldnerin eine Belastung dar. Diese Belastung wird indes durch den erworbenen Unternehmensteil kompensiert. Zum damaligen Wert der Sparte "Edit" hat der Kläger - von der Beklagten bestritten - vorgetragen, dieser entspreche dem für die Jahre 2000 / 2001 nach der Ertragswertmethode zutreffend ermittelten und in dem Unternehmenskaufvertrag vom 29.12.2000 angegebenen Kaufpreis (vgl. Klägerschriftsatz vom 17.03.2005, S.6f., und vom 27.06.2005, S.3f. - unter Hinweis auf das in dem Jahresabschluss der Schuldnerin per 31.12.2000 ausgewiesene und durch die J. B. Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs GmbH attestierte Anlagevermögen von rund 2 Mio. €, Anlage K 13 des Anlageheftes II). Dieser erworbene Sachwert tritt hier neben das eingezahlte und den Gläubigern der Schuldnerin als Haftungsmasse zur Verfügung stehende (erhöhte) Stammkapital. Damit unterscheidet sich der vorliegende Fall von einer verdeckten Sacheinlage, bei der der erworbene Sachwert bei wirtschaftlicher Betrachtung an die Stelle des eingezahlten Kapitalanteils tritt.

Eine abweichende Beurteilung ergäbe sich nur dann, wenn die Darlehensvaluta aus den der Schuldnerin als Eigenkapital zugeführten Mitteln zurückgeführt worden wären (vgl. BGH NJW 1992, 2222, 2225; Bayer in K.Schmidt/Lutter, aaO., § 27 Rd.59). Dies ist hier jedoch weder geschehen noch war dies nach dem sogenannten "modifizierten Gründungsmodell" vorgesehen. Die Rückführung der Darlehen sollte vielmehr aus Mittel erfolgen, die der Schuldnerin bei einer erfolgreichen Börseneinführung zufließen würden.

Auch der Umstand, dass von der Schuldnerin für den Geschäftsbereich "Edit" neben dem festen Kaufpreisanteil ein weiterer, ertragsabhängiger Kaufpreisanteil ("Earn Out") in Höhe von bis zu 6.500.000,00 € zzgl. USt. gezahlt werden sollte, führt hier zu keinem anderen Ergebnis. Denn dieser Anteil sollte ausweislich § 5 Abs.3 des Unternehmenskaufvertrages vom 29.12.2000 nur dann zahlbar werden, wenn in dem Geschäftsbetrieb der Schuldnerin bestimmte wirtschaftliche Planvorgaben erreicht würden. Im übrigen sah § 1 Ziffer 1.2 der Aktionärsvereinbarung vor, dass diese Raten "auf Anforderung des Vorstands durch rechtzeitige Einzahlung aller Aktionäre entsprechend dem Verhältnis ihrer Beteiligung am Grundkapital in die freie Rücklage finanziert" werden würden, so dass auch insoweit kein Rückfluss der auf die Barkapitalerhöhung eingezahlten Beträge erfolgen sollte. Die dem entsprechende zusammenfassende Darstellung in dem Schreiben der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 07.12.2000 unterstreicht diese Würdigung.

c) Das weitere, vorstehend unter Ziffer 1. b) beschriebene, Kreditengagement der Finanzaktionäre im Rahmen der sogenannten Brückenfinanzierung kann nicht zur Begründung eines (weitergehenden) Vermögensschadens herangezogen werden.

In der mündlichen Verhandlung vom 28.02.2008 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Frage des Senates, ob mit der Schadensposition "Brückenfinanzierung" in erster Linie das der Schuldnerin zur Verfügung gestellte Darlehen in Höhe von 2.000.000,00 € gemeint sei, ausdrücklich verneint, diese Position vielmehr dahingehend konkretisiert, dass damit der Schaden gemeint sei, der durch die Pflicht zur erneuten Aufbringung der Einlage entstünde. Damit gelten die eingangs unter Ziffer 1. b) dargestellten Erwägungen.

Im übrigen ist auch insoweit ein Regressanspruches gegen die Beklagte nicht schlüssig dargelegt.

Zwar haben die Finanzaktionäre der Schuldnerin neben ihren Bareinlagen von 2.818.946,00 € weitere 5.000.000,00 € im Kreditwege zur Verfügung gestellt, was sie nicht getan hätten, wenn es nicht zur Gründung der Schuldnerin gekommen wäre. Indes fehlt es an der haftungsausfüllenden Kausalität. Denn die sich aus dem anwaltlichen Mandatsvertrag ergebende Pflicht, die A.Com als Mandantin sowie die gegebenenfalls in diesen Schutzbereich miteinzubeziehenden Finanzaktionäre über alle mit dem gewählten "modifizierten Gründungsmodell" verbundenen rechtlichen Risiken und Folgen zu informieren, erstreckt sich nicht auf das mit den daraufhin getätigten Investitionen verbundene kaufmännische Risiko (vgl. dazu auch BGH NJW 2007, 2485, 2486; BGH NJW-RR 2006, 923, 924; BGH NJW 1996, 2929, 2931 - für die Gestaltung eines Pachtvertrages; Borgmann/Jungk/Grams, Anwaltshaftung, 4. Aufl. 2005, § 20 Rd.72ff.). Die in dem etwaigen Verlust werthaltiger Darlehensrückzahlungsansprüche zum Ausdruck kommende Erfolglosigkeit des gewählten wirtschaftlichen Konzepts dieser Brückenfinanzierung fällt nicht in den Schutzbereich der hier diskutierten anwaltlichen Beratungspflichten. Anhaltspunkte dafür, dass eine Fehlberatung der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu dem wirtschaftlichen Zusammenbruch der Schuldnerin bei der Fortführung der Sparte "Edit" geführt haben könnte, liegen nicht vor.

d) Die Klage hat auch mit der Begründung, die Rechtsvorgängerin der Beklagten habe es pflichtwidrig versäumt, die A.Com auf die Eigenkapitalersatzproblematik der Tilgung der Gesellschafterdarlehen der Finanzaktionäre im Zuge des gewählten "modifizierten Gründungsmodells" hinzuweisen (vgl. §§ 32 a Abs.1 und Abs.3, 32 b GmbHG), keinen Erfolg. Denn ein ersatzfähiger Vermögensschaden ist den Finanzaktionären hierdurch nicht entstanden.

Zwar sind mit der an die A.Com geflossenen Zahlung des festen Kaufpreisanteils von 2.000.000,00 € im Februar 2001 Kredite der Finanzaktionäre als darlehensgebende Gesellschafter der A.Com abgelöst worden. Waren die Gesellschafter aber nach den Regeln des Eigenkapitalersatzrechts nicht dazu berechtigt, diese Tilgungsleistungen zum gewählten Zeitpunkt und in dieser Höhe zurückzufordern, sondern waren diese Leistungen, der A.Com "zurückzugewähren" (vgl. nur Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl., 2004, §§ 32a/b Rd.103 und 106; Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, 18. Aufl. 2006, § 32a Rd.95 und 96), dann standen diese Leistungen den Gesellschaftern rechtlich nicht zu. Waren die empfangenen Leistungen aber von der Rechtsordnung nicht den Gesellschaftern sondern der A.Com zugewiesen, dann begründet die nach den Regeln des Eigenkapitalersatzrechts gebotene Rückführung dieser Tilgungsleistungen an die A.Com bei der nach dem normativen Schadensbegriff gebotenen wertenden Betrachtungsweise (vgl. nur Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Aufl. 2007, Vorb. v. § 249 Rd.13 m.w.N.) keinen ersatzfähigen Vermögensschaden der Finanzaktionäre. Es fehlt bei wertender Betrachtung an der durch diese anwaltliche Pflichtverletzung verursachten objektiven Verschlechterung der Vermögenslage der Finanzaktionäre (vgl. BGH NJW-RR 2006, 923, 926f.; BGH NJW 2005, 3275, 3276; Borgmann NJW 2008, 418).

2. Der Kläger hat auch aus abgetretenem Recht der A.Cap gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 2.000.000,00 € wegen schuldhafter Pflichtverletzung eines anwaltlichen Mandatsvertrages.

Hinsichtlich der Verletzung der aktienrechtlichen Nachgründungsvorschriften fehlt es an einem Vermögensschadens der A.Cap, da diese hieraus keinen begründeten bereicherungsrechtliche Ansprüchen der Schuldnerin ausgesetzt ist. Insoweit gelten die Ausführungen unter Ziffer 1. a) entsprechend.

Zur Frage einer Mandatspflichtverletzung unter dem Aspekt der verdeckten Sachgründung wird auf die Erwägungen unter Ziffer 1. b) verwiesen. Ein Vermögensschaden der A.Cap liegt darüber hinaus schon deshalb nicht vor, weil diese nicht Aktionärin der Schuldnerin und damit nicht Einlageschuldnerin sind.

3. Die Klage ist auch nicht aus abgetretenem Recht der A.Com begründet.

a) Im Hinblick auf die Verletzung der aktienrechtlichen Nachgründungsvorschriften hat der Kläger einen Vermögensschaden der A.Com in Form eines gegen diese gerichteten durchsetzbaren Anspruchs der Schuldnerin auf Rückzahlung des kreditierten Festkaufpreisanteils von 2.000.000,00 € aus den §§ 812 Abs.1 Satz 1, 1.Alt., 818 Abs.2 BGB (vgl. auch oben Ziffer 1. a) bb)) nicht schlüssig dargelegt.

aa) Dieser Anspruch besteht nur dann, wenn nach Saldierung der von den Vertragsparteien wechselseitig erbrachten Leistungen zugunsten der Schuldnerin ein Überschuss der Aktiv- über die Passivposten verbleibt. Dies folgt auch bei der bereicherungsrechtlichen Abwicklung von Vertragsverhältnissen, die wegen eines Verstoßes gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Kapitalaufbringung unwirksam sind, aus der Fortwirkung des bei Vertragsschluss gewollten Austauschverhältnisses (vgl. BGH NJW 2007, 3425ff. Rd.20; BGH NJW 1998, 1951, 1952; Lieb ZIP 2002, 2013, 2015f.; Helms GmbHR 2000, 1079, 1081). Ein Bereicherungsanspruch besteht demzufolge nur in Höhe eines sich bei dieser Saldierung ergebenden Überschusses (vgl. BGH NJW 2007, 3425ff. Rd.24; BGH NJW 2005, 884, 887; Palandt/Sprau, BGB, 66. Aufl. 2007, § 818 Rd.28/29 - Saldotheorie).

In Anwendung dieser Grundsätze kann die Schuldnerin als Bereicherungsgläubigerin bei der Rückabwicklung ungleichartiger Leistungen nur Zahlung Zug um Zug gegen Rückgewähr der Gegenleistung, mithin des Geschäftsbereichs "Edit", von der A.Com verlangen, was schon im Klageantrag zu berücksichtigen ist (vgl. BGH NJW 1995, 454, 455; BGH NJW 1988, 3011; Palandt/Sprau, aaO., § 818 Rd.50). Der Umstand, dass über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, steht der Anwendung der Saldotheorie nicht entgegen, weil die A.Com grundsätzlich die ausweislich des Unternehmenskaufvertrages übertragenen Sachen der Betriebssparte "Edit" über § 47 InsO i.V.m. § 985 BGB auch außerhalb des Insolvenzverfahrens heraus verlangen könnte (vgl. BGH NJW 2007, 3425ff. Rd.21; Traugott/Groß BB 2003, 481, 486; Palandt/Sprau, aaO., § 818 Rd.49 a.E.; vgl. zur eingeschränkten Anwendung der Saldotheorie in der Insolvenz auch BGH NJW 2005, 884, 887). Dass die Veräußerung im Wege des sogenannten Asset-Deals erfolgt ist, ergibt sich aus dem Unternehmenskaufvertrag vom 29.12.2000.

Der Vortrag des Klägers ermöglicht es dem Senat indes nicht, festzustellen, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe bei dieser Saldierung ein Überschuss zugunsten der Schuldnerin, der von der A.Com herauszugeben wäre, besteht.

Der Kläger hatte in erster Instanz vorgetragen, dass der Geschäftsbereich "Edit" als operatives Unternehmen untergegangen und insoweit nicht mehr vorhanden sei. Das noch vorhandene Anlagevermögen sei unveräußerbar und wertlos. Dem entspricht auch der Beklagtenvortrag erster Instanz (vgl. etwa S.4f. der Klageerwiderung). Der hiervon erstmals abweichende pauschale Beklagtenvortrag mit Schriftsatz vom 08.11.2007 ist insoweit weder inhaltlich nachvollziehbar noch gemäß den §§ 529 Abs.1 Ziffer 2., 531 Abs.2 ZPO berücksichtigungsfähig.

Wenn dieser Klägervortrag zutrifft, schuldet die Schuldnerin aber der A.Com - neben der Herausgabe des noch vorhandenen Anlagevermögens - Wertersatz für die als Unternehmen untergegangene Sparte "Edit" (arg. § 818 Abs.2 BGB; vgl. BGH NJW 2006, 2847ff. - zur Rückabwicklung des Kaufs einer Steuerberaterpraxis). Dies führt in Anwendung der eingangs dargestellten Grundsätze dazu, dass ein Bereicherungsanspruch der Schuldnerin ihrerseits gegen die A.Com nur besteht, wenn nach Abzug des Unternehmenswertes "Edit" von dem gezahlten Kaufpreis über 2.000.000,00 € noch ein Überschuss zugunsten der Schuldnerin verbliebe (vgl. BGH NJW 1998, 1951, 1952; Palandt/Sprau, aaO., § 818 Rd.50; Helms GmbHR 2000, 1079, 1081f. jeweils m.w.N.), wobei auch dieser Saldierung keine insolvenzrechtlichen Besonderheiten entgegen stehen (vgl. BGH NJW 2007, 3425ff. Rd.21; Traugott/Groß, aaO.). Der hierin einzustellende Wertersatz richtet sich der Höhe nach nach dem Unternehmenswert im Zeitpunkt des Unterganges der Sparte "Edit", wobei dieser Zeitpunkt laut Klägervortrag dem der Insolvenzeröffnung mit der Entlassung aller Mitarbeiter entspricht (vgl. BGH NJW 2006, 2847ff. m.w.N.). Für den Zeitraum von der Übertragung der Sparte bis zum Untergang des Betriebes wäre zudem zugunsten der A.Com ein angemessener Nutzungsersatz in die Saldierung einzustellen (vgl. BGH, aaO.). Dass die Sparte "Edit" nach dem Vorbringen des Klägers seinerzeit einen dem in dem Unternehmenskaufvertrag vom 29.12.2000 ausgewiesenen Kaufpreis entsprechenden Unternehmenswert hatte, wurde bereits ausgeführt (vgl. oben unter 1. b) bb)).

Weder zur Höhe des Unternehmenswertes der Sparte "Edit" im Zeitpunkt der Betriebseinstellung noch zum Inhalt und Wert der aus diesem Unternehmensteil gezogenen Nutzungen liegt aber ein erwiderungsfähiger Vortrag des Klägers vor. Auch die im Wege der Saldierung herauszugebenden Gegenstände des Anlagevermögens sind in dem Schadensersatzbegehren nicht berücksichtigt. Hierzu hat der Kläger in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, dass Reste des Anlagevermögens zu geringen Werten verkauft worden seien, ohne überprüfbare Angaben zu den dabei konkret erzielten Erlösen und den noch verbleibenden Gegenständen zu machen. Der erstmals im Berufungsrechtszug formulierte Hinweis der Beklagten auf noch vorhandene Assets, Computerprogramme und "Know-How", deren Herausgabe diese beansprucht, ist in diesem Zusammenhang rechtlich erheblich. Damit oblag es dem Kläger, sich zu dem Verbleib der "Edit"-Assets substantiiert zu erklären und seinen Klageantrag gegebenenfalls entsprechend anzupassen, weil ein der A.Com insoweit gegen die Schuldnerin zustehender Anspruch auf Herausgabe der Assets an die ihr schadensersatzverpflichtete Beklagte abzutreten wäre (arg. § 255 BGB; vgl. OLG Köln - 3. Zivilsenat - NJW-RR 2004, 1391f.).

Der gegen die hier dargestellte Anwendung der Saldotheorie vorgetragene Einwand, der Sanktionscharakter der Regeln über die Kapitalaufbringung stünde dem entgegen (so Lieb ZIP 2002, 2017f. für den Fall der verschleierten Sacheinlage; krit. auch Bayer in K.Schmidt/Lutter, aaO., § 52 Rd.27 jeweils m.w.N.), überzeugt im vorliegenden Fall nicht. Denn die angeführte Begründung, dass die Risiken, die sich aus einer verschleierten Einlage ergeben würden, von dem Inferenten und nicht von der Gesellschaft getragen werden müssten, übersieht, dass der Wertverlust eingebrachter Unternehmensassets auf die verschiedensten Ursachen zurückgeführt werden kann. Liegt aber der Wert der eingebrachten Assets nicht unter der Stammkapitalziffer und haften den Assets auch keine spezifischen Bewertungsrisiken an, wovon nach dem eingangs zitierten Klägervortrag ausgegangen werden muss, dann ist der im Zuge der Unternehmenstätigkeit der Schuldnerin eingetretene Wertverlust der Assets Ausdruck des damit verbundenen typischen kaufmännischen Risikos. Weder der Schutzzweck der hier zur Diskussion stehenden Nachgründungsregeln noch § 242 BGB rechtfertigen eine Verlagerung dieses unternehmerischen Risikos auf die A.Com als Vertragspartnerin der Schuldnerin.

bb) Schließlich kann ein ersatzfähiger Vermögensschaden der A.Com auch deshalb nicht bejaht werden, weil der zur Begründung des Schadens herangezogene Bereicherungsanspruch der Schuldnerin gegen die A.Com zwischenzeitlich verjährt ist.

Da sich die Klageforderung gegenüber der Beklagten allein auf einen (Haftungs-) Schaden in Form der Belastung der A.Com mit einer Verbindlichkeit gegenüber der Schuldnerin stützt (vgl. nur Palandt/Heinrichs, aaO., Vorbem. v. § 249 Rd.46), fehlt es auch insoweit an einem die Regresspflicht der Beklagten auslösenden Schaden. Denn dieser tritt nur bei einer objektiven Verschlechterung der Vermögenslage des Mandanten ein (vgl. BGH NJW-RR 2006, 923ff. Rd.37f.; BGH NJW 1996, 2929, 2930; BGH NJW 1996, 661, 662 - jeweils zur Abgrenzung zum bloßen Risiko einer Inanspruchnahme für die Frage der Verjährung eines Regressanspruches). Dies ist bei einer "Belastung" der A.Com mit einer nicht durchsetzbaren Verbindlichkeit, weil gemäß § 214 Abs.1 BGB ein Leistungsverweigerungsrecht der A.Com besteht, nicht der Fall.

Da dieser Aspekt die Frage betrifft, ob die Mandantin überhaupt einen Vermögensschaden erlitten hat, was durch Vornahme eines Vergleichs der gesamten Vermögenslage der Mandantin vor und nach der Pflichtverletzung bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Senates zu beantworten ist (vgl. BGH NJW-RR 2006, 923, 926f.; BGH NJW 2005, 3275, 3276; Borgmann NJW 2008, 418 jeweils m.w.N.), und nicht die Frage danach, ob der Mandantin zugleich mit dem schädigenden Ereignis anrechenbare wirtschaftliche Vorteile zugeflossen sind, greift der Hinweis des Klägers auf bei der Vorteilsausgleichung auszuklammernde sogenannte "Glücksfälle" (vgl. Palandt/Heinrichs, aaO., Vorb. v. § 249 Rd.147) nicht.

Der zur Begründung der Klageforderung herangezogene Bereicherungsanspruch der Schuldnerin gegen die A.Com verjährte gemäß § 195 BGB a.F. in 30 Jahren. Diese Verjährungsfrist wurde gemäß Art. 229 § 6 Abs.4 EGBGB - nunmehr kenntnisabhängig (§ 199 Abs.1 BGB) - beginnend mit dem 01.01.2002 auf die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB n.F. übergeleitet.

Die nach § 199 Abs.1 BGB für den Verjährungsbeginn erforderlichen kenntnisbegründenden Umstände auf Seiten der Schuldnerin lagen spätestens am 13.05.2004 vor. Denn unter diesem Datum haben die anwaltlichen Vertreter des Klägers als Insolvenzverwalter der Schuldnerin die A.Com wegen des streitgegenständlichen Sachverhaltes zur Zahlung der Klagesumme aufgefordert (vgl. das Schreiben Anlage K9 des Anlageheftes I).

Hemmungs- oder Unterbrechungstatbestände sind weder ersichtlich noch auf den entsprechenden Hinweis des Senats in der letzten mündlichen Verhandlung dargetan worden. Die Erklärungen zur Abtretung etwaiger Ansprüche der A.Com gegen die Beklagte an den Kläger vom 30.09.2004 (Anlagen K12 des Anlagenheftes I) beinhalten allein keinen Verjährungsverzicht (vgl. zu den Voraussetzungen nur Palandt/Heinrichs, aaO., § 202 Rd.7 m.w.N.). Auch die Klageerhebung gegen die Beklagte erzeugt für das Rechtsverhältnis zwischen der Schuldnerin und der A.Com keine verjährungshemmende Wirkung (vgl. Palandt/Heinrichs, aaO., § 204 Rd.12). Eine verjährungshemmende Klage gegen die A.Com wurde von dem Kläger als Insolvenzverwalter der Schuldnerin nicht erhoben.

Damit trat Verjährung mit Ablauf des 31.12.2007 ein, so dass ein Leistungsverweigerungsrecht der A.Com besteht (§ 214 Abs.1 BGB).

b) Zur Frage einer Mandatspflichtverletzung unter dem Aspekt der verdeckten Sachgründung wird auf die Erwägungen unter Ziffer 1.b) verwiesen. Ein Vermögensschaden der A.Com liegt darüber hinaus schon deshalb nicht vor, weil diese nicht Aktionärin der Schuldnerin und damit nicht Einlageschuldnerin sind.

4. Auch die Schuldnerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 2.000.000,00 € wegen schuldhafter Pflichtverletzung eines anwaltlichen Mandatsvertrages.

a) Ein hier allein in Betracht kommender vertraglicher Schadensersatzanspruch besteht nicht, da die Schuldnerin nicht in den Schutzbereich des zwischen der A.Com und der Rechtsvorgängerin der Beklagten geschlossenen Mandatsvertrag einbezogen ist.

Die auf einer ergänzenden Vertragsauslegung, auf richterlicher Rechtsfortbildung nach Maßgabe von § 242 BGB oder auf einer analogen Anwendung der §§ 328ff. BGB beruhende Rechtsfigur des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 66. Aufl. 2007, § 328 Rd.13f.; Zugehör NJW 2000, 1601, 1603) setzt unter anderem voraus, dass der Vertragsgläubiger ein berechtigtes Interesse an der Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich des betreffenden Vertrages hat und diese Umstände für den Schuldner zumindest erkennbar waren (vgl. Terbille in Rinsche/Fahrendorf/Terbille, Die Haftung des Rechtsanwalts, 7. Aufl. 2005, Rd.321 - 332; Palandt/Grüneberg, aaO., Rd.16 - 18 m.w.N.). Beide Voraussetzungen können indes im Hinblick auf die Schuldnerin nicht bejaht werden.

Ein eigenes berechtigtes Interesse der A.Com an der Einbeziehung der erst im Laufe des Mandatsvertrages als im Zuge der Kapitalerhöhung und Ausfüllung der unter der Firma F. G. AG gegründeten Vorratsgesellschaft als aktives Unternehmen "entstandenen" Schuldnerin ist nicht erkennbar. Vielmehr würde die Einbeziehung der Schuldnerin in den Schutzbereich der Mandatspflichten dem Umstand widersprechen, dass die A.Com als Mandantin sowie ihre Gesellschafter einerseits und die Schuldnerin als "neu gegründete" AG andererseits in ihrer Stellung als Parteien des Unternehmenskaufvertrages vom 29.12.2000 selbständige und - wie auch dieser Rechtsstreit sowie die im einzelnen unter den Beteiligten diskutierten wechselseitigen Ansprüche zeigt - gegenläufige wirtschaftliche Interessen verfolgt haben (vgl. auch Zugehör NJW 2000, 1603 m.w.N.). Allein das wirtschaftliche Interesse der A.Com, ihren eigenen Geschäftsbetrieb im Zuge der Auslagerung der Sparte "Edit" und deren erfolgreiche Börseneinführung zu sanieren, genügt für die Einbeziehung der rechtlich und unternehmerisch selbständigen Schuldnerin in den Mandatsvertrag nicht. Denn diesem Interesse wird bereits durch die eigenen vertraglichen Ansprüche der A.Com als Mandantin Rechnung getragen (vgl. hierzu auch BGH NJW 1995, 51, 52f.; Borgmann/Jungk/Grams, Anwaltshaftung, 4. Aufl. 2005, § 33 Rd.26; Palandt/Grüneberg, aaO., § 328 Rd.17a jeweils m.w.N.).

Soweit in der Rechtsprechung betont wurde, dass gegenläufige Interessen einer Einbeziehung insoweit nicht entgegenstünden, so betreffen diese Entscheidungen die Haftung von Grundstücks- bzw. Gebäudegutachtern (vgl. BGH NJW 1998, 1059, 1060; BGH NJW 1995, 392, 393 = BGHZ 127, 398ff.). Die diesen Gutachten immanente Eigenschaft, Dritten - Käufern oder Kreditgebern - gegenüber besonderes Vertrauen zu erwecken und Beweiswirkungen zu begründen, mag insoweit eine Einbeziehung dieser Personen in den Schutzbereich des Gutachtervertrages rechtfertigen. Auf den streitgegenständlichen Mandatsvertrag kann diese Argumentation indes nicht übertragen werden.

Aufgrund dieser Erwägungen fehlt es auch, da ein Einbeziehungsinteresse der A.Com für die Rechtsvorgängerin der Beklagten vor diesem Hintergrund nicht erkennbar gewesen wäre, an dem erforderlichen Einbeziehungswillen der Rechtsvorgängerin der Beklagten (vgl. Palandt/Grüneberg, aaO., § 328 Rd.17a m.w.N.). Denn die Einbeziehung der Schuldnerin als Dritte in den Schutzbereich des Mandatsvertrages setzt gemäß den §§ 133, 157, 242 BGB einen hierauf gerichteten Vertragswillen beider Parteien des anwaltlichen Beratungsvertrages voraus (vgl. auch zum nachfolgenden: BGH NJW 1995, 52; BGH NJW 1991, 32, 33 - ablehnend für Erklärungen des Anwalts gegenüber dem Vertragsgegner des Mandanten; Staudinger/Jagmann, BGB, Neubearbeitung 2004, § 328 Rd.122 und 124; Borgmann/Jungk/Grams, aaO., § 33 Rd.26; Zugehör NJW 2000, 1603 jeweils m.w.N.). Anhaltspunkte für einen derartigen Vertragswillen der Rechtsvorgängerin der Beklagten liegen nicht vor. Damit verbleibt es bei dem Grundsatz, dass eine Einbeziehung Dritter in den anwaltlichen Mandatsvertrag im Zweifel abzulehnen ist, da dieses Vertragsverhältnis von besonderen Vertrauenspflichten geprägt und durch höchstpersönliche Leistungsbeziehungen gekennzeichnet ist (BGH NJW 1991, 33; Borgmann/Jungk/Grams, aaO., § 33 Rd.27; Zugehör, aaO., 1603 und 1604).

b) Hinsichtlich der Verletzung der aktienrechtlichen Nachgründungsvorschriften ist im übrigen ein auf eine Pflichtverletzung der Rechtsvorgängerin der Beklagten zurückzuführender ersatzfähiger Vermögensschaden der Schuldnerin nicht erkennbar. Denn der Schuldnerin ist, wie eingangs unter Ziffer 3. a) aa) bereits ausgeführt, entsprechend dem von dem Kläger beanstandeten "modifizierten Gründungsmodell" mit dem Vertrag vom 29.12.2000 ein dem vereinbarten Kaufpreis entsprechender Unternehmenswert zugewendet worden. Gleichzeitig sind die nach der am 11.12.2000 beschlossenen Erhöhung des Stammkapitals der Schuldnerin auf die ausgegebenen Stückaktien entfallenden Ausgabebeträge von insgesamt 2.950.000,00 € eingezahlt worden.

Der Klägervortrag, wonach der Wert der A.Com sowohl vor der Gründung der Schuldnerin als auch danach Null gewesen sei, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn diese Vergleichsbetrachtung wurde in Bezug auf die Entwicklung des Unternehmenswertes der A.Com im Rahmen des schadensrechtlichen Gesamtvermögensvergleichs und damit in einem anderen inhaltlichen Zusammenhang formuliert. Im übrigen wäre eine unzutreffende Bewertung ebenso wie eine zwischenzeitlich eingetretene Entwertung der Unternehmenssparte "Edit" Folge des kaufmännischen Risikos des Handelsgeschäfts der Schuldnerin und der Beklagten objektiv nicht zuzurechnen, da diese wirtschaftliche Bewertung und Entwicklung von dem Schutzzweck der hier zur Diskussion stehenden anwaltlichen Beratungspflicht der Rechtsvorgängerin der Beklagten nicht erfasst wird (vgl. dazu BGH NJW-RR 2007, 857, 859 Rd.22ff.; BGH, Beschluss vom 21.09.2006 - IX ZR 137/05 - juris-Dokument Rd.4; Borgmann NJW 2008, 417 m.w.N.). Gleiches gilt für die zwischenzeitlich eingetretene Verjährung eines Bereicherungsanspruches der anwaltlich vertretenen Schuldnerin gegen die A.Com.

Insoweit wird ergänzend auf die Darstellung unter Ziffer 3. a) aa) Bezug genommen.

c) Zur Frage einer Mandatspflichtverletzung unter dem Aspekt der verdeckten Sachgründung wird auf die Erwägungen unter Ziffer 1.b) verwiesen. Auch ein Vermögensschaden der Schuldnerin ist insoweit nicht ersichtlich.

5.

Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung auf den nicht nachgelassenen Schriftsatz des Klägers vom 05.03.2008 war nicht geboten (§ 156 ZPO). Die dort formulierten Ausführungen zu den Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen einer fehlerhaften Nachgründung sowie einer verdeckten Sachgründung hat der Senat in seine abweichende Würdigung miteinbezogen. Soweit der Kläger in Bezug auf einen schadensbegründenden Bereicherungsanspruch der Schuldnerin gegen die A.Com vorträgt, die in § 1 des Unternehmenskaufvertrages vom 29.12.2000 genannten Gegenstände seien für 90.000,00 € an die A. Media AG verkauft worden, begründet dies keine abweichende Beurteilung, weil dieser Vortrag für die im Rahmen der eingangs dargestellten Saldotheorie vorzunehmende differenzierte wirtschaftliche Betrachtung keine hinreichende Grundlage bietet. Die in diesem Zusammenhang vorgetragene Wertminderung des Geschäftsbereichs "Edit" sowie die Funktionsfähigkeit des Zahlungskreislaufes werden von dem eingangs dargestellten Schutzzweck der der Rechtsvorgängerin der Beklagten aus dem Mandatsvertrag obliegenden Beratungspflichten nicht erfasst. Es fehlt insoweit sowohl an der haftungsbegründenden als auch an der haftungsausfüllenden Kausalität.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs.2 ZPO) liegen nicht vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Gegenstand des Rechtsstreites waren überwiegend Tatsachen- und Auslegungsfragen des konkreten Einzelfalls. Rechtsfragen grundsätzlicher Natur haben sich nicht gestellt und waren nicht zu entscheiden.

Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 8.000.000,00 € festgesetzt, und zwar auf jeweils 2.000.000,00 € für einen Regressanspruch gegen die Beklagte wegen

eines Schadens der Finanzaktionäre sowie der A.Cap aufgrund einer Zahlungspflicht gegenüber der Schuldnerin aus aktienrechtlichen Vorschriften,

eines Schadens der Finanzaktionäre aufgrund einer Zahlungspflicht gegenüber der A.Com aus den Eigenkapitalersatzvorschriften,

eines Schadens der A.Com wegen bereicherungsrechtlicher Rückzahlungspflichten gegenüber der Schuldnerin,

eines eigenen Schadens der Schuldnerin.

Diese Ansprüche beinhalten jeweils unterschiedliche Streitgegenstände (vgl. BGH NJW 2007, 3425ff. Rd.28), über die im Rahmen des Regressprozesses jeweils gesondert zu entscheiden war (§ 45 Abs.1 GKG).






OLG Köln:
Urteil v. 27.03.2008
Az: 18 U 160/06


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/c5eb81a708bc/OLG-Koeln_Urteil_vom_27-Maerz-2008_Az_18-U-160-06




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