Bundespatentgericht:
Urteil vom 4. Februar 2003
Aktenzeichen: 3 Ni 35/01

(BPatG: Urteil v. 04.02.2003, Az.: 3 Ni 35/01)

Tenor

Das europäische Patent 0 656 203 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 21. Juni 1994 unter Inanspruchnahme der spanischen Priorität ES 9300141 als internationale Patentanmeldung PCT/ES94/00064 angemeldeten, vom Europäischen Patentamt in der Verfahrenssprache Englisch auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten und am 6. Mai 1999 veröffentlichten europäischen Patents EP 0 656 203 B1 (Streitpatent), das vom Deutschen Patentund Markenamt unter der Nummer DE 694 18 286 geführt wird. Das Streitpatent betrifft in der erteilten Fassung einen "Injizierbaren Mikroschaum, der ein Verödungsmittel enthält" und umfasst 15 Patentansprüche mit folgendem Wortlaut:

1.

Injizierbarer Mikroschaum für therapeutische Zwecke, hergestellt oder zur Herstellung nach Bedarf, dadurch gekennzeichnet, dass der Mikroschaum mit irgendeiner sklerosierenden Substanz gebildet ist.

2.

Injizierbarer Mikroschaum zur therapeutischen Verwendung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die sklerosierende Substanz Polidocanol ist.

3.

Injizierbarer Mikroschaum zur therapeutischen Verwendung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die sklerosierende Substanz Natriumtetradecylsulfat ist.

4.

Injizierbarer Mikroschaum zur therapeutischen Verwendung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die sklerosierende Substanz eine hypertonische Glucose oder Glucose/Salz-Lösung ist.

5.

Injizierbarer Mikroschaum zur therapeutischen Verwendung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die verwendete Substanz Chromglycerin ist.

6.

Injizierbarer Mikroschaum zur therapeutischen Verwendung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die verwendete Substanz Ethanolaminoleat ist.

7.

Injizierbarer Mikroschaum zur therapeutischen Verwendung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die verwendete Substanz Natriummorrhuat ist.

8.

Injizierbarer Mikroschaum zur therapeutischen Verwendung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die verwendete Substanz irgendeine Jodverbindung ist.

9.

Injizierbarer Mikroschaum zur therapeutischen Verwendung nach einem der vorhergehenden Ansprüche zur Verwendung in der Phlebologie.

10.

Injizierbarer Mikroschaum zur therapeutischen Verwendung nach den Ansprüchen 1 bis 8 zur Verwendung bei der Behandlung von Ösophagusvarizen.

11.

Injizierbarer Mikroschaum zur therapeutischen Verwendung nach den Ansprüchen 1 bis 8 zur Verwendung in der Proktologie.

12.

Injizierbarer Mikroschaum zur therapeutischen Verwendung nach den Ansprüchen 1 bis 8 zur Verwendung in der Angiologie.

13.

Verfahren zur Herstellung eines injizierbaren Mikroschaums zur Verwendung bei der Therapie, dadurch gekennzeichnet, dass es die Herstellung eines Mikroschaums mit einer sklerosierenden Substanz umfasst.

14.

Verfahren nach Anspruch 13, dadurch gekennzeichnet, dass die sklerosierende Substanz ein Polidocanol, Natriumtetradecylsulfat, hypertonische Glycose oder Glucose/Salz-Lösung, Chromglycerin, Ethanolaminoleat, Natriummorrhuat oder eine Iodlösung ist.

15.

Mikroschaum zur Verwendung bei der Therapie, dadurch gekennzeichnet, dass er erhältlich ist durch Aufschlagen einer sklerosierenden Lösung mit einer durch einen Mikromotor angetriebenen rotierenden Bürste mit 8.000 bis 15.000 UpM während 60 bis120 s.

Die Klägerin macht geltend, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig, weil er nicht neu sei und nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe. Zur Begründung bezieht sich die Klägerin auf folgende Dokumente:

K1: Flückiger, P., Schweizerische Medizinische Wochenschrift 1956, Nr. 48, S. 1368 bis 1370 K2: Mayer, H., Brücke, H., Chirurgische Praxis 1957, Nr. 4, S. 521 bis 528 K3: Meyers Konversationslexikon, 5. Aufl., 1895, Bd. 15 (eingereicht wurde die Seite 386)

K4: Flückiger, P., Med. Welt 1963, Nr 12, S 617 bis 621 (vgl dazu K17 S 10 Z 19)

K5: Baricevic, J., Ärztliche Praxis, 1969, 11(3), S 126 bis 130 K6: Gillesberger, W., Zeitschrift für Hautkrankheiten, 1969, 44 (18), S. 669 bis 674 K7: Lunkenheimer, E.: "Erfahrungsbericht über Aethoxysklerol-Kreussler", Schreiben vom 20. März 1967 K8: "Microsclerotherapy". In: G. Belcaro, G. Geroulakos, M. R. Cesarone, A. N. Nicolaides (Hrsg.), Scleotherapy in venous diseases, 2002, European Venous Forum, Edizioni Minerva Medica, S 89 bis 95 K9: Schadeck, M., Phlebologie 1993, 46 (4), S 673 bis 682 K10: Rabe, E., Pannier-Fischer, F., Gerlach, H., Zabel, M., Phlebologie 2001, 30

(6), S 154 bis 158 K 11: DE 34 17 182 C2 K12: Sigg, K., Therapeutische Umschau 1949, 6 (9), S 127 bis 134 K13: Schadeck, M., Phlebologie, 1996, 25, S 78 bis 82 K14: "Varicose veins, haemorrhoids and other conditions", R. R. Foote (Hrsg), 1944, London, H. K. Lewis & Co. Ltd., S 13 bis 44 und 106 bis 119 K15: Ree, A., Acta Dermato-Venerologica, 1959, 39, S 428 bis 432 K16: Orbach, E. J., Petretti, A. K., Angiology 1950, 1, S 237 bis 243 K17: Bock, H.-D., Ärztliche Praxis 1967, 19(60), S 2146 bis 2148 K18: Henschel, O.: "Die Varizenverödung: Verödungstherapie mit Aethoxysklerol-Kreussler", 3. Aufl., 1968, Wiesbaden-Biebrich, Chemische Fabrik Kreussler, S 22 K19: Erklärung von Prof. Dr. R. Höhler, Laboratoire de Physique des Milieux Divises et Interfaces, Universite de Marnela Vallee, Frankreich: "Der Begriff "Microfoam" ist in der Fachwelt weder allgemein bekannt noch wohl definiert"

K20: Chronologie der Schaumverödung K21: Orbach, E.J., American Journal of Surgery, 1944, New Series Vol LXVI, S 362 bis 366 K22: Cabrera Garrido, J. R., Cabrera Garcia-Olmedo, J. R., Garcia-Olmedo Dominguez, M. A., Phlebologie, 1997, 50 (2), S 181 bis 188 K23: "Application techniques for sclerosant in microfoam form", In: J. P Henriet (Hrsg): Foam sclerotherapy state of the art, Editions Phlebologique Francaises, S 39 bis 44 K24: Begleitdokumentation zum Video K25: Versuchsauswertung K26: Erklärung von Prof. Dr. R. Höhler, Laboratoire de Physique des Milieux Divises et Interfaces, Universite de Marnela Vallee, Frankreich: "Für durch eine rotierende Bürste hergestellte Schäume reicht die Angabe der Rotationsgeschwindigkeit und der Dauer des Rotierens nicht aus, um einen Schaum mit wohldefinierten Eigenschaften reproduzierbar herstellen zu können"

K27: Erklärung von Prof. Dr. R. Höhler, Laboratoire de Physique des Milieux Divises et Interfaces, Universite de Marnela Vallee, Frankreich: "Vergleich zwischen dreidimensionalen Schäumen und zweidimensionalen Schäumen, die durch Zerdrücken eines dreidimensionalen Schaums zwischen zwei Glasplatten erzeugt werden."

Die Klägerin beantragt, das europäische Patent 0 656 203 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland in vollem Umfang für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie tritt dem Vorbringen entgegen und hält das Streitpatent für patentfähig.

Sie verteidigt das Streitpatent nur noch im Umfang der Patentansprüche gemäß in der mündlichen Verhandlung eingereichtem Hauptantrag und den überreichten Hilfsanträgen 1 bis 4 in dieser Reihenfolge.

Das Streitpatent in der Fassung gemäß verteidigtem Hauptantrag umfasst 15 Patentansprüche. Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

1. Injizierbarer Mikroschaum für therapeutische Zwecke, dadurch gekennzeichnet, dass der Mikroschaum mit irgendeiner sklerosierenden Substanz gebildet ist, wobei der Mikroschaum nach Injektion in die Vene, einschließlich in die am stärksten expandierten varikösen Venen mit Durchmessern gleich oder größer als 7 mm, in der Lage ist, das in der Vene enthaltene Blut zu verdrängen und nicht darin wie eine Flüssigkeit verdünnt wird.

Hilfsantrag 1 umfasst 7 Patentansprüche. Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

1. Injizierbarer Mikroschaum für therapeutische Zwecke, dadurch gekennzeichnet, dass der Mikroschaum mit der sklerosierenden Substanz Polidocanol oder Natriumtetradecylsulfat gebildet ist, wobei der Mikroschaum nach Injektion in eine Vene, einschließlich in die am stärksten expandierten varikösen Venen mit Durchmessern gleich oder größer als 7 mm, in der Lage ist, das in der Vene enthaltene Blut zu verdrängen und nicht darin wie eine Flüssigkeit verdünnt wird.

Hilfsantrag 2 umfasst 3 Patentansprüche. Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

1. Verwendung eines injizierbaren Mikroschaums zur Anwendung in der Phlebologie, Proktologie oder Angiologie, dadurch gekennzeichnet, dass der Mikroschaum mit der sklerosierenden Substanz Polidocanol oder Natriumtetradecylsulfat gebildet ist, wobei der Mikroschaum nach Injektion in eine Vene, einschließlich in die am stärksten expandierten varikösen Venen mit einem Durchmesser gleich oder größer als 7 mm, in der Lage ist, das in der Vene enthaltene Blut zu verdrängen und nicht darin wie eine Flüssigkeit verdünnt wird.

Hilfsantrag 3 umfasst 3 Patentansprüche. Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

1. Verwendung eines injizierbaren Mikroschaums zur Anwendung in der Phlebologie, Proktologie oder Angiologie, dadurch gekennzeichnet, dass der Mikroschaum mit der sklerosierenden Substanz Polidocanol oder Natriumtetradecylsulfat und mit einem Gas, das im wesentlichen aus Sauerstoff oder einem Gemisch von Sauerstoff und Kohlendioxid besteht, gebildet ist, wobei der Mikroschaum nach Injektion in die Vene, einschließlich in die am stärksten expandierten varikösen Venen mit einem Durchmesser gleich oder größer als 7 mm, in der Lage ist, das in der Vene enthaltene Blut zu verdrängen und nicht darin wie eine Flüssigkeit verdünnt wird.

Hilfsantrag 4 umfasst 5 Patentansprüche. Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

1. Injizierbarer Mikroschaum zur Verwendung in der Therapie, dadurch gekennzeichnet, dass er erhältlich ist durch Aufschlagen einer sklerosierenden Lösung mit Polidocanol oder Natriumtetradecylsulfat als Sklerosierungsmittel, mit einer durch einen Mikromotor angetriebenen rotierenden Bürste mit 8.000 bis 15.000 UpM während 60 bis 120 s, wobei der Mikroschaum nach Injektion in die Vene, einschließlich in die am stärksten expandierten varikösen Venen mit Durchmessern gleich oder größer als 7 mm, in der Lage ist, das in der Vene enthaltene Blut zu verdrängen und nicht darin wie eine Flüssigkeit verdünnt wird.

Wegen der jeweils mittelbar oder unmittelbar auf Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 4 zurückbezogenen Patentansprüche wird auf die eingereichten Unterlagen verwiesen.

Zur Stützung ihres Vorbringens verweist sie auf folgende Unterlagen:

B1: Römpp Chemie Lexikon, 1958, 4. Aufl., Stichwort "Varsyl ¨" B2: Kreussler PHARMA - Fachinformation, November 1996, S 1 bis 3 B3: Videobilddokumentation B4: Eidesstattliche Erklärung von Dr. C... vom 21. November 2002 B5: Cabrera, J., Cabrera Jr, J., Garcia-Olmedo, M. A., Phebology, 2000, 15, S 19 bis 23 B6: Versuchsbericht -K1 B7: "Dermatologie und Venologie" Braun-Falco, O., Plewig, G., Wolff, H. H. (Hrsg), 3. Aufl., Springer Verlag, 1984, S. 582 bis 584 B8: Thiemes Innere Medizin, Georg Thieme Verlag, 1999, S. 105 bis 106

Gründe

Die zulässige Klage erweist sich als begründet.

Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund führt zur Nichtigerklärung des Streitpatents mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland (Art II § 6 Abs 1 Nr 1 IntPatÜG iVm Art 138 Abs 1 lit a, Art 52, 54, 56 EPÜ).

Das Streitpatent war bereits insofern für nichtig zu erklären, als es die Beklagte in Bezug auf den Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag nur noch in beschränktem Umfang verteidigt. Die Beschränkung, die das zusätzlich aufgenommene Merkmal "wobei der Mikroschaum nach Injektion in die Vene, einschließlich in die am stärksten expandierten varikösen Venen mit Durchmessern gleich oder größer als 7 mm, in der Lage ist, das in der Vene enthaltene Blut zu verdrängen und nicht darin wie eine Flüssigkeit verdünnt wird" betrifft, stellt eine Maßnahme zur Charakterisierung des beanspruchten Mikroschaumes dar. Sie hält sich im Umfang der ursprünglichen Offenbarung, so dass weder der Gegenstand noch der Schutzbereich des Streitpatentes hierdurch erweitert worden sind. Die Beschränkung ist somit zulässig.

I.

1.

Das Streitpatent betrifft einen injizierbaren Mikroschaum, der ein Lösungsmittel enthält und der Verödung von Varizen (Krampfadern) dient.

Nach den einleitenden Ausführungen in der Beschreibung der Streitpatentschrift ist es aus dem Stand der Technik bekannt, variköse Venen durch Injektion sklerosierender Lösungen zu veröden. Diese Technik wird bei kleineren und mittleren Krampfadern angewandt, während variköse Venen mit einem Durchmesser gleich oder größer 7 mm dagegen chirurgisch behandelt werden. Ihre Begründung findet diese Vorgehensweise in der mit Zunahme des Venendurchmessers steigenden Tendenz der sklerosierenden Lösung, sich mit dem Blut der Vene zu vermischen. Dies hat sodann zur Folge, dass weder die Konzentration noch die Verteilung des Wirkstoffes im Blut oder die Kontaktzeit des Wirkstoffes mit den Innenwänden der Venen kontrollierbar sind. Darüber hinaus ist es auch bekannt, das Blut durch Vorspritzen von Luft zu verdrängen, womit eine Steigerung der Wirksamkeit der danach injizierten Lösung verbunden ist. Diese Methode ist aber ebenfalls nur zur Behandlung kleinerer Venen nicht jedoch großer Gefäße geeignet. Auch die Anwendung von Schaum ist aus dem Stand der Technik bekannt, wird aber aufgrund zu großer Blasenbildung als von geringem Nutzen erachtet (vgl Streitpatentschrift Sp 1 Z5 bis 47).

2.

Das technische Problem, das dem Streitpatent zugrunde liegt, ist, wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung darlegt, daher, ein verbessertes Verödungsmittel bereitzustellen, das zur Behandlung selbst großvolumigster Venen geeignet ist.

3.

Zur Lösung beschreibt Patentanspruch 1 in der gemäß Hauptantrag verteidigten Fassung einen injizierbaren Mikroschaum, der irgendeine sklerosierende Substanz enthält und nach Injektion in die Vene, einschließlich in die am stärksten expandierten varikösen Venen mit Durchmessern gleich oder größer als 7 mm, in der Lage ist, das in der Vene enthaltene Blut zu verdrängen und nicht darin wie eine Flüssigkeit verdünnt wird.

4.

Der für die Lösung dieses Problems zuständige Fachmann ist ein in der Forschung tätiger Mediziner oder Pharmazeut mit dem Schwerpunkt Phlebologie bzwmedizinischen Kenntnissen auf dem Gebiet der Phlebologie oder ein Team bestehend aus einem Pharmazeuten und einem Phlebologen.

II.

Der Gegenstand des Patentanspruches 1 nach Hauptantrag erweist sich in Hinblick auf die Entgegenhaltung K2 mangels Neuheit als nicht bestandsfähig.

1.1. In der Zeitschrift Chirurgische Praxis 1957, Nr. 4, S. 521 bis 528 (Entgegenhaltung K2) berichten Mayer und Brücke über Methoden zur Behandlung von Varizen der unteren Extremitäten. Die Behandlung varikös veränderter Gefäße umfasst dabei sowohl große Venen wie die V. saphena magna oder V. saphena parva als auch kleine veränderte Venen in Form sogenannter Besenreiser (vgl S 524 Abs 6, S 526 Abs 6 und S 528 Abs 2). Beschrieben werden in diesem Dokument Behandlungen, die die operative Entfernung von Venenabschnitten und die Schaumverödung des verbliebenen Abschnittes kombinieren, aber auch die Schaumverödung großer Venen wie der V. saphena parva alleine (vgl S 523 Abs 3 und S 526 Abs 6). Hinsichtlich der Schaumverödung wird ausgeführt, dass zur Durchführung dieser Behandlungsmethode verschiedene Verödungsmittel in einen feinblasigen, zähflüssigen Schaum überführt werden. Für die Anwendung wird sodann jener ausgewählt, der den steifsten Schaum mit der gleichmäßigsten Verteilung der Luftblasen ergibt (vgl 526 Abs 3 und 4). Der größte Vorteil der schaumförmigen Anwendung des Verödungsmittels wird von den Autoren in der gleichmäßigen Verteilung des Mittels gesehen, die zur Bildung eines festen, durch die ganze Länge des Gefäßes mit der Wand verwachsenen Thrombus führt (vgl S 526 Abs 8). Damit ist dieser Entgegenhaltung die Lehre zu entnehmen, dass die Anwendung eines feinblasigen und zähflüssigen Schaumes, der irgendein Verödungsmittel enthält, wobei das bevorzugt wird, das im Vergleich zu den anderen den steifsten Schaum bildet, zur Sklerosierung des gesamten behandelten Gefäßes führt und es sich bei dem behandelten Gefäß auch um große Venen handeln kann. Große Venen aber -wie die V. saphena magna -können nun, wie die Klägerin unwidersprochen von Seiten der Beklagten vorträgt, einen Durchmesser von bis zu 14 mm aufweisen. Damit erstreckt sich aber die von Mayer und Brücke vermittelte Lehre auch auf Venen mit einem Durchmesser gleich oder größer 7 mm.

Die Lehre des Streitpatentes geht darüber nicht hinaus. Auch hier wird ein Schaum angegeben, der mit irgendeiner sklerosierenden Substanz gebildet wird und angewendet zur Sklerosierung des gesamten Venensegmentes führt, in das das Verödungsmittel injiziert worden ist. Erreicht wird dieses Ergebnis aufgrund der Fähigkeit des Schaumes, das in der Vene enthaltene Blut zu verdrängen und darin nicht verdünnt zu werden wie eine Flüssigkeit. Bei der Erzielung des gleichen Ergebnisses muss aber davon ausgegangen werden, dass sich beide Schäume -hinsichtlich deren stofflicher Zusammensetzung keine Unterschiede erkennbar sind und auch nicht geltend gemacht worden sind - im Zuge ihrer Anwendung im wesentlichen vergleichbar verhalten. Dies kann aber nur dann der Fall sein, wenn ihre physikalischen Eigenschaften, dh insbesondere ihre Konsistenz, übereinstimmen. Die Angabe der Wirkung im Patentanspruch 1 kann daher nichts dazu beitragen, die Beschaffenheit des beanspruchten Schaumes so zu charakterisieren, dass er von dem von Mayer und Brücke beschriebenen eindeutig zu unterscheiden wäre. Die Entdeckung besonderer Wirkungen, Eigenschaften, Vorteile oder Effekte bei einem an sich bekannten Erzeugnis kann nämlich nichts daran ändern, dass der Gegenstand als solcher bereits bekannt war. Das im Patentanspruch 1 zur Charakterisierung des Schaumes angegebene Merkmal "wobei der Mikroschaum nach Injektion in die Vene, einschließlich in die am stärksten expandierten varikösen Venen mit Durchmessern gleich oder größer als 7 mm, in der Lage ist, das in der Vene enthaltene Blut zu verdrängen und nicht darin wie eine Flüssigkeit verdünnt wird" kann daher die Neuheit nicht begründen (vgl GRUR 1991 436, 440 re Sp, 441 re Sp -Befestigungsvorrichtung II; GRUR 1981 812, 813 re Sp - Etikettiermaschine; Rogge GRUR 1996 931, 940 re Sp Abs 2).

Die Ausführungen der Beklagten vermögen den Senat nicht zu überzeugen, dass der beanspruchte Schaum gegenüber jenem nach der Entgegenhaltung K2 neu sei, weil er einen Mikroschaum, dh einen mikroskopisch feinen Schaum darstelle, dessen Gasbläschen mit dem Auge nicht mehr erkennbar seien. Sie führt dazu ferner aus, dass nur ein Schaum mit einer derartigen Struktur aufgrund der damit verbundenen mechanischen Festigkeit und Konsistenz in der Lage sei, das Blut in der Vene nachhaltig zu verdrängen und den ganzen Hohlraum auszufüllen. Nur so gelänge es die gesamte Intima zu schädigen und die ganze Vene, auch solche mit einem Durchmesser von größer 7 mm, zu erfassen. Er habe im weiteren einen völlig anderen Wirkmechanismus als Schäume des Standes der Technik, da er als feste Masse in der zu behandelnden Varize bestehen bleibe und so seine Wirkung entfalten könne. Dies könne aber nur mit einer anderen Phase als sie bisher in Verbindung mit Verödungsschäumen bekannt sei erfolgen, weshalb der beanspruchte Mikroschaum eine eigene Zustandsform darstelle. Diesen zu erhalten sei nun zwar kein Problem, denn die Anleitung, einen festen Schaum herzustellen, versetze jeden Fachmann dazu in die Lage. Jedoch lasse sich ein Mikroschaum nur mit einem entsprechend hohen Energie-Eintrag herstellen, wie er beispielsweise durch das im Beispiel 1 angegebene Verfahren erreicht werde, nämlich das Aufschlagen mit einer Bürste bei 8 000 bis 15 000 U/min.

Die von der Beklagten behaupteten Unterschiede können hinsichtlich des von Mayer und Brücke beschriebenen feinblasigen, zähflüssigen Schaumes nicht zum Tragen kommen. Es trifft zwar zu, dass in der Entgegenhaltung K2 nicht von einem Mikroschaum gesprochen wird, es trifft auch zu, dass dort keine Angaben zur Verdrängung des Blutes in der Vene durch den Schaum gemacht werden. Ein die Neuheit begründender Unterschied ergibt sich daraus aber nicht, weil weder eine unterschiedliche Bezeichnung noch unterschiedliche Wirkungsangaben die technische Lehre verändern. Der Begriff "Mikroschaum" selbst stellt keine eindeutige und klare Unterscheidungsmöglichkeit zu dem aus der Entgegenhaltung K2 bekannten feinblasigen, zähflüssigen Schaum dar. Wie die Klägerin ergänzend dazu, unwidersprochen von der Beklagten, vorträgt und mit der Erklärung von Prof. Dr.

R. Höhler (Entgegenhaltung K19) belegt hat, ist der Begriff "Mikroschaum" in der Fachwelt weder allgemein bekannt noch wohl definiert. Damit vermittelt diese Bezeichnung als solche keinerlei eindeutige Informationen darüber, um was für eine Art von Schaum es sich hierbei handelt. Eine bestimmte Blasengröße ist nämlich aus der Bezeichnung allein ebenso wenig ableitbar wie bestimmte ihm zugeschriebene mechanische Eigenschaften. Parameter jedoch, die dazu geeignet wären, den Mikroschaum gemäß Patentanspruch 1 eindeutig zu charakterisieren bzw ihn von jenem gemäß der Druckschrift K2 zu unterscheiden, enthält die Streitpatentschrift aber an keiner Stelle. Die im Zusammenhang mit der Bezeichnung von der Beklagten ferner geltend gemachten Vorteile, wie die Behandlung großer Venen, die gleichmäßige Verteilung des Verödungsmittels und die Entfaltung seiner Wirkung über den gesamten Bereich des behandelten Venenabschnittes wird so auch von Mayer und Brücke beschrieben. Somit werden unabhängig von der Bezeichnung der Schäume die gleichen Vorteile erreicht. Es handelt sich daher im vorliegenden Fall lediglich um eine sprachlich abweichende Bezeichnung, die aber dem beanspruchten Erzeugnis gegenüber einem bekannten Erzeugnis nicht zur Neuheit verhelfen kann.

Auch die von der Beklagten vorgetragenen Unterschiede in der Art der Applikation als Indiz für das Vorliegen eines anderen bisher noch nicht beschriebenen Verödungsschaumes, vermögen zu keiner anderen Beurteilung der Patentfähigkeit zu führen. Die Beklagte hatte in ihrem Sachvortrag dazu ausgeführt, es handle sich bei der von Mayer und Brücke beschriebenen Methode um eine kombinierte Verödungsmethode, dh der Schaumverödung gehe zunächst eine Varizenentfernung voraus. Behandelt würden sodann nur distale Gefäßabschnitte, wobei die Vene vom Blutstrom getrennt sei, der Schaum somit das Blut nicht verdrängen müsse. Dem kann so nicht zugestimmt werden, denn weder im Zusammenhang mit der Einspritzung des Verödungsschaumes in die V. saphena magna noch im Zusammenhang mit der Behandlung der V. saphena parva wird von einer zusätzlichen Ligatur der Vene unterhalb der Applikationsstelle, dh von einer vollständigen Abtrennung vom Blutzustrom, berichtet (vgl S 526 Abs 3 und 6). Somit wird auch gemäß K2 der Schaum in eine blutgefüllte Vene eingespritzt, wo er in der Folge, um seine beschriebene Wirkung entfalten zu können, das Blut verdrängen muss.

Nach alle dem ist davon auszugehen, dass der Öffentlichkeit zum Prioritätszeitpunkt des Streitpatentes aufgrund des genannten Standes der Technik gemäß der Druckschrift K2 Verödungsschäume mit einer Beschaffenheit zur Verfügung standen, wie sie nunmehr mit den im Patentanspruch 1 genannten Mikroschäumen beansprucht werden. Der Gegenstand gemäß Anspruch 1 nach Hauptantrag erweist sich daher, weil er bereits Bekanntes umfasst, als nicht mehr neu.

1.2.

Bezüglich der sich anschließenden Patentansprüche 2 bis 15 hat die Beklagte nicht vorgetragen, dass ihnen ein eigenständig erfinderischer Gehalt zukäme. Dies ist auch für den Senat nicht ersichtlich. Die Patentansprüche 2 bis 15, deren selbständiger erfinderischer Gehalt von der Klägerin schriftsätzlich unter Angabe von Gründen in Abrede gestellt wurde, fallen daher ebenfalls der Nichtigkeit anheim.

2.

Die Gegenstände der Patentansprüche 1 nach den Hilfsanträgen 1 bis 4 erweisen sich in Hinblick auf die Entgegenhaltungen K2 und K6 mangels erfinderischer Tätigkeit als nicht bestandsfähig.

Mit Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 wird ein injizierbarer Mikroschaum beansprucht, der auf die Wirkstoffe Polidocanol oder Natriumtetradecylsulfat beschränkt ist. Mit dem Patentanspruch 1 des Hilfsantrages 2 wird die Verwendung des injizierbaren Mikroschaumes gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 beansprucht. Diese Verwendung ist nach Hilfsantrag 3 weiter dadurch beschränkt, dass der Mikroschaum mit einem Gas gebildet ist, das im wesentlichen aus Sauerstoff oder einem Gemisch aus Sauerstoff und Kohlendioxid besteht. Der Hilfsantrag 4 ist auf einen injizierbaren Mikroschaum gerichtet, der ua mit der Verfahrensmaßnahme "erhältlich durch Aufschlagen einer sklerosierenden Lösung mit Polidocanol oder Natriumtetradecylsulfat als Sklerosierungsmittel, mit einer durch einen Mikromotor angetriebenen rotierenden Bürste mit 8.000 bis 15.000 UpM während 60 bis 120 s" charakterisiert wird.

Die Patentansprüche nach den Hilfsanträgen 1, 2 und 4 basieren auf den erteilten Patentansprüchen 1 bis 3, 9 bis 13 und 15. Das Patentbegehren gemäß dieser Hilfsansprüche hält sich im Umfang der ursprünglichen Offenbarung. Weder der Patentgegenstand noch der Schutzbereich des Streitpatents sind hierdurch erweitert worden, die Beschränkungen sind somit zulässig.

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 erfüllt die Erfordernisse der ursprünglichen Offenbarung dagegen nicht, denn die Formulierung "im wesentlichen" im Zusammenhang mit "Sauerstoff oder einem Gemisch von Sauerstoff und Kohlendioxid" ist dem Beispiel 1 - der einzige Fundort, der diese Maßnahme nennt -so weder den ursprünglichen noch den erteilten Unterlagen zu entnehmen.

Die Neuheit der mit den Patentansprüchen 1 der jeweiligen Hilfsanträge beanspruchten Gegenstände mag nach dem Hinzufügen der weiteren Merkmale gegenüber den zu berücksichtigenden Druckschriften gegeben sein, auch kann die Zulässigkeit des Patentanspruches 1 nach Hilfsantrag 3 dahingestellt bleiben. Die Gegenstände der Patentansprüche 1 nach den Hilfsanträgen 1 bis 4 beruhen jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, denn die Lehre dieser Patentansprüche war dem Fachmann durch den Stand der Technik nahegelegt.

2.1. Von einem feinblasigen, zähflüssigen, ein Verödungsmittel enthaltenden Schaum, der zur Behandlung auch großvolumiger Venen eingesetzt wird und den Vorteil besitzt, durch die gleichmäßige Verteilung des Verödungsmittels, einen festen, durch die ganze Länge des Gefäßes mit der Wand verwachsenen Thrombus zu bilden, wobei dessen Anwendung aber weder zu Rezidiven noch Komplikationen führt, wird in der Entgegenhaltung K2, die den nächsten Stand der Technik bildet, berichtet (vgl K2 S 526 Abs 5, 7 und 8). Als Lösung, die in den Schaum überführt wird, werden dabei verschiede Verödungsmittel eingesetzt, wobei expressis verbis eine Zubereitung genannt wird, die schon zum Prioritätstag, wie die Beklagte in ihrem Sachvortrag ausführte, nicht mehr zu den zugelassenen Arzneimitteln gehörte. Die Maßnahme, anstelle dieser Zubereitung nun auf solche zurückzugreifen wie Polidocanol und Natriumtetradecylsulfat, die zu den zum Prioritätstag gebräuchlichen Verödungsmitteln gehörten, überschreitet fachmännisches Können jedoch nicht. Dies gilt umso mehr, als diese Wirkstoffe bzw Wirkstofflösungen, wie in der Beschreibungseinleitung der Streitpatentschrift ausgeführt wird und W. Gillesberger in der Zeitschrift für Hautkrankheiten, 1969, 44, S 669 bis 674 (K6) über das dem Polodocanol identische Aethoxysklerol berichtet, Verödungsmittel darstellen, von denen bekannt ist, dass sie eine gute Schaumbildungsfähigkeit besitzen bzw bereits in Form von Schaum zur Behandlung großkalibriger Gefäße Verwendung finden (vgl Streitpatentschrift Sp 1 Z 39 bis 43 sowie K6 S 670 letzter Absatz). Diese Verödungsmittel wird der Fachmann daher, vor die Aufgabe gestellt, einen Verödungsschaum herzustellen, von vornherein in seine Überlegungen miteinbeziehen, ohne dabei eine erfinderische Auswahl treffen zu müssen. Den Schaum dann so einzustellen, dass seine Anwendung die in diesem Dokument geschilderten Vorteile ebenfalls mit sich bringt, bedarf in Hinblick auf die mit dem Dokument K2 vermittelte Lehre keiner Überlegungen erfinderischer Art, sondern liegt voll im Wissen und Können des Fachmannes. Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 ist daher mangels erfinderischer Tätigkeit nicht beständig.

Die Beklagte hat im übrigen im Rahmen ihres Sachvortrages auch nicht geltend gemacht, worin sie im Zusammenhang mit der Verwendung der Verödungsmittel Polidocanol und Natriumtetradecylsulfat zur Herstellung des beanspruchten injizierbaren Mikroschaumes die erfinderische Tätigkeit sieht.

2.2 Das gleiche gilt für den Gegenstand des Patentanspruches 1 gemäß Hilfsantrag 2, nachdem nicht nur die Bereitstellung des nach diesem Antrag zu verwendenden injizierbaren Mikroschaumes selbst im Hinblick auf die Entgegenhaltungen K2 und K6 naheliegt, sondern auch die Verwendung solcher Schäume -wie das Dokument K2 in seiner Gesamtheit lehrt -in der Angiologie und Phlebologie bekannt ist.

2.3 Aus diesen Gründen ist auch der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3, wobei dessen Zulässigkeit dahingestellt sein mag, nicht bestandsfähig. Das Hinzufügen eines weiteren Merkmales, nämlich des zur Herstellung des beanspruchten Schaumes verwendeten Gases, kann zu keiner anderen Schlussfolgerung führen. Wie in der Beschreibung der Streitpatentschrift dargelegt wird, kann bei mit Luft hergestellten Schäumen der darin enthaltene Stickstoff zu Nebenwirkungen führen (vgl Sp 1 Z 44 bis 47). Es liegt daher im Ermessen des Fachmannes ein anderes physiologisch verträgliches Gas auszuwählen, wenn er Nachteile vermeiden möchte. Ein erfinderisches Zutun ist dazu aber nicht erforderlich.

2.4. Der injizierbare Mikroschaum nach Hilfsantrag 4 unterscheidet sich vom Mikroschaum wie er nach Hilfsantrag 1 beansprucht wird, durch die Aufnahme einer Verfahrensmaßnahme in den Patentanspruch 1. Auch dieses zusätzliche Merkmal vermag jedoch die Erfindungshöhe des beanspruchten Gegenstandes nicht zu begründen.

Die Klägerin konnte den Senat mit den von ihr vorgelegten Vergleichsversuchen (Videodokumentation K24 und Versuchsauswertung K25) davon überzeugen, dass Unterschiede in der Beschaffenheit von Schäumen, hergestellt mit dem im Beispiel 1 der Streitpatentschrift angegebenen Verfahren und nach der von Mayer und Brücke beschriebenen Methode, nicht erkennbar sind. So bilden beide Schäume augenscheinlich eine feste Masse und weisen keine Unterschiede in ihrem Adhäsionsvermögen auf. Auch vermögen beide Schäume gleichermaßen sowohl Luft als auch Wasser in einem mit Wasser gefüllten "invertierten U-Schlauch" zu verdrängen, wobei beide als zusammenhängender Schaumblock verschiebbar sind (vgl Video K24 sowie Begleitdokumentation "Schaum nach EP 0 656 204 (Cabrera)" und "Schaum nach K2 (Mayer/Brücke)" auf den S 4 und S 5, S 11 und 12, S 14 bis 16, S 17 Szenen 3 und 4, S 18/19 Szenen 8 bis 10, 12 bis 14 sowie Anlage zu K24 Tabellarische Übersicht). Ergänzend dazu zeigen auch die mit der Vergleichsauswertung K25 vorgelegten Aufnahmen der Schäume zur Bestimmung der Bläschengröße keine sichtbaren Unterschiede der Bläschen bezüglich ihrer Größe, ihrer Verteilung und ihrer Größenveränderung im zeitlichen Verlauf (vgl "Schaum nach EP 0 656 204 (Cabrera)" und "Schaum nach K2 (Mayer/Brücke)" S 4 und 5, 11, 13 und 14).

Somit vermittelt bereits die Entgegenhaltung K2 dem Fachmann die Lehre, einen Schaum mit der gemäß Streitpatentschrift angestrebten Beschaffenheit herzustellen. Nachdem Schäume der angestrebten Konsistenz damit zum Zeitpunkt des Prioritätstages nicht nur herstellbar waren, sondern auch zur Verödung von Varizen bekannt waren, kann durch das Aufzeigen eines weiteren Herstellungsweges die nunmehr beanspruchte Applikationsform nicht neu werden (vgl GRUR 1998 1003 -Leuchtstoff).

Die Einwände der Beklagten, die vorgelegten Vergleichsversuche seien unzulässig, weil die von den Autoren Mayer und Brücke zur Schaumherstellung verwendete Spritze nicht ausreichend offenbart sei und der dort genannte Schaum daher nicht nacharbeitbar sei, die Klägerin zudem mit einem geringeren Volumen, dh kleineren Spritzencontainern arbeite, sind nicht dazu geeignet, die Vergleichsversuche zu entkräften und zu einer anderen Beurteilung zu führen.

Entgegen der Ansicht der Beklagten offenbart das Dokument K2 die zur Diskussion stehende Spritze so deutlich und vollständig, dass der zuständige Durchschnittsfachmann in der Lage war, diese in die Hand zu bekommen. Es ist nämlich nicht erforderlich, dass der Fachmann so genaue und ins einzelne gehende Angaben über die bei der Nacharbeitung einer Lehre einzuhaltenden Bedingungen erhält, dass er sofort und ohne jeden Fehlschlag das gewünschte Ergebnis erreicht. Es genügt, wenn ihm die entscheidende Richtung angegeben wird, wie er vorzugehen hat, damit er das gewünschte Ergebnis erreichen kann. Die Notwendigkeit von Versuchen steht dem daher nicht entgegen, soweit sich diese im Rahmen des Üblichen halten und keine erfinderischen Überlegungen erfordern (GRUR 1998 1003, 1005 li Sp - Leuchtstoff). Mayer und Brücke wenden zur Herstellung ihres Schaumes einen Spritzentyp an, der zur Zeit der Publikation, dh im Jahr 1957, üblich war. Die konstruktive Abwandlung besteht in der Zufügung eines nicht feststellbaren zweiten, dünnen und mit zahlreichen Löchern versehenen Stempels, dessen Stiel durch die zentrale Bohrung des Hauptstempels geht und diesen überragt (vgl K2 S 526 Abs 4 iVm S 527 Abb 6). Somit handelt es sich hier also nicht um eine Vorrichtung mit kompliziertem, technischem Aufbau, der nicht sofort erkannt werden kann. Auch der Einwand der Beklagten, der gleiche Spritzentyp sei zum Prioritätstag nicht mehr verfügbar gewesen, vermag an dieser Einschätzung nichts zu ändern. Zwar sind zum Prioritätstag nicht mehr die gleichen Spritzentypen wie im Jahre 1957 gebräuchlich gewesen, sondern deren Weiterentwicklung. Der grundlegende Aufbau einer Spritze hat sich damit aber nicht geändert.

Dem Argument, die Vergleichsversuche seien unzulässig, weil die vom Kläger verwendete Spritze mit 10 ccm ein geringeres Volumen aufweise, als die von Mayer und Brücke beschriebene mit 50 ccm, kann sich der Senat gleichfalls nicht anschließen. So mag das Aufschlagen der Sklerosierungslösung in einer Spritze mit einem Volumen von 10 ccm zwar einen geringeren Kraftaufwand erfordern als in einer Spritze mit einem Volumen von 50 ccm, am Prinzip der Herstellbarkeit eines Schaumes mit der in K2 angegebenen Methode, der die Konsistenz des mit dem Streitpatent beanspruchten Mikroschaumes aufweist, ändert sich damit aber nichts.

Somit unterscheidet sich auch der mit dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 beanspruchte injizierbare Mikroschaum von dem aus der Druckschrift K2 bekannten nur in der Auswahl des verwendeten Verödungsmittels. Diese beruht aber wie im Zusammenhang mit dem Hilfsantrag 1 bereits ausgeführt worden ist, nicht auf einer erfinderischen Leistung. Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 ist daher gleichfalls nicht bestandsfähig.

2.5. Bezüglich der sich nach den Hilfsanträgen 1 bis 4 jeweils anschließenden Patentansprüche hat die Beklagte nicht vorgetragen, dass ihnen ein eigenständig erfinderischer Gehalt zukäme. Dies ist auch für den Senat nicht ersichtlich. Diese Patentansprüche unterscheiden sich nicht von den erteilten Patentansprüchen 9 bis 13 und 15, deren selbständiger erfinderischer Gehalt von der Klägerin schriftsätzlich unter Angabe von Gründen in Abrede gestellt wurde. Diese Patentansprüche fallen daher ebenfalls der Nichtigkeit anheim.

III Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs 2 PatG iVm § 91 Abs 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht auf Grund von § 99 Abs 1 PatG iVm § 709 Satz 1 und 2 ZPO.

Hellebrand Brandt Dr. Feuerlein Dr. Proksch-Ledig Dr. Gerster Pr






BPatG:
Urteil v. 04.02.2003
Az: 3 Ni 35/01


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/c4db3028efd5/BPatG_Urteil_vom_4-Februar-2003_Az_3-Ni-35-01




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