Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. September 2005
Aktenzeichen: 24 W (pat) 332/03

(BPatG: Beschluss v. 27.09.2005, Az.: 24 W (pat) 332/03)

Tenor

Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 11 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. September 2003 aufgehoben.

Gründe

I.

Die WortmarkeÜberlauf-Schnullerist für die Waren

"Überlaufabdichtungen"

zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.

Mit Beschluss vom 22. September 2003 hat die Markenstelle für Klasse 11 des Deutschen Patent- und Markenamts, besetzt mit einem Beamten des höheren Dienstes, die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs 1, 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG zurückgewiesen, da es sich um eine die Waren der Anmeldung beschreibende Angabe handele.

Eine Internetrecherche der Markenstelle habe ergeben, dass neben dem Anmelder mehrere Firmen den Begriff "Überlauf-Schnuller" als Bezeichnung für einschlägige Waren verwendeten. Da auch die Art der Wortbildung für eine Sachangabe spreche, komme die angemeldete Marke als beschreibende Angabe ernsthaft in Betracht. Die angemeldete Wortzusammensetzung sage lediglich aus, dass es sich bei den Waren des Warenverzeichnisses um Teile handele, die sich gewissermaßen festsaugten und so ein Überlaufen verhinderten. Eine solche zur Beschreibung der Waren geeignete Angabe dürfe nicht für einen Anbieter monopolisiert werden.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Sie wird damit begründet, eine beschreibende Bedeutung der angemeldeten Wortneubildung sei nicht ersichtlich, da im allgemeinen an einem Schnuller gesaugt werde, dieser aber nicht zur Beseitigung von Verstopfungen angewendet werden könne. Auch dienten Schnuller niemals zur Abdichtung. Die angemeldete Marke bezeichne darum - anders als die Markenstelle meine - keine Saugglocke, die Überdruck erzeuge. Dies belegten die eingereichten Unterlagen des Anmelders, aus denen eindeutig hervorgehe, dass es sich um eine Einrichtung handele, mit der der bei Waschbecken und ähnlichen sanitären Einrichtungen vorhandene Überlauf verschlossen werde, damit bei Verwendung einer Saugglocke zur Beseitigung der Abflussverstopfung keine Luft aus diesem Überlauf entweichen könne. Die angemeldete Marke stelle keine allgemein bekannte beschreibende Angabe dar, weil diese Art von Überlaufabdichtung völlig neu sei und die Verstopfungsbeseitigung wesentlich erleichtere, aber niemals selbst für die Beseitigung dieser Verstopfung direkt und aktiv benutzt werden könne. Soweit die Markenstelle darauf verwiesen habe, dass verschiedene Anbieter der Waren existierten, seit dem entgegenzuhalten, dass die Firma des Markenanmelders diese Abdichtung herstelle und an andere Firmen vertreibe, die diese unter der angemeldeten Marke anböten.

Der Anmelder beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuhebenund beschränkt hilfsweise das Warenverzeichnis auf "Vorrichtungen zur federbelasteten Abdichtung von Überläufen sanitärer Becken".

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Nach Auffassung des Senats stehen der Eintragung der angemeldeten Marke die Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG nicht entgegen.

1. Der angegriffenen Marke fehlt nicht die gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft.

Unterscheidungskraft im Sinn der genannten Bestimmung ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren oder Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl ua EuGH GRUR 2002, 804, 806 - Nr 35 - "Philips"; GRUR 2003, 514, 517 - Nr 40 - "Linde ua"; GRUR 2004, 428, 431- Nr 48 - "Henkel"; GRUR 2004, 1027, 1029 - Nr 33, 42 - "DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT"). Keine Unterscheidungskraft besitzen nach der Rechtsprechung vor allem solche Marken, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden sachbezogenen Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, 678 - Nr 86 - "Postkantoor"). Dies ist hier nicht der Fall.

Bei "Überlauf-Schnuller" handelt es sich nicht um eine gebräuchliche Sachangabe. Die im Internet ermittelten Fundstellen, die nach dem Vortrag des Anmelders auf dessen eigene Produkte zurückgehen, enthalten die angemeldete Wortzusammensetzung lediglich als Produktkennzeichnung. Eine generische Verwendung ist nicht feststellbar.

Auch die Zeichenbildung legt eine sachbezogene Bedeutung nicht nahe. Das Wort "Schnuller" wird nicht für eine technische Vorrichtung verwendet (vgl Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 5. Aufl; wissen.de, Wörter der deutschen Sprache, online-Lexikon; Wortschatz Deutsch, online-Wörterbuch der Universität Leipzig; jeweils Stichwort "Schnuller"). "Schnuller" ist vielmehr die Bezeichnung für ein "kleines, auf einer mit einem Ring versehenen Scheibe aus Plastik befestigtes, einem Sauger ähnliches Bällchen aus Gummi, das Säuglingen [um sie zu beruhigen] in den Mund gesteckt wird; Sauger". Das dazugehörige Verb "schnullen" bedeutet "saugend lutschen" (vgl Duden aaO; wissen.de aaO). Auch der zum Teil synonym verwendete Begriff "Sauger" bezeichnet in erster Linie einen in Nachahmung der mütterlichen Brustwarze geformten, mit einem feinen Loch versehenen Gummiaufsatz auf einer Flasche, durch den Säuglinge und Kleinkinder Milch aus der Flasche saugen. Ein Anhaltspunkt dafür, dass "Schnuller" als Hinweis auf Abdichtungen gegen Über- bzw. Unterdruck verstanden wird oder werden könnte, ist daher nicht ersichtlich. Bei der angemeldeten Marke handelt es sich vielmehr um eine Wortneuschöpfung, die allenfalls eine entfernte, sehr fantasievolle Andeutung der Wirkungsweise der Waren beinhaltet, nicht aber um eine im Vordergrund stehende Sachangabe.

2. Auch der Eintragungsversagungsgrund des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG liegt nicht vor.

Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die nur aus Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können (vgl BGH GRUR 2000, 882, 883 "Bücher für eine bessere Welt"; EuGH Mitt 2004, 28, 29 - Nr 29 ff - "Doublemint"). Solche Zeichen oder Angaben müssen im Allgemeininteresse allen Unternehmen zur freien Verfügung belassen werden (vgl EuGH GRUR 2004, 674, 676 - Nr 54, 55 - "Postkantoor"; EuGH GRUR 2004, 680, 681 - Nr 34 ff - "BIOMILD"). Weil der Senat aber - wie oben näher ausgeführt - nicht feststellen konnte, dass der Begriff "Überlauf-Schnuller" für die Waren der Anmeldung als Sachangabe in Betracht kommt, ist nicht erkennbar, dass die angemeldete Marke zur Beschreibung irgendwelcher Merkmale dieser Produkte geeignet sein könnte.

3. Da bereits der Hauptantrag Erfolg hatte, erübrigt sich ein Eingehen auf den Hilfsantrag.

Dr. Ströbele Kirschneck Guth Bb






BPatG:
Beschluss v. 27.09.2005
Az: 24 W (pat) 332/03


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