Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. April 2007
Aktenzeichen: 26 W (pat) 69/04

(BPatG: Beschluss v. 23.04.2007, Az.: 26 W (pat) 69/04)

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 33 vom 10. Dezember 2003 insoweit aufgehoben, als der Löschungsantrag der Antragstellerin zurückgewiesen worden ist, und die Sache insoweit zur Fortsetzung des Verfahrens an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.

Gründe

I.

Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 21. August 2002 die Löschung der am 6. Juni 2002 zugunsten der Antragsgegnerin für die Waren Klasse 33:

"aromatisierte weinhaltige Getränke"

eingetragenen Wortmarke 302 23 813 Christkindles Glühweinbeantragt. Sie hat das Löschungsbegehren auf § 50 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG gestützt und unter Vorlage verschiedener Belege vorgetragen, die Marke sei entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 MarkenG eingetragen worden. Das angegriffene Markenwort "Christkindles Glühwein" sei nicht unterscheidungskräftig, weil es in Verbindung mit der beanspruchten Ware als Gattungsbezeichnung im Sinne eines "Weihnachts-Glühweins" verstanden und auch allgemein so verwendet werde. Der Begriff sei zudem für die Konkurrenten der Markeninhaberin freihaltebedürftig. Der Begriff "Christkindles" stelle in Verbindung mit einer weiteren beschreibenden Angabe ein Synonym für den Begriff "Weihnachts-" dar. Dies treffe insbesondere auf den Begriff "Christkindles-Markt" zu, der gleichbedeutend sei mit "Weihnachtsmarkt". Christkindlesmärkte gebe es in einer Vielzahl deutscher Städte. Gleichartiges gelte für Begriffe wie "Christkindles-Leckereien", "Christkindles Tee", "Christkindles Früchtetee", "Christkindles Tombola". Damit bestehe die angegriffene Marke zudem ausschließlich aus einer Angabe, die im allgemeinen Sprachgebrauch zur Bezeichnung der Ware "alkoholisierte weinhaltige Getränke" üblich geworden sei.

Die Markeninhaberin hat dem Löschungsantrag mit Schriftsatz vom 13. September 2002 widersprochen. Sie hat geltend gemacht, das Bundespatentgericht habe bereits in seinem Beschluss vom 5. Juli 2000 (26 W (pat) 68/99), der ein gegen die für die hiesige Markeninhaberin eingetragene Wortmarke "Christkindles" angestrengtes Löschungsverfahren betraf, ausgeführt, dass dieser Marke keines der in § 8 Abs. 2 MarkenG genannten Eintragungshindernisse entgegenstehe. Hilfsweise hat sich die Markeninhaberin auf die Verkehrsdurchsetzung der angegriffenen Marke gestützt. Sie hat dazu vorgetragen, sie habe den unter der angegriffenen Bezeichnung hergestellten Fertigglühwein Anfang der siebziger Jahre in der Bundesrepublik bekannt gemacht, wobei sie die Bezeichnung "Christkindles" für Glühwein erstmals verwendet habe. Der ab 1975/76 stark ansteigende Absatz des "Christkindles Glühweins" sei schon damals durch hohe Werbeaufwendungen unterstützt worden. Die Verkehrsdurchsetzung ergebe sich zudem aus einer Umfrage der A... vom Februar 1985. Daraus folge eine Be- kanntheit der Kennzeichnung "Christkindles Glühwein" von über 70% innerhalb der beteiligten Verkehrskreise. Die Bekanntheit der angegriffenen Marke für die Markeninhaberin liege heute bei über 80% der angesprochenen Verkehrskreise. Der Löschungsantrag sei zudem rechtsmissbräuchlich, was zu einer Kostenüberbürdung auf die Antragstellerin führen müsse, weil das Verfahren wegen der präjudiziellen Entscheidung des Bundespatentgerichts vom 5. Juli 2000 von Anfang an aussichtslos gewesen sei.

Die Markenabteilung für Klasse 33 hat mit dem angefochtenen Beschluss den Löschungsantrag der Antragstellerin - sowie einer weiteren, im Beschwerdeverfahren nicht beteiligten Antragstellerin - zurückgewiesen. Im Hinblick auf die Antragstellerin hat sie ausgeführt, die angegriffene Marke sei nicht entgegen § 8 Abs. 2 MarkenG eingetragen worden. Die Wortkombination "Christkindles Glühwein" erschöpfe sich nicht nur in der bloßen Aneinanderreihung schutzunfähiger Angaben. Das Markenwort "Christkindles" sei, wie sich aus dem Beschluss des Bundespatentgerichts vom 5. Juli 2000 ergebe, als solches mehrdeutig, ihm könne im Zusammenhang mit alkoholischen Getränken kein warenbezogener, beschreibender Sinngehalt zugeordnet werden, es sei als solches auch nicht freihaltebedürftig und stelle auch keine Gattungsbezeichnung dar. Dies gelte nach Auffassung der Markenstelle auch für die vorliegend angegriffene Wortkombination. Im Hinblick auf die Waren "aromatisierte weinhaltige Getränke" beschreibe der Begriff weder eine exakte, nachvollziehbare Geschmackrichtung bzw. Mischung, noch seien die auf dem Christkindlesmarkt ausgeschenkten Glühweine nach einer einzigen, klar umrissenen Rezeptur gemischt. Eine Kostenentscheidung zulasten der Antragstellerin zu 1) komme dagegen nicht in Betracht, weil der Löschungsantrag nicht von vornherein aussichtslos oder rechtsmissbräuchlich und die Antragsbegründung auch im Hinblick auf den Beschluss des Bundespatentgerichts vom 5. Juli 2000 hinreichend differenziert gewesen sei.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin. Sie ist weiterhin der Auffassung, dass in der zusammengesetzten Bezeichnung "Christkindles Glühwein" die umgangssprachliche Bedeutung des Bestandteiles "Christkindles" als Synonym für "Weihnachts-" für jeden unmissverständlich klar werde und die Marke daher zu löschen sei.

Die Antragstellerin beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Hilfsweise beantragt sie, die Sache zur Feststellung der Verkehrsdurchsetzung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen.

Sie hält den angegriffenen Beschluss für zutreffend und verteidigt ihn unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der zwischen den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde führt zur Aufhebung des Beschlusses des Deutschen Patent- und Markenamts vom 10. Dezember 2003 und zur Zurückverweisung der Sache gemäß § 70 Abs. 3 Nr. 1 und 3 MarkenG.

Die angegriffene Marke ist entgegen dem Eintragungshindernis der mangelnden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG eingetragen worden. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG können Marken nicht eingetragen werden, denen für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Unterscheidungskraft im Sinne der in Frage stehenden Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solcher anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (BGH GRUR 2000, 502, 503 - St. Pauli Girl; GRUR 2005, 258, 259 Roximycin). Dabei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d. h. jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden. Die Unterscheidungskraft einer Marke ist zu bejahen, wenn ihr für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie in Anspruch genommen wird, kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann und es sich auch sonst nicht um ein Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (stdg. Rspr., BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 8 Rn. 74 m. w. N.). Enthalten die Wortbestandteile einer Bezeichnung einen beschreibenden Begriffsinhalt, der für die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen ohne weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird, ist der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung als Marke wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zu versagen. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht (vgl. BGH a. a. O. - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - antiKALK; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard).

1.

Nach diesen Grundsätzen ist der hier zu beurteilenden Wortmarke die Eignung zur Identifizierung des Herstellers der beanspruchten Waren abzusprechen. Der Begriff "Christkindles Glühwein" wird von den angesprochenen Verkehrskreisen in Verbindung mit den Waren "Aromatisierte weinhaltige Getränke" nicht als Herkunftshinweis verstanden, sondern als warenbeschreibender Hinweis auf die Gattung, der die genannten Getränke angehören. Das bedarf im Hinblick auf den schutzunfähigen Gattungsbegriff "Glühwein" keiner weiteren Erläuterung. Entgegen der Auffassung der Markeninhaberin folgt die Schutzfähigkeit der Wortmarke auch nicht aus der Kombination der Worte "Christkindles" und "Glühwein". Zunächst ist klarzustellen, dass das Markenwort "Christkindles" in einem anderen grammatikalischen Zusammenhang steht als das Wort "Christkindles" in Alleinstellung, das der Senat mit Beschluss vom 5. Juli 2000 (26 W (pat) 68/99) als schutzfähig für die Waren "alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)" angesehen hat. Anders als dort wird der Verkehr vorliegend aufgrund der sprachregelgerechten Wortverbindung, nämlich der Benennung einer Person (Christkind), der Anfügung eines Genitiv-S und der Benennung einer Sache (Glühwein), das erste Markenwort als Genitiv des Wortes "Christkindle" erkennen, mithin einer Bezeichnung, die im gesamten deutschen Sprachraum als mundartlich verniedlichende Form für "das Christkind", also den christlichen Gottessohn als neugeborenes Kind in der Krippe, verstanden wird (vgl. BPatG PAVIS/PROMA 26 W (pat) 68/99 - Christkindles). Dem Markenbestandteil "Christkindle(s)" kommt in Verbindung mit dem Gattungsbegriff "Glühwein" allein die Funktion der zeitlichen Bezugnahme auf das christliche Weihnachtsfest und der im Vorfeld stattfindenden Weihnachtsmärkte bzw. Christkindl(es)märkte (vgl. insoweit BPatG PAVIS PROMA 26 W (pat) 77/04 - Christkindlesmarkt) sowie der hiervon abgeleiteten Erwartung der traditionellen Geschmackrichtung eines dort ausgeschenkten Glühweins zu. Eine darüber hinausgehende Bedeutung, insbesondere im Hinblick auf eine markenrechtlich relevante herkunftshinweisende Funktion, kann dem Wort "Christkindle(s)" nicht beigemessen werden, denn der Verkehr ist an die Bezugnahme auf die Weihnachtszeit und die damit assoziierten Traditionen durch die Verwendung des Wortes "Christkindle(s)" mit anderen Gattungsbegriffen gewöhnt, wie sich beispielhaft aus anderen von der Antragstellerin vorgetragenen, im Verkehr benutzten Wortverbindungen wie "Christkindls Backrezept" oder "Christkindls Weihnachtsküche" im Hinblick auf die geschmackliche Ausrichtung, "Christkindls-Pauschale" für die zeitliche Begrenzung bestimmter Tarife oder aus dem Begriff "Christkindl-Treffen", die in der (Vor-)Weihnachtszeit stattfinden, ergibt.

2.

Der Eintragung der Wortfolge steht auch ein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Den Mitbewerbern der Antragsgegnerin muss es unbenommen bleiben, auch ihre Glühweine unter zeitlicher Bezugnahme auf das Weihnachtsfest mit dem Wort "Christkindles Glühwein" zu benennen.

3.

Es kommt jedoch die Überwindung der absoluten Schutzhindernisse im Wege der Verkehrsdurchsetzung in Betracht (§ 8 Abs. 3 MarkenG). Die Markeninhaberin hat unter Bezugnahme auf bereits im Jahr 1985 eingeholtes demoskopische Gutachten der A... dargelegt, dass zumindest die Bezeichnung "Christ- kindles-Glühwein" bei 71,4% der Befragten als Bezeichnung angesehen worden ist, die nur von einem einzigen Hersteller verwendet werde. Ähnliches hat ein weiteres, im Beschwerdeverfahren eingereichtes demoskopisches Gutachten der A... Marktforschung aus dem August 2002 ergeben.

Damit erscheint die Möglichkeit einer Verkehrsdurchsetzung im Sinn von § 8 Abs. 3 MarkenG glaubhaft gemacht. Überzogene Anforderungen sind für die Glaubhaftmachung zwar nicht gerechtfertigt (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 8 Rn. 345 f.), die Gutachten sind jedoch bereits 5 und 22 Jahre alt und können daher einer endgültigen Entscheidung durch den Senat nicht zugrunde gelegt werden.

Im Verfahren vor dem Patentgericht sind damit wesentliche Tatsachen bekannt geworden, die eine Zurückverweisung der Sache an die Markenabteilung zur Vornahme weiterer Ermittlungen im Hinblick auf die Schutzfähigkeit der angemeldeten Wortfolge im Wege der Verkehrsdurchsetzung nach § 8 Abs. 3 MarkenG rechtfertigen, so dass der angefochtene Beschluss aufzuheben war, soweit der Löschungsantrag zurückgewiesen worden ist.

III.

Eine Kostenentscheidung zulasten der Antragstellerin nach § 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG ist wegen der Schutzunfähigkeit der angegriffenen Marke gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht gerechtfertigt.






BPatG:
Beschluss v. 23.04.2007
Az: 26 W (pat) 69/04


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