Oberlandesgericht Hamm:
Beschluss vom 25. Januar 2008
Aktenzeichen: 1 ZU 90/07

(OLG Hamm: Beschluss v. 25.01.2008, Az.: 1 ZU 90/07)

Tenor

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Antragsgegnerin werden dem Antragsteller auferlegt.

Der Geschäftswert für das Verfahren wird auf € 50.000,00 festgesetzt.

Gründe

I.

Der jetzt 38jährige Antragsteller ist seit dem 23.04.1996 als Rechtsanwalt im Bezirk der Antragsgegnerin zugelassen.

Nachdem der Antragsteller bereits im Jahre 2004 in finanzielle Schwierigkeiten geraten war, die er jedoch in der Folgezeit ausräumen konnte, wurden der Antragsgegnerin im Januar 2007 weitere Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Antragsteller bekannt, so dass sie ihn zunächst mit Schreiben vom 01.02.2007 unter Fristsetzung zum 15.02.2007 zur Stellungnahme aufforderte.

Nach einer Zwischenmitteilung des Antragstellers vom 19.02.2007, wonach er bemüht sei, die bestehenden Forderungen schnellstmöglich zu begleichen und nachdem weitere Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen ihn bekannt wurden, forderte die Antragsgegnerin den Antragsteller mit Schreiben vom 13.03.2007 zu umfassender Auskunft unter Fristsetzung von zwei Wochen auf.

Mit Schreiben vom 03.04.2007 erklärte der Antragsteller erneut, er sei bemüht, sämtliche Forderungen schnellstmöglich zu begleichen und legte eine Reihe von Ratenzahlungsbelegen, sämtlich über Zahlungen an den zuständigen Gerichtsvollzieher, vor.

Unter dem 17.08.2007 bestätigte der Direktor des Amtsgerichts Blomberg, dass gegen den Antragsteller insgesamt acht Haftbefehle zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung vorlägen, worauf die Antragsgegnerin unter dem 04.09.2007 erneut den Antragsteller unter Fristsetzung von zehn Tagen zur Auskunft aufforderte, worauf der Antragsteller mit Schreiben vom 17.09.2007 reagierte und erklärte, es sei ihm zur Zeit nicht möglich, den Nachweis der vollständigen Tilgung sämtlich offener Verbindlichkeiten zu erbringen.

Neben der Ankündigung der Vorlage weiterer Zahlungsnachweise beschränkte sich die Stellungnahme des Antragstellers darauf, dass er bestrebt sei, in nächster Zeit weitere Raten zu zahlen bzw. Ratenzahlungsvereinbarungen zu treffen.

Daraufhin erließ die Antragsgegnerin unter dem 25.09.2007 die streitgegenständliche Widerrufsverfügung, die dem Antragsteller unter dem 29.09.2007 zugestellt worden ist.

Die Antragsgegnerin stützte die Widerrufsverfügung insbesondere auf aktuell sechs Verhaftungsaufträge sowie zahlreiche offene Forderungen (Aufstellung Ziffer 1 bis 21).

Hiergegen richtet sich der Antrag auf gerichtliche Entscheidung des Antragstellers vom 29.10.2007, am gleichen Tage vorab per Telefax beim Anwaltsgerichtshof eingegangen.

Der Antragsteller bestätigt zunächst, dass er aufgrund der gegen ihn ergangenen Haftbefehle im Schuldnerverzeichnis eingetragen sei, allerdings sei eine Löschung dieser Eintragungen zu erwarten, da er bereits einen Teil der Forderungen beglichen habe und die weiteren Forderungen innerhalb kurzer Zeit begleichen werde.

So belegt er z.B. die Begleichung der im Prozessheft unter Ziffer 10) aufgeführten Forderung.

Darüber hinaus beantragt er, die Entscheidung des Anwaltsgerichtshofes zurückzustellen, bis über eine ihn betreffende Aufsichtssache entschieden worden sei, gleichfalls sei das Verfahren zurückzustellen wegen eines gegen ihn anhängigen Haftpflichtprozesses.

Letztlich behauptet er, Vermögensverfall liege nicht vor, auch sei eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden nicht zu besorgen, da er zur Bedienung seiner Verbindlichkeiten nicht auf ihm anvertraute Fremdgelder zurückgegriffen habe und ansonsten jeweils Anderkonten einrichte, um eine Trennung zu seinem Vermögen sicherzustellen, womit eine Gefährdung dieser Fremdgelder durch Kontenpfändung ausgeschlossen sei.

Trotz des üblichen Hinweises des Senatsvorsitzenden vom 11.12.2007 unter Fristsetzung zum 28.12.2007 hat der Antragsteller lediglich eine Fristverlängerung bis zum 15.01.2008 erbeten, ohne in der Sache selbst weiter vorzutragen.

In seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 25.01.2008 hat der Antragsteller eine Bestätigung vorgelegt, wonach ein Haftbefehl (AG Blomberg - 5 M 489/07) gelöscht sei und er im Übrigen auf dem Weg sei, auch die Löschung weiterer Haftbefehle zu erreichen.

Hierzu fehlten ihm allerdings noch nötige Unterlagen.

Der Antragsteller beantragt,

die Widerrufsverfügung der Antragsgegnerin vom 25.09.2007 aufzuheben.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückzuweisen.

Sie verteidigt ihre Widerrufsverfügung.

II.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig, insbesondere fristgerecht gestellt, hat in der Sache allerdings keinen Erfolg.

Die Antragsgegnerin hat die Zulassung des Antragstellers zu Recht widerrufen.

Gemäß § 14 II Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind.

Ein Vermögensverfall wird vermutet, wenn entweder ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Rechtsanwaltes eröffnet worden ist oder der Rechtsanwalt in das vom Insolvenzgericht oder vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis eingetragen ist.

So liegen die Dinge hier, da zum Zeitpunkt der Widerrufsverfügung unstreitig sechs Haftbefehle gegen den Antragsteller vorlagen.

Die dadurch begründete Vermutung für einen Vermögensverfall hat der Antragsteller nicht widerlegt, so hat er auch trotz entsprechenden Hinweises des Senates keinerlei Ausführungen zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen gemacht.

Durch den Vermögensverfall werden die Interessen der Rechtsuchenden gefährdet. Anhaltspunkte dafür, dass ungeachtet des Vermögensverfalls des Antragstellers die Interessen der Rechtsuchenden ausnahmsweise nicht gefährdet wären, lagen weder bei Erlass der Widerrufsverfügung noch zum Zeitpunkt der Entscheidung vor. Die Einrichtung von Anderkonten schließt eine solche Gefährdung nicht aus, da die Antragstellerin nicht überprüfen kann, ob der Antragsteller dies auch in Zukunft so handhabt, zudem reicht eine abstrakte Gefährdung eines Zugriffes auf Fremdgelder durch Gläubiger des Antragstellers aus, ohne dass es darauf ankäme, dass er bislang nicht auf ihm anvertraute Fremdgelder zurückgegriffen hat.

Ebenso wenig kommt eine Zurückstellung des hiesigen Verfahrens wegen einer gegen den Antragsteller anhängigen Aufsichtssache und eines ebenso gegen ihn anhängigen Haftpflichtprozesses in Betracht, da diese Verfahren mit dem hiesigen nichts zu tun haben.

Auch ein nachträglicher Wegfall des Widerrufsgrundes, der im gerichtlichen Verfahren zu berücksichtigen wäre (BGHZ 75, 356), liegt nicht vor.

Abgesehen davon, dass der Antragsteller nach wie vor im Schuldnerverzeichnis eingetragen ist, nachdem er am 02.11.2007 zu mehreren Aktenzeichen die eidesstattliche Versicherung abgegeben hat, hat der Antragsteller selbst im Termin zur mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass seine Bemühungen, die bestehenden Verbindlichkeiten in geordnete Bahnen zu lenken, insgesamt noch nicht erfolgreich waren.

Der Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung bleibt in der Sache erfolglos.

III.

Die Entscheidung über die Kostentragungspflicht beruht auf den §§ 201 I BRAO, 13a FGG.

Der festgesetzte Gegenstandswert entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senates in Zulassungssachen.






OLG Hamm:
Beschluss v. 25.01.2008
Az: 1 ZU 90/07


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