Bundespatentgericht:
Beschluss vom 29. Januar 2002
Aktenzeichen: 6 W (pat) 75/01

(BPatG: Beschluss v. 29.01.2002, Az.: 6 W (pat) 75/01)

Tenor

Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluß der Patentabteilung 11 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. Januar 2001 aufgehoben und dem Anmelder für das Erteilungsverfahren Verfahrenskostenhilfe gewährt.

Gründe

I Im Verfahren zur Erteilung eines Patents auf die Patentanmeldung 199 59 097.4 mit der Bezeichnung "Verschließbare Kunststoffhaube (Garage) für Fahrräder = Bike-Safe" hat die Patentabteilung 11 des Deutschen Patent- und Markenamts mit Beschluß vom 2. Januar 2001 den Antrag des Anmelders auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe unter Hinweis auf den Bescheid vom 10. November 2000 mangels hinreichender Aussicht auf Erteilung eines Patents zurückgewiesen.

Gegen den Beschluß der Patentabteilung richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Der Anmelder beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die beantragte Verfahrenskostenhilfe zu gewähren.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II Die Beschwerde ist zulässig und hat Erfolg.

1. Gemäß PatG § 130 Abs 1 Satz 1 kann der Anmelder Verfahrenskostenhilfe beantragen, wenn hinreichend Aussicht auf Erteilung eines Patents besteht. Der Vergleich des Anmeldungsgegenstandes gemäß den am Anmeldetag eingegangenen Unterlagen, die in ihrer Gesamtheit bei der Beurteilung der Erfolgsaussicht heranzuziehen sind, mit dem von der Patentabteilung entgegengehaltenen Stand der Technik ergibt, daß eine hinreichende Aussicht auf Erteilung eines Patents unterstellt werden kann.

2. Zwar leidet das Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt an dem wesentlichen Mangel, daß der angefochtene Beschluß nicht mit einer ausreichenden Begründung versehen ist. In dem Beschluß wird nämlich lediglich auf den Bescheid der Patentabteilung vom 10. November 2000 sowie darauf verwiesen, daß die Patentabteilung durch die Ausführungen des Anmelders in seiner Eingabe vom 16. Dezember 2000 nicht zu einer anderen Beurteilung des Sachverhalts veranlaßt werden konnte. Weshalb das so ist, ist dem Beschluß nicht zu entnehmen und auch sonst nicht erkennbar.

Der Bescheid vom 10. November 2000, auf den im Beschluß verwiesen ist, erschöpft sich sachlich in der bloßen Nennung von vier Druckschriften und der nicht näher erläuterten Behauptung, daß hierdurch "der Aufbau, die Aufstellung und die Verwendung der beschriebenen Haube für Fahrräder bekannt ist". Diese Behauptung der Patentabteilung entbehrt jeder sachlichen Grundlage, denn ein bloßer Blick auf die Zeichnungen der vier Entgegenhaltungen zeigt bereits, daß ganz offensichtlich keine der vier Entgegenhaltungen eine Kunststoffhaube für Fahrräder betrifft, wie sie in den ursprünglich eingereichten Unterlagen beschrieben ist, nämlich mit einem feststehenden und einem beweglichen Haubenteil, das nach oben und dabei in das feststehende Haubenteil hineingeklappt werden kann.

Die Verfahrensweise der Patentabteilung im vorliegenden Fall veranlaßt den Senat darauf hinzuweisen, daß der Gesetzgeber dem Anmelder aufgrund seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse das Recht auf Verfahrenskostenhilfe zugebilligt hat, wenn eine hinreichende Aussicht auf Erteilung des Patents besteht. Dieses Erfordernis verpflichtet die Patentabteilung, den Gesamtinhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen sorgfältig daraufhin zu prüfen, ob in ihm ein Gegenstand enthalten ist, bei dem eine Aussicht auf Erteilung eines Patents besteht. Eine solche Prüfung ist regelmäßig dann nicht gegeben, wenn die Patentabteilung lediglich Druckschriften nennt und diese nicht in Bezug zu den Merkmalen des Anmeldungsgegenstands setzt, wie er sich aus der Gesamtheit der ursprünglichen Unterlagen ergibt. Im vorliegenden Fall sind Beschluß und Bescheid der Patentabteilung so inhaltslos abgefaßt, daß im Grunde nur aus dem Aktenzeichen zu ersehen ist, welchem "Bike-Safe" sie zugeordnet werden sollen. Ihren Inhalten nach könnten sie jeden beliebigen anderen "Biker-Safe" zugeordnet sein. Im Ergebnis hat die Patentabteilung dem Anmelder die Verfahrenskostenhilfe verweigert, ohne den Anmeldungsgegenstand geprüft zu haben.

3. Gleichwohl sieht der Senat im vorliegenden Fall aus Gründen der Verfahrensökonomie davon ab, die Anmeldung gemäß PatG § 79 Abs 3 Satz 1 Nr 2 zur erneuten Prüfung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen.

Wie vorstehend schon gesagt, ist im aufgedeckten Stand der Technik eine Kunststoffhaube für Fahrräder mit einem feststehenden Haubenteil und einem beweglichen Haubenteil, das nach oben geklappt und dabei zugleich in das feststehende Haubenteil hineingeklappt werden kann, nicht zu entnehmen. Die entgegengehaltenen Druckschriften zeigen vielmehr alles auf Fahrradgaragen od. dgl, die mittels Türen verschlossen werden, vgl in der DE 42 35 158 C2 die Schwenkwand 1, in der DE 40 22 184 C2 die Abschlußtüren 3, in der DE 197 46 296 A1 die Tür in Figur 1 (vgl auch Sp 2, Zeilen 4 und 5 sowie die Ansprüche 5 und 8) und in der DE 296 02 374 U1 die Tür 3.

Die bekannten Fahrradgaragen enthalten keinen Anknüpfungspunkt, der es dem Fachmann nahelegen könnte, eine Fahrradgarage zu schaffen, die entgegen der Lehre der Entgegenhaltungen nicht mittels einer Türe abschließbar ist, sondern die aus zwei halben Kunststoffhauben gebildet ist, von denen die eine feststehend und die andere beweglich ausgebildet ist, wobei die bewegliche halbe Kunststoffhaube in die feststehende zum Öffnen und Schließen der Fahrradgarage hinein- bzw herausgeklappt werden kann.

Insoweit kann eine Erfolgsaussicht der Anmeldung nicht von vornherein verneint werden.

Da der Anmelder ausweislich der vorgelegten Unterlagen nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht dazu in der Lage ist, die Verfahrenskosten selbst aufzubringen, war ihm Verfahrenskostenhilfe zu gewähren. Es wird ihm empfohlen, den Antrag auf Beiordnung eines Vertreters gemäß PatG § 133 zu stellen, da dies zur sachdienlichen Erledigung des Verfahrens erforderlich erscheint.

Rübel Heyne Trüstedt Riegler Hu






BPatG:
Beschluss v. 29.01.2002
Az: 6 W (pat) 75/01


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